1262 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 1941/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, und das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 12. Oktober 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Gewerbsmäßige Begehung ist auf ihre ursprüngliche Form zurückzuführen, da sie in der derzeit geltenden Fassung für die Staatsanwaltschaft und für die tägliche Arbeit der Polizei nicht handhabbar ist.

Nach der derzeit geltenden Rechtslage (vor allem aufgrund von § 13 Abs. 2a und Abs. 2b SMG) führt der Kauf und Besitz von Kleinstmengen an Drogen für den Eigengebrauch nicht automatisch zu einer Anzeige, wenn der Täter mit den Gesundheitsbehörden kooperiert. Diese Regelung hat sich trotz ihres kurzen Bestehens in der Praxis schon als völlig untauglich erwiesen, da sie auch dazu geführt hat, dass die Polizei nicht mehr alle Möglichkeiten des Ermittlungsverfahrens ausschöpfen kann.

Vor allem in Anbetracht von Sachverhalten, auf welche die beide genannten Normen gemeinsam anzuwenden sind, zeigen sich die massiven Defizite. War es vor der letzten „Strafrechtsreform" noch ohne weiteres möglich, Drogendealer vor Zuführung zu einem Gerichtsverfahren mittels U-Haft dingfest zu machen, so muss sich heute die einschreitende Behörde die Frage stellen, ob sie überhaupt eine Anzeige einbringen darf oder sich mit einer Mitteilung an die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde begnügen muss. Mit dieser Regelung wird nicht nur negiert, dass Aufweichungen im Suchtmittelgesetz der gesellschaftlich völlig falsche Ansatz sind - man denke bloß an die Probleme und Gefahren welche Suchtmittel, beginnend mit Alkohol, mit sich bringen - es wird auch nicht berücksichtigt, dass die Bezirksverwaltungsbehörden bloß über beschränkte Ressourcen verfügen. Dies ist ein Umstand, den Prof. Birklbauer schon anlässlich seiner Anhörung am 24.06.2015 zu bedenken gegeben hat.

Letztlich münden diese Normen in einem Sicherheitsfiasko, sodass der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl harsche Kritik übte. In einem Kurier-Interview (,,kurier.at" am 15.01.2016) erklärte er: „Wenn ertappte Dealer früher Suchtgift-Kugeln im Mund hatten, hat das für den Vorwurf einer Gewerbsmäßigkeit gereicht. Heute müssen wir denselben Tätern nachweisen, dass sie zwei weitere Taten geplant oder schon begangen haben. Also müssen wir Verdächtige drei Mal anhalten, bevor Untersuchungshaft verfügt wird." Weiters ist dem Zeitungsbericht zu entnehmen: Es wird offen, aggressiv und ohne Angst vor der Exekutive gedealt. In Linz und Innsbruck ist die Polizei ebenfalls alarmiert. Die in der Regel ausländischen, meist im Asylverfahren befindlichen Drogen-Händler wissen, dass im schlimmsten Fall eine Anzeige droht, eine U-Haft aber kein Thema ist. Der Stadtpolizeikommandant von Innsbruck erläutert: „um die gleiche Wirkung zu erzielen, müssen wir nun deutlich mehr Verkauf nachweisen [. . .]Die Bevölkerung erwartet sich aber zu Recht, dass wir gegen diese offen erkennbare Kriminalität etwas machen."

Verurteilungen wegen Suchtmitteldelikten gingen aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen im Jahr 2016 um 442 von 4.435 auf 3.993 zurück (Quelle: statista.com). Die Zahl der Verurteilungen stieg zwar wieder im Jahr 2017 und 2018, dies jedoch aufgrund einer stark angestiegen illegalen Zuwanderung ab 2015. In der Polizeilichen Kriminalstatistik 2017 des Bundesministeriums für Inneres wird der Anstieg von Anzeigen auf Grundlage des Suchtmittelgesetzes insbesondere auf zwei Nationalitäten zurück geführt: „Betrachtet man die absolute Veränderung der Tatverdächtigen nach Nation, so ist die Zahl der tatverdächtigen afghanischen Staatsangehörigen 2017 am meisten gestiegen (2016: 5.973, 2017: 7.011), gefolgt von den syrischen (2016: 2.076, 2017: 2.662) ... "

Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2018 stiegen die Anzeigen von 2015 bis 2018 von 33.080 auf 41.044 mit einem Zwischenhoch im Jahre 2017 von 42.610 Anzeigen.

In diesem Zusammenhang ist jedoch fest zu halten, dass die Verurteilungen in deutlich geringerem Ausmaß gestiegen sind.

Die Gesetzgebung hat Regelungen zu erlassen, welche dem Schutz der Bevölkerung dienen und diese nicht gefährden, sie hat für ein wirkungsvolles Strafrecht zu sorgen.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 7. Dezember 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Harald Stefan die Abgeordneten Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA und Mag. Christian Drobits.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, dagegen: V, S, G, N).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2021 12 07

                    Mag. Agnes Sirkka Prammer                                          Mag. Michaela Steinacker

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau