1616 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 2653/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert wird (GuKG-Novelle 2022)

Die Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 15. Juni 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Am internationalen Tag der Pflege, am 12. Mai 2022, hat die Bundesregierung im Ministerrat das größte Pflegereformpaket der vergangenen Jahrzehnte beschlossen. Die darin vorgesehenen umfangreichen Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Rahmenbedingungen der Pflege und insbesondere der Pflegeberufe in Österreich sollen schrittweise bis zum Ende der laufenden Gesetzgebungsperiode umgesetzt werden.

Die das Berufs- und Ausbildungsrecht der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe betreffenden Maßnahmen in diesem Reformpaket sind folgende:

1.     Kompetenzerweiterungen bzw. Anpassung der Tätigkeitsbereiche der Pflegeassistenzberufe (PA, PFA) an die Anforderungen der Praxis

2.     ‚Entfristung‘ der Pflegeassistenz in Krankenanstalten

3.     Lehrausbildung für die Assistenzberufe in der Pflege (PA, PFA)

4.     Überführung der Schulversuche in das Regelschulwesen

5.     Erleichterung bei Nostrifikationen

6.     Erhöhung der Durchlässigkeit

Die Umsetzung dieser berufs- und ausbildungsrechtlichen Maßnahmen des Pflegereformpakets erfolgt in einem zeitlichen Stufenprozess.

Die Punkte 1 und 2 (Kompetenzerweiterungen, Entfristung der Pflegeassistenz in Krankenanstalten) sollen durch die vorliegende erste GuKG-Novelle in Umsetzung gebracht werden (siehe dazu den Besonderen Teil der Erläuterungen).

Zu Punkt 3 (Lehrausbildung für die Assistenzberufe in der Pflege (PA, PFA)) werden derzeit gemeinsam mit dem für Lehrausbildungen führend zuständigen Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort die fachlichen Grundlagen finalisiert und abgestimmt. In der Folge sollen die rechtlichen Grundlagen für die Lehrausbildung (Änderung des Berufsausbildungsgesetzes, Ausbildungsverordnung, Verankerung im GuKG) einer Begutachtung (voraussichtlich Ende 2022/Anfang 2023) und der parlamentarischen Behandlung zugeführt werden. Die erforderlichen Rechtsgrundlagen sollen somit so rechtzeitig geschaffen werden, dass ab Herbst 2023 erste Lehrausbildungen beginnen können.

Zu Punkt 4 (Überführung der Schulversuche in das Regelschulwesen) laufen derzeit bereits Vorarbeiten im führend zuständigen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Aufgrund der bisherigen erfolgversprechenden Erfahrungen mit den im Herbst 2020 begonnenen Schulversuchen sowohl im berufsbildenden mittleren wie auch höheren Schulwesen, die eine Qualifikation in der Pflegeassistenz oder Pflegefachassistenz vermitteln, soll eine Überführung in das Regelschulwesen beschleunigt werden. Derzeit werden die Schulversuche als Kombinationsausbildungen in Verbindung mit Gesundheits- und Krankenpflegeschulen geführt, sodass die Absolventinnen und Absolventen eine Berufsberechtigung nach dem GuKG erlangen können. Ob dieses Modell auch im Regelschulwesen beibehalten werden wird, wird derzeit geprüft. Welche berufs- und ausbildungsrechtlichen Regelungen zusätzlich zu den erforderlichen schulrechtlichen Maßnahmen für die Überführung in das Regelschulwesen erforderlich sein werden, ist von den Ergebnissen dieser Prüfung abhängig. Jedenfalls wird sicherzustellen sein, dass die Absolvent:innen mit einer PA- oder PFA-Ausbildung, die sie an einer berufsbildenden mittleren Schule (BMS) oder berufsbildenden höheren Schule (BHS) absolvieren, eine Berufsberechtigung gemäß GuKG erlangen.

Zu Punkt 5 (Erleichterung der Nostrifikationen) ist auf den derzeit in parlamentarischer Behandlung befindlichen Initiativantrag 2492/A vom 27.04.2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz und das Sanitätergesetz geändert werden, hinzuweisen. Der Beschluss des Nationalrats erfolgte am 18.05.2022. Damit werden u.a. für Berufsangehörige eines Gesundheits- und Krankenpflegeberufs mit ausländischem Ausbildungsabschluss schon während eines Anerkennungs- bzw. Nostrifikationsverfahrens Erleichterungen in Form einer befristeten Berufsausübungsmöglichkeit in einem niederschwelligeren Pflegeberuf (PA oder PFA) geschaffen. Dies wird für diesen Personenkreis einen rascheren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen.

Weitere im Pflegereformpaket nicht explizit genannte Maßnahmen im Berufs- und Ausbildungsrecht der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sollen durch weitere GuKG-Novellen im Zuge der Umsetzungsmaßnahmen des Pflegereformpakets auf den Weg gebracht werden, da diese ebenfalls wesentlich zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe sowie zu ihren Weiterentwicklungsmöglichkeiten beitragen können. Diese betreffen insbesondere die bereits mit der GuKG-Novelle 2016 begonnene Neugestaltung der Regelungen hinsichtlich der Spezialisierungen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege. Eine Vereinheitlichung der Regelungen für sämtliche zehn Spezialisierungsmöglichkeiten ist notwendig und zielführend. Auch sind diese Maßnahmen erforderlich, um die mehrfach geforderte Reform der Gesundheits- und Krankenpflege-Spezialaufgaben-Verordnung einheitlich für sämtliche Spezialisierungen vornehmen zu können. Ziel ist die Schaffung klarer und qualitätsgesicherter Rahmenbedingungen für den Bereich der Spezialisierungen.

Auch werden die im Berufsfeld und Ausbildungsbereich der Pflege bereits laufenden Entwicklungen, die zukünftig einen wichtigen Beitrag zur gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung leisten können, im GuKG abzubilden sein (z.B.Community Health Nurse, School Nurse).

Schließlich ist zu erwarten, dass die Evaluierungsergebnisse der laufenden Evaluierungsstudie zur GuKG-Novelle 2016, die im Auftrag des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz seitens der Gesundheit Österreich GmbH seit 2017 durchgeführt und Ende 2023 abgeschlossen werden wird, weitere aussagekräftige und evidenzbasierte Grundlagen für zukunftsweisende Maßnahmen für alle drei Pflegeberufe (Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, Pflegefachassistenz, Pflegeassistenz) liefern werden, die im Zuge des Pflegereformpakets umgesetzt werden können.

Wie dargelegt ist beabsichtigt, die beschriebenen berufs- und ausbildungsrechtlichen Maßnahmen stufenweise im Rahmen des Pflegereformpakets umzusetzen.

Zu Z 1 (§ 83 Abs. 4 Z 2a):

Mit dieser Maßnahme wird der Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz erweitert.

Die beschriebene Tätigkeit war bisher nur der Pflegefachassistenz (vgl. § 83a Abs. 2 Z 4 GuKG) zugänglich. Nunmehr wird diese Tätigkeit in den Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz aufgenommen.

Aus fachlicher Sicht ist dies im Hinblick auf die Gefahren- und Risikogeneigtheit sowie den Schwierigkeitsgrad vertretbar, zumal die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen der bestehenden Ausbildung vermittelbar sind bzw. auch durch Fortbildungen bzw. Schulungen erworben werden können. Auch hat sich gezeigt, dass diese Maßnahme zur Vermeidung von Versorgungsbrüchen in der Pflegepraxis geboten ist.

Diese Tätigkeit entspricht dem Ausbildungsniveau der Pflegeassistenzberufe, dies bedeutet Folgendes:

Die Zubereitung und erstmalige Verabreichung von Infusionen ist weiterhin nicht vom Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz erfasst und darf daher auch nicht an diese delegiert werden.

Bei einer ‚laufenden Infusion‘ handelt es sich um die gegenwärtig verabreichte Infusion und nicht um die Summe der Infusionen im Rahmen der Infusionstherapie.

Der Ab- und Anschluss laufender Infusionen bezieht sich auf ein kurzfristiges Unterbrechen der gegenwärtig in Verabreichung befindlichen laufenden Infusion zum Zweck z.B. des Toilettengangs, von pflegerische Maßnahmen, Untersuchungen.

Das Spülen vermeintlich thrombosierter periphervenöser Katheter ist jedenfalls nicht umfasst. Ebenso nicht umfasst ist die venöse Verabreichung von Flüssigkeiten (z.B. Ringerlösung, NaCl, oder Medikamente).

Zu Z 2 und 3 (§ 83a Abs. 2 Z 4 und 4a):

Mit diesen Maßnahmen wird der Tätigkeitsbereich der Pflegefachassistenz erweitert.

Zu § 83a Abs. 2 Z 4:

Die bisher in § 83a Abs. 2 Z 4 angeführte Tätigkeit wird in den Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz aufgenommen (§ 83 Abs. 4 Z 2a), daher ist diese nunmehr bereits von § 83a Abs. 1 Z 3 erfasst.

Neu aufgenommen in den Tätigkeitsbereich der Pflegefachassistenz wird das Legen, Wechsel und Entfernung von subkutanen und periphervenösen Verweilkanülen. Bereits derzeit umfasst der Tätigkeitsbereich der Pflegefachassistenz die Punktion der Vene zum Zwecke der Blutentnahme (ausgenommen bei Kindern). Das Legen einer periphervenösen Verweilkanüle (z.B. Venflon) ist im Hinblick auf die Gefahren- und Risikogeneigtheit mit der venösen Punktion zur Blutentnahme vergleichbar. Dies gilt auch für den Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit. Daher soll zukünftig diese Tätigkeit auch der Pflegefachassistenz zugänglich sein.

Vergleichbares gilt für das Legen subkutaner Verweilkanülen, die lediglich im Unterhautfettgewebe zu liegen kommen.

Zu § 83a Abs. 2 Z 4a:

Bisher war die subkutane Verabreichung von Medikamenten für die Pflegefachassistenz auf die Injektion von Insulin und blutgerinnungshemmenden Arzneimitteln beschränkt. Nunmehr wird diese Einschränkung aufgehoben und zusätzlich die Möglichkeit geschaffen, auch Infusionen subkutan zu verabreichen.

Die für diese Tätigkeiten erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten sind im Rahmen der bestehenden Ausbildung vermittelbar bzw. können auch durch Fortbildungen bzw. Schulungen erworben werden. Die Erweiterung soll ebenfalls dazu beitragen, dass Versorgungsbrüche in der Pflegepraxis vermieden werden.

Zu Z 4 (§ 104b):

Mit der Änderung der Verordnungsermächtigung wird von der bisherigen taxativen Aufzählung der Weiterbildungen, die der PA und PFA zugänglich sind, zugunsten einer demonstrativen Aufzählung abgegangen. Die Praxis hat gezeigt, dass bei den Pflegeassistenzberufen der Bedarf nach weiteren Weiterbildungen besteht, die derzeit nicht von der taxativen Aufzählung umfasst sind.

Zu Z 5 bis 7 (§ 117 Abs. 21 bis 23):

Der hohe Pflegepersonalbedarf zeigt bereits vor Abschluss der GuKG-Evaluierungsstudie eindeutig, dass das in § 117 Abs. 23 GuKG vorgesehene Auslaufen der Tätigkeit von Pflegeassistent:innen in Krankenanstalten ab 1.1.2025 nicht zielführend ist. Die Bestimmung wird daher gestrichen. Eine weitere Evaluierung im Rahmen der GuKG-Evaluierungsstudie der GÖG ist dazu nicht mehr erforderlich.

Zu Z 8 (§ 117 Abs. 37):

Die Regelungen sollen mit Kundmachung wirksam werden.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Ernst Gödl die Abgeordneten Bedrana Ribo, MA, Mag. Gerhard Kaniak, Fiona Fiedler, BEd, Philip Kucher, Bettina Zopf und Mag. Christian Drobits sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, N, dagegen: S, F) beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 06 30

                               Mag. Ernst Gödl                                                               Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann