96/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.11.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc, Genossinnen und Genossen

an die Bundeskanzlerin

betreffend Vertragsverletzungsverfahren wegen Neuregelung der Familienbeihilfe

Die EU-Kommission hat am 24. Jänner ein Mahnschreiben an Österreich gerichtet, in dem die "Indexierung" der Familienbeihilfe als unionsrechtswidrige Diskriminierung beanstandet wird. "Es gibt keine Arbeiter zweiter Klasse, und es gibt keine Kinder zweiter Klasse in der EU", sagte EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen damals (https://www.diepresse.com/5601921/regierung-schickt-brief-an-brussel-wegen- kinderbeihilfe, 26.03.2019).

Am 26.7.2019 ist nun von der Kommission der nächste Schritt - eine mit Gründen versehene Stellungnahe - aus Brüssel eingegangen. Der APA ist zu entnehmen, dass auch Österreich der EU-Kommission eine Stellungnahme übermittelt habe, mit der die "bisherige österreichische Position untermauert und im Detail nochmals ausgeführt" worden sei“ (APA, 29.10.2019).

Diese Stellungnahme liegt dem Nationalrat jedoch nicht vor.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.       Aus welchen Gründen wurden dem Nationalrat die Stellungnahmen bzw. Korrespondenzen der Bundesregierung zum Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2018/2372 nicht zugeleitet?

2.       Welchen anderen Stellen wurden die oben genannten Dokumente durch Ihr Ressort übermittelt und aus welchen Gründen bzw. auf welcher Rechtsgrundlage?

3.       Wurden die österreichischen Stellungnahmen bzw. Korrespondenzen mit der Kommission an die Länder, die Kammern bzw. an den Städte- und Gemeindebund weitergeleitet und wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage? Wenn nein, weshalb nicht?

4.       Im Schreiben der Kommission wird die Vereinbarkeit der Neuregelung mit der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 über die Freizügigkeit der Union in Frage gestellt. Welchen Standpunkt zur Vereinbarkeit der Neuregelung mit den erwähnten geltenden EU-Regelungen haben Sie gegenüber der Kommission vertreten?

5.       Gab es eine Veränderung in der Argumentation zwischen der Reaktion auf das Mahnschreiben und der Reaktion auf die begründete Stellungnahme?

6.       Hat die Europäische Kommission nach dem Einlangen des Antwortschreibens der österreichischen Bundesregierung Kontakt mit der Bundesregierung aufgenommen?

7.       In welcher zeitlichen Dimension rechnen Sie mit einem weiteren Schritt der Europäischen Kommission, also insbesondere Klageerhebung vor dem EuGH?

8.       Sind Ihrerseits Gespräche mit den im Parlament vertretenen Parteien geplant, um eine etwaige Reparatur des Gesetzes zu besprechen? Falls nein, weshalb nicht?

9.       Sind Ihnen Vorabentscheidungsersuchen von österreichischen Organen zu diesem Themenkomplex bekannt?

10.   Sind Ihnen gerichtlich anhängige Verfahren in Hinblick auf die novellierten Bestimmungen bekannt?

11.   Haben Sie jemals vom Bundesministerium für Finanzen um Auskunft über die Verwaltungspraxis beim Vollzug der Neuregelung ersucht?

12.   Welche finanziellen Sanktionen könnten Österreich bei Nichtbeachtung einer allfälligen Verurteilung durch den EuGH drohen?

13.   Wurden für finanzielle Sanktionen etwaige Rücklagen gebildet? Wenn ja, in welcher Höhe?