1649 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über den Antrag 553/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stufenplan für kleinere Gruppen in Kindergärten 

Die Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 26. Mai 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Aus pädagogischen, arbeitsmarktpolitischen und gesundheitlichen Gründen ist es an der Zeit, dass sich Bund und Länder gemeinsam verpflichten, 

-       Österreich beim Betreuungsschlüssel "Kinder pro Fachkraft in Kindertagesstätten" im internationalen Vergleich vom Schlussfeld ins obere Mittelfeld zu führen,

-       Schritt für Schritt entsprechend mehr Pädagoginnen und Pädagogen einzustellen und damit

-       kleinere, altersgerechte Gruppen in Kindergärten, Krippen und Krabbelstuben zu ermöglichen. 

Pädagogisch gesehen braucht ein Kind den Schutz und die Sicherheit einer zuverlässigen Beziehung, um seiner angeborenen Neugier und seinem Erkundungsdrang folgen zu können. Während Erwachsene auch in einem Hörsaal mit 1.000 Leuten lernen können, braucht ein Neugeborenes eine 1:1-Betreuung. Für Kindergartenkinder ist der altersadäquate Betreuungsschlüssel laut Wissenschaft in etwa 1:7. Während in Schweden sechs Kinder auf eine/n Pädagog_in kommen und im OECD-Schnitt 14 Kinder, sind es in Österreich bis zu 25 Kinder. Mit einem Betreuungsschlüssel von 1:10 als langfristiges, aber verbindliches Ziel können, wir ins gute Mittelfeld vorstoßen.

Mehr Pädagoginnen und Pädagogen kosten Geld. Österreich investiert derzeit 0,6 Prozent des BIP in Krippe, Kindergarten und Vorschule, Norwegen und Schweden hingegen rund zwei Prozent. Die Arbeitsplätze, die hier geschaffen werden, lohnen sich jedoch mehrfach. In kleineren Gruppen können Kinder individuell beobachtet und gefördert werden. Qualitätsvolle pädagogische Arbeit im Kindergarten stärkt sozial und familiär benachteiligte Kinder, damit sie ihr Potenzial entfalten können und ihr Leben gelingt. Jeder hier investierte Euro erspart vielfach höhere „Reparaturkosten“ bei Schulabbrüchen, Jugendarbeitslosigkeit und deren Folgen. Hochwertige Kinderbetreuung erweitert außerdem die Möglichkeiten der Eltern, erwerbstätig zu sein und wirkt so der Kinderarmut entgegen.

Nicht erst seit der Coronakrise ist klar, dass kleinere Gruppen auch gesundheitliche Vorteile bringen. Dies bezieht sich konkret auf die Verbreitung von verschiedensten ansteckenden Krankheiten, aber auch insgesamt auf die Entwicklungsgesundheit der Kinder. In kleineren Gruppen finden Kinder eine altersadäquate Betreuungssituation vor, die stärkt und Sicherheit gibt.

Warum ein Stufenplan? Derzeit beißt sich die Katze in den Schwanz: Aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen ergreift nur eine Minderheit der gelernten Kindergartenpädagog_innen den Beruf. Entscheidend für bessere Arbeitsbedingungen sind aber kleinere Gruppen, und dafür fehlt das Personal. Nur ein verbindlicher Stufenplan mit einer klaren Zukunftsperspektive kann diesen Teufelskreis durchbrechen. In einem bundesweiten Kindertagesstätten-Qualitätsrahmengesetz wird der maximale Betreuungsschlüssel für Kindergartengruppen, Familiengruppen, Krippen und Krabbelstuben geregelt, mit verbindlichen Zielwerten für jedes Jahr des Planungszeitraums. Die Verbesserung verläuft in zwei Phasen: In der ersten Phase sinkt die Gruppengröße, in der zweiten Phase steigt die Pädagog_innen-Stundenanzahl pro Gruppe. Der Investitionsbedarf in den ersten Jahren hängt von den tatsächlich bestehenden Gruppengrößen ab. In kleinen Gemeinden sind diese meist schon jetzt bei weniger als 25 Kindern. In größeren Gemeinden und Städten muss früher investiert werden. An den zusätzlichen Kosten beteiligt sich der Bund.“

 

Der Unterrichtsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 02. Juli 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre die Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Mag. Sibylle Hamann, Claudia Plakolm und Katharina Kucharowits sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann. Anschließend vertagte der Unterrichtsausschuss die Beratungen mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N).

Der Unterrichtsausschuss hat die Beratungen über den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 02. Juni 2022 fortgesetzt. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Eva Maria Holzleitner, BSc und Edith Mühlberghuber sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner. Anschließend vertagte der Unterrichtsausschuss abermals die Beratungen mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N).

Der Unterrichtsausschuss hat die Beratungen über den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 05. Juli 2022 wieder aufgenommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher Petra Tanzler, Mag. Martina Künsberg Sarre, Mag. Sibylle Hamann, Hermann Brückl, MA, Eva Maria Holzleitner, BSc, Norbert Sieber, MMag. Katharina Werner, Bakk., Katharina Kucharowits und Nico Marchetti sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2020 07 02

                    Mag. Romana Deckenbacher                                          Mag. Dr. Rudolf Taschner

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann