Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Allgemeine Überlegungen

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über soziale Sicherheit hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

1.            Werdegang des Abkommens

Brasilien hat in den letzten Jahren mit einigen europäischen Staaten Abkommen über soziale Sicherheit abgeschlossen, wie zum Beispiel mit Belgien, Frankreich, Deutschland und Luxemburg. 2014 trat die Wirtschaftskammer Österreich an das Sozialministerium mit dem Wunsch nach Abschluss eines Abkommens mit Brasilien heran. Anlass war die sehr stark gestiegene Anzahl österreichischer Firmenniederlassungen in Brasilien. Die Gespräche auf Expertenebene wurden im September 2015 begonnen und im Mai 2016 erfolgreich abgeschlossen. Seit diesem Zeitpunkt verzögerte sich die Vorbereitung der Unterzeichnung insbesondere aufgrund von Regierungsumbildungen in beiden Staaten. Nunmehr konnte mit Brasilien aber auf Expertenebene die Unterzeichnungsreife der vorliegenden Texte vereinbart werden.

2.            Das Abkommen im Allgemeinen

Das Abkommen entspricht in materiellrechtlicher Hinsicht weitestgehend den in letzter Zeit von Österreich geschlossenen Abkommen, wie insbesondere dem Abkommen über soziale Sicherheit mit der Republik Indien vom 4.2.2013, BGBl. III Nr. 60/2015.

Der vorliegende Entwurf des Abkommens bezieht sich daher aus leistungsrechtlicher Sicht auf die Pensionsversicherung und regelt darüber hinaus auch noch die anzuwendenden Rechtsvorschriften bei grenzüberschreitender Erwerbstätigkeit.

Das Abkommen ist in fünf Abschnitte gegliedert:

Abschnitt I enthält allgemeine Bestimmungen und legt im Wesentlichen den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich, den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie die Gebietsgleichstellung hinsichtlich der Gewährung von Geldleistungen aus der Pensionsversicherung fest.

Abschnitt II sieht in Bezug auf die jeweils hinsichtlich der Versicherungspflicht anzuwendenden Rechtsvorschriften das Beschäftigungslandprinzip sowie Ausnahmen von diesem Grundsatz vor.

Nach Abschnitt III erfolgt die Leistungsfeststellung im Bereich der Pensionsversicherung unter Zusammenrechnung der in den beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten für den Anspruch und unter Berechnung grundsätzlich entsprechend den in jedem Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten, wobei eine Vereinheitlichung der zwischenstaatlichen Berechnung angestrebt wird.

Abschnitt IV enthält verschiedene Bestimmungen über die Durchführung und Anwendung des Abkommens.

Abschnitt V enthält Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Im EU-Bereich stehen hinsichtlich von Abkommen über soziale Sicherheit mit Drittstaaten keine EU-Vorschriften in Kraft, sodass die Mitgliedstaaten einen diesbezüglichen Gestaltungsspielraum haben. Das vorliegende Abkommen entspricht aber den in diesem Bereich maßgebenden Grundsätzen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (ABl. Nr. L 200 vom 7.6.2004 S. 1). Der vom EuGH in der Rechtssache C-55/00, Gottardo, unmittelbar aus Art. 45 AEUV (Arbeitnehmerfreizügigkeit) abgeleiteten Verpflichtung der Mitgliedstaaten, bei Abkommen mit Drittstaaten die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten den jeweils eigenen Staatsangehörigen gleichzustellen, wird dadurch entsprochen, dass der persönliche Geltungsbereich des vorliegenden Abkommens unbeschränkt ist und daher alle versicherten Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit erfasst und darüber hinaus auch eine eigene unilateral für Österreich wirkende Gleichbehandlungsregelung für die vom EU-Recht erfassten Personen vorgesehen wird.

 

Besonderer Teil

Die einzelnen Bestimmungen des vorliegenden Abkommens entsprechen im Wesentlichen jenen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Indien im Bereich der sozialen Sicherheit vom 4.2.2013 (BGBl. III Nr. 60/2015, Reg. Vorl. 2159 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV GP). Im Folgenden werden die Bestimmungen des Abkommens den entsprechenden Bestimmungen des österreichisch-indischen Abkommens gegenübergestellt, gleichzeitig wird auf die wesentlichsten Unterschiede hingewiesen:

Abschnitt I (Allgemeine Bestimmungen – Art. 1 bis 5)

Art. 1 = Art. 1 des Abkommens mit Indien (Begriffsbestimmungen):

Dieser Artikel enthält die in allen von Österreich geschlossenen Abkommen über soziale Sicherheit üblichen Begriffsbestimmungen.

Besonders hinzuweisen ist auf die Begriffsbestimmung unter Abs. 1 lit. e „Österreichische Einrichtung, der die Anwendung des Abkommens obliegt“, die über brasilianischen Wunsch aufgenommen werden musste. Im Unterschied zu den anderen von Österreich geschlossenen Abkommen ersetzt dieser Begriff die Definition für „Träger“ und „zuständiger Träger“. Durch die abstrakte Umschreibung dieser Stelle wird sichergestellt, dass damit alle anderen in den von Österreich geschlossenen Abkommen verwendeten Begriffe abgedeckt sind. Da generell auf die für die verschiedenen Sachverhalte nach den anwendbaren Rechtsvorschriften für zuständig erklärten Stellen Bezug genommen wird, sind zum Beispiel für die Frage, bei welchen Stellen wirksam ein Leistungsantrag gestellt werden kann, auch Gemeindeämter als Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung (§ 361 Abs. 4 lit. b ASVG) von diesem Begriff umfasst. Diese einfache Begriffsbestimmung stellt daher aus normökonomischer Sicht einen Fortschritt dar. Die für die brasilianische Seite verwendeten Begriffe, die ebenfalls akzeptiert werden mussten, da sie sich in den anderen von Brasilien geschlossenen Abkommen finden, entsprechen ebenfalls nicht der bisher von Österreich verwendeten Terminologie, da der „Brasilianische zuständige Träger“ (Abs. 1 lit. g) auch Funktionen der Verbindungsstelle erfüllt und die „Brasilianische Verbindungseinrichtung“ (Abs. 1 lit. h) jene Einrichtung ist, die die konkreten Verfahren abwickeln wird und daher eher die Funktion des zuständigen Trägers wahrnehmen wird.

Art. 2 = Art. 2 des Abkommens mit Indien (sachlicher Geltungsbereich):

So wie die übrigen Abkommen mit außereuropäischen Staaten bezieht sich das Abkommen in Bezug auf die leistungsrechtlichen Regelungen nur auf die Pensionsversicherung.

Im Bereich der Leistungen bei Alter, Invalidität und Tod wird in der Republik Österreich – so wie in bisher allen bilateralen Abkommen – nur die gesetzliche Pensionsversicherung erfasst. Die von der Republik Österreich geschlossenen Abkommen beziehen sich somit auf die Sozialversicherung. Bereiche, die nicht unter den Begriff „Sozialversicherung“ subsumiert werden können, fallen nicht darunter. Im Unterschied zum EU-Recht kann bei einem bilateralen Abkommen jede Vertragspartei festlegen, was unter diesem Begriff zu verstehen ist.

„Sozialversicherung“ beruht auf dem Kompetenztatbestand „Sozialversicherungswesen“ (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG). So wie nach den anderen von Österreich geschlossenen Abkommen wird das Sondersystem für Notare (nunmehr nach dem NVG 2020) vom sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens ausgeschlossen.

Es ist nicht erforderlich, zur Vermeidung von Missverständnissen die sonstigen Versorgungseinrichtungen der Freien Berufe (zum Beispiel der Rechtsanwaltschaft nach § 49 RAO) vom sachlichen Geltungsbereich ausdrücklich auszunehmen, da diese Systeme, die nicht die beschriebenen Voraussetzungen erfüllen, eben nicht unter den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens fallen.

Im Hinblick auf das das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz beherrschende Prinzip der Vollversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung wird durch die ergänzende Regelung des Abs. 1 lit. a ii klargestellt, dass die Zuordnungsregelungen der Art. 6 bis 9 alle Zweige der Sozialversicherung betreffen und somit das Entstehen von Teilversicherungen ausgeschlossen ist. Andere Regelungen, wie zum Beispiel die Exportregelung in Art. 5, werden durch diese partielle Ausdehnung des Anwendungsbereiches nicht erfasst.

Abs. 2 betreffend die Berücksichtigung von Rechtsänderungen entspricht der in den anderen von Österreich geschlossen Abkommen vorgesehenen Regelung.

Art. 3 = Art. 3 des Abkommens mit Indien (persönlicher Geltungsbereich)

Dieser Artikel legt den persönlichen Geltungsbereich des Abkommens fest, der wie alle neuen Abkommen ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit alle Personen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder beider Vertragsstaaten versichert sind oder waren, sowie deren Angehörige und Hinterbliebene umfasst.

Art. 4 = Art. 4 des Abkommens mit Indien (Gleichbehandlung)

Die Gleichbehandlungsregelung des vorliegenden Abkommens geht weiter als jene in dem Abkommen mit Indien, da auch Flüchtlinge und Staatenlose in beiden Vertragsstaaten einbezogen werden (im Abkommen mit Indien konnte dieser Personenkreis nur in Bezug auf Österreich einseitig einbezogen werden). Um das EU-Recht umfassend umzusetzen, hat Österreich in Abs. 2 lit. d – so wie auch im Abkommen mit Indien – eine unilaterale Gleichbehandlung der Personen, die unter die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 fallen, vorgesehen (siehe zum Beispiel EuGH in Rechtsache C-55/00, Gottardo).

Die bisher in allen von Österreich geschlossenen Abkommen, die auch eine Gleichbehandlungsverpflichtung in Bezug auf die Versicherungspflicht enthalten, vorgesehene Ausnahme hinsichtlich der Versicherung für die bei einer diplomatischen Mission oder einer konsularischen Vertretung oder bei Mitgliedern einer solchen Einrichtung beschäftigten Personen (Abs. 3) hatte in Bezug auf Österreich nur für den Zeitraum bis 31.12.2016 Relevanz, da die maßgebende Regelung des § 3 Abs. 2 lit. f ASVG ab diesem Zeitpunkt dahingehend geändert wird (Art. 1 Z 1 des SRÄG 2015, BGBl. I Nr. 162/2015), dass die österreichische Staatsbürgerschaft der Personen keine Rolle mehr spielt und daher auch eine Gleichbehandlungsverpflichtung keine Auswirkungen auf den Anwendungsbereich dieser Regelung mehr haben kann.

Die sonst im Zusammenhang mit der Gleichbehandlungsverpflichtung vorgesehene Regelung hinsichtlich der Gleichbehandlung der Staatsangehörigen beider Staaten auch hinsichtlich des Exportes von Leistungen bei Aufenthalt in Drittstaaten (zum Beispiel Art. 4 Abs. 2 des Abkommens mit Korea, BGBl. III Nr. 83/2010) wurde über brasilianischen Wunsch bei gleichem Inhalt im Zusammenhang mit dem Leistungsexport vorgesehen (Art. 5 Abs. 2).

Art. 5 = Art. 5 des Abkommens mit Indien (Zahlung der Leistung ins Ausland)

Die in diesem Artikel normierte Gebietsgleichstellung (Abs. 1) enthält so wie alle anderen von Österreich geschlossenen Abkommen das Verbot einer Leistungseinschränkung oder eines Leistungsausschlusses, weil sich die betroffene Person im Gebiet des anderen Vertragsstaates aufhält. Leistungen in den vom sachlichen Geltungsbereich des Abkommens (mit Ausnahme der anzuwendenden Rechtsvorschriften) nicht erfassten Bereichen (wie zum Beispiel Leistungen der Unfallversicherung oder das österreichische Pflegegeld) werden dadurch nicht erfasst, sodass für diese das nationale Recht (zum Beispiel § 89 ASVG) uneingeschränkt weiterhin Anwendung finden kann.

Hinsichtlich der Regelung betreffend den Export bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem Drittstaat (Abs. 2) siehe die Erläuterungen zu Art. 4. Wie in allen Abkommen ist die Ausgleichszulage aus der österreichischen Pensionsversicherung (Abs. 3) vom Export ausgenommen.

In Abs. 3 wurden auch Einmalzahlungen als Kaufkraftausgleich (in Österreich zum Beispiel §§ 612, 639 oder 649 ASVG) von der Exportverpflichtung ausgenommen. Dadurch kann den Intentionen des Gesetzgebers, solche Einmalzahlungen nur jenen Personen zu gewähren, die tatsächlich von der Kaufkraftentwicklung im Inland betroffen sind, Rechnung getragen werden, was im Verhältnis zu anderen Vertragsstaaten durch eine entsprechende Einschränkung der Definition der erfassten Geldleistungen erfolgt (zum Beispiel Art. 1 Abs. 1 lit. g des Abkommens mit Indien).

Abschnitt II (Bestimmung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften – Art. 6 bis 11 und Art. 24 Abs. 6)

Art. 6 = Art. 6 des Abkommens mit Indien (Allgemeine Bestimmungen)

Dieser Abschnitt regelt die sich aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit ergebende Versicherungspflicht, wobei entsprechend den anderen von Österreich geschlossenen Abkommen über soziale Sicherheit (siehe zum Beispiel Art. 6 bis 9 des Abkommens mit Indien) grundsätzlich auf das Beschäftigungslandprinzip abgestellt wird (Art. 6 Abs. 1). Auf Wunsch Brasiliens wurde der zweite Satz von Art. 6 Abs. 1 des Abkommens mit Indien (Gleichstellung des Sitzes des Dienstgebers) nicht übernommen, was aber inhaltlich keine Auswirkungen hat. Art. 6 Abs. 2 enthält den Grundsatz, dass für Beamte die Rechtsvorschriften des sie beschäftigenden Vertragsstaates gelten (siehe zum Beispiel Art. 8 Abs. 2 des Abkommens mit Indien).

Art. 7 = Art. 7 Abs. 1 des Abkommens mit Indien (Entsendete Dienstnehmer)

Art. 7 enthält entsprechend den anderen von Österreich geschlossenen Abkommen (siehe zum Beispiel Art. 7 Abs. 1 des Abkommens mit Indien) als Ausnahme vom Beschäftigungslandprinzip die Entsenderegelung. Um zu gewährleisten, dass Dienstgeber Dienstnehmer nicht einstellen und umgehend entsenden, wurde eine Mindestbeschäftigungszeit von einem Monat vor einer Entsendung eingefügt, womit die in der EU vorherrschende Praxis übernommen wird (Nr. 1 vierter Unterabsatz des Beschlusses Nr. A2 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. C 106/2010, S. 5).

Wird ein zusätzlicher Dienstvertrag mit einem anderen Dienstgeber (unabhängig davon, ob innerhalb oder außerhalb des Konzernverbundes) abgeschlossen beziehungsweise wird im Beschäftigungsstaat zusätzlich zur Tätigkeit als entsendete Person eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt, so finden auf diese zusätzliche Beschäftigung beziehungsweise selbständige Tätigkeit nach Abs. 2 die Rechtsvorschriften des Tätigkeitsstaates Anwendung und der Entsendestaat bleibt nur für den Dienstvertrag zuständig, der der Entsendung zu Grunde liegt. In diesen Fällen kommt es somit zu einer parallelen Zuständigkeit beider Vertragsstaaten für ein- und denselben Zeitraum. Diese Klarstellung entspricht der bisherigen Praxis Österreichs in Bezug auf die anderen Vertragsstaaten.

Abs. 3 enthält eine weitere Klarstellung, indem festgelegt wird, dass eine Person nach einem Ablauf der maximalen Entsendefrist von 5 Jahren (60 Monaten) nur nach Verstreichen von einem Jahr erneut in den anderen Vertragsstaat entsendet werden kann. Entsendungen, die kürzer als 60 Monate waren, sind zusammenzuzählen. So wäre zum Beispiel diese Sperrfrist auch in einem Fall anzuwenden, in dem eine Person aus Brasilien zunächst für 30 Monate entsendet wird, dann für 10 Monate in Brasilien arbeitet und anschließend wieder für 30 Monate nach Österreich entsendet wird; eine neuerliche Entsendung nach Österreich könnte in diesem Fall erst nach Verstreichen eines Jahres erfolgen. Natürlich können auch in diesen Fällen im Wege einer Ausnahmevereinbarung nach Art. 11 bereits vor Verstreichen dieses Zeitraumes weiterhin die Rechtsvorschriften des Entsendestaates für anwendbar erklärt werden.

Durch Art. 24 Abs. 6 wird klargestellt, dass Entsendungen, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens begonnen haben, für die fünfjährige Frist so zu behandeln sind, als ob diese Frist erst mit dem Inkrafttreten beginnen würde (siehe auch Art. 23 Abs. 6 des Abkommens mit Indien).

Art. 8 = Art. 7 Abs. 3 des Abkommens mit Indien (Besatzungsmitglieder von Luftfahrtunternehmen)

Wie ein Großteil der von Österreich geschlossenen Abkommen sieht Art. 8 eine unbefristete Entsenderegelung für die Bediensteten von Luftfahrtunternehmen vor. Über Wunsch der brasilianischen Seite wurde zusätzlich noch eine ergänzende Regelung aufgenommen, nach der bei Beschäftigung durch ein Tochterunternehmen, eine ständige Vertretung oder eine Zweigniederlassung im Gebiet des anderen Vertragsstaates dessen Rechtsvorschriften gelten. Diese Regelung entspricht daher der Rechtslage nach Art. 14 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (ABl. Nr. L 149 vom 5.7.1971, S. 2), die allerdings in die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 nicht übernommen wurde.

Art. 9 = Art. 7 Abs. 4 des Abkommens mit Indien (Besatzungsmitglieder von Seeschiffen)

Art. 9 Abs. 1 sieht für Personen, die eine Erwerbstätigkeit an Bord eines Seeschiffes ausüben, so wie der Großteil der anderen von Österreich geschlossenen Abkommen, das Flaggenprinzip vor. Art. 9 Abs. 2 legt fest, dass für Dienstnehmer, die in einem Hafen in den Bereichen Beladung, Entladung, Schiffsreparatur und Hafenüberwachungsdienste beschäftigt werden, die Rechtsvorschriften des Vertragsstaates gelten, in dessen Gebiet sich der betreffende Hafen befindet.

Art. 10 = Art. 8 Abs. 1 des Abkommens mit Indien (Dienstnehmer diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen)

Mit dieser Regelung wird klargestellt, dass für Mitglieder der diplomatischen und konsularischen Vertretungsbehörden die entsprechenden Konventionsbestimmungen gelten.

Art. 11 = Art. 9 des Abkommens mit Indien (Ausnahmen von den Bestimmungen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften) Art. 11 enthält die in allen Abkommen über soziale Sicherheit vorgesehene Ausnahmemöglichkeit von den Zuordnungsregelungen der Art. 6 bis 10; die in den anderen Abkommen enthaltene Fiktion, dass die Tätigkeit so zu behandeln ist, als ob sie im Inland ausgeübt werden würde (siehe zum Beispiel Art. 9 Abs. 2 des Abkommens mit Indien) wurde nicht übernommen, was allerdings inhaltlich keine Auswirkungen hat.

Abschnitt III (Bestimmungen über Leistungen – Art. 12 bis 16)

Die Feststellung der Pensionen nach dem Abkommen mit Brasilien soll nach genau denselben Grundsätzen wie in den zuletzt von Österreich geschlossenen Abkommen erfolgen.

Art. 12 = Art. 11 des Abkommens mit Indien (Feststellung der autonomen Leistung)

Sofern eine Zusammenrechnung der in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten nicht erforderlich ist, gewährt jeder Vertragsstaat die nach nationalem Recht zustehende Leistung.

Art. 13 = Art. 10 des Abkommens mit Indien (Zusammenrechnung der Versicherungszeiten)

Die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten hat nur in jenen Fällen zu erfolgen, in denen nach nationalem Recht nicht die erforderliche Anzahl an Zeiten für einen Leistungsanspruch vorliegt (Abs. 1), wobei auch Zeiten in einem Drittstaat zu berücksichtigen sind, wenn der betreffende Vertragsstaat mit diesem ein entsprechendes bilaterales Abkommen geschlossen hat (Abs. 2). Allerdings sind natürlich, so wie bisher, auch Zeiten in einem Staat, der die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 anzuwenden hat, bei dieser Multilateralisierung der Zusammenrechnung zu berücksichtigen. Liegen weniger als 12 Versicherungsmonate in einem Vertragsstaat vor, so hat dieser die Zusammenrechnung grundsätzlich nicht vorzunehmen (Abs. 3).

Art. 14 = Art. 12 des Abkommens mit Indien (Besondere Bestimmungen für Österreich)

Diese Bestimmung enthält die üblichen unilateralen Sonderregelungen für die Zusammenrechnung auf österreichischer Seite. Eine Sonderzusammenrechnung ist für jene Fälle vorgesehen, in denen das nationale Recht qualifizierte Zeiten verlangt (Zeiten in einem Sondersystem oder in einem bestimmten Beruf oder einer bestimmten Beschäftigung). Dann sind auch von den im anderen Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten nur jene im Rahmen der Zusammenrechnung zu berücksichtigen, die diese Qualifikation erfüllen (lit. a).

Darüber hinaus wird auch den Zeiten des Bezuges einer brasilianischen Pension eine neutralisierende Wirkung zuerkannt (lit. b).

Art. 15 = Art. 13 des Abkommens mit Indien (Berechnung der österreichischen Leistungen)

So wie alle anderen in letzter Zeit geschlossenen Abkommen wird auch im Verhältnis zu Brasilien die Berechnung nach dem Unionsrecht mit Ausnahme der Anrechnung von Kindererziehungszeiten für die Zeiten der Erziehung in Brasilien zur Anwendung gebracht.

Art. 16 (Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und Feststellung der brasilianischen Leistung)

Diese Bestimmung ist die unilaterale Sonderregelung für die Feststellung der Leistungen nach den brasilianischen Rechtsvorschriften, wobei eine Berechnung nach der Pro-rata-Methode festgelegt wird, allerdings eine Hinzurechnung der österreichischen Zeiten nur bis zum Ausmaß der für die brasilianische Leistung vorgesehenen Mindestversicherungszeit zu erfolgen hat (Abs. 1) und der theoretische Betrag auf jeden Fall im Ausmaß des Mindestbetrages der Leistung nach den brasilianischen Rechtsvorschriften anzusetzen ist (Abs. 2).

Abschnitt IV Verschiedene Bestimmungen – Art. 17 bis 23)

Die in den Art. 17 bis 23 enthaltenen verschiedenen Bestimmungen betreffen die Durchführung des Abkommens. Diese Bestimmungen entsprechen im Wesentlichen den diesbezüglichen Bestimmungen in den anderen von Österreich geschlossenen Abkommen über soziale Sicherheit. Ebenso wie die meisten der anderen außereuropäischen Vertragspartner war Brasilien aber nicht bereit, eine Regelung betreffend die Vollstreckung von Forderungen im anderen Vertragsstaat (zum Beispiel Art. 31 des Abkommens mit Bosnien und Herzegowina, BGBl. III Nr. 229/2001) oder betreffend grenzüberschreitende Schadenersatzansprüche (Art. 33 des Abkommens mit Bosnien und Herzegowina) vorzusehen.

Art. 17 = Art. 15 des Abkommens mit Indien (Zusammenarbeit und Amtshilfe)

Art. 17 enthält die üblichen Zusammenarbeits- und Amtshilferegelungen, wobei Abs. 1 die Rechtsgrundlage für den Abschluss der Verwaltungsvereinbarung, Abs. 2 die Aufgaben der Verbindungsstellen, Abs. 3 die wechselseitige Informationspflicht, Abs. 4 die Ermöglichung des Direktverkehrs zwischen den Trägern und den betroffenen Personen und Abs. 5 die Anerkennung der in der jeweils anderen Amtssprache abgefassten Eingaben vorsehen.

Die Abs. 6 bis 8 enthalten Regelungen hinsichtlich der medizinischen Untersuchungen. Da in Brasilien ein ähnliches System wie in Österreich besteht (medizinische Gutachten werden durch eigene „Chefärzte“ erstellt), konnte bei über Ersuchen der zuständigen Einrichtung des jeweils anderen Vertragsstaates durchgeführten Untersuchungen der auch in allen anderen Abkommen enthaltene Grundsatz der Kostenerstattung in das Abkommen aufgenommen werden (Abs. 6). Sofern die Untersuchung allerdings beiden Vertragsstaaten dient, sind die Ergebnisse der von einer Einrichtung durchgeführten Untersuchungen der zuständigen Einrichtung des anderen Vertragsstaates ohne Erstattungsanspruch zur Verfügung zu stellen (Abs. 7). Abs. 8 enthält ergänzend dazu die Möglichkeit, dass die dazu aufgerufenen Einrichtungen abweichende Erstattungsverfahren vereinbaren können.

Art. 18 = Art. 17 des Abkommens mit Indien (Ausnahme von Steuern und Gebühren)

Diese Regelung enthält zum einen die Gleichstellung hinsichtlich der Gebührenbefreiung und zum anderen den Entfall der Legalisation. Ergänzend zu den allgemeinen Grundsätzen sieht Abs. 3 vor, dass eine Beglaubigung von Kopien nicht erforderlich ist.

Art. 19 = Art. 18 des Abkommens mit Indien (Gleichstellung von Anträgen, Erklärungen und Rechtsmitteln)

Abs. 1 sieht die Möglichkeit der Einbringung von Anträgen, Erklärungen oder Rechtsmitteln auch im anderen Vertragsstaat vor. Abs. 2 regelt die „echte“ Antragsgleichstellung. Ausgenommen davon ist der Fall, dass der Antragsteller ausdrücklich einen Antrag auf Altersleistung in einem Vertragsstaat aufschiebt. Abs. 3 regelt den Fall der Fristwahrung bei Einbringung im unzuständigen Staat. Abs. 4 sieht die Weiterleitungspflicht der in Anspruch genommenen an sich unzuständigen Behörde oder Einrichtung an die zuständige Einrichtung des anderen Vertragsstaates vor.

Art. 20 = Art. 19 des Abkommens mit Indien (Zahlungen)

Die Abs. 1 bis 3 legen die Zahlungsmodalitäten für Leistungen, Erstattungen und Überweisungen fest. Wie auch bei Indien wurde in Abs. 4 in Bezug auf Zahlungen in den anderen Vertragsstaat eine Regelung für den Fall der Verhängung von Währungskontrollen vorgesehen.

Art. 21 = Art. 20 des Abkommens mit Indien (Datenschutz)

Die Datenschutzregelung in Art. 21 entspricht im Wesentlichen den Datenschutzregelungen, wie sie in jüngster Zeit in den anderen Abkommen vorgesehen wurden. Diese stellen insbesondere sicher, dass auch die nach Brasilien übermittelten personenbezogenen Sozialdaten dort das gleiche Schutzniveau genießen wie in Österreich selbst. Der genauere Inhalt der auszutauschenden Daten wird in der ergänzend zu schließenden Verwaltungsvereinbarung und in den darauf basierenden bilateralen Formularen festgelegt werden.

Art. 22 = Art. 21 Abs. 1 des Abkommens mit Indien (unrechtmäßige Zahlungen)

Wie Indien war auch Brasilien bereit, eine Regelung für die Hereinbringung von Überbezügen von Nachzahlungen zu akzeptieren. Diese Regelung entspricht den entsprechenden Regelungen der anderen von Österreich geschlossenen Abkommen, wobei aber ein Einbehalt zugunsten von Sozialhilfeleistungen (siehe zum Beispiel Art. 21 Abs. 2 des Abkommens mit Indien) im Hinblick auf die brasilianische Rechtslage nicht vorgesehen werden konnte.

Art. 23 = Art. 22 des Abkommens mit Indien (Streitbeilegung)

Für eine Streitbeilegung sind primär die zuständigen Behörden berufen.

Abschnitt V (Übergangs- und Schlussbestimmungen – Art. 24 und 25)

Diese Artikel enthalten die üblichen Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Art. 24 = Art. 23 des Abkommens mit Indien (Übergangsbestimmungen)

Abs. 1 legt fest, dass das Abkommen nur Ansprüche auf Leistungen nach seinem Inkrafttreten eröffnen kann (also keine Leistungsgewährung auf Grund des Abkommens für den davor liegenden Zeitraum).

Für die Feststellung von Leistungsansprüchen sind gemäß Abs. 2 auch die vor seinem Inkrafttreten zurückgelegten Versicherungszeiten (insbesondere für die Zusammenrechnung) zu berücksichtigen.

Abs. 3 stellt sicher, dass das Abkommen auch frühere Versicherungsfälle erfasst (wobei aber die Leistung gemäß Abs. 1 frühestens mit dem Inkrafttreten des Abkommens beginnen kann), sofern in der Vergangenheit die Ansprüche nicht bereits durch Kapitalzahlung abgegolten wurden.

In Abs. 4 ist eine Schutzregelung vorgesehen, die Personen helfen soll, die erst nach einem gewissen Zeitraum vom Inkrafttreten des neuen Abkommens Kenntnis erlangen. Wird ein Antrag auf Leistung binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens gestellt, so ist die Leistung ab dem Inkraftretenszeitpunkt zu gewähren.

Abs. 5 schließt aus, dass bereits vor dem Inkrafttreten des Abkommens zuerkannte Leistungen neu festgestellt werden.

Für die Ubergangsfälle (Entsendebeginn bereits vor dem Inkrafttreten des Abkommens) sieht Abs. 6 vor, dass die 5-jährige Entsendefrist erst mit dem Inkrafttreten zu laufen beginnt.

Art. 25 = Art. 24 des Abkommens mit Indien (Inkrafttreten, Vertragsdauer und Kündigung)

Das Abkommen wird auf unbefristete Zeit geschlossen, es kann aber von jeder Vertragspartei gekündigt werden. Eine solche Kündigung hat aber keine Auswirkung auf schon zuerkannte Leistungsansprüche.