1605 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 1826/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschäftigungspolitische Maßnahmen gegen die Corona-Langzeitarbeitslosigkeit

Die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 8. Juli 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die unverhältnismäßigen Covid-19-Maßnahmen mit Lockdowns, Betriebsschließungen und Betretungsverboten hat die schwarz-grüne Bundesregierung dem Wirtschaftsstandort Österreich und dem österreichischen Arbeitsmarkt schweren Schaden zugefügt. Vor allem die Langzeitarbeitslosigkeit und die Langzeitbeschäftigungslosigkeit ist massiv gestiegen.

März 2021: durchschnittliche Verweildauer (Tage) 140; +38 Tage

März 2021: durchschnittliche Vormerkdauer (Tage) 272; +126 Tage

März 2021: Langzeitarbeitslose Personen (> 12 Monate): 97.792; +46.939; +92,3 Prozent

März 2021: Langzeitbeschäftigungslose (arbeitslose Personen) 146.761; +41.525; +39,5 Prozent

Dazu kommt, dass besonders schützenswerte bzw. unterstützenswerte Arbeitnehmergruppen eine hohe Arbeitslosigkeit aufweisen:

Personen mit sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen: 75.510 Arbeitslose

März 2021: Personen mit Behinderung: 14.774 Arbeitslose

März 2021: Ältere (50 Jahre und älter:) 127.844 Arbeitslose

März 2021: Personen mit max. Pflichtschulausbildung: 168.890 Arbeitslose

Daneben sind im Bereich des Arbeitsmarktservice (AMS) ebenfalls besonders schützenswerte bzw. unterstützungswerte Arbeitnehmergruppen in Schulung:

März: 2021: Personen mit sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen 9.350 Arbeitslose

März 2021: Personen mit Behinderung 1.859 Arbeitslose

März 2021: (50 Jahre und älter) 8.085 Arbeitslose

März 2021: Personen mit max. Pflichtschulausbildung 42.679 Arbeitslose

Aktuell hat das AMS eine Reihe von arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, die im Einsatz organisatorisch, personell und finanziell wo es notwendig ist, weiter ausgebaut werden sollen, um mit Ende des Corona-Regimes einen entsprechend unterstützten (Wieder)-Eintritt in den Arbeitsmarkt zu unterstützen bzw. weiter zu forcieren. Wichtige Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die österreichische Wirtschaft und der österreichische Arbeitsmarkt wieder in die ‚alte Freiheit‘ zurückgeführt wird, und Lockdowns, Betriebsschließungen und Betretungsverbote ausgeschlossen werden:

-       Kombilohnbeihilfe

-       Eingliederungsbeihilfe

-       Weiterbildung 50+

-       Facharbeiterstipendium

-       Aus- und Weiterbildungsbeihilfen

-       Beihilfe für Arbeitserprobung oder Arbeitstraining

-       Arbeitsplatznahe Qualifizierung

-       Weiterbildungsgeld

-       Bildungsteilzeitgeld   

-       Umschulungsgeld

-       Förderung der Lehrausbildung betrieblich und überbetrieblich

-       Kombinations- und Ergänzungsmodelle mit der öffentlichen Hand als Arbeitgeber

Darüber hinaus sollten weitere Kombinations- und Ergänzungs-Module kreativ geschaffen und eingesetzt werden, um hier besonders die schützenswerten bzw. unterstützungswerten Arbeitnehmergruppen mit einer hohen Arbeitslosigkeit wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern zu können. Bei der (Wieder)-Eingliederung bzw. Beschäftigung von schützenswerte bzw. unterstützungswerte Arbeitnehmergruppen Mitarbeitern tragen der Bund, die Länder und Gemeinden sowohl im Bereich der Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung, als auch als Eigentümer von ausgegliederten Unternehmungen sowie Anteilseigentümern an Privatunternehmen eine hohe Verantwortung.

Kreative Kombinations- und Ergänzungs-Module sollen auf den Erfahrungen der in der Vergangenheit projektierten und ausgerollten Beschäftigungsmodellen, wie etwa auch der „Aktion 20.000“ oder anderer Modelle aufbauen, um auch im Bereich des Bundes-, der Länder und Gemeinden für besonders schützenswerte bzw. unterstützungswerte Arbeitnehmergruppen mit einer hohen Arbeitslosigkeit spezielle Angebote zu schaffen und weiterzuentwickeln, damit für alle Arbeitslosen bzw. Arbeitssuchende ein spezifisches Angebot geschaffen und weitergeführt werden kann.

Ein wichtiger Partner ist neben den Ländern und Gemeinden auch der Bund als vielfältiger Arbeitgeber, der in den nächsten fünf bis zehn Jahren einen demographischen Wandel in seiner Personalstruktur zu bewältigen hat, und deshalb eine wichtige ‚Ankerfunktion‘ bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze, vor allem für schützenswerte bzw. unterstützungswerte Arbeitnehmergruppen mit einer hohen Arbeitslosigkeit hat.

Die Altersstruktur des Bundespersonals mit Stand 2019

Im Zeitraum von 1995 bis 2019 ist das Durchschnittsalter der Bundesbediensteten von 40,5 Jahre auf 45,8 Jahre gestiegen. Der veränderte Altersaufbau ist vor allem auf die restriktive Aufnahmepolitik der vergangenen Jahre, das steigende Pensionsantrittsalter und auf die höhere Qualifikation der Bundesmitarbeiterinnen und –mitarbeiter und damit verbunden des höheren Eintrittsalters aufgrund der längeren Ausbildungszeiten, zurückzuführen.

Das Durchschnittsalter im Bundesdienst liegt aktuell bei 45,8 Jahren. Im Vergleich mit der Privatwirtschaft ist diese Kennzahl sehr hoch – das Durchschnittsalter in der Privatwirtschaft liegt mit 38,9 Jahren deutlich unter jenem im Bundesdienst.

Die Gegenüberstellung von breiten Altersgruppen der Bundesbediensteten mit jenen aller unselbständig Erwerbstätigen in Österreich zeigt die Altersverteilung: Der Anteil der Nachwuchskräfte im Bundesdienst (≤ 35) ist mit rund 25 Prozent vergleichsweise gering. Die Verteilung der österreichischen Erwerbsbevölkerung zeigt, dass diesem Alterssegment mehr als ein Drittel aller Erwerbstätigen angehört. Gleichzeitig ist der Anteil der 50-jährigen und älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesdienst mit rund 46 Prozent deutlich höher als bei allen unselbständig Erwerbstätigen (29 Prozent).

Der Anteil der ‚45-plus-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter‘ ist seit 1995 von 35 Prozent auf 58 Prozent gewachsen. Sowohl bei den weiblichen als auch männlichen Bediensteten ist das Durchschnittsalter gestiegen.

Die Besetzung der jungen Jahrgänge, etwa der unter 30-Jährigen, ist derzeit nur etwa halb so stark wie 1995, eine direkte Folge der geringen Anzahl von Neuaufnahmen in den letzten Jahren. 1995 waren die am stärksten besetzten Jahrgänge 32 bis 34 Jahre alt. Heute sind dieselben Jahrgänge 56 bis 58 Jahre alt und nach wie vor die im Bundesdienst zahlenmäßig stärksten.

Dazu kommt, dass das Pensionsantrittsalter im Vergleich zu 1995 um rund 5,3 Jahre gestiegen ist. Weiters haben die Bestrebungen, bei Neuaufnahmen eine höhere Qualifikation vorauszusetzen, dazu geführt, dass Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger im Bundesdienst heute tendenziell älter sind als früher.

Die sich ändernde Altersstruktur der Bundesbediensteten wird in den nächsten Jahren zu einer großen Herausforderung für das Personalmanagement werden

Die einzelnen Berufsgruppen des Bundes sind davon unterschiedlich stark betroffen. Die Altersstruktur von Exekutivbeamtinnen und Exekutivbeamten und des Militärischen Dienstes kann als ausgeglichen beschrieben werden. Handlungsbedarf besteht vor allem bei den Lehrerinnen und Lehrern im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie in großen Teilen der Verwaltung. In den stärker betroffenen Bereichen ist mit erhöhtem Bedarf an Nachbesetzungen zu rechnen. Welche Rekrutierungschancen der öffentliche Dienst bei qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Zukunft hat, hängt stark von seiner Attraktivität als Arbeitgeber und von einem professionellen Recruiting ab.

Altersstruktur nach Dienstverhältnis

Auch die Altersstruktur von Beamtinnen und Beamten und Vertragsbediensteten unterscheidet sich deutlich. Das liegt vor allem daran, dass aufgrund des Pragmatisierungsstopps in Berufsgruppen mit vertraglicher Alternative zum öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr zu Beamtinnen und Beamten ernannt werden. Die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab dem 50. Lebensjahr aufwärts sind Beamtinnen und Beamte, während jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehrheitlich Vertragsbedienstete sind.

Demografieanalyse nach Qualifikationsgruppen

Im Wesentlichen stehen für eine tiefergehende Analyse zwei Personengruppen im Mittelpunkt:

≤ 35: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die 35 Jahre und jünger sind und sich im ersten Drittel ihrer beruflichen Laufbahn befinden. Diese Gruppe steht seit 10 bis 15 Jahren im Berufsleben und stellt das Nachwuchspotenzial einer Organisation dar.

≥ 50: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die 50 Jahre und älter sind und sich somit im letzten Drittel ihrer beruflichen Karriere befinden. Diese Personen werden voraussichtlich innerhalb von 10 bis 15 Jahren in die Pension übertreten. 

Zur Identifikation von möglichen zukünftigen Engpässen in den einzelnen Qualifikationsgruppen werden diese Personengruppen weiter differenziert. Die Darstellung der Qualifikationsverteilung (siehe Kapitel Qualifikation) liefert darüber hinausgehende Informationen, wodurch die für weitere Maßnahmen relevanten Bereiche lokalisiert werden können. Die Darstellung der Qualifikation wird aus der besoldungsrechtlichen Stellung der Bediensteten abgeleitet. Diese spiegelt im Regelfall die höchste absolvierte Ausbildung wider. Eine Ausnahme bildet der Exekutivdienst, bei dem das Laufbahnprinzip von größerer Relevanz ist. Aus diesem Grund wird der Exekutivdienst gesondert ausgewiesen.

Der Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit höherer Ausbildung (Akademikerinnen und Akademiker 34 Prozent und Maturantinnen und Maturanten 16 Prozent) ist im Bundesdienst sehr hoch. Ein Grund dafür ist, dass für einige Berufsgruppen das akademische Vorbildungsprinzip eine Voraussetzung darstellt wie z.B. bei Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie einem Großteil der Lehrerinnen und Lehrer. Knapp ein Viertel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist im Mittleren Dienst und Fachdienst tätig und nur 3 Prozent der Belegschaft arbeiten im Hilfsdienst.

Die Demografieanalyse auf Qualifikationsebene zeigt, dass die höchsten Abgänge, aufgrund der zahlenmäßig hohen Bedeutung, bei den Akademikerinnen und Akademikern und Maturantinnen und Maturanten zu erwarten sind. Ein großer Anteil der Akademikerinnen und Akademiker und Maturantinnen und Maturanten ist 50 Jahre und älter. Diese Gruppe wird in den nächsten Jahren das Pensionierungsalter erreichen. Demgegenüber gibt es vergleichsweise wenige junge Akademikerinnen und Akademiker und Maturantinnen und Maturanten.

Aufgrund der beachtlichen Vorlaufzeiten zur Erlangung des universitären Wissens bzw. des sehr spezifischen Fachwissens in der Grundausbildung sind in diesen Bereichen erhöhte Anstrengungen sowie eine vorausschauende Planung erforderlich.

Öffentlicher Dienst - Die Altersstruktur des Bundespersonals (oeffentlicherdienst.gv.at)

Neben dem Bund kommt auch der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) ein zentraler Auftrag bei der Absicherung und Schaffung von neuen Arbeitsplätzen für schützenswerte bzw. unterstützungswerte Arbeitnehmergruppen mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu. Das Portfolio der ÖBAG spricht dafür, dass hier vor allem auch diese schützenswerte bzw. unterstützungswerte Arbeitnehmergruppen mit einer hohen Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden.

Das Portfolio

Die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG)  steuert als öffentliche Holding 11 staatliche Beteiligungen mit einem Gesamtwert von rund 26,6 Milliarden Euro (31.12.2020). Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf aktiven Beteiligungsmanagement zur Wertsteigerung unseres Portfolios. Darüber hinaus ist unser Ziel die Sicherung und Stärkung des Standorts Österreich, um nachhaltige Werte für kommende Generationen zu schaffen.

Das Portfolio der ÖBAG deckt weite Teile der heimischen Schlüsselindustrien ab und spielt eine bedeutende Rolle für den Wirtschaftsstandort Österreich. Die Beteiligungsunternehmen der ÖBAG tragen wesentlich zum österreichischen Steueraufkommen bei, sichern 135.000 Arbeitsplätze und halten Know-how im Land. Als verlässlicher und langfristiger Investor setzt sich die ÖBAG aktiv für die Erhaltung und den Ausbau der Wertschöpfung in Österreich ein.

Verschaffen Sie sich einen Überblick über das Portfolio der ÖBAG. Dieses umfasst die vier börsennotierten Unternehmen VERBUND, OMV, A1 Telekom Austria, die Österreichische Post (nachstehend gereiht nach Portfoliowert) und sieben weitere Unternehmen, darunter die Bundesimmobiliengesellschaft BIG, die Casinos Austria und die APK.

In diesem Sinne sollten alle Anstrengungen in den angesprochenen Bereichen gebündelt und neu organisiert werden, um hier eine entsprechende ‚Aktion 100.000 gegen die Corona-Langzeitarbeitslosigkeit‘ aufzusetzen und auch entsprechend budgetär zu bedecken.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 6. Oktober 2021 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch die Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Christian Ragger, Mag. Ernst Gödl, Mag. Gerald Loacker und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch. Die Verhandlungen wurden vertagt.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 2. Dezember 2021 erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Bettina Zopf, Barbara Neßler, Mag. Markus Koza, Laurenz Pöttinger, Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Dr. Dagmar Belakowitsch, Fiona Fiedler, BEd, Alois Stöger, diplômé und Mag. Gerald Loacker sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch. Die Verhandlungen wurden neuerlich vertagt.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 12. Mai 2022 abermals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Bettina Zopf, Mag. Gerald Loacker, Peter Wurm, Alois Stöger, diplômé und Gabriele Heinisch-Hosek sowie der Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher. Die Verhandlungen wurden erneut vertagt.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 28. Juni 2022 neuerlich in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Petra Wimmer, Mag. Markus Koza, Mag. Gerald Loacker, Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Ernst Gödl sowie der Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen keine Mehrheit (für den Antrag: F, dagegen: V, S, G, N).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Markus Koza gewählt.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2022 06 28

                             Mag. Markus Koza                                                             Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann