37/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.10.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Alois Schroll und GenossInnen

an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz
betreffend
beunruhigende Meldungen, wonach zahlreiche Bezirksgerichte in Niederösterreich geschlossen werden sollen

Die ehemalige schwarz-blaue Bundesregierung hat bei der personellen und finanziellen Ausstattung der Justiz dieselbe in eine dramatische Situation gebracht. Nicht umsonst sprach Justizminister Dr. Clemens Jabloner: „Die Justiz stirbt einen stillen Tod".

Nunmehr wurden Pläne aus der Zeit der schwarz-blauen Regierung bekannt, wonach in allen Bundesländern außer Wien Bezirksgerichte geschlossen werden sollten, was den Zugang zum Recht für zahlreiche BürgerInnen verschlechtern würde. In der NÖN.at vom 14. Oktober 2019 ist zu lesen: „Ein internes Papier aus dem Justizministerium über eine ,Gerichtsstrukturreform‘ birgt nun neuen Zündstoff: Es schlägt langfristig die Schließung von gar zwölf der derzeit 26 Bezirksgerichte in Niederösterreich vor.“ Gemäß diesem Bericht wären davon insbesondere die Bezirksgerichte Gmünd, Waidhofen/Thaya, Hollabrunn, Klosterneuburg, Purkersdorf, Scheibbs, Neulengbach, Neunkirchen betroffen und weiters sollten Schwechat und Bruck zusammengelegt werden.

„Ein Spezialfall ist in den Gedanken der Experten das Bezirksgericht Waidhofen/Ybbs: dieses solle, wie sie schreiben, Amstetten und Haag zufließen, wobei eine Schließung nach jüngst getätigten Investitionen durch die Gemeinde zumindest für diese unwirtschaftlich wäre. Das BG Haag würde dadurch nur kurzfristig aufgewertet - langfristig solle es selbst vom BG Amstetten übernommen werden“.

Die „Presse" vom 11. Oktober 2019 widmet sich in ihrer Online Ausgabe dem gleichen Thema mit dem Titel „Bezirksgerichte vor Schließung? Pläne im Justizpapier schlagen Wellen"

Im Unterschied zum NÖN.at Bericht wird in der Presse von einer geringeren - und trotzdem dramatischen - Anzahl von Schließungen von Bezirksgerichten berichtet. „Für Niederösterreich wird in dem Papier vorgeschlagen, vier von 26 Standorten zu schließen und zwar Bruck/Leitha, Scheibbs, Lilienfeld und Gmünd.“ Es wird auch in der Presse darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Konzept um ein „internes Arbeitspapier“ aus der Zeit von ÖVP-Minister Josef Moser handle.

So wird Ministeriumsprecherin Britta Tichy-Martin zitiert: „Das ist unter der Übergangsregierung kein Thema. Überhaupt hätte man - stünden Schließungen bevor- zuerst den Kontakt zu den betroffenen Ländern und Institutionen gesucht.“

Weiters heißt es im Presse-Bericht:

„Die Arbeitsgruppe sei noch unter Ex-Minister Josef Moser (ÖVP) ins Leben gerufen und mit Experten aus dem Justizbereich besetzt worden. Diese hätten den Auftrag gehabt, ein Papier zu erarbeiten, wie es durch die Justizreform ausschauen könnte, beziehungsweise einzelne Bereiche effizienter gestaltet werden könnten. Das Papier liege schon seit Längerem vor. Jedenfalls seien die Pläne für den derzeitigen Justizminister Clemens Jabloner ,kein Thema‘ so Tichy-Martin.“

Der ehemalige Justizminister Moser wies entsprechend dem „Presse“ Bericht darauf hin, dass er nicht mehr im Amt gewesen sei, als im Juli der Endbericht der Gruppe präsentiert worden sei.

Die unterzeichneten Abgeordneten vertreten die Auffassung, dass sich die Pläne aus dem Justizministerium für den Zugang zum Recht für die betroffenen BürgerInnen außerordentlich negativ auswirken würden und es nicht zu Einsparungen gerade auf der untersten und bürgernahen Ebene kommen dürfe. Bezirksgerichte seien gerade für den ländlichen Raum darüber hinaus wichtig für das Vertrauen der BürgerInnen in den Staat. Zudem werden auch Arbeitsplätze in nicht unerheblichem Ausmaß gefährdet.

Es hat in den letzten Jahrzehnten ohnehin bereits in mehreren Schritten Zusammenlegungen von Kleinst- und Kleingerichten gegeben. Nunmehr sei eine Situation erreicht, in der weitere Bezirksgerichtsschließungen sachlich nicht mehr gerechtfertigt werden können und bürgerfeindlich sind.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz nachstehende

Anfrage

1.     Wie viele Bezirksgerichte sollen nach dem „internen Arbeitspapier“ österreichweit geschlossen werden?

2.     Wie viele Bezirksgerichte sollen nach diesem Papier in Niederösterreich geschlossen werden?

3.     Wie erklären Sie sich die verschiedenen Medienberichte zur Anzahl der Bezirksgerichtsschließungen in Niederösterreich: im erstgenannten Medienbericht ist von zwölf Bezirksgerichtsschließungen die Rede, im zweitgenannten von vier.

4.     Können Sie die Medienberichte bestätigen, wonach Ihre Sprecherin Britta Tichy- Martin gesagt habe, dass diese Pläne für die Übergangsregierung kein Thema seien?

5.     Wie beurteilen Sie die im Papier genannten Bezirksgerichtsschließungen, auch wenn Sie erst nach Ihrer Amtszeit schlagend werden sollten, in Bezug auf den Zugang zum Recht für die BürgerInnen?

6.     Wie beurteilen Sie die allfälligen Schließungen in ihren Auswirkungen auf den ländlichen Raum?

7.     Wie beurteilen Sie insbesondere die allfällige Schließung des Bezirksgerichts Waidhofen an der Ybbs, nach dem es dort in jüngster Zeit kostenaufwändige Renovierungen gegeben hat?

8.     Rechnen Sie aufgrund der genannten Schließungen mit Einsparungen und wenn ja, mit welcher Höhe?

9.     Wie beurteilen Sie die mit Bezirksgerichtsschließungen einhergehenden längeren Anfahrtswege in Bezug auf die klimarelevanten Auswirkungen?

10. Bereits im Jahr 2014 wurden zahlreiche Bezirksgerichte zusammengelegt bzw. geschlossen. Gibt es diesbezüglich eine Evaluierung zu den Vor- und Nachteilen?

a.      Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.      Wenn nein, warum wurde eine Evaluierung nicht durchgeführt?

11. Welche Überlegungen sind dem „internen Papier“ zugrunde gelegen, um derart weitgehende Bezirksgerichtsschließungen vorzuschlagen?

12. Wie beurteilen Sie diese Überlegungen im Hinblick auf ein bestmögliches Funktionieren den Justiz?