184/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.11.2019
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend Folgeanfrage Glock & Austro Control - Aufsichtsratsbesetzung mit schiefer Optik

Die Rechercheplattform Dossier berichtete zuletzt im Mai 2019 über dubiose Verbindungen zwischen diversen FPÖ Minister_innen und der Familie Glock.

Die Causa "Casag" und die Vorgänge rund um die Besetzung von Peter Sidlo als Finanzvorstand werfen ein weiteres Schlaglicht auf andere Postenbesetzungen der Türkis-Blauen Bundesregierung, so auch im Vollzugsbereich des BMVIT unter Norbert Hofer.

„Glock“, „Glock“, „Glock“, „Glock“, „Glock“, „Glock“: Insgesamt elfmal nennen die mittlerweile zurückgetretenen FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus den Namen des milliardenschweren Waffenproduzenten in den bisher öffentlich bekannten Ausschnitten des verhängnisvollen Ibiza-Videos.

Sie nennen Namen von prominenten Industriellen, die verdeckt Spenden an die FPÖ geleistet haben sollen – vorbei an der Kontrolle des Rechnungshofs, über einen gemeinnützigen Verein – wie eben Gaston Glock. Nun soll aber nichts gewesen sein, alles nur Prahlerei, „a bsoffene Gschicht“, erklärte Strache bei seiner Rücktrittsrede. Alle Beteiligten dementieren jedweden Geldfluss. Dabei reichen die Beziehungen zwischen der FPÖ und Glock weiter, ihre Wurzeln liegen tief in der Vergangenheit.

Das letzte dokumentierte Treffen zwischen Strache und dem Ehepaar Kathrin und Gaston Glock vor jener Ibiza-Nacht im Juli 2017 lag allerdings nicht lange zurück: Nur fünf Wochen bevor Strache und Gudenus in der Finca in die Falle tappen, ist der damalige FPÖ-Chef Strache beim Waffenproduzenten Glock zu Gast. In Begleitung seiner Frau Philippa feiert Strache Mitte Juni 2017 bei einer der exklusivsten Partys des Landes. Unter dem Motto Horses & Stars begehen die Glocks mehrmals im Jahr luxuriöse Feste in ihrem Glock Horse Performance Center in der kleinen Kärntner Gemeinde Treffen am Ossiacher See.

Neben Strache waren noch die einstige Sozialministerin Beate Hartinger-Klein und Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer (beide FPÖ) bei den Glock-Partys zu Gast. Natürlich dinierte man am Tisch der Gastgeber, im Beisein der eingeflogenen Stars. Die Eintrittskarten – 450 Euro für die Abend-, 700 Euro für die Tageskarte und ein nicht bezifferbarer Wert für den wichtigsten Tisch des Abends – haben die Politiker angeblich privat bezahlt. Belege dafür legten sie trotz Zusage bis dato nicht vor.

Aus heutiger Sicht ist ohnehin ein anderer Umstand brisanter: Nur zwei Monate nachdem der damalige Verkehrsminister Hofer im Februar 2018 am Ehrentisch der Glocks gefeiert hatte, verschaffte er der Milliardärsgattin Kathrin Glock trotz fragwürdiger Qualifikation einen öffentlichen Posten.

Im April 2018 wird Kathrin Glock Aufsichtsrätin der Flugbehörde Austro Control. Dabei ist ihre Erfahrung in der Flugbranche begrenzt: Sieben Monate zuvor wird sie Ko-Geschäftsführerin der Glock Aviation GmbH, über die Gaston Glock von Klagenfurt aus drei Bombardier-Privatjets und einen Helikopter betreibt – ihr einzig öffentlich bekannter Berührungspunkt mit der Luftfahrtsbranche. Handelte es sich bei der Postenvergabe gar um eine vereinbarte Gegenleistung der FPÖ gegenüber Glock? „Nein. Das schließe ich definitiv aus“, sagt Hofer auf Anfrage gegenüber DOSSIER.

„Mir ist keinerlei finanzielle Zuwendung der Firma Glock oder von Privatpersonen aus der Familie Glock bekannt – auch auf den mir vorgelegten Spendenlisten der Partei scheinen keinerlei Zuwendungen auf. Zudem wurde bereits vom Anwalt der Firma Glock (Peter Zöchbauer, Anm.) ausgeführt, dass es keine finanziellen Zuwendungen gegeben hat. Unabhängig davon werde ich als neuer Parteiobmann die Finanzen der Partei und ihr nahestehender Vereine einer strengen Prüfung unterziehen lassen“, so Norbert Hofer weiter.

Auch die FPÖ-nahen Vereine „Austria in Motion“ und „Wirtschaft für Österreich“, die durch Berichte von Profil und ZiB 2 in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind, will Hofer nun unter die Lupe nehmen: „Die Vereinsverantwortlichen haben mir gegenüber ausgeschlossen, dass es Zuwendungen der Firma Glock oder von Privatpersonen der Firma Glock an diese Vereine gegeben hat. Auch ,Austria in Motion‘ und ,Wirtschaft für Österreich‘ werden einer strengen Prüfung unterzogen. Ich werde mir die Prüfergebnisse vorlegen lassen.“"

(Quelle: https://www.dossier.at/dossiers/glock/von-ibiza-zum-ossiacher-see/)

In seinen schriftlichen Beantwortungen  (1619/AB und 2351/AB) der schriftlichen Anfragen der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend der Verflechtungen mit der Familie Glock, fielen die Antworten des HBM überaus bescheiden aus.

Er habe dem Event ausschließlich "als Privatperson" beigewohnt, ließ der Herr Minister da verlauten. In Zusammenschau mit den Antworten zum Hergang der Bestellung von Glock zur Aufsichtsrätin der Austro Control GmbH ergeben sich jedoch weitere Fragen. Denn Norbert Hofer (jeweils hervorgehoben) antwortete auf folgende Fragen:

"Haben Sie jemals persönlich mit Kathrin Glock über die Aufsichtsratsnachbesetzung von Austro Control gesprochen?: "Ja, telefonisch vor der Bestellung zum Aufsichtsrat im Beisein des zuständigen Fachreferenten."

"Wann fiel für Sie oder für Ihre MitarbeiterInnen im Kabinett die Entscheidung, Frau Kathrin Glock als Aufsichtsrätin der Austria Controll zu nominieren?": "Im Vorfeld der Bestellung."

"Wie lief das Verfahren zur Nachbesetzung des Aufsichtsrates der Austro Control ab?": "Jene anderen Kandidaten die in Erwähnung gezogen wurden, wurden auch bestellt. Es gab keine Absagen."

Wie erfolgte die Bewerbung zur Aufsichtsrätin, zum Aufsichtsrat bei Austro Control? Sind diesbezüglich Bewerbungsunterlagen vorhanden? Wenn ja, fügen Sie diese bitte als Beilage an. Gab es neben Kathrin Glock noch andere BewerberInnen? Wenn ja, wie viele?" : "Frau Kathrin Glock wurde am 12.04.2018 mittels Gesellschaftsbeschluss als Aufsichtsrätin bestellt."

"Welche Qualifikationen hat Kathrin Glock, um Aufsichtsrätin von Austro Control zu sein?" : "Die Qualifikationen von Frau Kathrin Glock, welche sie befähigen Aufsichtsrätin der Austro Control zu sein, sind aus ihrem Lebenslauf ersichtlich. Insbesondere ist hier ihre Funktion als Geschäftsführerin der Glock Aviation GmbH zu nennen."

Am 20.11.2019 erklärte Norbert Hofer in einer OTS Aussendung, dass in seiner Zeit als Verkehrsminister alle Personalentscheidungen "transparent durchgeführt" worden wären. Auf die Besetzung des Aufsichtsrates der Austro Control ging er in der Aussendung jedoch nicht ein.

Laut Anfragebeantwortung (2384/AB) durch den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser zu der schriftlichen Anfrage (2389/J) der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Verdacht der Geschenkannahmen von Mitgliedern der Bundesregierung in Verbindung mit der Familie Glock, sah die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von
Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) und der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA Wien), mangels hinreichenden Anfangsverdachts für das Vorliegen einer strafbaren Handlung von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die Angezeigten gem. § 35c StAG ab.

Für uns bleibt die Frage offen, ob es einen engeren bzw. direkten Zusammenhang zwischen der Besetzung der Aufsichtsratsstelle und den Besuchen diverser FPÖ-Funktionär_innen und -Minister_innen im Glock Horse Performance Center gegeben hat bzw. ob Bundesminister Hofer oder andere FPÖ-Funktionär_innen Vorteile, in welcher Form auch immer, von Seiten der Familie Glock entgegengenommen haben. Dies wird nicht nur durch Aussagen von Johann Gudenus im Ibiza Video nahegelegt, sondern auch durch die am 17. November 2019 veröffentlichten Chatprotokolle zwischen dem damaligen Vizekanzler HC Strache und Finanzminister Hartwig Löger, die unter anderem folgende Passage enthalten:

"Wir haben umgekehrt bei der ÖBB, Asfinag, Donau etc alle eure 30 AR (Aufsichtsräte) sofort umgesetzt ... in euren Ressorts warten wir bis heute ... auch Telekom! Ausgemacht war 2018/2019. das bitte auch sicherstellen und einhalten! Lg HC."

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. Laufen derzeit strafrechtliche Ermittlungen im Themenkomplex "Glock und Aufsichtsratbesetzung bei der Austro Control"?

a. Wenn ja, wann wurden die Ermittlungen (wieder) aufgenommen?

b. Wenn ja, aufgrund welcher konkreten Verdachtsmomente wurden die Ermittlungen (wieder) aufgenommen?

i. Spielten die Entwicklungen rund um die Causa "Sidlo" und die aufgetauchten Chatprotokolle eine Rolle in der Wiederaufnahme der Ermittlungen?

1. Wenn ja, inwiefern?

2. Wenn nein, weshalb nicht?

c. Wenn nein, weshalb wurden keine Ermittlungen eingeleitet?

2. Aufgrund welcher konkreter Bestimmungen wird ermittelt?

3. Welche Staatsanwaltschaft ermittelt?

4. Wie ist der Stand der Ermittlungen in der Causa?

5. Gegen wie viele Personen wird im Themenkomplex "Glock und Aufsichtsratbesetzung bei der Austro Control" ermittelt?

6. Gegen wie viele Bundesminister aD wird ermittelt?

7. Laufen im Themenkomplex "Glock und Aufsichtsratbesetzung bei der Austro Control" Ermittlungen gegen Bundesminister aD Hofer, sein ehem. Kabinett oder seine ehem. Mitarbeiter_innen?

8. Wenn keine Ermittlungen gegen Bundesminister aD Hofer, sein ehem. Kabinett oder seine Mitarbeiter_innen eingeleitet worden sind, warum wurden in dieser Causa keine weiteren Ermittlungen aufgenommen?

9. Laufen im Themenkomplex "Glock und Aufsichtsratbesetzung bei der Austro Control" Ermittlungen gegen Vizekanzler aD Heinz-Christian Strache, sein ehem. Kabinett oder seine ehem. Mitarbeiter_innen?

10. Wenn keine Ermittlungen gegen Vizekanzler aD Strache, sein ehem. Kabinett oder seine ehem. Mitarbeiter_innen eingeleitet worden sind, warum wurden in dieser Causa keine weiteren Ermittlungen bzw. ein Verfahren aufgenommen?