1312 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 2173/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG)

Die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 16. Dezember 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Allgemeiner Teil

Ziel dieses Bundesgesetzes ist die Steigerung der Durchimpfungsrate zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19. Angesichts der – trotz allgemeiner Verfügbarkeit von zentral zugelassenen Impfstoffen – für eine wirksame Bekämpfung der COVID-19-Pandemie unzureichenden Durchimpfungsrate wird zum Schutz der öffentlichen Gesundheit für alle Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben oder über eine Hauptwohnsitzbestätigung gemäß § 19a MeldeG verfügen, eine Impfpflicht gegen COVID-19 vorgeschrieben. Die gesetzliche Festlegung einer solchen Impfpflicht ist primär an Art. 8 EMRK zu messen.

Der Schutzzweck des Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistet ua die Achtung des Privatlebens. Dazu zählt auch der Schutz der physischen und psychischen Integrität des Einzelnen (Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention7, 297). Der Schutzbereich des Art. 8 EMRK erfasst daher auch die freie Entscheidung, ob man sich einer medizinischen Behandlung unterziehen will oder nicht (Kopetzki, Unterbringungsrecht I 1995, 408 f). Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privatlebens ist jedoch nicht absolut geschützt, sondern ist auf Grund des Gesetzesvorbehalts des Art. 8 Abs. 2 EMRK einer Einschränkung zum Schutz anderer Rechtsgüter zugänglich. In diesem Sinn erachtet der EGMR Eingriffe in Art. 8 EMRK auf Grund einer Impfpflicht unter bestimmten Voraussetzungen als gerechtfertigt und hat erst jüngst die Konventionskonformität einer verhältnismäßig ausgestalteten Impfpflicht erneut bestätigt (EGMR 8.4.2021, 47.621/13, Vavřička ua, NLMR 2021, 156 (Czech); vgl zuvor bereits EGMR 15.3.2012, Solomakhin, 24.429/03, Rz 36; s aus der Literatur Kopetzki, Impfpflicht und Verfassung, RdM 2017/42; Kopetzki, Minenfeld „Impfzwang“, RdM 2021/241; Heissenberger, Impfen in Österreich – Überlegungen zur Impfpflicht und Darstellungen de lege lata, in Aigner ua [Hrsg], Schutzimpfungen – Rechtliche, ethische und medizinische Aspekte [2016] 53 [55 ff]).

Eingriffe in Art. 8 EMRK sind gerechtfertigt, wenn sie gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zur Erreichung eines der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele notwendig sind. Die Notwendigkeit ist anzunehmen, wenn einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprochen wird. Hierbei ist jedenfalls auf die Schwere der Krankheit, Infektiosität und die Gefahr für die Öffentlichkeit abzustellen.

Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Erreger mit exponentiellem Verbreitungspotential. Der Krankheitsverlauf der durch SARS-CoV-2 ausgelösten Erkrankung COVID-19 variiert in Symptomatik und Schwere. Es können symptomlose Infektionen bis hin zu schweren Pneumonien mit Lungenversagen und Tod auftreten, wobei auch symptomlose Personen Krankheitsüberträger sind. Der bisherige Verlauf der Pandemie hat die Gefahren für die Öffentlichkeit einschließlich bereits mehrmals drohender Überlastungen des Gesundheitssystems (und einhergehend damit die notwendigen massiven Grundrechtsbeschränkungen) deutlich vor Augen geführt.

Die vorgeschriebene Impfpflicht dient legitimen Zielen des Art. 8 Abs. 2 EMRK, die der EGMR in der einschlägigen Rechtsprechung im Fall Solomakhin und Vavřička anerkannt hat: dem Schutz der Gesundheit und dem Schutz der Rechte anderer.

Das vorliegende Gesetz dient dem Schutz der Rechte anderer insofern, als mit einer möglichst hohen Durchimpfungsrate Personen geschützt werden, die eine Impfung aus medizinischen Gründen nicht in Anspruch nehmen können. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass geimpfte Personen sich grundsätzlich weniger häufig mit SARS-CoV-2 anstecken als ungeimpfte Personen. Dem Schutz der (öffentlichen) Gesundheit dient es insofern, als geimpfte Personen einem deutlich geringeren Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs ausgesetzt sind und die Letalität drastisch reduziert wird. Dies und die aufgrund einer hohen Durchimpfungsrate insgesamt verringerte Verbreitung von COVID-19 dienen dem Schutz der Gesundheitsinfrastruktur, den der Verfassungsgerichtshof in seiner mit Erkenntnis vom 14.07.2020, V 411/2020 beginnenden Rechtsprechung als legitimes Schutzziel anerkennt.

Für die Beurteilung der Frage, ob eine Impfpflicht zur Erreichung des Ziels des Gesundheitsschutzes und des Schutzes der Rechte anderer geeignet ist, ist ausschlaggebend, inwiefern sich eine Impfpflicht auf die Bekämpfung der jeweiligen Krankheit beim Einzelnen und der Gesamtbevölkerung bzw. auf den Schutz der vulnerablen Gruppen auswirkt:

Unter den medizinischen Präventivmaßnahmen gehören Impfungen zu den wichtigsten und wirksamsten. Auf Ebene der öffentlichen Gesundheit tragen sie wesentlich zur Erhöhung der Lebensqualität und zum Rückgang der Sterblichkeit bei. Der durch Impfungen hervorgerufene Schutz umfasst aber nicht nur den Individual-, sondern auch den Kollektivschutz, da auch die Übertragung von Krankheitserregern von Geimpften auf Ungeimpfte verringert wird. Dieser Gemeinschaftsschutz kann zur Reduktion des Infektionsgeschehens von SARS-CoV-2 maßgeblich beitragen. Auf Basis der vorliegenden Daten ist davon auszugehen, dass die Viruslast bei Personen, die trotz Impfung mit SARS-CoV-2 infiziert werden, reduziert und die Virusausscheidung verkürzt ist und deswegen insgesamt von einer reduzierten Transmissionswahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann.

Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der Maßnahme ist zentral, ob dasselbe Ergebnis auch durch gelindere Mittel (wie zB Aufklärungsmaßnahmen) erreicht werden kann. So erachtet es der EGMR etwa im Fall Vavřička als maßgeblich, ob bloße Empfehlungen ausreichen, um einen angemessenen Schutz der Bevölkerung gegen schwerwiegende Infektionskrankheiten zu gewährleisten.

Beginnend mit der allgemeinen Verfügbarkeit der zugelassenen Impfstoffe gegen COVID-19 wurde ein sehr niederschwelliges Impfangebot geschaffen. Insbesondere seit Beginn des Sommers 2021 waren Schutzimpfungen gegen SARS-CoV-2 unabhängig von Alter oder Vorerkrankung zugänglich. Begleitend gab es bevölkerungsweite Impfkampagnen in Form von Radio- und Fernsehwerbungen. Im Herbst wurden die Aufklärungsmaßnahmen nochmals intensiviert. Im Rahmen dieser Aufklärungsmaßnahmen wurde der Schwerpunkt auch auf Mehrsprachigkeit und Niederschwelligkeit gelegt:

- Konzept Social Proof durch Zusammenarbeit mit Vertreter:innen im Gesundheitswesen (Ärzt:innen, Pfleger:innen, Apotheker:innen) als Vertrauensbildner:innen, ebenso mit anderen Community Leadern

- Laufend neue Materialien zu aktuellen Schwerpunkten

-- Spots der Initiative Österreich Impft (auch mehrsprachig): Initiative Österreich impft - YouTube

-- Folder mit Schwerpunktsetzung auf zögernde Zielgruppen: Thematisierung von Mythen (Unfruchtbarkeit, Impotenz etc)

-- Fokus auf das Thema „Impfung für Kinder ab 5 Jahren“

- Fokus in allen Kommunikationsaktivitäten: Griffige „Gründe für die Impfung“ mit den Kernbotschaften

-- Die Impfung schützt

-- Die Impfstoffe sind sicher und hochwirksam

-- Die Impfung schützt mich und alle, die mir nahestehen

- Die Pandemie lässt sich nicht „aussitzen“ – Warten auf Totimpfstoff großes Risiko

- Versendung eines Erinnerungsschreibens an Ungeimpfte durch den Dachverband der Sozialversicherungsträger mit vorgeschlagenem Impftermin.

Wie das aktuelle Infektionsgeschehen zeigt, sind die über die Sommermonate 2021 erreichten Durchimpfungsraten jedoch nicht ausreichend, um das Infektionsgeschehen nachhaltig zu stabilisieren.

Derzeit haben bezogen auf die Gesamtbevölkerung 72,% mindestens eine Impfung, 74,8% mindestens zwei Impfungen und 28,2% mindestens drei Impfungen erhalten (Stand 08.12.2021). In Anbetracht dieser Zahlen und der langsamen Steigerung der Durchimpfungsrate seit Juli 2021 erscheint ein baldiges Erreichen einer notwendigen Durchimpfungsrate für eine Kehrtwende des Infektionsgeschehens unter Weiterführung derzeit bestehender Maßnahmen zur Steigerung der Impfbereitschaft als wenig wahrscheinlich. Wenngleich die Angabe eines genauen Prozentwertes, mit dem eine ausreichende Reduktion des pandemischen Geschehens sichergestellt werden kann, aufgrund der sich laufend verändernden pandemischen Lage durch Virusvarianten nicht mit abschließender Sicherheit erfolgen kann, ist Ziel des Gesetzes vor dem Hintergrund der aktuell vorherrschenden Variante B.1.617.2 (SARS-CoV-2-Variante Delta) die Reduktion der Viruszirkulation durch das Erreichen und Aufrechterhalten einer Durchimpfungsrate von über 90%.

Im Sinne der Prüfung gelinderer Mittel ist insbesondere auch die Reichweite einer Impfpflicht von Bedeutung. Das vorliegende Bundesgesetz sieht in diesem Zusammenhang eine allgemeine Impfpflicht für alle Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben, vor.

Im Zuge der Prüfung der Angemessenheit muss eine Abwägung privater und öffentlicher Interessen vorgenommen werden. Dem EGMR kommt es dabei auf einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen des Einzelnen und den Belangen der Gemeinschaft an. Dem Staat kommt dabei ein Einschätzungsspielraum zu (Wiederin in Korinek/Holoubek, aaO Rz 12; vgl. auch EKMR 5.4.1995, J.R. ua, 20.398/93 und zuletzt EGMR Vavřička). In diesem Zusammenhang hat der EGMR im Fall Vavřička auf das Gebot der gesellschaftlichen Solidarität gegenüber besonders verwundbaren und nur durch eine Herdenimmunität zu schützenden Personen hingewiesen.

Im Rahmen der Angemessenheit sind insbesondere auch das Risiko von Nebenwirkungen sowie die Wirksamkeit und Sicherheit der betroffenen Impfstoffe auf der einen Seite und das Risiko einer Infektion bzw. von Komplikationen im Laufe der Krankheit auf der anderen Seite zu berücksichtigen (vgl. Krasser, Zur grundrechtlichen Zulässigkeit einer Impfpflicht, RdM 2020, 136). In den jeweiligen Zulassungsstudien wurden die Sicherheit und Effektivität der EU-weit zugelassenen Impfstoffe, vor allem gegen schwere Erkrankungen an COVID-19, gezeigt und die Daten wurden seitens der Zulassungsbehörden detailliert geprüft. Eine Zulassung erfolgt nur, wenn ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfstoffe eindeutig belegt ist. Neuere Daten entkräften mögliche Bedenken einer verminderten Wirksamkeit der Impfungen hinsichtlich der sogenannten Delta-Variante, wenn mindestens zwei Impfungen erfolgt sind. Auch Daten aus den USA weisen darauf hin, dass mit mindestens zwei Impfungen geimpfte Personen über 16 Jahren einem geringeren Risiko für Hospitalisierungen, Aufenthalten auf einer Intensivstation oder Tod durch COVID-19 ausgesetzt sind als ungeimpfte Personen, auch während der Verbreitung der Delta-Variante. In Österreich erhobene Daten zeigen dasselbe Bild. Dies unterstreicht die Relevanz der Verabreichung einer ersten Impfserie bestehend aus mindestens zwei Impfungen gefolgt von mindestens einer weiteren Impfung.

Sowohl die Angemessenheit, als auch die Geeignetheit gelinderer Mittel sind an die jeweilige epidemiologische Situation anzupassen, so dass im Vorfeld der in Aussicht genommenen Beschlussfassung dieses Bundesgesetzes eine erneute Beurteilung der Lage stattzufinden hat.

Wenngleich es den Impfstoffen gegen COVID-19 an – wie im Fall Vavřička – vergleichbaren langjährigen Erfahrungswerten fehlt, sind bei einer Impfpflicht gegen COVID-19 zum einen das strenge Zulassungsverfahren und zum anderen die gravierenden gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie einschließlich der damit einhergehenden Grundrechtsbeschränkungen ins Treffen zu führen (vgl. auch die Stellungnahme der Bioethikkommission „Ethische Fragen einer Impfung gegen COVID-19“ vom 25.11.2020, 18; zur Übertragbarkeit der Prämissen des EGMR im Fall Vavřička ungeachtet der relativen Neuheit der Impfstoffe auch Czech, NLMR 2021, 163). Hier sind auch die sozialen Implikationen mitzubedenken, überwiegen doch insbesondere im Hinblick auf Kinder und Jugendliche bei einer gesamtgesellschaftlichen Betrachtungsweise die auf Grund einer unmittelbaren Gefährdung der gesundheitlichen Infrastruktur verhängten – und in der Zukunft uU auf Grund unzureichender Durchimpfung zu verhängenden – Einschränkungen in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass eine Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung ab dem 14. Lebensjahr ein gelinderes Mittel zur Verhinderung einer unkontrollierten Verbreitung von SARS-CoV-2 und damit zur Erreichung des Ziels des Schutzes der Gesundheit ist, als Betretungsverbote oder Ausgangsbeschränkungen (s zur Legitimität des Interesses an einer möglichst raschen Beendigung der sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen Czech, NLMR 2021, 164).

Was allfällige seltene oder sehr seltene Nebenwirkungen der Impfstoffe gegen COVID-19 betrifft, unterliegen im Übrigen Schäden unabhängig von Rechtswidrigkeit und Verschulden der Haftung des Bundes nach § 1b des Impfschadengesetzes, BGBl. I Nr. 371/1973 iVm § 1 Z 1 der Verordnung über empfohlene Impfungen, BGBl. II Nr. 526/2006 idF BGBl. II Nr. 577/2020.

Festgehalten wird, dass auch eine verpflichtende Impfung nicht durch unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt durchgesetzt werden darf, sondern durch Verwaltungsstrafen sanktioniert wird (vgl. dazu die Ausführungen zu § 1 im besonderen Teil). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Ausmaß der Sanktion für den EGMR im Fall Vavřička ein wesentlicher Faktor für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit war (im konkreten Fall sah der EGMR die Sanktion einer einmaligen Verwaltungsübertretung als moderat an).

Da eine hohe Durchimpfungsrate gegen COVID-19 der Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben, sowohl dem Schutz des Einzelnen, in concreto besonders den vulnerablen Personengruppen, als auch letztlich der Gesamtbevölkerung dient, und eine hohe Durchimpfungsrate die Gefahr der Ansteckung und somit die Verbreitung der Erkrankung minimiert, liegt das berechtigte öffentliche Interesse des öffentlichen Gesundheitsschutzes vor.

Dieses Bundesgesetz ist als Teil eines Maßnahmenbündels zu betrachten. So wird parallel mittels Informationskampagnen zusätzliches Bewusstsein für persönliche Schutzmaßnahmen, wie das Einhalten von Abständen oder Hygienemaßnahmen, geschaffen. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit im Rahmen anderer Bundegesetze zusätzliche Maßnahmen zu setzen.

Insbesondere kann die Einreise aus dem Ausland weiterhin nach § 25 EpiG (COVID-19-Einreiseverordnung 2021) beschränkt werden. Hierdurch können Personen, die sich nicht dauerhaft in Österreich aufhalten, wie beispielsweise Berufspendler:innen insbesondere Tagespendler:innen, ebenfalls geeigneter Schutzmaßnahmen unterworfen werden, um die Verbreitung von SARS-CoV-2 im Inland nachhaltig zu unterbinden.

Darüber hinaus werden auch weiterhin Maßnahmen auf Grund einer Verordnung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz (siehe die derzeit in Geltung stehende 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung) zu beachten sein, die verschiedenste Lebensbereiche umfasst (so z.B. Regelungen über Arbeitsorte).

Weiters ist damit zu rechnen, dass andere Staaten geeignete Maßnahmen setzen, um die Durchimpfungsrate zu erhöhen und so die Gefahr der Einschleppung aus dem Ausland hintangehalten wird.

Besonderer Teil

Zu § 1:

Nach § 1 unterliegen grundsätzlich alle Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben, der Impfpflicht (s zum Umfang der Impfpflicht § 4). Mit dem Abstellen auf den Wohnsitz gemäß § 1 Abs. 6 MeldeG werden etwa auch 24-Stunden-Betreuer:innen oder Wochenpendler:innen erfasst.

Darüber hinaus erstreckt sich § 1 auch auf Personen, die über eine Hauptwohnsitzbestätigung nach § 19a MeldeG verfügen. Damit sind auch unterstandslose Personen erfasst, deren Mittelpunkt der Lebensbeziehungen sich seit mindestens einem Monat ausschließlich im Gebiet der jeweiligen Gemeinde befindet und für die dort eine Stelle bezeichnet wurde, die regelmäßig aufgesucht wird.

In Abs. 2 wird festgelegt, dass dieses Bundesgesetz nicht für Personen zwischen dem 14. und dem 18. Lebensjahr gilt, sofern die die erforderliche Entscheidungsfähigkeit nach § 173 ABGB nicht vorliegt. Nach § 173 ABGB wird das Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen vermutet. Hervorzuheben ist, dass es sich hier um einen Reifeprozess handelt, so dass auch bei mündigen Minderjährigen, bei denen diese Vermutung zunächst nicht gegeben ist, die Entscheidungsfähigkeit im Zeitverlauf erlangt werden kann (siehe dazu auch § 3 Abs. 2). Spätestens mit Eintritt der Volljährigkeit gelangt die Impfpflicht – wenn kein Ausnahmegrund vorliegt – zur Anwendung. Dass solche Personen, die aus altersbedingten Entwicklungsgründen noch nicht in der Lage sind, die Bedeutung und Tragweite einer medizinischen Behandlung zu verstehen, von der Impfpflicht ausgenommen werden, ist auch im Sinne der Verhältnismäßigkeit. Die Ausnahme dieser Personengruppe trägt darüber hinaus dem Umstand der Strafmündigkeit Rechnung. Die derzeitige Datenlage lässt weiters darauf schließen, dass die symptomatische Infektionsrate im Kindes- und Jugendalter geringer als im Erwachsenenalter ist. Die meisten Infektionen verlaufen demnach asymptomatisch bzw. oligosymptomatisch. Schwere Verläufe im Kindes- und Jugendalter sind sehr selten. Aus der derzeitigen Evidenz- und Datenlage lässt sich schließen, dass Kinder im Vergleich zu Erwachsenen weniger empfänglich für eine SARS-CoV-2 Infektion sind, wobei jüngere Kinder (Kindergartenalter) eine noch geringere Empfänglichkeit aufweisen als Kinder im Schulalter. Eine Impfpflicht für Minderjährige vor Vollendung des 14. Lebensjahres erscheint vor diesem Hintergrund unangemessen. Obwohl Infektionen bei Kindern und Jugendlichen meist milder verlaufen als bei Erwachsenen, sind auch in dieser Altersgruppe Hospitalisierungen und Komplikationen sowie Langzeitfolgen möglich. Durch die Impfung kann eine individuelle Schutzwirkung in dieser Altersgruppe, sowie eine Reduktion des von dieser Gruppe ausgehenden Transmissionsgeschehens erzielt werden. Zudem ist anzunehmen, dass sich insbesondere Personen ab dem vorgesehenen Alter vermehrt in Settings aufhalten, bei denen eine erhöhte epidemiologische Gefahr gegeben ist und damit maßgeblich zur Weiterverbreitung von Infektionen beitragen können. Nachdem Kinder und insbesondere jüngere Kinder im Kindergartenalter weniger empfänglich für eine SARS-CoV-2 Infektion sind als Kinder im Schulalter, erscheint eine Impfpflicht ab dem 14. Lebensjahr, ab dem selbstständig zur Impfung eingewilligt werden kann, sinnvoll.

Ausdrücklich klagestellt wird, dass die Impfung nicht mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchgesetzt werden darf. Die Durchführung einer Schutzimpfung gegen COVID-19 kann auch nicht im Wege einer „Beugestrafe“ erzwungen werden.

Zu § 2:

Unter einem Wohnsitz im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein aufrechter – somit noch bestehender – Wohnsitz nach § 1 Abs. 6 MeldeG zu verstehen. Ein solcher wird an einer Unterkunft begründet, an der man sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.

Unter einem zentral zugelassenen Impfstoff ist ein Impfstoff zu verstehen, der in einem zentralen Verfahren – siehe § 2 Abs. 20 AMG – nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004, ABl. Nr. L 136/1 vom 31. März 2004 durch die Europäischen Arzneimittelagentur zugelassen wurde.

Unter anerkannten Impfstoffen gegen COVID-19 nach Z 4 der Begriffsbestimmungen sind solche zu verstehen, die vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister in einer Verordnung nach § 4 Abs. 7 anerkannt wurden. Hierbei handelt es sich um Impfstoffe, die (noch) nicht zentral zugelassen wurden, wobei die Anerkennung hier auf Grund wissenschaftlicher Grundlagen zur Sicherheit und Wirksamkeit zu erfolgen hat.

Zu § 3:

§ 3 normiert Ausnahmen von der Impfpflicht gemäß § 1 für bestimmte Personengruppen:

In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass für Schwangere zwar eine ausdrückliche Impfempfehlung besteht: In den Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums zu COVID-19-Impfungen vom 22. November 2021 ist ausgeführt, dass sämtliche bisher vorliegenden Daten aus großen Registerstudien keine nachteiligen Effekte oder Auffälligkeiten bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen bei Schwangeren zeigen. Ferner empfehlen zahlreiche internationale Fachgesellschaften (CDC, ACOG, RCOG, STIKO u.a.) die COVID-19-Impfungen in der Schwangerschaft. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit einem Eingriff in Art. 8 EMRK darf dieser das Maß des unbedingt Erforderlichen nicht überschreiten. Infolgedessen wird auf die Einbeziehung Schwangerer verzichtet, da dies zur Erreichung einer möglichst hohen Durchimpfungsrate nicht erforderlich ist.

Auf Grund der erhöhten Gefährdung und dem erhöhten Risiko für schwere Verläufe von COVID-19 sowie einer höheren Rate an Frühgeburten ist in der Schwangerschaft in Abhängigkeit vom Impfstatus die Impfung gegen COVID-19 ab dem 2. Trimenon ausdrücklich empfohlen. Da eine Schwangerschaft aber vor allem im ersten Drittel eine medizinisch gesehen sehr sensible Phase ist bestehen Bedenken, dass etwaige Komplikationen in der Schwangerschaft unbegründet der Impfung zugeordnet werden könnten. Im 1. Trimenon ist die Impfung gegen COVID-19 daher aus theoretischen Überlegungen nicht empfohlen. Weil es sich bei Schwangeren dennoch um eine sensible Personengruppe handelt hat der Gesetzgeber beschlossen, diese Personengruppe von der Impfpflicht auszunehmen.

Zur Zulässigkeit einer zulassungsüberschreitenden Anwendung („off label-use“), wird auf die herrschende Lehre und Rechtsprechung verwiesen. Nach dieser ist ein Off-Label-Use – insbesondere haftungsrechtlich – zulässig, wenn er nach dem Stand der Wissenschaft medizinisch indiziert und therapeutisch notwendig ist (s insbesondere Kopetzki, „Off-Label-Use“ von Arzneimitteln, in Ennöckl et al (Hrsg), Über Struktur und Vielfalt im Öffentlichen Recht, FS Bernhard Raschauer (2008) 73; mwN Cerha/Heissenberger/Steinböck, AMG §§ 7-8a Rz 2).

Nach der Rechtsprechung des OGH ist der Stand der Wissenschaft so lange erfüllt, als die Methode von einer anerkannten Schule medizinischer Wissenschaft vertreten wird (OGH 8 Ob 525/88, SZ 62/53). Konsensbildungen in fachlichen Empfehlungen sind dabei (neben Fachartikeln, Aussagen Sachverständiger in behördlichen Verfahren etc) ein Hilfsmittel zur Ermittlung des Standes der Wissenschaft. Das Gewicht der Indizwirkung der Empfehlungen von Beiräten für das Bestehen eines Standes der Wissenschaft hängt unter anderem von der fachimmanenten Anerkennung, von der Auswahl der darin zusammengefassten Fachvertreter:innen und von der Breite des darin erzielten Konsenses ab. Den Aussagen hochrangiger Expertengremien und von Beiräten (wie z.B. dem Obersten Sanitätsrat) wird dabei vom OGH eine erhebliche Bedeutung beigemessen (s zum Ganzen Kopetzki, Behandlungen auf dem „Stand der Wissenschaft“, in Pfeil (Hrsg), Finanzielle Grenzen des Behandlungsanspruchs (2010) 9 [37, 46]).

Den Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums kommt daher insofern starke Indizwirkung im Sinne einer Verkörperung des Standes der Wissenschaft zu, als darin führende Expert:innen der jeweiligen Fachrichtungen vertreten sind, deren zentrale Aufgabe es ist, die Impfempfehlungen für Österreich auf Basis des aktuellsten wissenschaftlichen Standes auszuarbeiten. Auch dass sich die Empfehlungen mit jenen in Deutschland decken, ist ein relevanter Faktor dafür, dass es sich nicht um eine rein nationale Praxis handelt (je internationaler der Konsens, desto stärker die Indizwirkung). Unter Berücksichtigung der beschränkten Erfahrungen und der laufenden Entwicklungen kann sich der Stand der Wissenschaft weiterentwickeln; die Aktualität der Empfehlungen des NIG und die ständige Überarbeitung gewährleistet aber, dass die entsprechenden Empfehlungen aktuell sind.

Es ist daher zwischen dem Umstand, ob für eine bestimmte Indikation eine Zulassung vorliegt und der Behandlung nach dem Stand der Wissenschaft zu unterscheiden. Daraus folgt, dass die Regeln der medizinischen Wissenschaft und der ärztlichen Kunst die zulassungsüberschreitende Anwendung eines Arzneimittels (und damit auch einer Impfung) unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur zulassen, sondern dies sogar gebieten können (s Wendehorst, Haftung für Impfschäden beim Off-Label-Use, Manuskript, abrufbar unter https://www.aerztekammer.at/coronavirus#haftung). Bei einer solchen Anwendung bestehen erweiterte Aufklärungspflichten und muss insbesondere über die Tatsache informiert werden, dass die geplante Anwendung (noch) nicht von der Zulassung gedeckt ist.

Ebenso ausgenommen sind Personen, denen eine Impfung nicht ohne Gefährdung für Leben oder Gesundheit verabreicht und der Gefährdung auch nicht durch ein Ausweichen auf andere zentral zugelassene Impfstoffe begegnet werden kann. Diese Ausnahme liegt insbesondere vor, wenn Kontraindikationen gegen Impfstoffe bestehen. Echte Kontraindikationen gegen die Impfung stellen nur sehr seltene Allergien gegen Inhaltsstoffe von Impfungen dar. Zudem gibt es Krankheitsbilder, die zur Folge haben, dass Personen vorübergehend oder dauerhaft nicht impfbar sind, wie zB bei schwerer Immunsuppression, im akuten Schub einer Autoimmunerkrankung, aufgrund von akuten Infektionskrankheiten, etc. An dieser Stelle darf ausdrücklich klargestellt werden, dass der Ausnahmegrund der Gefährdung von Leben oder Gesundheit nicht nur die physische Gesundheit, sondern auch die psychische Gesundheit mitumfasst. Im Hinblick die Ausnahme nach § 3 Abs. 1 Z 2 ist auszuführen, dass wenn der Allgemeinzustand der zu impfenden Person Zweifel an einem günstigen Nutzen-/Risikoverhältnis der Impfung aufkommen lässt, durchaus ein vorübergehendes oder dauerhaftes Zurückstellen von der Impfung in Einzelfällen erwogen werden kann und muss, z.B. bei Hochdosis-Immunsuppression. Eine Re-Evaluierung des Gesundheitszustandes kann hier in Abhängigkeit vom Zustandsbild im Intervall von drei Monaten sinnvoll sein. Folgende Personengruppen sind hiervon betroffen:

- Von einem Allergologen oder einer Allergologin bestätigte Allergie oder Überempfindlichkeit gegen einzelne Inhaltsstoffe, die in allen zum jeweiligen Zeitpunkt zugelassenen COVID-19-Impfstoffen enthalten sind und somit ein Impfhindernis darstellen, Details siehe Kapitel „Allergie, Anwendungsempfehlung COVID-19-Impfungen“.

- Bis zu sechs Monate nach Organtransplantation: Ob ein Ausschlussgrund über diese Zeit hinaus besteht, ist mit dem betreuenden Arzt oder der betreuenden Ärztin zu besprechen.

- Graft   vs. Host Disease.

- Bis drei Monate nach Stammzelltransplantation, nach Rücksprache mit der betreuenden Ärztin bzw. dem betreuenden Arzt.

- Akuter Schub einer schweren inflammatorischen/Autoimmun-Erkrankung bis zur Stabilisierung des Krankheitszustandes.

Die Z 3 nimmt Personen von der Impfpflicht aus, die von COVID-19 genesen sind und von denen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine mit Geimpften vergleichbare epidemiologische Gefahr ausgeht. Die Dauer der Ausnahme entspricht dem aktuellen COVID-19-Maßnahmenrecht.

Abs. 3 regelt die Art der erforderlichen Nachweise der Ausnahmegründe und die Ausstellungsberechtigten. Damit die Daten jener Personen, für die ein Ausnahmegrund gemäß § 3 Abs. 1 zur Anwendung gelangt, nicht an die für das Verwaltungsstrafverfahren gemäß den §§ 7 Abs. 1 und 8 Abs. 1 zuständige Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt werden, sollen mit dieser Bestimmung die Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen, die eine Bestätigung über eine Ausnahme auszustellen haben, verpflichtet werden, das Bestehen eines Ausnahmegrundes und den Zeitpunkt des Wegfalls dieses Ausnahmegrundes im zentralen Impfregister zu speichern.

Gemäß Abs. 4 kann der Nachweis über eine Genesung, sofern es sich nicht um einen im Register anzeigepflichtiger Krankheiten (EMS) verarbeiteten molekularbiologisch bestätigten Test auf SARS-CoV-2 handelt (siehe die Erläuterungen zu § 5 Abs. 2 Z 2), sowie der Nachweis über das Vorhandensein von neutralisierenden Antikörpern gemäß § 4 Abs. 5 auch gegenüber einen der in Abs. 3 genannten Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen erbracht werden. In diesem Fall haben die Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen das Bestehen des Ausnahmegrundes gemäß Abs. 4 bzw. das Vorhandensein neutralisierender Antikörper im zentralen Impfregister zu speichern. Werden mit Verordnung gemäß Abs. 6 neue Ausnahmen geschaffen, so sollen diese Ausnahmen auch im zentralen Impfregister gespeichert werden dürfen.

Da sich die in § 3 Abs. 1 normierten Ausnahmen gleichrangig gegenüberstehen, ist in weiterer Folge nicht relevant, welcher dieser Ausnahmegründe besteht. Aus diesem Grund darf keine spezifische Angabe über den Grund, sondern nur „Ausnahme COVID-19-Impfung“ im zentralen Impfregister gespeichert werden. Bei dem Bestehen neutralisierender Antikörper gemäß § 4 Abs. 6 handelt es sich zwar nicht um eine Ausnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2, jedoch muss dies im zentralen Impfregister gespeichert werden, damit die Daten nach dem Abgleich gelöscht und nicht an die Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt werden. Auch dass eine Person zwischen 14 und 18 Jahren nicht entscheidungsfähig ist, ist keine Ausnahme gemäß Abs. 1, da diese Personen gar nicht in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen. Da bei einem Datenabgleich zwischen dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem zentralen Impfregister (siehe die Erläuterungen zu § 5) nicht festgestellt werden kann, welche Personen in den Anwendungsbereich fallen und welche nicht, ist das Nicht-Vorliegen der erforderlichen Entscheidungsfähigkeit im zentralen Impfregister als Ausnahme zu speichern, damit gegen diese Person kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird.

Abs. 6 ermächtigt den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zur Erlassung von Verordnungen im Fall einer Änderung der Rechtslage oder des Standes der Wissenschaft (zur Zulässigkeit abweichender Regelugen im Verordnungsweg kraft spezialgesetzlicher Grundlage Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 [2017] Rz 776). Änderungen des Standes der Wissenschaft können etwa den Kenntnisstand hinsichtlich der Verbreitungswahrscheinlichkeit von Genesenen betreffen. Eine relevante Änderung der Rechtslage wäre etwa die Zulassung von COVID-19-Impfstoffen auch für Schwangere. Personen, die nicht ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit geimpft werden können, müssen jedoch stets von der Impfpflicht ausgenommen sein. Für diese kommt daher keine Änderung im Verordnungsweg in Betracht. Neue Erkenntnisse zur Omikron-Variante oder anderen Varianten könnten eine Änderung der Empfehlungen ebenso rechtfertigen wie die Verfügbarkeit neuer Impfstoffe mit anderen Impfschemata. Auch neue Erkenntnisse zu Genesenen und „immune-escape-Mechanismen“, welche ebenso von zirkulierenden Varianten abhängen, können Anpassungen notwendig machen. Eine Verordnung auf dieser Grundlage muss nicht nur aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Gesundheit erforderlich sein, sondern auch dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

Zu § 4:

Im Sinne der Rechtsklarheit wird bereits im Gesetz der Umfang der Impfpflicht verankert. Angesichts der Strafbewehrung muss für den Rechtsunterworfenen schon aus dem Gesetz klar hervorgehen, welche Pflichten mit der Impfpflicht einhergehen. Wenngleich sich der Stand der Wissenschaft zu den erforderlichen Impfintervallen ändern kann, wird die Impfplicht entsprechend dem im Zeitpunkt der Erlassung dieses Gesetzes bestehenden Stand der Wissenschaft festgelegt.

Unter Umständen, in denen sachlich geeignete Regelungen für bestimmte Sachverhalte nicht nur flexibel, sondern möglicherweise auch unter erheblichem Zeitdruck geschaffen werden müssen, ist die Rechtsform der Verordnung heranzuziehen. Um die gesetzlichen Vorgaben sachadäquat und flexibel an etwaige Änderungen des Standes der Wissenschaft anpassen zu können, wird daher eine entsprechende Verordnungsermächtigung zur Änderung der in § 4 normierten Voraussetzungen vorgesehen (s zur Zulässigkeit § 3).

Änderungen des Standes der Wissenschaft können in diesem Zusammenhang nicht nur Änderungen im Hinblick auf Impfintervalle oder -kombinationen sein, sondern etwa auch Änderungen des Standes der Wissenschaft im Hinblick auf die Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen. So können insbesondere auch Neubewertungen von nicht zentral zugelassenen Impfstoffen einfließen. An dieser Stelle darf auf die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums, die auf der Webseite des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz abrufbar sind, hingewiesen werden.

Zu § 5:

Damit die Impfpflicht faktisch durchgesetzt (das heißt vollzogen) werden kann, ist es notwendig, dass die Gesundheitsbehörden Kenntnis darüber erlangen, welche Personen nicht oder nicht ausreichend immunisiert sind. Diese Kenntnis könnte die Gesundheitsbehörde auf unterschiedliche Wege erlangen, beispielweise über stichprobenartige Kontrollen des Impfstatus durch Abfragen aus dem zentralem Impfregister oder durch Erhebung des Impfstatus bei den betroffenen Personen selbst.

Beiden genannten Lösungen ist gemein, dass sie nicht nur zeit-, personal- und kostenaufwändig sind, sondern wegen der damit einhergehenden lediglich stichprobenartigen Kontrollmöglichkeit nur bedingt geeignet sind, das mit der Impfpflicht verfolgte Ziel, nämlich die Hebung der COVID-19-Durchimpfungsrate, zu verwirklichen.

Die Ermittlung der impfpflichtigen Personen anhand der bestehenden Datenlage und anschließende Versendung von Erinnerungsschreiben (vgl. § 6) knüpft an den Erfolg von Reminder- und Recall-Systemen zur Steigerung von Durchimpfungsraten an, der schon mehrfach wissenschaftlich bestätigt wurde (vgl. Jacobson Vann et al, Patient reminder and recall interventions to improve immunization rates, Cochrane Database of Systematic Reviews 2018, Issue 1; Dini et al, The impact of computer-generated messages on childhood immunization coverage, American Journal of Preventive Medicine 2000, 18[2], 132-139; Shultz et al, A Systems Approach to Improving Tdap Immunization Within 5 Community-Based Family Practice Settings: Working Differently (and Better) by Transforming the Structure and Process of Care, American Journal of Public Health 2015, 105[10], 1990-1997).

Diese Reminder- und Recall-Systeme werden regelmäßig als eine wichtige Maßnahme zur Verbesserung der Impfversorgung beschrieben und gefordert (American Academy of Pediatrics, Immunization Reminder & Recall Systems aap.org/en-us/Documents/immunization_reminderrecall.pdf; Gesundheit Österreich GmbH, Quick Assessment: Maßnahmen zur Erhöhung der MMR-Durchimpfungsrate – Übersicht aus Literatur und Länderrecherchen 2013) sowie von der WHO ausdrücklich empfohlen.

Da gemäß § 24c Abs. 2 des Gesundheitstelematikgesetzes 2012 (GTelG 2012), BGBl. I Nr. 111/2012, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 der eHealth-Verordnung (eHealthV), BGBl. II Nr. 449/2020, alle in Österreich verabreichten Schutzimpfungen gegen COVID-19 verpflichtend im zentralen Impfregister zu speichern sind, können jene Personen, die zu den jeweiligen Stichtagen gemäß § 6 die Impfpflicht gemäß § 1 erfüllt haben, aus dem zentralen Impfregister ermittelt werden.

Um zu wissen, wer in Österreich nicht oder nicht ausreichend immunisiert ist, ist jedoch eine Ermittlung der Personen aus dem zentralen Impfregister nicht ausreichend, weshalb ein Abgleich mit dem ZMR notwendig ist:

Zum Zweck der Ermittlung der impfpflichtigen Personen haben gemäß Abs. 1 die Meldebehörden und die ELGA GmbH jeweils Daten aus dem ZMR bzw. aus dem zentralen Impfregister zu übermitteln. Aufgrund des Datenminimierungsgrundsatzes in Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO sind nur die Daten jener Personen zu übermitteln, die das 14. Lebensjahr bereits vollendet haben, da dieses Bundesgesetz auf Personen unter 14 Jahren nicht anwendbar ist und die Verarbeitung ihrer Daten nicht erforderlich ist.

Die Übermittlung der in Z 1 konkretisierten Daten soll durch den Bundesminister für Inneres erfolgen, den Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) für die MeldebehördenGemäß § 13 Abs. 2 des E-Government-Gesetzes (E-GovG), BGBl. I Nr. 10/2004, dürfen bereichsspezifische Personenkennzeichen von der Stammzahlenregisterbehörde nur verschlüsselt zur Verfügung gestellt werden. Die für die Bereitstellung des verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichens Gesundheit (vbPK-GH) erforderlichen technischen Vorkehrungen (beispielsweise die Bereitstellung des öffentlichen Schlüssels) wurden bereits getroffen, zumal das bPK-GH seit längerem für andere Anwendungen angefordert wird.

Die Übermittlung der in Z 2 konkretisierten Daten soll durch die ELGA GmbH erfolgen, da sie im Pilotbetrieb die datenschutzrechtlich Verantwortliche für Betrieb, Wartung und technischer Weiterentwicklung der eHealth Anwendung „Elektronischer Impfpass“ (im Folgende: „eImpfpass“) des eImpfpasses ist (vgl. § 27 Abs. 17 GTelG 2012 in Verbindung mit § 4b Abs. 1 eHealth-Verordnung [eHealthV], BGBl. II Nr. 449/2020): In Art. 7 Abs. 4 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 98/2017, verpflichten sich Bund und Länder zur Schaffung der Rahmenbedingungen für den breiteren Einsatz von elektronischen Gesundheitsdiensten einschließlich eines eImpfpass). Mit Beschluss der Bundes-Zielsteuerungskommission vom 29. Juni 2018 wurden schließlich die Ausgestaltung und Finanzierung des Pilotprojekts eImpfpass als eHealth-Anwendung festgelegt; aufgrund dieses Beschlusses obliegen der ELGA GmbH die inhaltliche, zeitliche und finanzielle Verantwortung für die Pilotierung des eImpfpasses. Bund, Länder und der Dachverband der Sozialversicherungsträger erarbeiten ein Gesamtkonzept für den Vollbetrieb des eImpfpasses. Nach Umsetzung dieses Gesamtkonzepts übernimmt der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister die Verantwortung für Betrieb, Wartung und technischer Weiterentwicklung (vgl. § 27 Abs. 17 GTelG 2012).

Gemäß Abs. 2 soll der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister einen Abgleich zwischen den ihm übermittelten Daten durchführen, um auf diese Weise zu ermitteln, welche Personen zum Stichtag gemäß § 6 die Impfpflicht erfüllt haben und für welche Personen eine zeitlich gültige Ausnahme gemäß § 3 Abs. 3, 4 und 6 im eImpfpass eingetragen ist.

Aufgrund des Datenminimierungsgrundsatzes gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO sollen die Daten dieser Personen unmittelbar nach dem Abgleich gemäß Z 1 gelöscht werden, da diese Daten in weiterer Folge nicht mehr benötigt werden.

Nach dem Abgleich gemäß Z 1 soll der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister gemäß Z 2 die Daten der verbliebenen Personen mit dem EMS gemäß § 4 EpiG abgleichen, um auf diese Weise jene Personen zu ermitteln, für die keine Impfpflicht zu dem Stichtag gemäß § 6 besteht, weil sie – gemäß den Vorgaben des § 4 – eine bestätigte Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden haben und diese Infektion anhand eines molekularbiologisch bestätigten Test auf SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde. Aufgrund des Datenminimierungsgrundsatzes gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO sollen die Daten dieser Personen unmittelbar nach dem Abgleich gemäß Z 2 gelöscht werden, da diese Daten in weiterer Folge nicht mehr benötigt werden.

Gemäß Abs. 3 soll der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister den Abgleich gemäß Abs. 2 zum Impfstichtag gemäß § 2 Z 7 und in weiterer Folge in Abständen von je drei Monaten (§§ 7 Abs. 1 und, 8 Abs. 1) wiederholen, wozu ihm die Meldebehörden im Wege des Bundesministers für Inneres und die ELGA GmbH die Daten erneut zu übermitteln haben (vgl. Abs. 1). Die Daten jener Personen, für die weder eine Impfung noch das Bestehen einer Ausnahme im zentralen Impfregister gespeichert ist und die auch keine bestätigte Infektion mit SARS-CoV-2 vorweisen können, sind von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister als datenschutzrechtlich Verantwortlichen an die örtlichen zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden – oder im Falle des § 12 Abs. 2 an den Landeshauptmann – zum Zweck der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 9 Abs. 1 zu übermitteln.

Die Übermittlung an die Bezirksverwaltungsbehörden soll über den Portalverbund erfolgen, da die Bundesländer diese im Behördenbereich bestehende Infrastruktur bereits nutzen und der Portalverbund einerseits ein entsprechend dem Stand der Technik abgesichertes Netzwerk darstellt, andererseits Protokolle und Verfahren verwendet, die eine vollständige Verschlüsselung der Daten durch entsprechende kryptographische Algorithmen bewirken. Aufgrund der gebotenen technologieneutralen Formulierung von Rechtsnormen soll der Begriff „Portalverbund“ (als eine geeignete technische Implementierung dieser Bestimmung) nicht verwendet werden, sondern es soll auf die Einhaltung des Stands der Technik referenziert werden.

Dass der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister, die Meldebehörden, der Bundesminister für Inneres, die Bezirksverwaltungsbehörden, der Landeshauptmann (§ 12 Abs. 2), die ELGA GmbH sowie die Vertragsärzte oder Vertrags-Gruppenpraxen gemäß § 3 Abs. 3 und 4 sowie im Falle des § 12 Abs. 2 die Landeshauptmänner und ebenso die Österreichischen Vertretungsbehörden (vgl. § 7 Abs. 3) geeignete Datensicherheitsmaßnahmen zu ergreifen haben, ergibt sich unmittelbar aus Art. 32 DSGVO. Abs. 4 verankert geeignete Garantien für den Schutz der Rechte der betroffenen Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 DSG:

So soll nicht nur in Z 1 ein umfangreiches Weiterverarbeitungsverbot verankert und in Z 2 klargestellt werden, wann der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister die Daten zu löschen hat, sondern es soll für die Datenübermittlungen der ELGA GmbH und der Österreichischen Vertretungsbehörden auch § 6 GTelG 2012 anzuwenden sein. § 6 GTelG 2012 regelt die Vertraulichkeit bei der Übermittlung von Gesundheitsdaten und genetischen Daten.

Die von den Bezirksverwaltungsbehörden bzw. Landeshauptmännern einzuhaltenden Datensicherheitsmaßnahmen (Z 3) orientieren sich an § 4a GTelG 2012.

Sowohl die Zugriffe der ELGA GmbH als auch die der Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen gemäß § 3 Abs. 3 und 4 sollen gemäß § 24f Abs. 5 GTelG 2012 protokolliert werden (Z 5 und 6). Die Protokolldaten gemäß Abs. 4 Z 6 dürfen von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zur Qualitätssicherung ausgewertet werden, wofür er eine spezifische Zugriffsberechtigung auf das zentrale Impfregister haben soll. Sollten bei dieser Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, die den Anschein erwecken, dass Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen ungerechtfertigterweise Ausnahmen gemäß § 3 Abs. 3 und 4 im zentralen Impfregister speichern, so soll gemäß Abs. 5 der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister berechtigt sein, die Daten an die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde bzw. den örtlich zuständigen Landeshauptmann (§ 12 Abs. 2) für die Durchführung notwendiger Ermittlungen gemäß § 8 Abs. 4 im Wege des Portalverbunds (siehe die Erläuterungen zu Abs. 3) zu übermitteln.

Der Anschein, dass Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen ungerechtfertigerweise Ausnahmen gemäß § 3 Abs. 3 und 4 im zentralen Impfregister speichern, kann beispielsweise dadurch entstehen, dass es zu einer gewissen, dem Anschein nach unverhältnismäßigen Anhäufung von entsprechenden Einträgen bei einem einzigen Vertragsarzt, einer einzigen Vertrags-Gruppenpraxis kommt, die die Vermutung nahe legt, dass nicht alle Eintragungen gerechtfertigterweise erfolgten.

Der Abs. 6 enthält eine spezifische Zugriffsberechtigung gemäß § 24f Abs. 4 GTelG 2012 der ELGA GmbH und der Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen gemäß § 3 Abs. 3 und 4. Diese ist gemäß § 24d Abs. 1 GTelG 2012 für die Verarbeitung der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten notwendig. Ferner soll Abs. 5 klarstellen, dass es sich bei der ELGA GmbH und den Vertragsärzten und Vertrags-Gruppenpraxen gemäß § 3 Abs. 3 und 4 um gemeinsame Verantwortliche handelt. Dies entspricht dem bereits geltenden Regelungsregime des GTelG 2012 (vgl. § 27 Abs. 17 in Verbindung mit § 24c Abs. 3 GTelG 2012), weshalb die Pflichtenaufteilung auch gemäß § 4a bis § 4d eHealthV vorgenommen werden soll. Im Gegensatz zu Eintragungen in das zentrale Impfregister gemäß § 24c Abs. 2 GTelG 2012 soll es für die Eintragungen von Ausnahmen gemäß § 3 Abs. 3 und 4 jedoch keine zentrale Anlaufstelle geben, zumal Art. 26 Abs. 3 DSGVO selbst bei Bestehen einer solchen ohnehin unberührt bleibt.

Zu den aufgrund dieses Bundesgesetzes vorgenommen Datenverarbeitungen sei festgehalten, dass die Datenschutz-Folgenabschätzung für den eImpfpass bereits vorweggenommen wurde (vgl. ErlRV 232 BlgNR XXVII. GP, 22 ff), weshalb die Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen für die Speicherung der Ausnahmegründe sowie die Bezirksverwaltungsbehörden gemäß § 7 Abs. 3 keine Datenschutz-Folgenabschätzung durchführen müssen, da die Speicherung von Ausnahmegründen eine ähnliche Verarbeitungstätigkeit wie die Speicherung von Impfungen darstellt.

Zu § 6:

Hier wird festgelegt, dass der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister in Abständen von jeweils drei Monaten Personen, hinsichtlich derer nach Maßgabe der Ermittlung nach § 5 Abs. 2 die Erfüllung der Impfpflicht nicht erhoben werden kann, zu ermitteln hat und diese darüber zu informieren sind, dass die jeweilige Impfung bis zum Impfstichtag oder dem im Abstand von jeweils drei Monaten darauffolgenden Tagnachzuholen ist. Hierbei handelt es sich um eine Dienstleistung, im Zuge derer die Normunterworfenen auf ihre Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz hinzuweisen sind. Diese Maßnahme ist auch vor dem Hintergrund des verfassungsmäßigen Gebots der Anwendung gelinderer Mittel zur Verhängung von Zwangsmaßnahmen zu sehen. Hiermit wird auch dem Grundsatz „Beraten statt Strafen“ nachgekommen, obzwar im Hinblick auf § 33a VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung im Zusammenhang mit den in diesem Bundesgesetz geregelten Tatbeständen nicht als gering anzusehen sind.

Zu § 7:

Nach § 7 ist verwaltungsbehördlich strafbar, wer der Verpflichtung, sich einer der dort genannten Impfungen zu unterziehen, zuwiderhandelt.

Was die Höhe des Strafausmaßes betrifft, wird festgehalten, dass diese so bemessen sein muss, dass die Eignung der gesetzlichen Impfpflicht zur Erreichung des Ziels einer Erhöhung der Durchimpfungsrate nicht unterlaufen wird. Die Strafhöhen müssen auch im Verhältnis zu in anderen Gesetzen vorgesehenen Strafen stehen und müssen den Unrechtgehalt angemessen widerspiegeln. Vor dem Hintergrund der bereits mehrfach aufgezeigten pandemischen Bedrohungslage für die Gesundheitsinfrastruktur und dem damit verbundenen Erfordernis der Erhöhung der Durchimpfungsrate werden entsprechend adäquate Verwaltungsstrafen vorgesehen. Im Zusammenhang mit der Strafbemessung wird ausdrücklich auf § 19 VStG hingewiesen, wonach Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind.

Im Hinblick auf Jugendliche ist auch § 20 VStG hervorzuheben. Handelt es sich bei einem Beschuldigten um einen Jugendlichen, dh um eine Person, die zum Zeitpunkt der Tat zwar bereits 14, aber noch nicht 18 Jahre alt war, so kommt hier auch eine außerordentliche Strafmilderung in Betracht. Hier kommt es aber nicht auf ein Überwiegen der Milderungsgründe an. Bei Jugendlichen erfolgt die außerordentliche Strafmilderung unabhängig vom beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe (VwGH 24.5.1989, 89/03/0048).

Im Hinblick auf Abs. 3 ist auszuführen, dass der Nachweis, dass die Impfpflicht erfüllt wurde, durch entsprechende Einträge im zentralen Impfregister nachgewiesen werden kann oder durch Vorlage des Impfpasses oder durch Vorlage einer ärztlichen Bestätigung über die erfolgte Impfung.

Auch Personen, die zwar einen Wohnsitz, aber nicht ihren aktuellen Lebensmittelpunkt in Österreich haben, fallen gemäß § 1 in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes. Da eine Vielzahl dieser Personen die Schutzimpfung gegen COVID-19 nicht in Österreich erhalten hat und deswegen die Impfung nicht im zentralen Impfregister gespeichert ist, soll durch Abs. 3 eine Sonderbestimmung zu § 24c Abs. 4 GTelG 2012 geschaffen werden, der besagt, dass Gesundheitsdiensteanbieter, die zur Speicherung der Angaben gemäß § 24c Abs. 2 im zentralen Impfregister verpflichtet sind, unter Berücksichtigung der jeweiligen Berufspflichten (z. B. § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998) verabreichte und schriftlich dokumentierte, aber nicht im zentralen Impfregister gespeicherte Impfungen nachtragen dürfen.

Dadurch soll verhindert werden, dass gegen Personen ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird, nur weil sie keine Möglichkeit haben, die Impfung im zentralen Impfregister nachtragen zu lassen.

Abweichend von § 24c Abs. 4 GTelG 2012 sollen die Bezirksverwaltungsbehörden in ihrer Rolle als Öffentlicher Gesundheitsdienst – und sohin dem Regelungsregime des 5. Abschnitts des GTelG 2012 unterliegend (vgl. § 24c Abs. 1 Z 1 GTelG 2012) – dazu verpflichtet werden, Schutzimpfungen gegen COVID-19 im zentralen Impfregister nachzutragen, wenn die betroffene Personen ihren Wohnsitz in Österreich hat, aber im Ausland geimpft wurde und es ihr nicht zumutbar ist, die Impfung gemäß § 24c Abs. 4 GTelG 2012 nachtragen zu lassen. Zumutbar wäre eine Nachtragung der Impfung gemäß § 24c Abs. 4 GTelG 2012 etwa dann, wenn eine Person jede zweite Woche im Ausland arbeitet, die restliche Zeit aber in Österreich verbringt. Nicht zumutbar wäre die Nachtragung gemäß § 24c Abs. 4 GTelG 2012, wenn eine Person beispielsweise ein Auslandssemester in Australien verbringt und keine Möglichkeit hat, die Impfung in Österreich nachtragen zu lassen. Auch dann, wenn eine Person nur am Wochenende in Österreich ist, ist eine Unzumutbarkeit denkbar, zumal Ordinationszeiten in der Regel unter der Woche stattfinden.

Personen, die die Voraussetzungen des Abs. 3 erfüllen, können bei der Bezirksverwaltungsbehörde unter Nachweis der Impfdokumentation die Nachtragung beantragen. Ist diesen Personen eine Übermittlung des Nachweises nicht möglich (etwa, weil sie über kein Verschlüsselungsprogramm für ihre E-Mails verfügen), so kann die Übermittlung der Impfdokumentation an die Bezirksverwaltungsbehörde durch die Österreichischen Vertretungsbehörden erfolgen. Diese verfügen einerseits über den ELAK, anderseits sind E-Mail an die Bezirksverwaltungsbehörden verschlüsselt, wodurch die Voraussetzungen des § 6 GTelG 2012 erfüllt werden. Der Antrag auf Nachtragung wird mit der Übermittlung der Impfdokumentation gestellt, ein gesonderter Antrag ist nicht notwendig. Wenn eine Österreichische Vertretungsbehörde den Nachweis einer Impfung übermittelt, ist davon auszugehen, dass eine Nachtragung gemäß § 24c Abs. 4 GTelG 2012 jedenfalls unzumutbar ist.

Die nachtragende Bezirksverwaltungsbehörde und die ELGA GmbH sind gemäß § 27 Abs. 17 in Verbindung mit § 24c Abs. 3 GTelG 2012 gemeinsame Verantwortliche.

Abs. 4 sieht eine Einstellung des (nach Erhebung eines Einspruchs nach Maßgabe des § 49 VStG einzuleitenden) ordentlichen Verfahrens bei nachträglicher Erfüllung der Impfpflicht vor.

In Abs. 5 wird die Ausstellung ärztlicher Bestätigungen durch die in § 3 Abs. 3 genannten Ärzte unter Missachtung des Standes der Wissenschaft unter Strafe gestellt. Hierdurch soll die Ausstellung sogenannter „Gefälligkeitsbestätigungen“ ohne Vorliegen dahinter stehender Ausnahmegründe hintangehalten werden.

Zu § 8:

Die Einführung eines vereinfachten, von § 47 VStG abweichenden Verfahrens, ist im Sinne des Art. 11 Abs. 2 B-VG unerlässlich, um die mit Einführung einer allgemeinen Impfpflicht verbundenen Verfahren rasch und effizient im Sinne des Gesetzes bewältigen zu können.

Ein von den einheitlichen Vorschriften des VStG abweichendes Verfahren ist an den Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 B-VG zu messen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist eine solches Abweichen nur dann zulässig, wenn dies durch „besondere Umstände“ erforderlich oder „unerlässlich“ ist (s Muzak, B-VG6 Art 11 Rz 11 f [Stand 1.10.2020, rdb.at]). Das Vorliegen derartiger besonderer Umstände hat der Verfassungsgerichtshof beispielsweise im Asylverfahren angenommen (VfSlg 13.831). Für den Bergbau oder den Betrieb von Luftfahrzeugen wurde das Abweichen von den allgemeinen Regelungen als „unerlässlich“ qualifiziert (vgl. VfSlg 15.351 mit Verweis auf VfSlg 11.564).

Die Einführung eines vereinfachten Verfahrens stellt nicht bloß eine Maßnahme zur Entlastung oder Schonung der Verwaltungsbehörden dar, sondern ist unerlässlich, um eine effektive Vollziehung der mit der Impfpflicht in Zusammenhang stehenden Strafverfahren und damit die Erfüllung des Zwecks des Gesetzes, der in der Erreichung einer höheren Durchimpfungsrate besteht, zu gewährleisten. Das Eintreten einer Situation, die die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht erfordert, war für den Gesetzgeber zunächst nicht absehbar. Die mit der nunmehrigen vierten Welle einhergehenden Belastungen für die Bezirksverwaltungsbehörden waren in dieser Intensität und Quantität nicht vorhersehbar. Dies hängt auch mit dem Umstand zusammen, dass – der Einrichtung eines niederschwelligen Impfangebots und entsprechenden Informationskampagnen zum Trotz – Österreich keine ausreichende Durchimpfungsrate aufweisen kann. Die Durchführung der Strafverfahren in einem von § 47 VStG abweichenden Verfahren kann nicht im Rahmen üblichen Verwaltungshandelns erfolgen, sondern ist es aufgrund der gegenwärtigen Ausnahmesituation unerlässlich, die Strafverfahren in einem vereinfachten Verfahren durchzuführen.

In Abs. 2 ist vorgesehen, dass durch Verordnung jene Personengruppen bezeichnet werden können, hinsichtlich derer im vereinfachten Verfahren eine geringere Strafhöhe festzusetzen ist. Hier ist aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Gruppe insbesondere an Jugendliche, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, zu denken.

Abs. 3 sieht eine Einstellung des (nach Erhebung eines Einspruchs nach Maßgabe des § 49 VStG einzuleitenden) ordentlichen Verfahrens bei nachträglicher Erfüllung der Impfpflicht vor.

Zu § 9:

Hier wird eine Zweckwidmung der Strafen für Träger von Krankenanstalten vorgesehen. Die Einnahmen aus Strafverfahren kommen damit unmittelbar dem zentralen Schutzgut dieses Bundesgesetzes, der zentralen Gesundheitsinfrastruktur, zugute.

Zu § 10:

Der Landeshauptmann hat zum Zweck der Durchführung von Impfungen gemäß § 4 dafür Sorge zu tragen, dass entsprechende „Impftage“ organisiert und durchgeführt werden. Hierfür kann er sich bereits bestehender Impfstraßen bedienen. Diesbezügliche Kosten, die Kosten für die Bereitstellung des notwendigen Impfstoffs und die Kosten für ärztliche Zeugnisse nach § 2 Z 2 sind vom Bund zu tragen.

Zu § 11:

Die Verordnungsermächtigungen nach § 3 Abs. 6 und § 4 Abs. 7 bedürfen der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates.

Zu § 12:

Trotz einem Ende der Pandemie kann sich die weltweite Lage stark von der Lage in Österreich unterscheiden. Gegebenenfalls kann weiterhin eine Epidemie vorliegen, auch wenn die Pandemie durch die WHO bereits für beendet erklärt wurde. Vor diesem Hintergrund sowie aufgrund der Zielsetzung dieses Bundesgesetzes, eine nachhaltig hohe Durchimpfungsrate zu schaffen, tritt dieses Gesetz mit 31.01.2024 außer Kraft. Die zeitlich begrenzte Geltung des vorliegenden Gesetzes trägt dabei insbesondere dem mit diesem Bundesgesetz verbundenen Grundrechtseingriff Rechnung.

Darüber hinaus wird vorgesehen, dass der Landeshauptmann im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung dazu befugt ist, Verfahren, deren Durchführung der Bezirksverwaltungsbehörde obliegen, an deren Stelle durchzuführen. Nachdem mit dieser Arrogation eine Verschiebung der Kompetenz verbunden ist, wird von der Lehre – im Gegensatz zur Rsp der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, wonach eine Verfahrensanordnung ausreicht – ein nach außen in Erscheinung tretender Akt verlangt (s Hengstschläger/Leeb, AVG § 6 [Stand 1.1.2014 Rz 1, rdb.at]). Nach dem Vorbild von § 6 Abs. 1 des Marktordnungsgesetzes (MOG) wird daher der ein gesamtes Landesgebiet umfassende Zuständigkeitsübergang an eine Verordnung des Landeshauptmannes geknüpft.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 17. Jänner 2022 in Verhandlung genommen. Vor Beginn der Debatte wurde einstimmig die Durchführung eines öffentlichen Hearings gemäß § 37a Abs. 1 Z 3 GOG-NR beschlossen, dem nach § 40 GOG-NR einstimmig folgende Expertinnen und Experten beigezogen wurden:

- Univ.-Prof. Dr. Michael Geistlinger

- Univ.-Prof. Dr. Konrad Lachmayer

- Dr. Susanne Rabady

- Prim. Prof. Dr. Christian Sebesta

- Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst

Im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Ralph Schallmeiner gaben die Expertinnen und Experten ihre Eingangsstatements ab. In den beiden Fragerunden meldeten sich die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Dr. Werner Saxinger, MSc, Philip Kucher, Mag. Verena Nussbaum, Dietmar Keck, Mag. Gerald Hauser, Peter Wurm, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Mag. Beate Meinl­Reisinger, MES, Mag. Gerald Loacker, Ralph Schallmeiner, Dr. Susanne Fürst, Alois Stöger, diplômé, Mario Lindner, Dr. Josef Smolle zu Wort. Weiters ergriff der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein das Wort. Die Expertinnen und Experten beantworteten die an sie gerichteten Fragen.

Nach Beendigung des öffentlichen Hearings gaben die Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Mag. Verena Nussbaum, Dr. Werner Saxinger, MSc, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Mag. Gerald Loacker, Alois Stöger, diplômé, Peter Wurm und Philip Kucher sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak weitere Wortmeldungen ab.

Auf Ersuchen des Ausschusses veranlasste der Präsident des Nationalrates die Abfassung einer auszugsweisen Darstellung über das Hearing; diese ist in Anlage 1 enthalten.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Gabriela Schwarz und Ralph Schallmeiner einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Allgemeiner Teil

Ziel dieses Bundesgesetzes ist die Steigerung der Durchimpfungsrate zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19. Angesichts der – trotz allgemeiner Verfügbarkeit von zentral zugelassenen Impfstoffen – für eine wirksame Bekämpfung der COVID-19-Pandemie unzureichenden Durchimpfungsrate wird zum Schutz der öffentlichen Gesundheit für alle Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben oder über eine Hauptwohnsitzbestätigung gemäß § 19a MeldeG verfügen, eine Impfpflicht gegen COVID-19 vorgeschrieben. Die gesetzliche Festlegung einer solchen Impfpflicht ist primär an Art. 8 EMRK zu messen.

Der Schutzzweck des Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistet ua die Achtung des Privatlebens. Dazu zählt auch der Schutz der physischen und psychischen Integrität des Einzelnen (Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention7, 2021, 297). Der Schutzbereich des Art. 8 EMRK erfasst daher auch die freie Entscheidung, ob man sich einer medizinischen Behandlung unterziehen will oder nicht (Kopetzki, Unterbringungsrecht I, 1995, 408 f). Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privatlebens ist jedoch nicht absolut geschützt, sondern ist auf Grund des Gesetzesvorbehalts des Art. 8 Abs. 2 EMRK einer Einschränkung zum Schutz anderer Rechtsgüter zugänglich. In diesem Sinn erachtet der EGMR Eingriffe in Art. 8 EMRK auf Grund einer Impfpflicht unter bestimmten Voraussetzungen als gerechtfertigt und hat erst jüngst die Konventionskonformität einer verhältnismäßig ausgestalteten Impfpflicht erneut bestätigt (EGMR 8.4.2021, 47.621/13, Vavřička ua, NLMR 2021, 156 (Czech); vgl zuvor bereits EGMR 15.3.2012, Solomakhin, 24.429/03, Rz 36; siehe aus der Literatur Kopetzki, Impfpflicht und Verfassung, RdM 2017/42; Kopetzki, Minenfeld „Impfzwang“, RdM 2021/241; Heissenberger, Impfen in Österreich – Überlegungen zur Impfpflicht und Darstellungen de lege lata, in Aigner ua [Hrsg.], Schutzimpfungen – Rechtliche, ethische und medizinische Aspekte, 2016, 53 [55 ff]).

Eingriffe in Art. 8 EMRK sind gerechtfertigt, wenn sie gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zur Erreichung eines der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele notwendig sind. Die Notwendigkeit ist anzunehmen, wenn einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprochen wird. Hiebei ist jedenfalls auf die Schwere der Krankheit, Infektiosität und die Gefahr für die Öffentlichkeit abzustellen.

Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Erreger mit exponentiellem Verbreitungspotential. Der Krankheitsverlauf der durch SARS-CoV-2 ausgelösten Erkrankung COVID-19 variiert in Symptomatik und Schwere. Es können symptomlose Infektionen bis hin zu schweren Pneumonien mit Lungenversagen und Tod auftreten, wobei auch symptomlose Personen Krankheitsüberträger sind. Der bisherige Verlauf der Pandemie hat die Gefahren für die Öffentlichkeit einschließlich bereits mehrmals drohender Überlastungen des Gesundheitssystems (und einhergehend damit die notwendigen massiven Grundrechtsbeschränkungen) deutlich vor Augen geführt.

Die vorgeschriebene Impfpflicht dient legitimen Zielen des Art. 8 Abs. 2 EMRK, die der EGMR in der einschlägigen Rechtsprechung im Fall Solomakhin und Vavřička anerkannt hat: dem Schutz der Gesundheit und dem Schutz der Rechte anderer.

Das vorliegende Gesetz dient dem Schutz der Rechte anderer insofern, als mit einer möglichst hohen Durchimpfungsrate Personen geschützt werden, die eine Impfung aus medizinischen Gründen nicht in Anspruch nehmen können. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass geimpfte Personen sich grundsätzlich weniger häufig mit SARS-CoV-2 anstecken als ungeimpfte Personen. Dem Schutz der (öffentlichen) Gesundheit dient es insofern, als geimpfte Personen einem deutlich geringeren Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs ausgesetzt sind und die Letalität drastisch reduziert wird. Dies und die aufgrund einer hohen Durchimpfungsrate insgesamt verringerte Verbreitung von COVID-19 dienen dem Schutz der Gesundheitsinfrastruktur, den der Verfassungsgerichtshof in seiner mit Erkenntnis vom 14.07.2020, V 411/2020, beginnenden Rechtsprechung als legitimes Schutzziel anerkennt.

Für die Beurteilung der Frage, ob eine Impfpflicht zur Erreichung des Ziels des Gesundheitsschutzes und des Schutzes der Rechte anderer geeignet ist, ist ausschlaggebend, inwiefern sich eine Impfpflicht auf die Bekämpfung der jeweiligen Krankheit beim Einzelnen und der Gesamtbevölkerung bzw. auf den Schutz der vulnerablen Gruppen auswirkt:

Unter den medizinischen Präventivmaßnahmen gehören Impfungen zu den wichtigsten und wirksamsten. Auf Ebene der öffentlichen Gesundheit tragen sie wesentlich zur Erhöhung der Lebensqualität und zum Rückgang der Sterblichkeit bei. Der durch Impfungen hervorgerufene Schutz umfasst aber nicht nur den Individual-, sondern auch den Kollektivschutz, da auch die Übertragung von Krankheitserregern von Geimpften auf Ungeimpfte verringert wird. Dieser Gemeinschaftsschutz kann zur Reduktion des Infektionsgeschehens von SARS-CoV-2 maßgeblich beitragen. Auf Basis der vorliegenden Daten ist davon auszugehen, dass bei Personen, die trotz Impfung mit der Delta-Variante infiziert werden, die Virusausscheidung verkürzt ist und deswegen insgesamt von einer reduzierten Transmissionswahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann. Hinsichtlich einer etwaigen Reduktion der Transmissionsrate der Omikron-Variante durch die Impfung kann derzeit noch keine endgültige Aussage getroffen werden, es ist aber wahrscheinlich, dass die Transmission von Omikron durch die Impfung ähnlich wie für die Delta-Variante reduziert wird, besonders dann, wenn die Kontaktperson geimpft ist. Es kann aber mit einigermaßen vertrauenswürdiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass dreifach geimpfte Personen mit normaler Immunantwort solide gegen schwere Verläufe durch Omikron geschützt sind, und auch zu etwa 70-75% gegen symptomatische Infektionen mit einem gewissen Wirkungsverlust über die Zeit, die auch impfstoffabhängig sein dürfte. Derzeitige Schätzungen für die Reproduktionsrate der Omikron Variante liegen bei Reff=2,3. Die Effektivität hinsichtlich Verhütung einer Transmission durch die Impfung wird mit 60% angenommen. Unter diesen Umständen erfordert der Gemeinschaftsschutz eine Durchimpfungsrate von 90%. Zudem wurde mittlerweile gezeigt, dass die Impfeffektivität gegen Hospitalisierung vier Wochen nach nur einer Impfung unter der Zirkulation der Omikron-Variante bei 52% liegt (UK Health Security Agency, Technical Briefing, 31.12.2021).

Der Fokus im Schutz vor COVID-19, verursacht durch die Omikron-Variante, wird daher auf eine Reduktion der Krankheitslast zu legen sein. Damit kommt der möglichst raschen Verabreichung der dritten Impfung zentrale Bedeutung zu. Es ist nach dem aktuellen Stand der Forschung davon auszugehen, dass drittgeimpfte Personen deutlich besser gegen Omikron geschützt sind als jene Personen, die nur zwei Impfungen erhalten haben. Eine Infektion mit der Omikron-Variante verläuft nach derzeitigem Kenntnisstand zwar tendenziell milder, aber insbesondere bei ungeimpften Personen kommen nach wie vor schwere Verläufe und Todesfälle vor. Wenn es zu Impfdurchbrüchen kommt, sind diese milder im Vergleich zu Impfdurchbrüchen bei früheren Varianten. Dass die Impfung besonders auf T-zellulärer Ebene sehr gut auch gegen Omikron funktioniert, wird erst jüngst in eindrucksvollen Publikationen beschrieben (GeurtsvanKessel et al. 2021) – daraus lässt sich ableiten, dass dieser Immunitätsgewinn durch die Impfung ein wichtiger Grund ist, warum es bei Geimpften so gut wie nie zu schweren Verläufen kommt. Wenngleich derzeit von der Eignung der Maßnahmen auszugehen ist, bedarf die Wirksamkeit der Impfstoffe einer kontinuierlichen Neubewertung, da sie von multiplen Faktoren beeinflusst wird. Diesem Umstand wird durch ein weitreichendes begleitendes Monitoring (§ 19 Abs. 1) und durch die Verordnungsermächtigung des § 19 Abs. 2 Rechnung getragen, mit der auch die Verpflichtung zur kontinuierlichen Bewertung und regelmäßigen Evaluierung einhergeht.

Infizierte Personen ohne oder mit milden Symptomen haben auf zellulärer und humoraler Ebene eine weitaus geringer ausgeprägte Immunantwort als Personen mit schwerem Verlauf, demnach ist gerade bei solchen Personen langfristig davon auszugehen, dass es zu keiner belastbaren Immunität kommt. Die Impfung aktiviert sowohl humorale- als auch zelluläre Immunität stark, sodass nach Impfung jedenfalls eine deutlich bessere und belastbare Immunität besteht (GeurtsvanKessel CH et al. 2021; Tarke A et al. 2021). Dies spricht auch weiterhin für die Vorteile der Impfung gegenüber der Infektion.

Aber auch bei leichten und mittelschweren Infektionen kann Long-COVID entstehen. Neueste Studien haben gezeigt, dass die Impfung auch Long-COVID-Syndrome signifikant reduzieren kann (Kuodi P et al. 2022). Dies spricht eindeutig für die Impfung von Personen mit einem Long-COVID-Syndrom, was auch der Empfehlung des Nationalen Impfgremiums entspricht.

Hohe Durchimpfungsraten sind weiter erstrebenswert, um im Falle neuer Varianten eine bessere Immunitätslage in der Bevölkerung herzustellen, auf der allenfalls angepasste Impfstoffe aufbauen können. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass das Coronavirus auch in den nächsten Jahren in Österreich zumindest endemisch weiter vorkommen und eine ernstzunehmende Krankheitslast verursachen wird. Eine Möglichkeit ist, dass es sich in ein saisonales Coronavirus verwandelt. Doch auch dann ist davon auszugehen, dass eine Grundimmunisierung notwendig ist.

Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der Maßnahme ist zentral, ob dasselbe Ergebnis auch durch gelindere Mittel (wie zB Aufklärungsmaßnahmen) erreicht werden kann. So erachtet es der EGMR etwa im Fall Vavřička als maßgeblich, ob bloße Empfehlungen ausreichen, um einen angemessenen Schutz der Bevölkerung gegen schwerwiegende Infektionskrankheiten zu gewährleisten.

Beginnend mit der allgemeinen Verfügbarkeit der zugelassenen Impfstoffe gegen COVID-19 wurde ein sehr niederschwelliges Impfangebot geschaffen. Insbesondere seit Beginn des Sommers 2021 waren Schutzimpfungen gegen SARS-CoV-2 unabhängig von Alter oder Vorerkrankung zugänglich. Begleitend gab es bevölkerungsweite Impfkampagnen in Form von Radio- und Fernsehwerbungen. Im Herbst 2021 wurden die Aufklärungsmaßnahmen nochmals intensiviert. Im Rahmen dieser Aufklärungsmaßnahmen wurde der Schwerpunkt auch auf Mehrsprachigkeit und Niederschwelligkeit gelegt:

-       Konzept Social Proof durch Zusammenarbeit mit Vertretern im Gesundheitswesen (Ärzte, Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflege, Apotheker) als Vertrauensbildner, ebenso mit anderen Community Leadern

-       Laufend neue Materialien zu aktuellen Schwerpunkten

-- Spots der Initiative Österreich Impft (auch mehrsprachig): Initiative Österreich impft - YouTube

-- Folder mit Schwerpunktsetzung auf zögernde Zielgruppen: Thematisierung von Mythen (Unfruchtbarkeit, Impotenz etc.)

-- Fokus auf das Thema „Impfung für Kinder ab 5 Jahren“

-       Fokus in allen Kommunikationsaktivitäten: Griffige „Gründe für die Impfung“ mit den Kernbotschaften

-- Die Impfung schützt

-- Die Impfstoffe sind sicher und hochwirksam

-- Die Impfung schützt mich und alle, die mir nahestehen

-       Die Pandemie lässt sich nicht „aussitzen“ – Warten auf Totimpfstoff großes Risiko

-       Versendung eines Erinnerungsschreibens an Ungeimpfte durch den Dachverband der Sozialversicherungsträger mit vorgeschlagenem Impftermin.

Wie das aktuelle Infektionsgeschehen zeigt, sind die über den Herbst 2021 erreichten Durchimpfungsraten jedoch nicht ausreichend, um das Infektionsgeschehen nachhaltig zu stabilisieren.

Derzeit haben bezogen auf die Gesamtbevölkerung 74,8% mindestens eine Impfung, 70,5% mindestens zwei Impfungen und 44,9% mindestens drei Impfungen erhalten (Stand 14.01.2022). In Anbetracht dieser Zahlen und der langsamen Steigerung der Durchimpfungsrate seit Juli 2021 erscheint ein baldiges Erreichen einer notwendigen Durchimpfungsrate für eine Kehrtwende des Infektionsgeschehens unter Weiterführung derzeit bestehender Maßnahmen zur Steigerung der Impfbereitschaft als wenig wahrscheinlich. Wenngleich die Angabe eines genauen Prozentwertes, mit dem eine ausreichende Reduktion des pandemischen Geschehens sichergestellt werden kann, aufgrund der sich laufend verändernden pandemischen Lage durch Virusvarianten nicht mit abschließender Sicherheit erfolgen kann, ist Ziel des Gesetzes, langfristig das Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen, insbesondere durch das Vermeiden von schweren Krankheitsverläufen, und auch die Reduktion der Gesamt-Viruslast in der Bevölkerung durch das Erreichen und Aufrechterhalten einer Durchimpfungsrate von über 90%.

Im Sinne der Prüfung gelinderer Mittel ist insbesondere auch die Reichweite einer Impfpflicht von Bedeutung. Das vorliegende Bundesgesetz sieht in diesem Zusammenhang eine allgemeine Impfpflicht für alle Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben, vor.

Im Hinblick auf die Reduktion der Krankheitslast durch andere Mittel wie Medikamente gegen COVID-19, welche derzeit schon verfügbar sind und in Zukunft voraussichtlich in immer größerer Zahl sein werden, ist festzuhalten, dass dies jedenfalls nicht als äquivalent zu Impfungen angesehen werden kann. Der grundsätzliche Unterschied liegt hiebei darin, dass die derzeit verfügbaren Impfstoffe gegen COVID-19 im Sinne der Primärprävention eingesetzt werden, in der Verwendung von Medikamenten hingegen ein kurativer Ansatz verfolgt wird. Obwohl keine 100%ige Schutzwirkung durch Impfungen vermittelt wird, besteht durch deren Einsatz dennoch die Möglichkeit, Infektion oder symptomatische Verläufe zu verhindern. Dieses Ziel kann durch Medikamente, welche erst im Falle einer Erkrankung greifen, jedenfalls nicht erreicht werden. Zur Krankheitslast tragen aber auch milde symptomatische Verläufe bei, nicht zuletzt durch das Risiko von „Long-COVID“. Maßnahmen der Primärprävention wie Impfung bergen somit das Potenzial, die Krankheitslast durch Ansetzen vor ihrer Entstehung zu verringern.

Im Zuge der Prüfung der Angemessenheit muss eine Abwägung privater und öffentlicher Interessen vorgenommen werden. Dem EGMR kommt es dabei auf einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen des Einzelnen und den Belangen der Gemeinschaft an. Dem Staat kommt dabei ein Einschätzungsspielraum zu (Wiederin in Korinek/Holoubek, aaO Rz 12; vgl. auch EKMR 5.4.1995, J.R. ua, 20.398/93 und zuletzt EGMR Vavřička). In diesem Zusammenhang hat der EGMR im Fall Vavřička auf das Gebot der gesellschaftlichen Solidarität gegenüber besonders verwundbaren und nur durch eine Herdenimmunität zu schützenden Personen hingewiesen.

Im Rahmen der Angemessenheit sind insbesondere auch das Risiko von Nebenwirkungen sowie die Wirksamkeit und Sicherheit der betroffenen Impfstoffe auf der einen Seite und das Risiko einer Infektion bzw. von Komplikationen im Laufe der Krankheit auf der anderen Seite zu berücksichtigen (vgl. Krasser, Zur grundrechtlichen Zulässigkeit einer Impfpflicht, RdM 2020, 136). Dieses Bundesgesetz stellt zur Gewährleistung der Sicherheit bei der Definition der Schutzimpfung auf zentral zugelassene oder vergleichbar sichere anerkannte Impfstoffe ab. In den jeweiligen Zulassungsstudien wurden die Sicherheit und Effektivität der EU-weit zugelassenen Impfstoffe, vor allem gegen schwere Erkrankungen an COVID-19, gezeigt, und die Daten wurden seitens der Zulassungsbehörden detailliert geprüft. Eine Zulassung erfolgt nur, wenn ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfstoffe eindeutig belegt ist. Neuere Daten entkräften mögliche Bedenken einer verminderten Wirksamkeit der Impfungen hinsichtlich der sogenannten Delta-Variante, wenn mindestens zwei Impfungen erfolgt sind. Auch Daten aus den USA weisen darauf hin, dass mit mindestens zwei Impfungen geimpfte Personen über 16 Jahren einem geringeren Risiko für Hospitalisierungen, Aufenthalten auf einer Intensivstation oder Tod durch COVID-19 ausgesetzt sind als ungeimpfte Personen, auch während der Verbreitung der Delta-Variante. In Österreich erhobene Daten zeigen dasselbe Bild. In Bezug auf die Omikron-Variante konnte mittlerweile jedenfalls gezeigt werden, dass nach drei Impfungen eine ausreichende Schutzwirkung gegeben ist. Dies unterstreicht die Relevanz der Verabreichung einer ersten Impfserie bestehend aus mindestens zwei Impfungen gefolgt von mindestens einer weiteren Impfung.

Sowohl die Angemessenheit als auch die Geeignetheit gelinderer Mittel sind an die jeweilige epidemiologische Situation anzupassen, sodass auch nach Beschlussfassung dieses Bundesgesetzes eine kontinuierliche Beurteilung der Lage stattzufinden hat, um die Eignung und die Verhältnismäßigkeit der Impfpflicht evaluieren zu können und damit die Verfassungskonformität dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten. Dem tragen sowohl ein umfassendes begleitendes Monitoring (§ 19 Abs. 1) als auch die Verordnungsermächtigung des § 19 Abs. 2 Rechnung, mit der auf geänderte Gegebenheiten wie das Auftreten neuer Virusvarianten sowie eine Veränderung des infektionsepidemiologischen Geschehens reagiert werden kann.

Wenngleich es den Impfstoffen gegen COVID-19 an – wie im Fall Vavřička – vergleichbaren langjährigen Erfahrungswerten fehlt, sind bei einer Impfpflicht gegen COVID-19 zum einen das strenge Zulassungsverfahren und zum anderen die gravierenden gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie einschließlich der damit einhergehenden Grundrechtsbeschränkungen ins Treffen zu führen (vgl. auch die Stellungnahme der Bioethikkommission „Ethische Fragen einer Impfung gegen COVID-19“ vom 25.11.2020, 18; zur Übertragbarkeit der Prämissen des EGMR im Fall Vavřička ungeachtet der relativen Neuheit der Impfstoffe auch Czech, NLMR 2021, 163). Hier sind auch die sozialen Implikationen mitzubedenken, überwiegen doch insbesondere im Hinblick auf Kinder und Jugendliche bei einer gesamtgesellschaftlichen Betrachtungsweise die auf Grund einer unmittelbaren Gefährdung der gesundheitlichen Infrastruktur verhängten – und in der Zukunft uU auf Grund unzureichender Durchimpfung zu verhängenden – Einschränkungen in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass eine Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung ab dem 18. Lebensjahr ein gelinderes Mittel zur Verhinderung einer unkontrollierten Verbreitung von SARS-CoV-2 und damit zur Erreichung des Ziels des Schutzes der Gesundheit ist als Betretungsverbote oder Ausgangsbeschränkungen (siehe zur Legitimität des Interesses an einer möglichst raschen Beendigung der sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen Czech, NLMR 2021, 164).

Was allfällige seltene oder sehr seltene Nebenwirkungen der Impfstoffe gegen COVID-19 betrifft, unterliegen im Übrigen Schäden unabhängig von Rechtswidrigkeit und Verschulden der Haftung des Bundes nach § 1b des Impfschadengesetzes, BGBl. I Nr. 371/1973, iVm § 1 Z 1 der Verordnung über empfohlene Impfungen, BGBl. II Nr. 526/2006.

Festgehalten wird, dass auch eine verpflichtende Impfung nicht durch unmittelbaren Zwang durchgesetzt werden darf, sondern durch Verwaltungsstrafen sanktioniert wird (vgl. dazu die Ausführungen zu § 1 im besonderen Teil). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Ausmaß der Sanktion für den EGMR im Fall Vavřička ein wesentlicher Faktor für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit war.

Da eine hohe Durchimpfungsrate gegen COVID-19 der Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben, sowohl dem Schutz des Einzelnen, in concreto besonders den vulnerablen Personengruppen, als auch letztlich der Gesamtbevölkerung dient, und eine hohe Durchimpfungsrate die Gefahr der Ansteckung und somit die Verbreitung der Erkrankung minimiert, liegt das berechtigte öffentliche Interesse des öffentlichen Gesundheitsschutzes vor.

Dieses Bundesgesetz ist als Teil eines Maßnahmenbündels zu betrachten. So wird parallel mittels Informationskampagnen zusätzliches Bewusstsein für persönliche Schutzmaßnahmen, wie das Einhalten von Abständen oder Hygienemaßnahmen, geschaffen. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit, im Rahmen anderer Bundegesetze zusätzliche Maßnahmen zu setzen.

Insbesondere kann die Einreise aus dem Ausland weiterhin nach § 25 des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG), BGBl. Nr. 186/1950, (COVID-19-Einreiseverordnung 2021) beschränkt werden. Hierdurch können Personen, die sich nicht dauerhaft in Österreich aufhalten, wie beispielsweise Berufspendler:innen, insbesondere Tagespendler:innen, ebenfalls geeigneten Schutzmaßnahmen unterworfen werden, um die Verbreitung von SARS-CoV-2 im Inland nachhaltig zu unterbinden.

Darüber hinaus werden auch weiterhin Maßnahmen auf Grund von Verordnungen nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG), BGBl. I Nr. 12/2020, (siehe die derzeit in Geltung stehende 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung) zu beachten sein, die verschiedenste Lebensbereiche umfasst (so zB Regelungen über Arbeitsorte).

Weiters ist damit zu rechnen, dass andere Staaten geeignete Maßnahmen setzen, um die Durchimpfungsrate zu erhöhen, und so die Gefahr der Einschleppung aus dem Ausland hintangehalten wird.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich der vorliegende Entwurf auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Gesundheitswesen“).

Besonderer Teil

Zu § 1:

Nach § 1 unterliegen grundsätzlich alle Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben, der Impfpflicht (siehe zur Legaldefinition des Wohnsitzes § 2 Z 1 und zum Umfang der Impfpflicht § 4).

Wenngleich hohe Durchimpfungsraten in allen Altersgruppen ab fünf Jahren aus medizinischer Sicht empfohlen sind, liegt im Zusammenhang mit der Omikron-Variante der Fokus der Impfpflicht in erster Linie auf der Vermeidung von Hospitalisierungen, schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen, welche in dieser Altersgruppe zahlenmäßig im Vergleich zu höheren Altersgruppen sehr gering sind. Aus diesem Grund wird von einer Impfpflicht für diese Altersgruppe abgesehen.

Ausdrücklich klargestellt wird in Abs. 2, dass die Impfung nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden darf. Die Durchführung einer Schutzimpfung gegen COVID-19 kann daher weder durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt noch durch Anwendung unmittelbaren Zwangs gemäß § 7 VVG erzwungen werden. Die Erfüllung der Impfpflicht wird im Übrigen (anders als die nach diesem Bundesgesetz verhängten Geldstrafen) nicht im Wege des VVG vollstreckt, insbesondere auch nicht im Wege einer Beugestrafe.

Zu § 2:

Unter einem Wohnsitz im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein aufrechter – somit noch bestehender – Wohnsitz nach § 1 Abs. 6 MeldeG zu verstehen. Ein solcher wird an einer Unterkunft begründet, an der man sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben. Damit werden etwa auch 24-Stunden-Betreuer:innen oder Wochenpendler:innen erfasst.

Darüber hinaus erstreckt sich § 1 auch auf Personen, deren aufrechter Mittelpunkt der Lebensbeziehungen sich seit mindestens einem Monat ausschließlich im Gebiet der jeweiligen Gemeinde befindet und für die dort eine Stelle bezeichnet wurde, die regelmäßig aufgesucht wird.

Eine zentrale Zulassung ist eine im zentralen Verfahren gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004, ABl. Nr. L 136 vom 31.04.2004 S. 1, durch die Europäische Kommission (nach Empfehlung der Europäischen Arzneimittelagentur) erteilte Zulassung (vgl. § 2 Abs. 20 AMG). Aktuell sind folgende Impfstoffe zentral zugelassen: Comirnaty/BNT162b2/Tozinameran (INN) von BioNTech Manufacturing GmbH BioNTech/Pfizer, ChAdOx1_nCoV-19/ChAdOx1-S/AZD1222/Vaxzevria /COVID-19 Vaccine AstraZeneca von AstraZeneca AB, COVID-19 Vaccine Janssen von Janssen-Cilag International NV, Covid-19 Vaccine Moderna/mRNA-1273 von ModernaSpikevax von MODERNA BIOTECH SPAIN, S.L., und NUVAXOVID/NVX-CoV2373 von Novavax CZ a.s. Da sich der Kreis der zentral zugelassenen Impfstoffe ständig ändert bzw. erweitert, erscheint eine Aufzählung bereits im Gesetz nicht praktikabel. Aus Gründen der Transparenz ist daher eine jeweils aktuelle Liste der zentral zugelassenen Impfstoffe auf der Website des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers zu veröffentlichen.

Es handelt sich im Fall der derzeit zentral zugelassenen Impfstoffen um bedingte Zulassungen. Diese bedingten Zulassungen sind für ein Jahr gültig und können jährlich erneuert werden – diese Zulassungen können auch in eine Vollzulassung mit unbegrenzter Gültigkeit übergehen.

Unter anerkannten Impfstoffen gegen COVID-19 nach Z 4 sind solche zu verstehen, die vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister in einer Verordnung nach § 4 Abs. 3 anerkannt wurden. Hiebei handelt es sich um Impfstoffe, die (noch) nicht zentral zugelassen wurden, wobei die Anerkennung hier auf Grund wissenschaftlicher Grundlagen zur Sicherheit und Wirksamkeit zu erfolgen hat.

Zu Z 10 wird angemerkt, dass eine Impfserie auch aus nur einer Impfung bestehen kann. In weiterer Folge wird aus Gründen der Einfachheit und unter Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bundesgesetzes überwiegend Verwendung findenden Impfstoffen terminologisch von einer aus mehreren Impfungen bestehenden Impfserie ausgegangen.

Zu § 3:

§ 3 normiert Ausnahmen von der Impfpflicht für bestimmte Personengruppen:

In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass für Schwangere zwar eine ausdrückliche Impfempfehlung besteht. Nach den Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums zu COVID-19-Impfungen vom 23. Dezember 2021 zeigen keine der bisher vorliegenden Daten aus großen Registerstudien nachteilige Effekte oder Auffälligkeiten bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen bei Schwangeren. Ferner empfehlen zahlreiche internationale Fachgesellschaften (CDC, ACOG, RCOG, STIKO ua) die COVID-19-Impfungen in der Schwangerschaft.

Auf Grund der erhöhten Gefährdung und dem erhöhten Risiko für schwere Verläufe von COVID-19 sowie einer höheren Rate an Frühgeburten ist in der Schwangerschaft in Abhängigkeit vom Impfstatus die Impfung gegen COVID-19 ab dem 2. Trimenon ausdrücklich empfohlen. Da eine Schwangerschaft aber vor allem im ersten Drittel eine medizinisch gesehen sehr sensible Phase ist, bestehen Bedenken, dass etwaige Komplikationen in der Schwangerschaft unbegründet der Impfung zugeordnet werden könnten. Im 1. Trimenon ist die Impfung gegen COVID-19 daher aus theoretischen Überlegungen nicht empfohlen.

Wenngleich Impfungen in der Schwangerschaft somit ausdrücklich medizinisch empfohlen sind, wird dem Aspekt der fehlenden Zulassung im speziellen Fall der Schwangeren im Hinblick auf die besondere Sensibilität dieser Lebensphase Rechnung getragen. Unter Berücksichtigung der hier besonders schwerwiegenden Interessen aus Art. 8 EMRK wird daher von der Normierung einer Impfpflicht abgesehen. Es wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Falle einer Zulassung auch für diese Personengruppe eine Neubewertung der Interessenslagen erfolgen muss (vgl. die Verordnungsermächtigung gemäß § 3 Abs. 8). Sollte es zu einer Zulassung für Schwangere kommen, müsste daher eine Re-Evaluierung entsprechend der Empfehlung des Nationalen Impfgremiums stattfinden.

Ebenso ausgenommen sind Personen, bei denen eine Impfung aus medizinischen Gründen nicht indiziert ist. Bei Abs. 1 Z 2 lit. a muss es sich um eine konkrete, individuelle Gefährdung handeln, die in den Eigenschaften der betroffenen Person wurzelt; die abstrakte Gefahr einer Schädigung reicht nicht aus. Klargestellt wird damit, dass die allgemeinen und jeder Impfung inhärenten Risiken nicht vom genannten Ausnahmegrund umfasst sind. Die Ausnahme umfasst damit jene seltenen erwartbaren Nebenwirkungen, deren (geringe) Häufigkeit aus Zulassungsstudien und Zulassungsverfahren bereits bekannt ist. Diese Ausnahme liegt daher insbesondere vor, wenn Kontraindikationen gegen Impfstoffe bestehen. Echte Kontraindikationen gegen die Impfung stellen nur sehr seltene Allergien gegen Inhaltsstoffe von Impfungen dar. Zudem gibt es Krankheitsbilder, die zur Folge haben, dass Personen vorübergehend oder dauerhaft nicht impfbar sind, wie zB bei schwerer Immunsuppression, im akuten Schub einer Autoimmunerkrankung, aufgrund von akuten Infektionskrankheiten oder bei Personen, für die mögliche Impfreaktionen eine massive gesundheitliche Auswirkung haben können etc. Lässt der Allgemeinzustand der zu impfenden Person Zweifel an einem günstigen Nutzen-/Risikoverhältnis der Impfung aufkommen, kann bzw. muss in Einzelfällen durchaus ein vorübergehendes oder dauerhaftes Zurückstellen von der Impfung erwogen werden, zB bei Hochdosis-Immunsuppression. Eine Re-Evaluierung des Gesundheitszustandes ist hier in Abhängigkeit vom Zustandsbild sinnvoll.

Eine ähnlich gelagerte Ausnahme liegt vor, wenn aus medizinischen Gründen eine Immunantwort nicht zu erwarten ist oder die Impfung kein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweist, weil Personen nach mehrmaliger Impfung keine oder nicht ausreichende Antikörper gebildet haben („Non-Responder“).

Folgende Personengruppen sind nach derzeitigem Stand der medizinischen Wissenschaft von Abs. 1 Z 2 betroffen:

-       Von einem Allergologen oder einer Allergologin bestätigte Allergie oder Überempfindlichkeit gegen einzelne Inhaltsstoffe, die in allen zum jeweiligen Zeitpunkt zugelassenen COVID-19-Impfstoffen enthalten sind und somit ein Impfhindernis darstellen, Details siehe Kapitel „Allergie, Anwendungsempfehlung COVID-19-Impfungen“.

-       Bis zu sechs Monate nach Organtransplantation: Ob ein Ausschlussgrund über diese Zeit hinaus besteht, ist mit dem betreuenden Arzt oder der betreuenden Ärztin zu besprechen.

-       Graft vs. Host Disease.

-       Bis drei Monate nach Stammzelltransplantation, nach Rücksprache mit der betreuenden Ärztin bzw. dem betreuenden Arzt.

-       Akuter Schub einer schweren inflammatorischen/Autoimmun-Erkrankung bis zur Stabilisierung des Krankheitszustandes.

Im Sinne der Rechtsklarheit hat der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister mit Verordnung festzulegen, unter welchen Voraussetzungen von einer konkreten und ernstlichen Gefahr für Leben und Gesundheit auszugehen ist, oder die Ausnahme für „Non-Responder“ vorliegt (Abs. 7). Dabei können insbesondere die Krankheitsbilder festgelegt werden, für die die Ausnahme zutrifft oder kann vorgesehen werden, wie lange in diesem Zusammenhang vom Vorliegen eines Ausnahmegrundes auszugehen ist. Weiters kann festgelegt werden, wie oft sich Personen einer Impfung gegen COVID-19 zu unterziehen haben, bis wegen nicht ausreichender Bildung von Antikörpern davon auszugehen ist, dass es sich um „Non-Responder“ handelt.

Im Gesetzestext wird der Ausnahmegrund nicht auf die körperliche Gesundheit eingeschränkt. Die Frage, ob auch die psychische Gesundheit zu berücksichtigen ist, ist eine ausschließlich fachliche Frage, die der Verordnung vorbehalten ist. Dazu wird nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft folgendes festgehalten:

Aus medizinisch-fachlicher Sicht wird eine psychische Erkrankung nicht als Ausschlussgrund für eine Impfung angesehen. Die wissenschaftliche Fachgesellschaft für Psychiatrie in Österreich (ÖGPP) äußert sich dazu wie folgt: „Psychische Krankheiten stellen nach unserem Wissenstand keine Gegenanzeigen für die derzeit im Gebrauch befindlichen Impfungen gegen COVID-19 dar. Im Rahmen einer intendierten Impfpflicht sind daher Ausnahmeregelungen für psychisch Erkrankte nicht erforderlich. Sollte im Zuge der geplanten gesetzlichen Regelung die Entscheidungsfähigkeit von Personen thematisiert werden, weisen wir darauf hin, dass psychische Erkrankungen die Entscheidungsfähigkeit vorübergehend oder dauerhaft (zB bei schweren dementiellen Erkrankungen) beeinträchtigen können. Hier wäre unseres Erachtens in ähnlicher Weise wie bei anderen Einschränkungen der Entscheidungsfähigkeit vorzugehen.“

Gerade Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben also ein erhöhtes Risiko für schwerere COVID-19-Verläufe. Es kann davon ausgegangen werden, dass in dieser Personengruppe in vielen Fällen auch die Möglichkeiten bzw. das Verständnis zum Einhalten von Hygienemaßnahmen derartig reduziert ist, dass zudem ein stark erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht. Daher stellen diese Personen eine besonders zu schützende Risiko-Gruppe dar. Personen mit einer psychischen Krankheit haben eine drei Mal höhere Mortalitätsrate, als andere Personen (Mazereel et al. 2021). Für diese Gruppe ist daher eine angemessene Information und Kommunikation über die Chancen und Risiken besonders essentiell.

Festgehalten wird, dass es jedoch in einzelnen extremen Fällen möglich erscheint, dass es bei Vorliegen einer Angststörung zu einer Gefahr für Leben oder Gesundheit kommt, wodurch der Ausnahmegrund der Gefahr für Leben oder Gesundheit vorliegen kann.

Die Abs. 1 Z 3 nimmt Personen von der Impfpflicht aus, die von COVID-19 genesen sind und von denen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine mit Geimpften vergleichbare epidemiologische Gefahr ausgeht. Die Dauer der Ausnahme entspricht dem aktuellen COVID-19-Maßnahmenrecht.

Abs. 3 regelt die Art der erforderlichen Nachweise der Ausnahmegründe und die Ausstellungsberechtigten. Damit die Daten jener Personen, für die ein Ausnahmegrund gemäß § 3 Abs. 1 zur Anwendung gelangt, nicht an die für das Verwaltungsstrafverfahren zuständige Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt werden, sollen mit dieser Bestimmung die fachlich geeignete Ambulanz einer Krankenanstalt, Amts- und Epidemieärzte, die eine Bestätigung über eine Ausnahme auszustellen haben, verpflichtet werden, das Bestehen eines Ausnahmegrundes und den Zeitpunkt des Wegfalls dieses Ausnahmegrundes im zentralen Impfregister zu speichern.

Abs. 4 sieht eine Mitwirkungspflicht des Patienten dahingehend vor, dass die zur Beurteilung des Vorliegens eines Ausnahmegrundes erforderlichen Unterlagen (vorhandene Befunde etc.) von diesem beizubringen sind. Im Rahmen der Ausstellung einer Bestätigung gemäß Abs. 3 erfolgt eine Plausibilitätskontrolle, aber keine Neubefundung. Damit ist die freie Arztwahl im niedergelassenen Bereich als erste Anlaufstelle sichergestellt. Die Neueinholung von Bestätigungen ist nicht erforderlich, vielmehr sollten die bestehenden Befunde und Gutachten vorgelegt werden können.

Abs. 4 letzter Satz sieht eine Erleichterung für Schwangere dahingehend vor, dass für diesen der zusätzliche Weg zum Amtsarzt nicht erforderlich ist, sondern das Vorliegen des entsprechenden Ausnahmegrundes auf Verlangen durch den Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an den Amtsarzt oder Epidemiearzt zu übermitteln ist.

Sofern der Ausnahmegrund des Abs. 1 Z 3 (Genesung von einer COVID-19-Infektion) nicht ohnehin bereits aus dem Register anzeigepflichtiger Krankheiten (EMS) erhoben werden kann, kann dieser Ausnahmegrund durch ein Genesungszertifikat (§ 4b Abs. 1 Z 2 EpiG), eine ärztliche Bestätigung oder einen Absonderungsbescheid nachgewiesen werden. Damit aber der Umstand, von einer COVID-19-Infektion genesen zu sein, nicht erst im Verwaltungsstrafverfahren nachgewiesen werden muss, können gemäß Abs. 5 genesene Personen ihre überstandene COVID-19-Erkrankung, die molekularbiologisch bestätigt wurde, von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde im EMS speichern (also nachtragen) lassen. In diesem Fall werden Personen, die die Voraussetzungen des § 4 erfüllen, nicht gemäß § 6 ermittelt und ihre Daten in Folge nicht der Bezirksverwaltungsbehörde für die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens übermittelt (siehe die Erläuterungen zu § 6).

Gemäß Abs. 9 kann der Nachweis über eine neu geschaffene Ausnahme (vgl. Abs. 8) auch gegenüber Amtsärzten und Epidemieärzten erbracht werden. In diesem Fall haben diese Ärzte das Bestehen des Ausnahmegrundes gemäß Abs. 8 im zentralen Impfregister zu speichern.

Da sich die in § 3 Abs. 1 normierten Ausnahmen gleichrangig gegenüberstehen, ist in weiterer Folge nicht relevant, welcher dieser Ausnahmegründe besteht. Aus diesem Grund darf keine spezifische Angabe über den Grund, sondern nur „Ausnahme COVID-19-Impfung“ im zentralen Impfregister gespeichert werden. Sollten Bezirksverwaltungsbehörden jedoch im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens Informationen über den Ausnahmegrund benötigen, sind ihnen diese Informationen von den Ärzten zur Verfügung zu stellen.

Abs. 10 regelt, dass die im zentralen Impfregister eingetragenen Ausnahmegründe abweichend von der im GTelG 2012 normierten Speicherfrist bereits nach Ablauf des Folgemonats nach Wegfall des Ausnahmegrundes automatisch zu stornieren sind. Stornierte Impfungen werden nicht aus dem zentralen Impfregister gelöscht, sondern eindeutig als storniert gekennzeichnet und beim lesenden Zugriff standardmäßig nicht angezeigt. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass durch die Speicherung von Impfungen im zentralen Impfregister die Dokumentationspflicht erfüllt wird und diese Dokumentation erhalten bleiben muss.

Zu § 4:

§ 4 umschreibt den Umfang der Impfpflicht und stellt dabei auf das Vorliegen eines gültigen Impfstatus ab.

Die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums zum Impfschema werden laufend entsprechend den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst. Dies dient dazu, die optimale, evidenzbasierte Anwendung von Impfungen zur Eindämmung des infektionsepidemiologischen Geschehens zu ermöglichen. Es handelt sich also um einen dynamischen Prozess, und die entsprechenden Impfintervalle werden kontinuierlich den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Um das Ziel dieses Gesetzes, nämlich die Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, bestmöglich zu verfolgen, müssen auch die darin geforderten Intervalle laufend entsprechend den wissenschaftlichen Erkenntnissen und Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums angepasst werden.

Bezüglich berücksichtigter Impfstoffe sowie zukünftiger, etwaiger an Virusvarianten angepasster Impfstoffe sollten aus medizinisch-fachlicher Sicht jedenfalls die zum jeweiligen Zeitpunkt seitens des Nationalen Impfgremiums empfohlenen Impfstoffe berücksichtigt werden. In Bezug auf die Impfintervalle kann nicht ausgeschlossen werden, dass zukünftig nicht einzuhaltende Impfintervalle maßgeblich sind, sondern Impfungen in Abhängigkeit von der Saisonalität verabreicht werden müssen: Es ist beispielsweise davon auszugehen, dass nach der Omikron-Welle im Jänner/Februar 2022 in der Bevölkerung eine hohe Immunität besteht und in Zusammenschau mit der wärmeren Jahreszeit die epidemiologische Belastung über den Frühling und Sommer stark abnimmt und somit im Sommer das Verfolgen hoher Durchimpfungsraten in kurzen Intervallen auch medizinisch gar nicht notwendig oder gerechtfertigt wäre. Erneute Impfungen könnten erst im Herbst wieder, vor Beginn der kalten Jahreszeit, unabhängig vom Impfintervall, vermutlich mit Variantenimpfstoffen, notwendig werden, um das Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen. Letztendlich ist der jedoch derzeit zu früh, um derartige Prognosen mit Sicherheit abzugeben.

Die bestmögliche Verfolgung des Ziels des Gesundheitsschutzes und die Sicherstellung der durchgehenden Eignung der Maßnahme erfordert Flexibilität in der Festlegung der Gültigkeit des Impfstatus. Dem trägt § 4 Abs. 2 iVm Abs. 4 dadurch Rechnung, dass die für die Erfüllung der Impfpflicht erforderlichen Intervalle in einer Verordnung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers festzulegen sind. Auch die Vielzahl an unterschiedlich zu regelnden Sachverhalten legt eine flexible Regelungshandhabe mit Verordnung nahe. Von dem noch im Begutachtungsentwurf vorgesehenen umgekehrten Regelungsmodell einer gesetzlichen Regelung mit Abweichmöglichkeit durch Verordnung, wird daher abgesehen.

Verordnungen des Bundesministers gemäß § 4 Abs. 4 sind nach dem Stand der Wissenschaft festzulegen. Um dies sicherzustellen, sieht § 18 Abs. 2 als flankierende verfahrensrechtliche Bestimmung vor, dass der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister vor Erlassung einer solchen Verordnung das nationale Impfgremium zu hören hat. Da Verordnungen nach § 4 Abs. 4 dem Stand der medizinischen Wissenschaft zu entsprechen haben, ist insbesondere hinsichtlich der in § 4 Abs. 4 Z 2 genannten Nachweise zu prüfen, ob diese geeignet sind. Erweisen sie sich als nicht ausreichend geeignet, sind diese in die Verordnung nicht aufzunehmen.

In diesem Rahmen kann von der herrschenden Wissenschaft auch eine Anwendung von Impfstoffen „off label“ empfohlen werden und dadurch Eingang in eine Verordnung gemäß § 4 Abs. 4 finden. Zur Zulässigkeit einer zulassungsüberschreitenden Anwendung („off label-use“), wird auf die herrschende Lehre und Rechtsprechung verwiesen. Nach dieser ist ein Off-Label-Use – insbesondere haftungsrechtlich – zulässig, wenn er nach dem Stand der Wissenschaft medizinisch indiziert und therapeutisch notwendig ist (siehe grundlegend Kopetzki, „Off-Label-Use“ von Arzneimitteln, in Ennöckl et al. [Hrsg.], Über Struktur und Vielfalt im Öffentlichen Recht, FS Bernhard Raschauer, 2008, 73; mwN Cerha/Heissenberger/Steinböck, AMG §§ 7-8a Rz 2).

Nach der Rechtsprechung des OGH ist der Stand der Wissenschaft so lange erfüllt, als die Methode von einer anerkannten Schule medizinischer Wissenschaft vertreten wird (OGH 8 Ob 525/88, SZ 62/53). Konsensbildungen in fachlichen Empfehlungen sind dabei (neben Fachartikeln, Aussagen Sachverständiger in behördlichen Verfahren etc) ein Hilfsmittel zur Ermittlung des Standes der Wissenschaft. Das Gewicht der Indizwirkung der Empfehlungen von Beiräten für das Bestehen eines Standes der Wissenschaft hängt unter anderem von der fachimmanenten Anerkennung, von der Auswahl der darin zusammengefassten Fachvertreter:innen und von der Breite des darin erzielten Konsenses ab. Den Aussagen hochrangiger Expertengremien und von Beiräten (wie zB dem Obersten Sanitätsrat) wird dabei vom OGH eine erhebliche Bedeutung beigemessen (siehe zum Ganzen Kopetzki, Behandlungen auf dem „Stand der Wissenschaft“, in Pfeil [Hrsg.], Finanzielle Grenzen des Behandlungsanspruchs, 2010, 9 [37, 46]).

Den Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums kommt daher insofern starke Indizwirkung im Sinne einer Verkörperung des Standes der Wissenschaft zu, als darin führende Expert:innen der jeweiligen Fachrichtungen vertreten sind, deren zentrale Aufgabe es ist, die Impfempfehlungen für Österreich auf Basis des aktuellsten wissenschaftlichen Standes auszuarbeiten. Auch dass sich die Empfehlungen in zahlreichen Punkten mit jenen in Deutschland decken, ist ein relevanter Faktor dafür, dass es sich nicht um eine rein nationale Praxis handelt (je internationaler der Konsens, desto stärker die Indizwirkung). Viele der seitens des Nationalen Impfgremiums empfohlenen Anwendungen der COVID-19-Impfungen stellen einen Gebrauch dar, der über die vorhandene Zulassung hinausgeht. Prinzipiell werden aber nur solche Impfstoffe empfohlen, für welche bezüglich gewisser Anwendungen eine EU-weite Zulassung vorliegt. Es ist aber möglich, dass nicht alle medizinisch indizierten Anwendungen durch die Zulassung abgedeckt werden. Dies betrifft nicht nur Impfstoffe gegen COVID-19, sondern kommt auch bei vielen anderen Arzneimitteln vor. Die Zulassung der Anwendung bei einer bestimmten Indikation erfordert den entsprechenden Antrag des Herstellers. Die Behörde kann nicht eine darüber hinaus gehende Zulassung für nicht beantragte Indikationen erteilen. Es kann daher sein, dass eine Zulassung für eine bestimmte Indikation nicht vorliegt, weil der Antrag für den Hersteller aufgrund strenger Anforderungen und hoher Entwicklungskosten und insbesondere der Bereitstellung entsprechender Daten in zeit- und kostenintensiven Studien nicht rentabel wäre, und nicht aufgrund einer fehlenden medizinischen Indikation. Unter Berücksichtigung der beschränkten Erfahrungen und der laufenden Entwicklungen kann sich der Stand der Wissenschaft weiterentwickeln; die Aktualität der Empfehlungen des NIG und die ständige Überarbeitung gewährleistet aber, dass die entsprechenden Empfehlungen aktuell sind. Die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums beruhen prinzipiell auf der vorhandenen wissenschaftlichen Evidenz und werden anhand dieser adaptiert. Mitunter sind – auf Grund der sich rasch entwickelnden Situation – in der Pandemie teilweise auch Empfehlungen basierend auf theoretischen Abwägungen und immunologischen Überlegungen notwendig, die bis dato letztendlich durch Evidenz untermauert werden konnten. Damit soll die allgemein bestmögliche Vorgehensweise in der Verabreichung von Impfungen gegen COVID-19 für die Situation in Österreich gewährleistet werden. Diese evidenzbasierte Vorgehensweise beinhaltet auch multiple Anwendungen außerhalb der Zulassung. Die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums werden mit dem Ziel des bestmöglichen Schutzes der Bevölkerung sowie im Sinne der Pandemiebekämpfung ausgesprochen und sollten somit in ihrem vollen Umfang inklusive „off-label“-Anwendungen beachtet werden.

Es ist daher zwischen dem Umstand, ob für eine bestimmte Indikation eine Zulassung vorliegt und der Behandlung nach dem Stand der Wissenschaft zu unterscheiden. Daraus folgt, dass die Regeln der medizinischen Wissenschaft und der ärztlichen Kunst die zulassungsüberschreitende Anwendung eines Arzneimittels (und damit auch einer Impfung) unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur zulassen, sondern dies sogar gebieten können (siehe Wendehorst, Haftung für Impfschäden beim Off-Label-Use, RdM 2021, 216; Kopetzki, Editorial: „Impfturbo“ oder Haftungsfalle? RdM 2021, 213). Bei einer solchen Anwendung bestehen erweiterte Aufklärungspflichten und muss insbesondere über die Tatsache informiert werden, dass die geplante Anwendung (noch) nicht von der Zulassung gedeckt ist.

Für eine allfällige Anordnung von „Off-Label“-Anwendungen ergibt sich daraus, dass diese in einer Verordnung gemäß § 4 Abs. 4 besonders begründungspflichtig ist. In diesem Zusammenhang ist unter Zugrundelegung der (mit VfGH 14. 7. 2020 beginnenden) Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu den COVID-19-Maßnahmen im Zuge des Verordnungserlassungsverfahrens hinreichend zu dokumentieren, aufgrund welcher epidemiologischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse die Impfpflicht auch für solche Anwendungen unerlässlich erscheint und aus welchem Grund gelindere Mittel wie zB Empfehlungen oder das Zuwarten auf die Zulassung, nicht ausreichen.

Auch Personen, die zwar einen Wohnsitz, aber nicht ihren aktuellen Lebensmittelpunkt in Österreich haben, fallen gemäß § 1 in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes. Viele dieser Personen wurden nicht in Österreich gegen COVID-19 geimpft, weswegen die Impfung nicht in das zentrale Impfregister eingetragen wurde. Zwar existiert mit § 24c Abs. 4 GTelG 2012 bereits eine Bestimmung, wonach im Ausland verabreichte COVID-19 Impfungen von Gesundheitsdiensteanbietern unter Berücksichtigung ihrer Berufspflichten im zentralen Impfregister nachgetragen werden dürfen, sofern die Impfung schriftlich dokumentiert ist, jedoch soll mit Abs. 5 insofern eine Sonderregelung geschaffen werden, damit verhindert wird, dass gegen Personen ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird, die keine Möglichkeit haben, die Impfung im zentralen Impfregister nachtragen zu lassen.

Abweichend von § 24c Abs. 4 GTelG 2012 sollen die Bezirksverwaltungsbehörden in ihrer Rolle als Öffentlicher Gesundheitsdienst – und sohin dem Regelungsregime des 5. Abschnitts des GTelG 2012 unterliegend (vgl. § 24c Abs. 2 Z 1 GTelG 2012) – dazu verpflichtet werden, Schutzimpfungen gegen COVID-19 im zentralen Impfregister nachzutragen, wenn die betroffene Personen ihren Wohnsitz in Österreich hat, aber im Ausland geimpft wurde und es ihr nicht zumutbar ist, die Impfung gemäß § 24c Abs. 4 GTelG 2012 nachtragen zu lassen. Zumutbar wäre eine Nachtragung der Impfung gemäß § 24c Abs. 4 GTelG 2012 etwa dann, wenn eine Person jede zweite Woche im Ausland arbeitet, die restliche Zeit aber in Österreich verbringt. Nicht zumutbar wäre die Nachtragung gemäß § 24c Abs. 4 GTelG 2012, wenn eine Person beispielsweise ein Auslandssemester in Australien verbringt und keine Möglichkeit hat, die Impfung in Österreich nachtragen zu lassen. Auch dann, wenn eine Person nur am Wochenende in Österreich ist, ist eine Unzumutbarkeit denkbar, zumal Ordinationszeiten in der Regel unter der Woche stattfinden.

Die Berechtigung der Bezirksverwaltungsbehörde, im Ausland verabreichte COVID-19-Impfungen gemäß § 24c Abs. 4 GTelG 2012 nachzutragen, bleibt von dieser Bestimmung unberührt. Es wird darauf hingewiesen, dass Nachtragungen von Impfungen in das zentrale Impfregister durch einen niedergelassenen Arzt derzeit eine Privatleistung darstellen und nicht von dem Sozialversicherungsträgern übernommen werden.

Da die nachtragende Bezirksverwaltungsbehörde im Rahmen des bereits geltenden Regelungsregime des GTelG 2012 tätig wird, sind sie und die ELGA GmbH gemäß § 27 Abs. 17 in Verbindung mit § 24c Abs. 3 GTelG 2012 gemeinsame Verantwortliche. Die Pflichtenaufteilung erfolgt sohin gemäß § 4a bis § 4e eHealthV.

Zu § 5:

Siehe die Erläuterungen zu § 9.

Zu § 6:

Gemäß dem Art. 9 Abs. 2 DSGVO korrespondierenden ErwG 52 DSGVO sollten Ausnahmen vom Verbot der Verarbeitung personenbezogener Gesundheitsdaten als besondere Datenkategorie gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO erlaubt sein, wenn sie im Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen sind, und – vorbehaltlich angemessener Garantien zum Schutz der personenbezogenen Daten und anderer Grundrechte – dies durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt ist, insbesondere für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zwecks Sicherstellung und Überwachung der Gesundheit und Gesundheitswarnungen, Prävention oder Kontrolle ansteckender Krankheiten und anderer schwerwiegender Gesundheitsgefahren. Eine solche Ausnahme kann zu gesundheitlichen Zwecken vorgesehen werden, wie der Gewährleistung der öffentlichen Gesundheit und der Verwaltung von Leistungen der Gesundheitsversorgung, insbesondere wenn dadurch die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Verfahren zur Abrechnung von Leistungen in den sozialen Krankenversicherungssystemen sichergestellt werden soll, oder wenn die Verarbeitung im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken, wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken oder statistischen Zwecken dient. Die Verarbeitung solcher personenbezogener Daten sollte zudem ausnahmsweise erlaubt sein, wenn sie erforderlich ist, um rechtliche Ansprüche, sei es in einem Gerichtsverfahren oder in einem Verwaltungsverfahren oder einem außergerichtlichen Verfahren, geltend zu machen, auszuüben oder zu verteidigen.

Gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Gesundheitsdaten zulässig, wenn sie auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats erfolgt, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, und aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich ist.

Gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. h iVm Abs. 3 DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Gesundheitsdaten zulässig für Zwecke der Gesundheitsvorsorge oder der Arbeitsmedizin, für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten, für die medizinische Diagnostik, die Versorgung oder Behandlung im Gesundheits- oder Sozialbereich oder für die Verwaltung von Systemen und Diensten im Gesundheits- oder Sozialbereich auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats oder aufgrund eines Vertrags mit einem Angehörigen eines Gesundheitsberufs, wenn diese Daten von Fachpersonal oder unter dessen Verantwortung verarbeitet werden und dieses Fachpersonal nach dem Unionsrecht oder dem Recht eines Mitgliedstaats oder den Vorschriften nationaler zuständiger Stellen dem Berufsgeheimnis unterliegt, oder wenn die Verarbeitung durch eine andere Person erfolgt, die ebenfalls nach dem Unionsrecht oder dem Recht eines Mitgliedstaats oder den Vorschriften nationaler zuständiger Stellen einer Geheimhaltungspflicht unterliegt. Der korrespondierende ErwG 53 DSGVO führt dazu näher aus, dass personenbezogene Gesundheitsdaten nur dann für gesundheitsbezogene Zwecke verarbeitet werden sollten, wenn dies für das Erreichen dieser Zwecke im Interesse einzelner natürlicher Personen und der Gesellschaft insgesamt erforderlich ist, insbesondere im Zusammenhang mit der Verwaltung der Dienste und Systeme des Gesundheits- oder Sozialbereichs, einschließlich der Verarbeitung dieser Daten durch die Verwaltung und die zentralen nationalen Gesundheitsbehörden zwecks Qualitätskontrolle, Verwaltungsinformationen und der allgemeinen nationalen und lokalen Überwachung des Gesundheitssystems oder des Sozialsystems und zwecks Gewährleistung der Kontinuität der Gesundheits- und Sozialfürsorge und der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung oder Sicherstellung und Überwachung der Gesundheit und Gesundheitswarnungen oder für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken oder statistischen Zwecken, die auf Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten beruhen, die einem im öffentlichen Interesse liegenden Ziel dienen müssen, sowie für Studien, die im öffentlichen Interesse im Bereich der öffentlichen Gesundheit durchgeführt werden. Die DSGVO sollte daher harmonisierte Bedingungen für die Verarbeitung personenbezogener Gesundheitsdaten im Hinblick auf bestimmte Erfordernisse harmonisieren, insbesondere wenn die Verarbeitung dieser Daten für gesundheitsbezogene Zwecke von Personen durchgeführt wird, die gemäß einer rechtlichen Verpflichtung dem Berufsgeheimnis unterliegen. Im Recht der Union oder der Mitgliedstaaten sollten besondere und angemessene Maßnahmen zum Schutz der Grundrechte und der personenbezogenen Daten natürlicher Personen vorgesehen werden. Den Mitgliedstaaten sollte gestattet werden, weitere Bedingungen – einschließlich Beschränkungen – in Bezug auf die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten oder Gesundheitsdaten beizubehalten oder einzuführen. Dies sollte jedoch den freien Verkehr personenbezogener Daten innerhalb der Union nicht beeinträchtigen, falls die betreffenden Bedingungen für die grenzüberschreitende Verarbeitung solcher Daten gelten.

Gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. i DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Gesundheitsdaten zulässig, wenn sie aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit erforderlich ist, wie dem Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder zur Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, und auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats erfolgt, das angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person, insbesondere des Berufsgeheimnisses, vorsieht. Der korrespondierende ErwG 54 konkretisiert, dass es aus Gründen des öffentlichen Interesses in Bereichen der öffentlichen Gesundheit notwendig sein kann, personenbezogene Gesundheitsdaten auch ohne Einwilligung der betroffenen Person zu verarbeiten. Diese Verarbeitung sollte angemessenen und besonderen Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen unterliegen. In diesem Zusammenhang sollte der Begriff „öffentliche Gesundheit“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1338/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 zu Gemeinschaftsstatistiken über öffentliche Gesundheit und über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz (ABl. Nr. L 354 vom 31.12.2008 S. 70) ausgelegt werden und alle Elemente im Zusammenhang mit der Gesundheit wie den Gesundheitszustand einschließlich Morbidität und Behinderung, die sich auf diesen Gesundheitszustand auswirkenden Determinanten, den Bedarf an Gesundheitsversorgung, die der Gesundheitsversorgung zugewiesenen Mittel, die Bereitstellung von Gesundheitsversorgungsleistungen und den allgemeinen Zugang zu diesen Leistungen sowie die entsprechenden Ausgaben und die Finanzierung und schließlich die Ursachen der Mortalität einschließen. Eine solche Verarbeitung von Gesundheitsdaten aus Gründen des öffentlichen Interesses darf nicht dazu führen, dass Dritte, unter anderem Arbeitgeber oder Versicherungs- und Finanzunternehmen, solche personenbezogene Daten zu anderen Zwecken verarbeiten.

Vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund erfüllen die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Datenverarbeitungen – wie bereits einleitend dargestellt wurde – ein erhebliches öffentliches Interesse, insbesondere im Bereich der öffentlichen Gesundheit, gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. g bis lit. i DSGVO.

Damit die Impfpflicht faktisch durchgesetzt (das heißt vollzogen) werden kann, ist es notwendig, dass die Gesundheitsbehörden Kenntnis darüber erlangen, welche Personen nicht oder nicht ausreichend immunisiert sind. Diese Kenntnis könnte die Gesundheitsbehörde auf unterschiedliche Wege erlangen, beispielweise über stichprobenartige Kontrollen des Impfstatus durch Abfragen aus dem zentralem Impfregister oder durch Erhebung des Impfstatus bei den betroffenen Personen selbst.

Beiden genannten Lösungen ist gemein, dass sie nicht nur zeit-, personal- und kostenaufwendig sind, sondern wegen der damit einhergehenden lediglich stichprobenartigen Kontrollmöglichkeit nicht nachhaltig geeignet sind, das mit der Impfpflicht verfolgte Ziel, nämlich die angestrebte Hebung der COVID-19-Durchimpfungsrate, zu verwirklichen.

Die Ermittlung der impfpflichtigen Personen anhand der bestehenden Datenlage und anschließende Versendung von Erinnerungsschreiben (vgl. § 8) knüpft an den Erfolg von Reminder- und Recall-Systemen zur Steigerung von Durchimpfungsraten an, der schon mehrfach wissenschaftlich bestätigt wurde (vgl. Jacobson Vann et al., Patient reminder and recall interventions to improve immunization rates, Cochrane Database of Systematic Reviews 2018, Issue 1; Dini et al., The impact of computer-generated messages on childhood immunization coverage, American Journal of Preventive Medicine 2000, 18[2], 132-139; Shultz et al., A Systems Approach to Improving Tdap Immunization Within 5 Community-Based Family Practice Settings: Working Differently (and Better) by Transforming the Structure and Process of Care, American Journal of Public Health 2015, 105[10], 1990-1997).

Diese Reminder- und Recall-Systeme werden regelmäßig als eine wichtige Maßnahme zur Verbesserung der Impfversorgung beschrieben und gefordert (American Academy of Pediatrics, Immunization Reminder & Recall Systems aap.org/en-us/Documents/immunization_reminderrecall.pdf; Gesundheit Österreich GmbH, Quick Assessment: Maßnahmen zur Erhöhung der MMR-Durchimpfungsrate – Übersicht aus Literatur und Länderrecherchen 2013) sowie von der WHO ausdrücklich empfohlen. Da gemäß § 24c Abs. 2 des Gesundheitstelematikgesetzes 2012 (GTelG 2012), BGBl. I Nr. 111/2012, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 der eHealth-Verordnung (eHealthV), BGBl. II Nr. 449/2020, alle in Österreich verabreichten Schutzimpfungen gegen COVID-19 verpflichtend im zentralen Impfregister zu speichern sind, können jene Personen, die zu den jeweiligen Stichtagen gemäß § 2 Z 7 und Z 8 die Impfpflicht erfüllt haben, aus dem zentralen Impfregister ermittelt werden.

Um zu wissen, wer in Österreich nicht oder nicht ausreichend immunisiert ist, ist jedoch eine Ermittlung der Personen aus dem zentralen Impfregister nicht ausreichend, weshalb ein Abgleich mit dem ZMR notwendig ist:

Zum Zweck der Ermittlung der impfpflichtigen Personen haben gemäß Abs. 1 die Meldebehörden und die ELGA GmbH jeweils Daten aus dem ZMR bzw. aus dem zentralen Impfregister zu übermitteln. Aufgrund des Grundsatzes der Speicherbegrenzung in Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO sind nur die Daten jener Personen zu übermitteln, die das 18. Lebensjahr bereits vollendet haben, da die Verarbeitung der Daten von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht erforderlich ist.

Die Übermittlung der in Z 1 konkretisierten Daten soll durch den Bundesminister für Inneres erfolgen, den Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO) für die Meldebehörden.

Die Übermittlung der in Z 2 konkretisierten Daten soll durch die ELGA GmbH erfolgen, da sie im Pilotbetrieb die datenschutzrechtlich Verantwortliche für Betrieb, Wartung und technischer Weiterentwicklung der eHealth Anwendung „Elektronischer Impfpass“ (im Folgenden: „eImpfpass“) ist (vgl. § 27 Abs. 17 GTelG 2012 in Verbindung mit § 4b Abs. 1 eHealth-Verordnung [eHealthV], BGBl. II Nr. 449/2020): In Art. 7 Abs. 4 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl. I Nr. 98/2017, verpflichten sich Bund und Länder zur Schaffung der Rahmenbedingungen für den breiteren Einsatz von elektronischen Gesundheitsdiensten einschließlich eines eImpfpasses. Mit Beschluss der Bundes-Zielsteuerungskommission vom 29. Juni 2018 wurden schließlich die Ausgestaltung und Finanzierung des Pilotprojekts eImpfpass als eHealth-Anwendung festgelegt; aufgrund dieses Beschlusses obliegen der ELGA GmbH die inhaltliche, zeitliche und finanzielle Verantwortung für die Pilotierung des eImpfpasses. Bund, Länder und der Dachverband der Sozialversicherungsträger erarbeiten ein Gesamtkonzept für den Vollbetrieb des eImpfpasses. Nach Umsetzung dieses Gesamtkonzepts übernimmt der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister die Verantwortung für Betrieb, Wartung und technischer Weiterentwicklung (vgl. § 27 Abs. 17 GTelG 2012).

Gemäß § 13 Abs. 2 des EGovernment-Gesetzes (E-GovG), BGBl. I Nr. 10/2004, dürfen bereichsspezifische Personenkennzeichen von der Stammzahlenregisterbehörde nur verschlüsselt zur Verfügung gestellt werden. Die für die Bereitstellung des verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichens Gesundheit (vbPK-GH) erforderlichen technischen Vorkehrungen (beispielsweise die Bereitstellung des öffentlichen Schlüssels) wurden bereits getroffen, zumal das bPK-GH seit längerem für andere Anwendungen angefordert wird.

Trotz der Verwendung der (verschlüsselten) bereichsspezifischen Personenkennzeichen ist eine Übermittlung von Name, Geschlecht und Geburtsdatum insbesondere aufgrund bestehender Dateninkonsistenzen notwendig: Würden diese Daten nicht übermittelt, würden aufgrund der bestehenden Dateninkonsistenzen ein erheblicher (zeitverzögerter) Clearingaufwand entstehen, wodurch gegen viele geimpften Personen irrtümlicherweise eine Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden könnte. Um dies zu verhindern, müssen die für das Clearing nötigen Daten zu dem ehestmöglichen Zeitpunkt zur Verfügung stehen.

Angemerkt wird, dass es sich bei den in § 24c Abs. 2 Z 2 GTelG 2012 genannten Angaben um Datenkategorien handelt, wohingegen es sich bei den in Z 2 aufgezählten Angaben um Datenarten handelt. Bei dem Datum „Bezeichnung des Impfstoffs (gemäß Zulassung oder Handelsname)“ handelt es sich sohin um eine Teilmenge der in § 24c Abs. 2 Z 2 GTelG 2012 aufgezählten Datenkategorien.

Die Adressen der Wohnsitze, die vom Bundesminister für Inneres zu übermitteln sind, sind kaskardenartig geregelt: Primär ist die Adresse des Hauptwohnsitzes einer Person zu übermitteln, davon kann es nur einen geben. Sollte kein Hauptwohnsitz vorhanden sein, ist die Adresse eines weiteren Wohnsitzes zu übermitteln. Davon kann es zwar mehrere geben, allerdings kann der Bundesminister für Inneres bei der Übermittlung der Daten zwischen der Qualität der einzelnen weiteren Wohnsitze nicht unterscheiden, weshalb beide Wohnsitze zu übermitteln wären. Es ist kommt allerdings so gut wie nicht vor, dass eine Person in Österreich mehrere weiteren Wohnsitze, jedoch keinen Hauptwohnsitz hat, weswegen in diesem Fall die Adresse des Hauptwohnsitzes zu übermitteln wäre. Wenn auch kein weiterer Wohnsitz vorhanden ist, ist die Kontaktstelle (§ 19a Abs. 2 MeldeG) zu übermitteln. Die Kontaktstelle ist nur dann eine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, sofern der Obdachlose hierzu die Zustimmung des für diese Stelle Verfügungsberechtigten nachweist.

Gemäß Abs. 4 soll der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister im Wege der IT-Services der Sozialversicherung GmbH (ITSV GmbH) als seiner Auftragsverarbeiterin (siehe die Erläuterungen zu Abs. 4) einen Abgleich zwischen den ihm übermittelten Daten durchführen, um auf diese Weise zu ermitteln, welche Personen zu den Stichtagen gemäß § 2 Z 7 und Z 8 die Impfpflicht erfüllt haben und für welche Personen eine zeitlich gültige Ausnahme gemäß § 3 Abs. 3 und 9 im eImpfpass eingetragen ist.

Aufgrund des Grundsatzes der Speicherbegrenzung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO sollen die Daten dieser Personen unmittelbar nach dem Abgleich gemäß Z 1 gelöscht werden, da diese Daten in weiterer Folge nicht mehr benötigt werden.

Nach dem Abgleich gemäß Z 1 soll der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister gemäß Z 2 die Daten der verbliebenen Personen mit dem EMS gemäß § 4 EpiG abgleichen, um auf diese Weise jene Personen zu ermitteln, für die keine Impfpflicht zu den Stichtagen gemäß § 2 Z 7 und Z 8 besteht, weil sie – gemäß den mit Verordnung gemäß § 4 Abs. 3 und 4 festgelegten Vorgaben – eine bestätigte Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden haben und diese Infektion anhand eines molekularbiologisch bestätigten Test auf SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde. Aufgrund des Grundsatzes der Speicherbegrenzung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO sollen die Daten dieser Personen unmittelbar nach dem Abgleich gemäß Z 2 gelöscht werden, da diese Daten in weiterer Folge nicht mehr benötigt werden.

Gemäß Abs. 3 haben der Bundesminister für Inneres und die ELGA GmbH die Daten gemäß Abs. 1 zum Impfstichtag erneut an den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu übermitteln. Der Bundesminister für Inneres hat zusätzlich zu den Daten gemäß Abs. 1 Z 1 überdies das  verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichen Zentrale Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren (vbPK-VS), Zustellung (vbPK-ZU) und für die Verwendung in der Transparenzdatenbank (vbPK-ZP-TD) an den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu übermitteln (siehe sogleich unten). Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister soll den Abgleich gemäß Abs. 2 zum Impfstichtag wiederholen. Die Daten jener Personen, für die weder eine Impfung noch das Bestehen einer Ausnahme im zentralen Impfregister gespeichert ist und die auch keine bestätigte Infektion mit SARS-CoV-2 vorweisen können, sind von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister als datenschutzrechtlich Verantwortlichen an die örtlichen zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden zum Zweck der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens zu übermitteln.

Zur durchgängigen und sicheren Identifizierung der impfpflichtigen Personen in allen Verfahrensschritten sowie zur Vermeidung von wiederholten Er- und Umrechnung zwischen Ver- und Entschlüsselungen von bPKs sollen bei der Ermittlung der impfpflichtigen Personen alle benötigen bereichsspezifischen Personenkennzeichen errechnet und verwendet werden. Im Strafverfahren werden das verschlüsselte bPK-VS, das verschlüsselte bPK ZP-TD und das verschlüsselte bPK-ZU sowie das unverschlüsselte bPK-GH benötigt. Damit sind elektronische Zustellungen, individualisierte Onlineformulare und Registerverbindungen zum zentralen Impfregister oder auch zur Einkommensermittlung in der Transparenzdatenbank möglich.

Die an die Bezirksverwaltungsbehörde übermittelten Daten müssen nicht nur die in jedem Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Daten enthalten, sondern auch jene Informationen, die aufgrund der gesetzlichen Strafbestimmungen für die konkrete Tatanlastung notwendig sind. Aus diesem Grund sind insbesondere Daten zu übermitteln, die Informationen darüber enthalten, welcher Impfung sich die betreffende Person nicht unterzogen hat sowie der jeweilige Deliktscode. Ebenso erforderlich ist zusätzlich zur Adresse der Adress- und Gemeindecode.

Abs. 3 normiert aufgrund der gebotenen technologieneutralen Formulierung von Rechtsnormen nicht, auf welchem Weg die Daten den Bezirksverwaltungsbehörden zu übermitteln sind. Die Übermittlung kann über den Portalverbund erfolgen, da die Bundesländer diese im Behördenbereich bestehende Infrastruktur bereits nutzen und der Portalverbund einerseits ein entsprechend dem Stand der Technik abgesichertes Netzwerk darstellt, andererseits Protokolle und Verfahren verwendet, die eine vollständige Verschlüsselung der Daten durch entsprechende kryptographische Algorithmen bewirken. Ebenso wäre eine Übermittlung, die einer Anzeigenlegung entspricht, über die übliche Anzeigenübermittlungsschnittstelle („VSTV-Konnektor“) möglich. Die Anzeigenlegung via VSTV-Konnektor verwendet nicht das Portalverbund-Protokoll, ist aber, im Sinne des Standes der Technik, gleichwertig kryptografisch abgesichert.

Gemäß Abs. 4 darf sich der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister zur Erfüllung der Aufgaben gemäß Abs. 2 und 3 der ITSV GmbH als Auftragsverarbeiterin (Art. 4 Z 8 DSGVO) bedienen. Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister beabsichtigt, den Bundesminister für Inneres und die ELGA GmbH anzuweisen, die Daten zum Zweck der Erfüllung seiner Aufgaben gemäß Abs. 2 und 3 direkt an diese seine Auftragsverarbeiterin zu übermitteln.

Dass der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister, die Melde- und Bezirksverwaltungsbehörden, die ELGA GmbH sowie die Krankenanstalten und Amts- und Epidemieärzte gemäß § 3 Abs. 3 geeignete Datensicherheitsmaßnahmen zu ergreifen haben, ergibt sich unmittelbar aus Art. 32 DSGVO. Abs. 5 verankert geeignete Garantien für den Schutz der Rechte der betroffenen Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999:

So soll nicht nur in Z 1 ein umfangreiches Weiterverarbeitungsverbot verankert und in Z 2 klargestellt werden, wann der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister die Daten zu löschen hat, sondern es soll für die Datenübermittlungen der ELGA GmbH auch § 6 GTelG 2012 anzuwenden sein. § 6 GTelG 2012 regelt die Vertraulichkeit bei der Übermittlung von Gesundheitsdaten und genetischen Daten.

Die von den Bezirksverwaltungsbehörden einzuhaltenden Datensicherheitsmaßnahmen (Z 3) orientieren sich an § 4a GTelG 2012.

Sowohl die Zugriffe der ELGA GmbH als auch die Krankenanstalten und Amts- und Epidemieärzte gemäß § 3 Abs. 3 sollen gemäß § 24f Abs. 5 GTelG 2012 protokolliert werden (Z 5). Das Protokollierungssystem wird gemäß § 22 Abs. 1 GTelG 2012 von den ELGA-Systempartnern eingerichtet und betrieben.

Gemäß Abs. 6 darf der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister im Wege der ELGA GmbH als seiner Auftragsverarbeiterin (Art. 4 Z 8 DSGVO) die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 bis 4 in Verbindung mit § 3 Abs. 9 zum Zweck der Qualitätssicherung, Plausibilitätsprüfung und insbesondere zur Durchführung notwendiger Ermittlungen für die Einleitung eines Verfahrens gemäß § 10 Abs. 4 personenbezogen auswerten. Sollten bei dieser Auswertung Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, die den Anschein erwecken, dass Ärzte ungerechtfertigterweise Ausnahmen gemäß § 3 Abs. 3 und 9 im zentralen Impfregister speichern, so soll gemäß Abs. 6 der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister berechtigt sein, die Daten an die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde für die Durchführung notwendiger Ermittlungen gemäß § 10 Abs. 4 zu übermitteln.

Der Anschein, dass Krankenanstalten und Amts- und Epidemieärzte ungerechtfertigerweise Ausnahmen gemäß § 3 Abs. 3 und 9 im zentralen Impfregister speichern, kann beispielsweise dadurch entstehen, dass es zu einer gewissen, dem Anschein nach unverhältnismäßigen Anhäufung von entsprechenden Einträgen bei einem einzigen Arzt kommt, die die Vermutung nahe legt, dass nicht alle Eintragungen gerechtfertigterweise erfolgten.

Der Abs. 7 enthält spezifische Zugriffsberechtigungen gemäß § 24f Abs. 4 GTelG 2012 für den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister, für die ELGA GmbH, für Krankenanstalten und Amts- und Epidemieärzte gemäß § 3 Abs. 3 sowie für die Bezirksverwaltungsbehörden. Diese spezifischen Zugriffsberechtigungen sind gemäß § 24d Abs. 1 GTelG 2012 für die Verarbeitung der im zentralen Impfregister gespeicherten Daten notwendig.

Gemäß Abs. 8 soll klargestellt werden, dass die ELGA GmbH und die Krankenanstalten und Amts- und Epidemieärzte gemäß § 3 Abs. 3 gemeinsame Verantwortliche sind. Gemäß § 27 Abs. 17 in Verbindung mit § 24c Abs. 3 GTelG 2012 sind die eine Impfung im zentralen Impfregister speichernden Gesundheitsdiensteanbieter und die ELGA GmbH gemeinsame Verantwortliche. Die Speicherung eines Ausnahmegrundes stellt eine ähnliche Datenverarbeitung dar, weshalb die gegenständliche Rollenverteilung in Anlehnung an das GTelG 2012 geregelt wird. Aus diesem Grund soll auch die Pflichtenaufteilung gemäß § 4a bis § 4d eHealthV vorgenommen werden. Im Gegensatz zu Eintragungen in das zentrale Impfregister gemäß § 24c Abs. 2 GTelG 2012 soll es für die Eintragungen von Ausnahmen gemäß § 3 Abs. 3 und 9 jedoch keine zentrale Anlaufstelle geben, zumal Art. 26 Abs. 3 DSGVO selbst bei Bestehen einer solchen ohnehin unberührt bleibt.

Zu § 7:

Erfahrungen aus dem bisherigen Pilotbetrieb des eImpfpasses haben gezeigt, dass trotz entsprechender Sorgfalt in der Vorbereitung und Begleitung des Projekts bei der Dokumentation von Impfungen im zentralen Impfregister Fehler passieren können. Nicht alle Fehler können, etwa durch Plausibilitätsprüfungen bei der Erfassung von Impfungen, abgefangen werden, was dazu führt, dass etwaige Fehler – über einen mehr oder weniger langen Zeitraum – unentdeckt bleiben können. Obwohl der Umfang der durch dieses Bundesgesetz notwendigen Ergänzungen bzw. Eintragungen (§ 3 Abs. 3) so gering wie möglich gehalten wurde, können auch diesbezüglich Fehler nicht zur Gänze verhindert werden.

Im Zusammenhang mit diesem Bundesgesetz bilden die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten die Grundlage für die Beurteilung, ob eine Person ihrer Impfverpflichtung nachgekommen ist oder nicht. Aufgrund der oben dargelegten Gründe soll eine Stelle für das Datenqualitätsmanagement eingerichtet werden, die der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister zu betreiben hat und sich dafür eines Auftragsverarbeiters bedienen darf (Abs. 1). Aufgabe dieser Stelle soll die Entgegenahme von Anfragen und Beschwerden über Fehler im Zusammenhang mit dem Erinnerungsschreiben gemäß § 8 sein. Da zur Beurteilung, ob die Impfverpflichtung erfüllt wurde, nicht nur die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten, sondern auch die Daten im EMS herangezogen werden, sollen sich die betroffenen Personen nicht nur im Zusammenhang mit Fehlern im zentralen Impfregister, sondern auch im Zusammenhang mit Fehlern im EMS die benannte Stelle wenden können. Zur Feststellung, ob tatsächlich ein Fehler vorliegt und gegebenenfalls welcher Art, erhalten die Mitarbeiter der benannten Stelle entsprechende Zugriffsberechtigungen auf das zentrale Impfregister. Klargestellt wird allerdings, dass dieser Zugriff nur ein lesender sein darf, denn Änderungen im zentralen Impfregister sind stets mit einer medizinischen Beurteilung verbunden. Eine Zugriffsberechtigung auf das EMS für den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister besteht bereits gemäß § 4 EpiG.

Kernaufgabe der benannten Stelle ist die Entgegennahme von Informationen und Beschwerden im Zusammenhang mit Fehlern im zentralen Impfregsiter und im EMS:

Berichtigungen im zentralen Impfregister dürfen von der benannten Stelle selbst nicht vorgenommen werden, sondern ausschließlich von dem Gesundheitsdiensteanbieter, in dessen berufsrechtlichen Verantwortung eine Impfung verabreicht wurde, zumal in vielen Fällen auch die lokale Dokumentation mitzuberichtigen sein wird. Davon ausgenommen sind nur jene Fälle, in denen der Gesundheitsdiensteanbieter, in dessen berufsrechtlichen Verantwortung eine Impfung verabreicht wurde, nicht mehr verfügbar ist. Kann ein von einer Person relevierter Fehler nicht verifiziert werden, ist sie oder er über die Prüfergebnisse entsprechend zu informieren (Abs. 3).

Betrifft der Fehler das EMS, kann das Datenqualitätsmangement die Fehler selbst berichtigen oder die Berichtigung bei einer Bezirksverwaltungsbehörde veranlassen. Auch hier ist der:die Bürger:in zu informieren (Abs. 4).

In beiden Fällen sind die Zugriffe des Datenqualitätsmanagements zu protokollieren.

Der Umgang mit personenbezogenen Gesundheitsdaten per se, im speziellen Fall der Umgang mit großen Datenmengen, erfordert auch ein besonderes Ausmaß der Vertrauenswürdigkeit der damit beauftragten Personen. Die Mitarbeiter des Datenqualitätsmanagements sind vor Aufnahme ihrer Tätigkeit über das Datengeheimnis gemäß § 6 DSG zu informieren (Abs. 6).

Zu § 8:

Hier wird festgelegt, dass der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister in Abständen von jeweils sechs Monaten Personen, hinsichtlich derer nach Maßgabe der Ermittlung nach § 6 Abs. 2 die Erfüllung der Impfpflicht nicht erhoben werden kann, zu ermitteln hat und diese darüber zu informieren sind, dass die jeweilige Impfung bis zum Impfstichtag nachzuholen ist. Die Daten, die der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister zu diesem Zweck verarbeitet darf, werden in Abs. 1 aufgezählt.

Bei dem Erinnerungsschreiben handelt es sich um eine Dienstleistung, im Zuge derer die Normunterworfenen auf ihre Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz hinzuweisen sind. Diese Maßnahme ist auch vor dem Hintergrund des verfassungsmäßigen Gebots der Anwendung gelinderer Mittel zur Verhängung von Zwangsmaßnahmen zu sehen. Hiermit wird auch dem Grundsatz „Beraten statt Strafen“ nachgekommen, obzwar im Hinblick auf § 33a VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung im Zusammenhang mit den in diesem Bundesgesetz geregelten Tatbeständen nicht als gering anzusehen sind. In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass Versand oder Erhalt des Erinnerungsschreibens keine Voraussetzungen für die Strafbarkeit (§ 9) sind.

Es ist beabsichtigt, dass der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister die ITSV GmbH als seine Auftragsverarbeiterin mittels Auftragsverarbeitungsvereinbarung gemäß Art. 28 Abs. 3 DSGVO anweist, die für die Erinnerungsschreiben notwendigen Daten direkt an den Dachverband zu übermitteln. Diese Schreiben müssen das Logo des Dachverbands nicht aufweisen.

Zu § 9:

Das vorliegende Bundesgesetz sieht ein automationsunterstütztes Verfahren zum Zweck der Ermittlung der impfpflichtigen Personen zu bestimmten Stichtagen einerseits zur Versendung von Erinnerungsschreiben (Erinnerungsstichtage), andererseits – zeitlich nachgelagert – zum Zweck der Durchführung eines Strafverfahrens (Impfstichtage) vor.

Die Festlegung dieser Stichtage hängt von der technischen Verfügbarkeit bzw. den technischen Möglichkeiten zur Umsetzung des automatisierten Datenabgleichs ab. Da diese Zeitpunkte noch nicht feststehen, sieht § 9 entsprechende Verordnungsermächtigungen der Bundesregierung vor, den Beginn des automationsunterstützten Datenabgleichs und damit für die Ermöglichung breitflächiger Kontrollen vor.

Bis dahin erfolgt die Kontrolle der Einhaltung der Impfpflicht stichprobenartig durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Dieses Bundesgesetz sieht eine auf mehreren Ebenen sichergestellte Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form der Verpflichtung der ständigen Evaluierung vor. In diesem Sinne sieht auch § 11 ein mehrstufiges Verfahren vor, in dem flächendeckende Kontrollen in Form einer automationsunterstützten Verarbeitung erst eingeführt werden sollen, wenn dies zur Erfüllung der Impfpflicht unerlässlich ist, zumal die vorgesehene automationsunterstützte Einleitung von Strafverfahren eine wesentlich höhere Kontrolldichte aufweist. Die Erlassung dieser Verordnung liegt im Ermessen der Bundesregierung. Kriterium für die Ermessensausübung ist die Sicherstellung der Erfüllung der Impfpflicht. Hiebei können unterschiedliche epidemiologische Kriterien berücksichtigt werden, wie die generelle epidemiologische Lage und die Durchimpfungsrate. Weiters können dabei auch faktische Bedingungen der Vollziehung dieses Bundesgesetzes, wie etwa personelle Ressourcen der Behörden und der Verwaltungsgerichte, berücksichtigt werden. Die Verordnung kann wieder aufgehoben werden, sofern dies zur Sicherstellung der Erfüllung der Impfpflicht nicht mehr erforderlich ist.

Zu § 10:

Nach § 10 ist verwaltungsbehördlich strafbar, wer die Impfpflicht nicht erfüllt. Der Umfang des gebotenen Verhaltens ergibt sich aus der gemäß § 4 Abs. 4 zu erlassenden Verordnung. § 4 stellt darauf ab, ob ein gültiger Impfstatus vorliegt. Die Nicht-Erfüllung der Impfpflicht ist damit als Dauerdelikt ausgestaltet, sodass nach der Rechtsprechung eine Bestrafung für unterschiedliche Zeiträume ohne Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot möglich ist (vgl. statt vieler VwGH 26.6.2009, 2008/02/0001; 14.5.2014, 2012/06/0226).

Klargestellt wird, dass für ein und denselben Tatbegehungszeitraum nur ein Strafverfahren zu führen ist. Es ist das gesamte deliktische Verhalten (Nicht-Erfüllung der Impfpflicht) bis zur Bestrafung erfasst. Das Dauerdelikt endet mit der Bestrafung. Wird das Delikt weiter verwirklicht, kann neuerlich eine Strafe verhängt werden. Um der EGMR-Rechtsprechung im Fall Vavřička zu entsprechen und insgesamt unverhältnismäßige Strafen zu vermeiden, ist jedoch die Anzahl zulässiger Bestrafungen nach diesem Bundesgesetz beschränkt. Neben der Beschränkung des automatisierten Verfahrens auf bestimmte Stichtage, sieht § 11 Abs. 1 für Verfahren, die nicht aufgrund eines Datenabgleichs gemäß § 6 geführt werden, vor, dass diese höchstens vier Mal pro Kalenderjahr zu einer Bestrafung führen dürfen.

Die Höhe des Strafausmaßes muss so bemessen sein, dass die Eignung der gesetzlichen Impfpflicht zur Erreichung des Ziels einer Erhöhung der Durchimpfungsrate nicht unterlaufen wird. Die Strafhöhen müssen auch im Verhältnis zu in anderen Gesetzen vorgesehenen Strafen stehen und müssen den Unrechtsgehalt angemessen widerspiegeln. Vor dem Hintergrund der bereits mehrfach aufgezeigten pandemischen Bedrohungslage für die Gesundheitsinfrastruktur und dem damit verbundenen Erfordernis der Erhöhung der Durchimpfungsrate werden entsprechend adäquate Verwaltungsstrafen vorgesehen. Im Zusammenhang mit der Strafbemessung wird ausdrücklich auf § 19 VStG hingewiesen, wonach Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind.

Im Zusammenhang mit Abs. 2 ist darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Norminhalt des § 19 Abs. 2 VStG in Anbetracht der Bedeutung wiederholt wird. Dadurch soll jedoch nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass auf die sonstigen Kriterien des § 19 Abs. 2 VStG nicht Bedacht zu nehmen wäre.

Im Hinblick auf Abs. 3 ist auszuführen, dass der Nachweis, dass die Impfpflicht erfüllt wurde, durch entsprechende Einträge im zentralen Impfregister nachgewiesen werden kann oder durch Vorlage des Impfpasses oder durch Vorlage einer ärztlichen Bestätigung über die erfolgte Impfung. In diesem Zusammenhang sind ausschließlich die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Nachweise (§ 2 Z 9, § 3 Abs. 3, 5 und 9, § 4 Abs. 5) als Nachweise über die Erfüllung der Impfpflicht oder über das Vorliegen eines Ausnahmegrundes anzusehen.

Abs. 3 sieht den Strafaufhebungsgrund der „tätigen Reue“ vor, sofern die Impfpflicht nachgeholt wird. Es war eine vielfache Forderung der Bezirksverwaltungsbehörden, dass ihnen der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister täglich jene Personen übermittelt, die zwischenzeitlich nachweislich ihrer Impfpflicht nachgekommen sind. Die tägliche Übermittlung sei deshalb notwendig, um eine Überlastung der Bezirksverwaltungsbehörden zu vermeiden. Um die Bezirksverwaltungsbehörden zwar einerseits zu entlasten, aber andererseits den Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 DSG möglichst gering zu halten, sollen die Bezirksverwaltungsbehörden einen Zugriff auf das zentrale Impfregister erhalten, um überprüfen zu können, ob eine Person, gegen die ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig ist, eruieren zu können. Die Zugriffe sind gemäß § 24f Abs. 5 GTelG 2012 zu protokollieren. Bereits jetzt haben die Bezirksverwaltungsbehörden eine spezifische Zugriffsberechtigung auf das zentrale Impfregister und dürfen die dort gespeicherten Daten verarbeiten (vgl. § 24f Abs. 4 Z 6 und 7 GTelG 2012). Mit der nunmehrigen Änderung soll also keine neue Zugriffsmöglichkeit geschaffen werden, sondern es sollen nur die Zwecke, zu denen sie die im zentralen Impfregister gespeicherten Daten verarbeiten dürfen, erweitert werden. Dadurch, dass die Zugriffe protokolliert werden, lassen sich die Zugriffe jederzeit überprüfen.

In Abs. 4 wird die vorsätzliche Ausstellung ärztlicher Bestätigungen und die vorsätzliche tatsachenwidrige Speicherung von Bestätigungen durch Ärzte einer Krankenanstalt, Amtsärzte und Epidemieärzte die in § 3 Abs. 3 genannten Ärzte unter Missachtung des Standes der Wissenschaft unter Strafe gestellt. Hierdurch soll die Ausstellung sogenannter „Gefälligkeitsbestätigungen“ ohne Vorliegen dahinterstehender Ausnahmegründe hintangehalten werden.

Kein eigener Tatbestand wird für das Fälschen von Nachweisen vorgesehen, da derartige Handlungen unter § 293 StGB fallen.

Im Übrigen wird angemerkt, dass Impfärzte, die entgegen der ärzterechtlichen Verpflichtung zur gewissenhaften ärztlichen Beratung oder Behandlung (vgl. § 49 Abs. 1 ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998) handeln, wie zB bei einer vorsätzlichen Nichtverabreichung von Impfdosen bei gleichzeitiger tatsachenwidriger Bestätigung über eine von diesem durchgeführten Impfung, unbeschadet der disziplinarrechtlichen Folgen, strafrechtlich belangt werden können.

Zu § 11:

§ 11 trifft spezielle, vereinfachte Verfahrensregelungen. Ein von den einheitlichen Vorschriften des VStG abweichendes Verfahren ist an den Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 B-VG zu messen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist eine solches Abweichen nur dann zulässig, wenn dies durch „besondere Umstände“ erforderlich oder „unerlässlich“ ist (siehe Muzak, B-VG6 Art 11 Rz 11 f). Das Vorliegen derartiger besonderer Umstände hat der Verfassungsgerichtshof beispielsweise im Asylverfahren angenommen (VfSlg 13.831/1994). Für den Bergbau oder den Betrieb von Luftfahrzeugen wurde das Abweichen von den allgemeinen Regelungen als „unerlässlich“ qualifiziert (vgl. VfSlg 15.351/1998 mit Verweis auf VfSlg 11.564/1987).

Die Einführung eines vereinfachten, von § 47 VStG abweichenden Verfahrens, ist im Sinne des Art. 11 Abs. 2 B-VG im Zusammenhang mit dem Regelungsgegenstand unerlässlich, um die mit Einführung einer allgemeinen Impfpflicht verbundenen Verfahren rasch und effizient im Sinne des Gesetzes bewältigen zu können.

Die Einführung eines vereinfachten Verfahrens stellt nicht bloß eine Maßnahme zur Entlastung oder Schonung der Verwaltungsbehörden dar, sondern ist unerlässlich, um – unter Berücksichtigung der Verordnungsermächtigung gemäß § 9 – eine effektive Vollziehung der mit der Impfpflicht in Zusammenhang stehenden Strafverfahren und damit die Erfüllung des Zwecks des Gesetzes, der im Schutz der öffentlichen Gesundheit durch Erreichung einer höheren Durchimpfungsrate besteht, zu gewährleisten. Für die Durchführung der Strafverfahren bedarf es vor dem Hintergrund der besonderen Ausnahmesituation (siehe dazu auch die Erläuterungen zu § 13) entsprechender Anpassungen in Bezug auf die aufgrund des VStG anzuwendenden Verfahrensvorschriften.

Eine zweckentsprechende Verfahrensführung ist im Rahmen der bestehenden allgemeinen Verfahrensvorschriften nicht gewährleistet, insbesondere im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius bei Einsprüchen gegen Strafverfügungen. Hiezu wird angemerkt, dass das Verbot der reformatio in peius im Verhältnis zwischen abgekürzten Verfahren und nachfolgendem ordentlichem Verfahren verfassungsrechtlich nicht geboten erscheint (siehe allgemein VfSlg. 2686/1954, 9615/1983, 16.551/2002, 17.802/2006; siehe konkret zum Verwaltungsstrafverfahren Wiederin, Die Zukunft des Verwaltungsstrafrechts, 16. ÖJT Band III/1 [108 f]). Im Verhältnis von verwaltungsbehördlichem Strafverfahren und verwaltungsgerichtlichem Verfahren gelangt das Verbot der reformatio in peius jedoch zur Anwendung (§ 42 VwGVG).

Ohne Einführung eines vereinfachten Verfahrens wäre die Eignung der gewählten Maßnahme somit beeinträchtigt. Somit ist die Schaffung des vereinfachten Verfahrens nicht nur erforderlich, sondern geradezu geboten, um die Erreichung des verfolgten Zieles sicherzustellen.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie sind die Bezirksverwaltungsbehörden bei Einleitung eines Verfahrens gemäß Abs. 1 berechtigt, vor Aufforderung Einsicht in das zentrale Impfregister zu nehmen, um den Impfstatus der angezeigten Person abzuklären. Siehe dazu die Erläuterungen zu § 10 Abs. 3.

Im Zusammenhang mit Abs. 2 wird darauf hingewiesen, dass es sich trotz der automationsunterstützten Ermittlung der impfpflichtigen Personen bei der Erlassung der Impfstrafverfügung um keine automatisierte Entscheidung im Einzelfall gemäß Art. 22 DSGVO handelt.

Festzuhalten ist, dass der Umstand, dass eine Bestrafung nach dem vereinfachten Verfahren nur in Abständen von sechs Monaten stattfindet (vgl. die Legaldefinition des Impfstichtags gemäß § 2 Z 8), den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Ausmaßes der Sanktion im Sinne der Entscheidung Vavřička Rechnung trägt.

Im Zusammenhang mit § 10 ist darauf hinzuweisen, dass es sich beim stichtagsbezogenen Datenabgleich um eine rein für Zwecke der Abwicklung des Verwaltungsstrafverfahrens erforderliche verfahrensbezogene Regelung handelt. Das Anknüpfen an den stichtagsbezogenen Datenabgleich ändert daher nichts an der Qualifikation der Verwaltungsübertretung als Dauerdelikt.

Zu § 13:

Angesichts dessen, dass der Rechtsschutz grundsätzlich in vollem Umfang gegeben ist, ist es zur Sicherstellung der Vollziehbarkeit dieses Gesetzes und damit ganz grundlegend im Hinblick auf die Eignung der Impfpflicht zur Erreichung des Ziels des Schutzes der öffentlichen Gesundheit im Sinne des Art. 136 Abs. 2 B-VG auch zur Regelung des Gegenstandes erforderlich, Sonderbestimmungen für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zu schaffen (siehe auch die Erläuterungen zu § 8). Angesichts der zu erwartenden systematischen Versuche einer Unterlaufung der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch Massenverfahren sind die vorgesehenen Abweichungen geradezu geboten, um das Ziel des Gesundheitsschutzes nicht zu unterlaufen (vgl. zur Problematik auch die Stellungnahme des Dachverbands der Verwaltungsgerichte und der PräsidentInnenkonferenz der Verwaltungsgerichte im Begutachtungsverfahren). Dies soll insbesondere mit der Verlängerung der Verjährungsfrist sichergestellt werden, um der zu erwartenden vorübergehenden exponentiell höheren Belastung der Verwaltungsgerichte Rechnung zu tragen.

Der vorgesehene Abs. 1 ermächtigt das Verwaltungsgericht, von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abzusehen. Voraussetzung ist, dass in der Beschwerde als Beschwerdegrund lediglich behauptet wird, dass dieses Bundesgesetz verfassungswidrig sei. Der Entfall der Verhandlung soll auch dann möglich sein, wenn der Beschwerdeführer die Durchführung der Verhandlung beantragt. Die vorgesehene Bestimmung hindert das Verwaltungsgericht allerdings nicht, dennoch eine Verhandlung durchzuführen. Im Hinblick auf die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK wird dazu festgehalten, dass das Verwaltungsgericht nicht zuständig ist, über die Verfassungskonformität des Gesetzes zu entscheiden, sodass eine Erörterung dieser Rechtsfrage in einer Verhandlung für das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts nicht maßgeblich sein kann. Außerdem wird durch den Entfall der Verhandlung das Verfahren beschleunigt, sodass dem Beschwerdeführer eher die Möglichkeit gegeben wird, gegen das Erkenntnis Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG zu erheben, um eine Entscheidung über die Behauptung der Verfassungswidrigkeit herbeizuführen.

Abs. 2 ermöglicht es den Verwaltungsgerichten, auf die Amtsärzte und Epidemieärzte gemäß § 3 Abs. 3 zuzugreifen, die als Amtssachverständige zur Verfügung stehen.

Zu § 14:

Hier wird eine Zweckwidmung der Strafen für die Landesgesundheitsfonds vorgesehen. Die Einnahmen aus Strafverfahren kommen damit unmittelbar dem zentralen Schutzgut dieses Bundesgesetzes, der zentralen Gesundheitsinfrastruktur, zugute.

Zu § 15:

Da mit dem Inkrafttreten der Impfpflicht die erforderlichen technischen Voraussetzungen für den Datenabgleich gemäß § 6 noch nicht gegeben sind, sollen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes insoweit mitwirken, als sie die Einhaltung der Impflicht kontrollieren und erforderlichenfalls Anzeige erstatten.

Vor dem Hintergrund, dass es sich hier um eine für die Sicherheitsexekutive fremde Aufgabe handelt, die überdies nur so lange Anwendung finden soll, bis eine Verordnung gemäß § 9 erlassen wird, soll die Kontrolltätigkeit der Organe nur im Rahmen von Amtshandlungen vorgenommen werden, die sie auf Grund ihnen sonst zukommender Aufgaben führen, zB im Rahmen von Führerscheinkontrollen oder Kontrollen nach dem COVID-19-MG.

Zu § 16:

Der Landeshauptmann hat zum Zweck der Durchführung von Impfungen dafür Sorge zu tragen, dass entsprechende „Impftage“ organisiert und durchgeführt werden. Hierfür kann er sich bereits bestehender Impfstraßen bedienen. Diesbezügliche Kosten, die Kosten für die Bereitstellung des notwendigen Impfstoffs sowie der Kosten der Aufwendungen der ITSV GmbH und des Dachverbands und die Kosten für ärztliche Zeugnisse nach § 2 Z 2 sind vom Bund zu tragen.

Zu § 17:

Nach § 27 Abs. 1 EpiG können für den Fall, dass bei Auftreten einer anzeigepflichtigen Krankheit die in den betroffenen Gebieten zur Verfügung stehenden Ärzte, in erster Linie die Gemeinde- und Distriktärzte, zur wirksamen Bekämpfung der Krankheit nicht ausreichen, für die Dauer des Bedarfes Epidemieärzte bestellt werden. Die Epidemieärzte können vom Landeshauptmann bestellt werden, wenn sich die Tätigkeit auf das gesamte Landesgebiet erstrecken können soll. Nachdem im bisherigen Verlauf der COVID-19-Pandemie schon – erfolgreich – von der Möglichkeit der Bestellung von Epidemieärzten Gebrauch gemacht wurde, wird vor dem Hintergrund der geringen Zahl an verfügbaren Amtsärzten und der vergleichsweise hohen Zahl an Personen, die einen Ausnahmegrund geltend machen, erneut darauf zurückgegriffen. Darüber hinaus soll damit den Amtsärzten ermöglicht werden, ihre Aufgaben nach anderen Materiengesetzen auch weiterhin erfüllen zu können. Ferner wird eine Kostentragungspflicht des Bundes – ebenso wie in § 36 Abs. 1 lit. g EpiG – angeordnet.

Zu § 18:

Die Verordnungsermächtigungen in § 3 Abs. 8 und § 4 Abs. 3 und 4 sowie § 9 und § 19 Abs. 2 bedürfen aufgrund ihrer Bedeutung der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates.

Zu § 19:

§ 19 sieht ein begleitendes Monitoring der Impfpflicht vor, das auch aus fachlicher Sicht als erforderlich erachtet wird. Es werden dabei bestimmte Berichtspflichten festgelegt. Weiters sieht Abs. 2 vor, dass unverzüglich auf aktuelle Entwicklungen – wie zB neue medizinische Entwicklungen in der Behandlung von COVID-19 – zu reagieren ist, indem mit Verordnung anzuordnen ist, dass dieses Bundesgesetz oder einzelne seiner Bestimmungen nicht länger anzuwenden sind. Sofern aufgrund des Kommissionsberichtes eine Impfpflicht klar unverhältnismäßig ist, wird die Bundesregierung entsprechende Schritte zur Änderung der gesetzlichen Lage setzen.

Zu § 20:

Bei einem Ende der Pandemie kann sich die weltweite Lage stark von der Lage in Österreich unterscheiden. Gegebenenfalls kann weiterhin eine Epidemie vorliegen, auch wenn die Pandemie durch die WHO bereits für beendet erklärt wurde. Vor diesem Hintergrund sowie aufgrund der Zielsetzung dieses Bundesgesetzes, eine nachhaltig hohe Durchimpfungsrate zu schaffen, tritt dieses Gesetz mit 31. Jänner 2024 außer Kraft. Die zeitlich begrenzte Geltung des vorliegenden Gesetzes trägt dabei insbesondere dem mit diesem Bundesgesetz verbundenen Grundrechtseingriff Rechnung.

In Bezug auf Sachverhalte, die sich vor dem Außerkrafttreten dieses Bundesgesetzes ereignet haben, sind Strafverfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes weiterzuführen. In diesem Zusammenhang gilt das Günstigkeitsprinzip gemäß § 1 Abs. 2 VStG nicht, da das strafrechtliche Unwerturteil aufrecht bleibt (vgl. VwGH 22. 7. 2019, Ra 2019/02/0107; 28. 6. 2016, Ra 2016/17/0057; 24. 1. 2000, 97/17/0331; zu COVID-19 zB LVwG Tirol 10. 2. 2021, LVwG-2021/15/0310-1, 27. 7. 2021, LVwG-2020/37/2524-7; 11. 11. 2021, LVwG-2021/44/0308-8; siehe zum Ganzen auch Fister, Ausgewählte Fragen des COVID-19-Verwaltungsstrafrechts, Jahrbuch Öffentliches Recht 2021, 69).

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Gabriela Schwarz und Ralph Schallmeiner mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, teilweise N, dagegen: F, teilweise N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 01 17

                             Ralph Schallmeiner                                                      Mag. Gerhard Kaniak

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann