1582 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses

über den Antrag 2554/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ahndung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt im Ukrainekrieg

Die Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 18. Mai 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Der seit Ende Februar wütende völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat bisher, laut Zahlen des Büros der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR), etwa 7000 zivile Opfer gefordert. Es wurden ungefähr 3300 Zivilistinnen und Zivilisten als getötet und über 3500 Zivilistinnen und Zivilisten als verletzt dokumentiert[1].

Neben den steigenden Todesopferzahlen häufen sich auch die Meldungen über Personen, welche im Rahmen von Kriegshandlungen durch die russische Seite Folter, Vergewaltigungen und anderen Arten sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind.

Bereits am 7. April 2022 forderte die Exekutivdirektorin von UN-Women, Sima Sami Bahous die rasche und unabhängige Untersuchung mutmaßlicher Kriegsverbrechen in Form von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt in der Ukraine. Bisher wurden diesbezüglich keine Fortschritte erzielt und in den seither verstrichenen Wochen sind die Opferzahlen kontinuierlich gestiegen, ohne Aussicht auf ein Ende der Gräueltaten.

Vergewaltigung als Kriegswaffe ist eine rechtswidrige, besonders grausame und weitverbreitete Kriegstaktik. Eine Taktik, welche in der Regel zu weitreichenden sozialen und psychischen Belastungen sowie generationenübergreifenden Traumata führt.

Laut dem im Jahr 2002 in Österreich in Kraft getretenen Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs sind solche Gewalttaten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen strafbar. In Österreich wurde das Römer Statut 2015 und 2016 durch entsprechende Novellen in das österreichische Strafgesetzbuch (XXV. Abschnitt) umgesetzt[2]:

Die weitreichenden Auswirkungen und die Grausamkeit sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt im Rahmen kriegerischer Handlungen wurde 2008 auch in der Resolution 1820 Absatz 4[3] des UNO-Sicherheitsrates anerkannt. Diese stellt fest, dass sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt in bewaffneten Konflikten Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sowie als eine die „Tatbestandsmerkmale des Völkermords erfüllende Handlung“ darstellen können. Auch sollen sexuelle und geschlechtsspezifische Gewaltdelikte von Amnestiebestimmungen in Friedensabkommen ausgeschlossen und strafrechtlich verfolgt werden.

Eine Folgeresolution des UNO-Sicherheitsrats aus dem Jahr 2013 – Resolution 2106[4] – erkennt an, dass die Untersuchung und Bestrafung von Sexualverbrechen in Konfliktzeiten von besonderer Relevanz für die Aufarbeitung von Kriegstraumata, dauerhaften Frieden und Geschlechtergleichstellung sei. Davon ausgehend fordert sie Staaten dazu auf, Opferhilfsprogramme wie den Opfertreuhandfonds des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterstützen.

Wie relevant Opferanerkennung, Hilfsprogramme und die systematische Aufarbeitung sexueller und geschlechtsspezifischer r Kriegsverbrechen ist, zeigt nicht zuletzt die Geschichte: Im Jugoslawienkrieg wurden 20.000 - 60.000 bosnische Frauen Opfer geplanter, systematischer Massenvergewaltigungen und folgender, ungewollter Schwangerschaften. Die Aufarbeitung der Verbrechen dauert bis heute an.

Es liegt an uns, aus der Geschichte und den Schicksalen zu lernen und sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt auch in Kriegszeiten dementsprechend weitreichend zu bekämpfen. Denn auch wenn die physischen Wunden heilen, können diese Taten – vor allem so sie unaufgearbeitet bleiben – langfristig Schmerz, Leid und Trauer verursachen.

Davor gilt es, Frauen und Mädchen zu schützen und auch für Männer und Buben maßgeschneiderte Hilfsprogramme anzubieten. Eine umfassende Aufarbeitung der Taten, inklusive der strafrechtlichen Verfolgung dieser, ist ein notwendiger Teil der Heilung individueller und gesellschaftlicher Traumata sowie des Versöhnungsprozesses.

Bereits am 8. März 2022 hat sich der Nationalrat mit der Annahme des Antrages Unterstützung von Frauen und Kindern als besondere Leidtragende des Krieges in der Ukraine (782/UEA) dafür ausgesprochen, Frauen und Mädchen, welche vor den Kriegshandlungen in der Ukraine flüchten mussten, besonders zu unterstützen. In Anlehnung an diesen Antrag gilt es nun, einen besonderen Fokus die Personen zu legen, welche Opfer von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt geworden sind und die Verantwortlichen auch strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.“

 

Der Gleichbehandlungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 23. Juni 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Meri Disoski die Abgeordneten Henrike Brandstötter, Rosa Ecker, MBA, Mag. Romana Deckenbacher, Sabine Schatz, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mario Lindner, Katharina Kucharowits und Mag. Dr. Petra Oberrauner sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien MMag. Dr. Susanne Raab und die Ausschussobfrau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc.

 

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten
Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2022 06 23

                              Mag. Meri Disoski                                                   Eva Maria Holzleitner, BSc

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau



[1] https://www.ohchr.org/en/news/2022/05/ukraine-civilian-casualty-update-6-may-2022

[2] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20002156

[3] https://www.un.org/depts/german/sr/sr_07-08/sr1820.pdf

[4] https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/NO1/321/06/PDF/NO132106.pdf?OpenElement