131/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.11.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit‚ Soziales‚ Gesundheit und Konsumentenschutz

betreffend Auswirkungen der EZB-Niedrigzins-Politik auf die Vermögenserträge der Sozialversicherung

 

EZB-Niedrigzinspolitik nagt an Vermögenserträgen der Sozialversicherungsträger

"Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten“. Mit diesem Satz hat Mario Draghi 2012 die (Staats-)Anleihenkäufe und die EZB-Niedrigzinspolitik - man könnte es auch "Staatsfinanzierung durch die EZB" nennen - eingeläutet, was mittlerweile zu nominalen Negativzinsen geführt hat; ein Umstand, der bis vor kurzem noch unmöglich schien. Die Nullzinspolitik der EZB nagt natürlich nicht nur an den Spareinlagen der Sparer, sondern vermindert auch die Erträge der Sozialversicherungsträger aus ihren großen Vermögensreserven enorm. Anhand der Jahresberichte der "Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter" (BVA) lassen sich die Auswirkungen der EZB-Zinspolitik sehr deutlich erkennen: Während die Erträge aus Wertpapieren seit 2011 von 2,81% auf 0,78% verfallen sind, haben sich die Erträge aus Bankeinlagen von 2,50% auf 0,51% reduziert (KV- und UV-Sparte der BVA gemeinsam). Die starken Zinseinbrüche führten dazu, dass die Vermögenserträge der BVA von 18,6 Mio. Euro auf 5,4 Mio. Euro gesunken sind, obwohl das Wertpapier- und Bankeinlagen-Vermögen seit 2010 um knapp 400 Mio. Euro gewachsen ist.

Seit 2011 sind der BVA aufgrund der Niedrigzinspolitik 86 Mio. Euro entgangen

Die Annahme zugrunde gelegt, dass die EZB-Nullzinspolitik nie eingetreten wäre, ergeben sich beachtliche fiktive Zinsverluste für die SV-Träger. Da nicht alle SV-Träger ihre Jahresberichte durchgehend offenlegen, konnte folgende Tabelle nur für die BVA (KV- u. UV-Sparte gemeinsam) dargestellt werden. Darin sieht man die Bestände an Wertpapier- und Bankeinlagen-Vermögen und die entsprechenden Vermögenserträge seit 2010/2011. Aus den letzten Zeilen der Tabelle gehen nun die fiktiven Zinsverluste de BVA hervor. Kurz gefasst: hätten sich die Zinsen seit 2011 nicht verändert, dann hätte die BVA seither kumuliert 86 Mio. Euro höhere Vermögenserträge generiert. Tragisch ist, dass dieser Gap aufgrund der immer niedrigeren Zinsen von Jahr zu Jahr zunimmt.

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie sehr die restlichen SV-Träger von der EZB-Nullzinspolitik negativ erfasst wurden. Dazu fehlen aber aufgrund der Intransparenz bei den meisten SV-Trägern die entsprechenden Zahlen.

Hinzu tritt die Tatsache, dass die BVA Versichertengelder anhäuft, die jährlich eine reale Entwertung erfahren. Wer schützt die Versicherten davor, dass ihre Zwangsbeiträge vom Versicherungsträger durch Hortung einem laufenden Wertverlust ausgesetzt werden?

 

 

Fiktive Zinsverluste der BVA seit 2011 durch die EZB-Niedrigzinspolitik

Wertpapier-Vermögen (Mio. €)

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

Stand 31.12.

79,9

69,9

60,0

60,0

40,0

89,4

96,3

62,0

80,2

Jahresdurchschnitt

(31.12.XX + 31.12.XX-1)/2

 

74,9

65,0

60,0

50,0

64,7

92,8

79,1

71,1

Wertpapier-Erträge (absolut)

 

2,1

1,4

1,5

1,3

1,6

2,8

1,1

0,6

Wertpapier-Erträge (%)

 

2,81%

2,17%

2,46%

2,68%

2,47%

3,05%

1,38%

0,78%

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gebundene u. krzfr. Bankeinlagen (Mio. €)

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

Stand 31.12.

603,6

716,9

757,6

817,9

872,4

822,0

855,3

905,6

996,8

Jahresdurchschnitt

(31.12.XX + 31.12.XX-1)/2

 

660,3

737,3

787,7

845,1

847,2

838,6

880,4

951,2

Einlagen-Erträge (absolut)

 

16,5

17,0

11,4

10,8

8,8

6,7

5,4

4,8

Einlagen-Erträge (%)

 

2,50%

2,30%

1,44%

1,28%

1,04%

0,80%

0,62%

0,51%

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verluste durch Zinsverfall (Mio. €)

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

jährliche Verluste

 

0

-1,9

-8,6

-10,5

-12,7

-14,0

-17,8

-20,5

kumulierte Verluste

 

0

-1,9

-10,6

-21,1

-33,8

-47,8

-65,6

-86,1

Quelle: Jahresberichte der BVA 2010-2018 - KV und UV-Sparte der BVA kumuliert

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie haben sich folgende Positionen in den Bilanzen der SV-Träger seit 2010 entwickelt? (nach Jahr (2019 vorläufige Zahlen), SV-Träger und Sparte (KV, UV, PV))

a.    Wertpapiere?

b.    Gebundene Einlagen bei Geldinstituten?

c.    Kurzfristige Einlagen?

                                  i.    Da die kurzfristigen Einlage-Stände tageweise sehr stark schwanken können, bitte ergänzend um eine Auswertung der Jahresdurchschnittswerte auf Basis der Geldeinlage-Tagesstände.

2.    Wie haben sich folgende Positionen in den Erfolgsrechnungen der SV-Träger seit 2010 entwickelt? (nach Jahr (2019 vorläufige Zahlen), SV-Träger und Sparte (KV, UV, PV))

a.    Vermögenserträgnisse von Wertpapieren?

b.    Vermögenserträgnisse von Geldeinlagen?

3.    Wie verteilten sich die Wertpapierposition der SV-Träger zuletzt regional nach Kontinenten?

4.    Wie sehr beschränkt die Gesetzeslage die SV-Träger, Anleihen und sonstige risikoarme Wertpapier-Anlageformen außerhalb der EU zu erwerben, wo höhere Zinserträge derzeit möglich sind (z.B. USA, Kanada, Australien,...)?

5.    Die Rücklagenstände sind in einzelnen SV-Trägern außergewöhnlich hoch. Welche Grenzen setzt die Aufsicht der Anhäufung von Rücklagenbeständen in SV-Trägern?

6.    Wie schützt das BMASGK die Versicherten davor, dass die Zwangsbeiträge der Versicherten vom Versicherungsträger durch Hortung einem laufenden Wertverlust ausgesetzt werden?