31/J XXVII. GP

Eingelangt am 30.10.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend Informationsweitergabe rund um Hausdurchsuchung in der Causa "Tojner" und Auffälligkeiten in anderen Causen

 

Wie "Der Standard" am 20. September 2019 berichtete, sollen die Beschuldigten in der Causa "Tojner" hinsichtlich der am 25. Juni 2019 stattfindenden Hausdurchsuchung in den Büros von Michael Tojners Wertinvest vorab informiert gewesen sein (https://www.derstandard.at/story/2000108850526/unternehmer-tojner-wurde-vor-der-hausdurchsuchung-gewarnt). Dies ergebe sich aus einer Mitteilung von Tojners Anwälten an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vom 24. Juni 2019. Demnach teilte die Kanzlei mit, dass man bereits "seit einigen Tagen" von Journalisten über die geplante Hausdurchsuchung in Kenntnis gesetzt worden sei, sowie dass man nunmehr informiert sei, dass diese "definitiv in dieser Woche stattfinden" solle. In Justizkreisen mache laut zitiertem Bericht zudem das Gerücht die Runde, dass die Ermittler an den Durchsuchungsorten mit Kaffee und Kuchen erwartet worden seien.

Wie "Der Standard" ebenfalls berichtete, sei in Folge des geschilderten Sachverhalts durch die Staatsanwaltschaft der Verdacht auf Bruch des Amtsgeheimnisses geprüft worden - diese Ermittlungen seien mangels Hinweise auf die Identität des Täters aber "abgebrochen" worden.

Auch in anderen Causen gibt es aus Sicht der Anfragestellerin Aufklärungsbedarf: etwa rund um die Ermittlungen betreffend mutmaßliche Informationsweitergaben im Vorfeld der Hausdurchsuchung bei Identitären-Sprecher Martin Sellner; wie aus bisher gestellten Anfragen bekannt, wurden die Ermittlungen in diesem Zusammenhang erst auf Grund einer Anzeige der Erstanfragestellerin am 23. Mai 2019 aufgenommen - und bis 12. Juli 2019 keinerlei ZeugInnen in diesem Zusammenhang einvernommen (3589/AB). 

Auffällig ist auch die außerordentlich schnelle Einstellung des Ermittlungsverfahrens rund um den ehemaligen Generalsekretär im Bundesministerium für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz (BMVRDJ) Christian Pilnacek in Zusammenhang mit dem Verdacht auf Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Auch hier kam es zu keinerlei Beweisaufnahmen, und bereits am Tag des medialen Bekanntwerdens der Causa sind laut Anfragebeantwortung 3590/AB Vorhabensberichte mit dem Vorhaben, von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, an die Oberstaatsanwaltschaft Linz ergangen - die ihrerseits dem Vorhaben am selben Tag beitrat. Ebenfalls in Zusammenhang mit dem nunmehrigen Sektionschef Christian Pilnacek und dem mutmaßlichen Bruch des Amtsgeheimnisses wurde bekannt, dass es zu keinerlei Ermittlungen kam (3681/AB), obschon dieser Dokumente aus dem BMVRDJ an Medien weitergab.  

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Können Sie die Medienberichte bestätigen, wonach sich die Kanzlei Liebenwein am 24. Juni 2019 schriftlich an die WKStA wandte?

a.    Wenn ja: was war Inhalt der Korrespondenz (Sollte es nicht möglich sein, den genauen Inhalt wiederzugeben, so wird um eine abstrakte Wiedergabe mit möglichst hohem Informationsgehalt im Sinne des parlamentarischen Interpellationsrechts ersucht)?

b.    Wenn ja: wann wurde Ihnen Herr Minister die Causa bekannt?

2.    Ist es korrekt, dass die Ermittler_Innen im Rahmen der am 25. Juni 2019 stattgefundenen Hausdurchsuchungen in Büros der "Wertinvest" mit Kaffee und Kuchen erwartet worden sind?

3.    Ist es korrekt, dass die Ermittler_Innen im Rahmen der am 25. Juni 2019 stattgefundenen Hausdurchsuchungen in Büros der "Wertinvest" aus anderen Gründen die Wahrnehmung hatten, dass die von der Hausdurchsuchung Betroffenen von dieser im Vorfeld informiert wurden?

a.    Wenn ja, inwiefern gewannen die Ermittler_innen solch einen Eindruck (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

b.    Wenn nein, inwiefern trifft Darstellung in den Medienberichte nicht zu (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

4.    Hat das Ministerium Hinweise darauf, wann und von wem die Information über die Hausdurchsuchung an die Kanzlei Liebenwein oder deren Mandanten erging (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

5.    Wann und von welchen Stellen wurden die Hausdurchsuchungen in der Causa Tojner und Sellner jeweils beantragt und genehmigt, und welche Personengruppen aus welchen Organisationseinheiten des Bundes waren nach Ihrem Informationsstand jedenfalls vorab von deren Genehmigung und Planung der Hausdurchsuchungen in Kenntnis?

a.    Wie viele Personen Ihres Ressorts waren in Summe von der Planung bzw. bevorstehenden Durchführung der Hausdurchsuchungen in den beiden Fällen in Kenntnis?

b.    Wie viele Personen des Bundesministeriums für Inneres waren Ihres Wissens nach von der Planung bzw. bevorstehenden Durchführung der Hausdurchsuchungen in den beiden Fällen in Kenntnis?

6.    Ist es korrekt, dass aufgrund der angeblichen Informationsweitergaben strafrechtliche Ermittlungsverfahren in den beiden Fällen geführt werden oder wurden?

a.    Wenn nein: warum nicht?

7.    Wann wurden diese Ermittlungsverfahren rund um die Informationsweitergaben in den beiden Fällen jeweils eröffnet?

8.    Wegen des Verdachts der Begehung welcher strafbaren Handlung werden diese Ermittlungsverfahren in den beiden Fällen jeweils geführt und gegen wen bzw wie viele Personen (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

9.    Welche Staatsanwaltschaft(en) führen die Ermittlungsverfahren wegen der angeblichen Informationsweitergaben in den beiden Fällen?

10. Welche konkreten Ermittlungshandlungen wurden in den beiden Causen rund um die Informationsweitergaben wann unternommen, um den/die Täter_In zu identifizieren?

a.    Wurden Personen (Zeugen, Verdächtige, Beschuldigte einvernommen)

                                  i.    Wenn nein, weshalb nicht?

                                ii.    Wenn ja, wann?

11. Wurden sämtliche Personen, die nachweislich in die Planung der Hausdurchsuchung eingebunden waren, einvernommen?

a.    Wenn nein: warum nicht?

12. Wurden in der Causa Tojner seitens der einschreitenden Rechtsanwaltskanzlei auch die Namen jener Journalist_Innen bzw Medien bekannt gegeben, welche die Information über die bevorstehende Hausdurchsuchung den Beschuldigten angeblich zukommen ließen?

a.    Wenn ja: wurden diese Journalist_Innen einvernommen?

                                  i.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn nein: wurden Vertreter_Innen der einschreitenden Rechtsanwaltskanzlei einvernommen, um die Namen dieser Journalist_Innen zu erfahren?

                                  i.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn nein: wurde Michael Tojner einvernommen, um die Namen dieser Journalist_Innen bzw. den Namen jener Person, welche die Information aus dem BMVRDJ oder dem BMI nach außen trug, zu erfahren?

                                  i.    Wenn nein, warum nicht?

13. Wurden überhaupt Zeug_Innen im Zusammenhang mit den angeblichen Informationsweitergaben in den beiden Fällen einvernommen?

a.    Wenn ja, wie viele Zeugen wurden einvernommen?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

14. Welche sonstigen Beweise wurden in den Ermittlungen rund um die Informationsweitergaben in den beiden Fällen aufgenommen?

15. Gab es in den beiden Verfahren rund um die angeblichen Informationsweitergaben Weisungen der OStA oder des Ministeriums?

a.    Wenn ja, wann, von wem, an welche Stelle und mit welchem Inhalt?

16. Wurden die Verfahren im Zusammenhang mit den angeblichen Informationsweitergaben in den beiden Fällen mittlerweile abgeschlossen?

a.    Wenn ja, zu welchem Schluss kommen die StA jeweils?

b.    Wenn ja, ist beabsichtigt, gegen einzelne oder mehrere der Beschuldigten Anklage zu erheben?

                                  i.    Wenn ja, gegen wen?

                                ii.    Wann ist beabsichtigt, Anklage zu erheben?

c.    Wenn ja, wurden die Ermittlungen in den Causa eingestellt und aus welchen präzisen Gründen?

d.    Wenn nein, wann kann mit dem Abschluss der Ermittlungen gerechnet werden?

17. Aus welchem präzisen Grund wurde das Verfahren um GS Pilnacek und der vermuteten Anstiftung zum Amtsmissbrauch eingestellt (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

18. Ist eine derart rasche Erledigung (Vorhabensbericht am Tag des medialen Bekanntwerdens der Causa und Beitreten zum Vorhaben durch OStA Linz am selben Tag) üblich (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

19. Gab es in der Causa Pilnacek Weisungen?

a.    Wenn ja, wann, von wem, an welche Stelle und mit welchem Inhalt?

Sollte eine detaillierte Beantwortung einzelner Fragen aus Datenschutz- oder Geheimhaltungsgründen iSd StPO nicht möglich sein, so wird dennoch um eine Beantwortung mit möglichst hohem Informationsgehalt im Sinne des parlamentarischen Interpellationsrechts ersucht.