1601 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 327/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung des Arbeitsinspektionspersonals

Die Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 27. Februar 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„In der Arbeitsinspektion wächst die Personallücke weiter. Die ILO-Mindestvorgabe - eine/n Aufsichtsbeamt/in pro 10.000 Beschäftigte als Richtwert für industrielle Marktwirtschaften - wird ignoriert (vgl. ILO-Übereinkommen Nr. 81, Artikel 10).

Im Kampf gegen krankmachende Arbeit sind derzeit die 303 Arbeitsinspektorinnen im Außendienst bereits überlastet und klar zu wenig. Der Tätigkeitsbericht weist im Jahr 2018 nur mehr 303 Arbeitsinspektorinnen aus. Sie sind für 3.349.368 von der Arbeitsinspektion erfasste Arbeitnehmerinnen zuständig. (2014: 307 Arbeitsinspektorinnen für 3.129.684 von der Arbeitsinspektion erfasste Arbeitnehmerinnen).

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) legt im Übereinkommen Nr. 81, Artikel 10, als Richtwert für industrielle Marktwirtschaften eine Aufsichtsbeamtin pro 10.000 Beschäftigte fest. Dieser ILO-Richtwert wurde bundesweit gesehen nicht erreicht! Alleine um das Mindestmaß wieder zu erreichen, benötigen wir dringend 35 Arbeitsinspektorinnen zusätzlich. Wegen der stetig steigenden Zahl der Arbeitnehmerinnen sollte jedoch vorausschauend die Erhöhung des Personalstandes um mindestens 50 Arbeitsinspektorinnen und die uneingeschränkte Nachbesetzung für ausscheidende Arbeitsinspektorinnen erfolgen.

Schon im Bericht des Rechnungshofes 2013/8 zum ‚Arbeitnehmerschutz in Österreich‘ wurde vermerkt, dass die Arbeitsinspektion eine Aufstockung ihres Personals um etwa das 7-fache bräuchte, um ihrem Auftrag adäquat nachgehen zu können.

Bereits heute handelt die Arbeitsinspektion nach dem Motto ‚Beraten vor Strafen‘. Noch nie gab es so wenige Strafanzeigen wie 2018 - ein Negativrekord: 934 Strafanzeigen bei 94.906 Übertretungen! (ohne Kontrollen von Lenkerinnen). Davon betrafen 86.268 den technischen und arbeitshygienischen Arbeitnehmerschutz und 8.638 den Verwendungsschutz. Zusätzlich wurden bei Kontrollen von Lenkerinnen 4.005 Übertretungen festgestellt.

Die Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der Arbeitsinspektion sind zum Schutz der Arbeitnehmerinnen essenziell. Sie deckten Rechtsverletzungen in fast in jeder 2. Arbeitsstätte auf: Bei 44,3% aller Kontrollen wurden Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften festgestellt.

Die Arbeitsinspektorate erstatteten wegen festgestellter Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften bei den Verwaltungsstrafbehörden im Jahr 2018 insgesamt 934 Strafanzeigen gemäß § 9 ArblG und beantragten dabei Strafen in der Höhe von insgesamt 1.496.764 €. Keine Spur von Schikane gegenüber Arbeitgeberinnen. Nur auf jede 102. Übertretung folgt eine Strafanzeige! Vor vier Jahren lag der Wert noch bei jeder 50. Übertretung.

Die ‚Arbeitsweltpolizei‘ hat zu überwachen und Rechtsbrüche zu ahnden. Das ist ihre Kernkompetenz. Das ILO-Übereinkommen Nr. 81 legt insbesondere in seinen Artikeln 13, 17 und 18 wirksame Sanktionen fest. Auch die EU-Rahmenrichtlinie (RL89/391/EWG) verpflichtet die Mitgliedstaaten für angemessene Kontrollen und Überwachung zu sorgen (Art 4 Abs. 2).

Kontrollen sind unverzichtbar: Die europäische Unternehmenserhebung (ESENER-2) zeigte auf, dass Rechtsvorschriften mit 87% das Hauptmotiv für österreichische Arbeitgeber sind für sichere und gesunde Arbeitsplätze zu sorgen.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 03. Februar 2022 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum die Abgeordneten Mag. Markus Koza und Dr. Dagmar Belakowitsch sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch. Im Anschluss daran wurden die Verhandlungen vertagt.

 

Am 28. Juni 2022 hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales die Verhandlungen zum gegenständlichen Entschließungsantrag wieder aufgenommen. In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Bettina Zopf, Alois Stöger, diplômé, Mag. Gerald Loacker und Fiona Fiedler, BEd sowie der Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher das Wort.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch Kolleginnen und Kollegen keine Mehrheit (für den Antrag: S, F, dagegen: V, G, N).

 

Ferner beschloss der Ausschuss für Arbeit und Soziales mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, N, dagegen: S, F) folgende Feststellungen:

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales anerkennt, dass das Bundesministerium für Arbeit seit Bestehen des Ressorts im Bereich der Arbeitsinspektorate im Rahmen des jeweils vom Nationalrat beschlossenen Dienstpostenplans umfangreiche Maßnahmen zur Erhöhung des Personalstandes gesetzt hat. Im Rahmen der dienstrechtlichen Möglichkeiten wurden wesentliche Schritte in diesem Bereich ergriffen, um die Erfüllung der Aufgaben der Arbeitsinspektion den internationalen Vorgaben entsprechend auch bei steigender Beschäftigung garantieren zu können.

Die Wirksamkeit der österreichischen Arbeitsinspektorate ist – auch im internationalen Vergleich – hoch. Im Hinblick darauf und auf die Tätigkeit anderer, ebenfalls mit Arbeitsschutzaspekten befassten Institutionen wie Unfallversicherung oder Präventivdienste, oder der sonstigen auch auf Teilaspekte des AN-Schutz bezogenen Kontrolltätigkeiten der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung geht der Ausschuss daher davon aus, dass die Kontrolldichte und die Wirksamkeit der Kontrollen von ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften den Erfordernissen entsprechen.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Bettina Zopf gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2022 06 28

                                   Bettina Zopf                                                                   Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann