180/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.11.2019
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Anfrage

 

des Abgeordneten David Stögmüller, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Landesverteidigung

betreffend Abwehramt-Konvolut: Verfehlungen im Bundesheer?

BEGRÜNDUNG

 

Der Standard[1] und OE24[2] berichten am 22.11.2019 von einem Konvolut mit Vorwürfen, das eine Gruppe von Mitarbeiter*innen des militärischen Abwehramtes veröffentlicht haben soll, welches dem „BVT-Konvolut“, das die Verfassungsschutz-Affäre ausgelöst hat, ähnelt. Darin werden Verfehlungen im Abwehramt aufgelistet. Darunter Mobbing, illegale Überwachung von Mitarbeiter*innen, unautorisierte Ermittlungen und schiefgelaufene nachrichtendienstliche Operationen. Ein Teil der Vorwürfe befasst sich mit Ermittlungen gegen Rechtsextreme. In diesem Konvolut zeichnen Mitarbeiter*innen das Bild eines zerstrittenen, dysfunktionalen Abwehramts. Ähnlich wie beim Verfassungsschutz soll von Ministerebene regelmäßig interveniert worden sein.

Das Abwehramt dient dem Eigenschutz des Bundesheeres und achtet etwa darauf, dass sich keine extremistischen Gruppierungen unter Heeresangehörigen bilden. Es wurden daher Berichte aus Deutschland im Abwehramt geprüft, in denen von rechtsextremen Soldat*innen und Polizist*innen die Rede war, die sich über Chatgruppen vernetzen und teilweise auch Feindeslisten führten. Das Abwehramt soll daraufhin auch selbst seine Untersuchungen intensiviert und sich dabei vor allem auf die Steiermark konzentriert haben. Nachrichtendienstler*innen befürchten, dass es in den Reihen der sogenannten "wehrpolitischen Vereine" Anknüpfungspunkte gibt. Beispielsweise tauchte der "Militär Fallschirmspringer Verbund Ostarrichi" ("Milf-O") in den deutschen Ermittlungen auf. Mindestens zwei Personen, die Mitglieder der in Deutschland agierenden Chatgruppen waren, nahmen vor einiger Zeit am "Nibelungenmarsch", der von Milf-O organisiert wird, teil.

Der Verein Milf-O war in der Vergangenheit in die Schlagzeilen geraten, weil ihm eine Nähe zum Rechtsextremismus attestiert wurde. Diese Vorwürfe hat der Verein stets bestritten. Der einstige Bundesheer-Brigadier und ehemalige Präsident des Vereins Josef Paul Puntigam, stellte 2015 gemeinsam mit der FPÖ Steiermark und deren Landesparteiobmann Mario Kunasek ein "Grenzschutzkonzept" vor. Als Kunasek Verteidigungsminister wurde, wurde Milf-O ein "wehrpolitisch relevanter Verein".

Derartige Vereine, denen eine Nähe zum Rechtsextremismus vorgeworfen wird, dürfen Bundesheer-Infrastruktur nutzen. Abwehramt-Mitarbeiter*innen befürchten daher, dass es regelmäßig zu einem Informationsabfluss aus dem Bundesheer zu Objekten ihrer Beobachtungen gekommen sei. Sie verweisen etwa auf zwei ranghohe Mitarbeiter*innen des Heeres, die bei der Nationalratswahl für die FPÖ kandidiert haben. Die Ermittlungen sollen auch innerhalb des Abwehramts keine besonders hohe Priorität genossen haben.

So hätten Mitarbeiter*innen auch Hinweise auf eine Ausbreitung des deutschen Vereins "Uniter" in der Steiermark gefunden, der mit den verdächtigen Chatgruppen zusammenhängen soll. In Vorarlberg hat Uniter bereits einen Ableger gegründet, unter den Mitgliedern von dessen geschlossener Facebook-Gruppe befinden sich einschlägig verurteilte Rechtsextreme.

Im Verteidigungsministerium dementiert man, dass das Abwehramt bereits zu Uniter ermittelt oder Hinweise auf die Vernetzung rechtsextremer Soldat*innen hat. Prinzipiell gibt sich das Heer zu Operationen des Abwehramts sehr ruhig.

Mitarbeiter*innen hatten auch in der Vergangenheit vor Fehlentwicklungen gewarnt und beispielsweise die Information nach außen gespielt, dass Soldat*innen keine Probleme mehr bekommen, wenn sie Mitglied der rechtsextremen Identitären Bewegung sind. Diese Nachricht hatte zu einem hitzigen Telefonat zwischen dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und ehemaligen Verteidigungsminister Kunasek geführt, der dann eine Umkehr der Maßnahme anordnete.

Die unterfertigen Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Ist Ihnen bzw. Ihrem Ministerium, dieses Konvolut / Dossier bekannt?

a.    Wenn ja, wann wurde Ihnen bzw. Ihrem Ministerium dieses zu Kenntnis gebracht? (Geben Sie ein konkretes Datum an)

b.    Wurde dieses bereits Ihrem Dienstvorgänger BM a. D. Kunasek zur Kenntnis gebracht? Wenn ja, wann?

 

2.    Hat das Landesverteidigungsministerium in den letzten Monaten unter Ihrer Führung bzw. in den letzten Jahren unter Ihren Vorgängern von diesen Missständen im AbwA gewusst?

a.    Über welche konkreten Vorwürfe / Missstände im AbwA wurden Sie, von wem und wann unterrichtet?

b.    Über welche konkreten Vorwürfe betreffend Missstände im AbwA wurde Ihr Amtsvorgänger BM a.D. Kunasek, von wem und wann unterrichtet?

c.    Über welche konkreten Vorwürfe im AbwA Missstände wurde Ihr Amtsvorgänger BM a.D. Doskozil, von wem und wann unterrichtet?

d.    Wenn nein, warum hat das Abwehramt nicht reagiert?

 

3.    Sind Ihnen, bzw. Ihrem Ministerium die konkreten Mobbingvorwürfe aus dem AbwA bekannt?

a.    Wie viele Fälle von Mobbingvorwürfe sind Ihnen, bzw. Ihrem Ministerium bekannt, bzw. gemeldet worden? (Aufgelistet nach Jahren, für die letzten 10 Jahre)

 

4.    Sind Ihnen, bzw. Ihrem Ministerium die Vorwürfe von illegaler Überwachung von Mitarbeiter*innen bekannt?

a.    Über wie viele illegale Überwachungen (bzw. Verdacht auf) wurden Sie, bzw. Ihrem Ministerium unterrichtet? (Geben Sie bitte auch einen Zeitraum für den Verdacht der illegalen Überwachung an)

 

5.    Sind Ihnen, bzw. Ihrem Ministerium die Vorwürfe der unautorisierten Ermittlungen bekannt?

a.    Über wie viele Vorwürfe von unautorisierten Ermittlungen wurden Sie, bzw. Ihr Ministerium informiert? (Geben Sie auch einen Zeitraum für die unautorisierten Ermittlungen an)

 

6.    Sind Ihnen, bzw. Ihrem Ministerium die Vorwürfe von schiefgelaufenen nachrichtendienstlichen Operationen bekannt?

a.    Über wie viele Vorwürfe von schiefgelaufenen nachrichtendienstlichen Operationen wurden Sie, bzw. Ihr Ministerium informiert? (Geben Sie auch einen Zeitraum für die unautorisierten Ermittlungen an)

 

7.    Haben Sie, bzw. Ihr Ministerium Kenntnis darüber, dass BM a.D., Kunasek oder/ und BM a. D. Doskozil im AbwA interveniert haben, um Ermittlungen zu unterbinden?

a.    Wenn ja, um welche Ermittlungen handelte es sich dabei?

b.    Wenn nein, warum wird derartiges von Mitarbeiter*innen des AbwA behauptet?

 

8.    Werden Sie interne Ermittlungen bzw. Erhebungen zu den Vorfällen einleiten?

a.    Wie lautet der genaue Zeitplan?

b.    Bis wann sollen diese abgeschlossen sein?

c.    Wer leitet die internen Ermittlungen?

d.    Werden Expert*innen zu diesen Ermittlungen beigezogen?

                                          i.    Wenn ja, welche?

 

9.    Werden Sie personelle Konsequenzen im AbwA in Erwägung ziehen?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht?

 

10. Werden Sie Reformen innehrlab des AbwA einleiten?

a.    Wie lautet der genaue Zeitplan der geplanten Reform?

b.    Bis wann soll diese abgeschlossen sein?

c.    Wer arbeitet den Reformplan aus?

d.    Werden Expert*innen zu dieser Reform beigezogen?

                                          i.    Wenn ja, welche?

 

11. Inwieweit soll das Parlament und dabei insbesondere der ständige Unterausschuss des Landesverteidigungsauschusses in die geplante Erhebung bzw. Reform eingebunden werden?

a.    Falls eine Einbindung des Parlaments nicht geplant ist: warum nicht?



[1] Der Standard (2019): Abwehramt-Whistleblower warnen vor bewaffnetem Netzwerk (22.11.) Fabian Schmid, online abgerufen unter: https://www.derstandard.at/story/2000111405941/abwehramt-whistleblower-warnen-vor-bewaffnetem-netzwerk (Zugriff 23.11.2019)

[2] OE24 (2019): Dossier: Warnung vor bewaffnetem Netzwerk im Herr (22.11.) Isabelle Daniel, online abgerufen unter: https://www.oe24.at/oesterreich/politik/daniel/Dossier-Warnung-vor-bewaffnetem-Netzwerk-im-Heer/406936974 (Zugriff 23.11.2019)