429/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.12.2019
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verfassung‚ Reformen‚ Deregulierung und Justiz

betreffend Mögliche Einleitung von Ermittlungsmaßnahmen gegen Heinz-Christian Strache im Jahr 2015

 

Die an sich besinnliche Adventszeit dürfte dieses Jahr für ehemals honorige Herren und hochrangige Politiker die Möglichkeit bieten etwas in sich zu gehen. Grund dafür bestünde wohl - verfolgt man die mediale Berichterstattung - genug. Ob die Verteidiger des Abendlandes sich vor ihrem Herrn in Sühne baden und ihnen am Ende hinter vorgehaltenem Kreuz Absolution widerfahren werde, lässt sich wohl erst in der Retrospektive - wenn überhaupt - feststellen. 

Zurück in weltlichem Gefilde. Die in den Medien kolportierten Vorwürfe gegen den ehemaligen Vizekanzler und langjährigen Vorsitzenden der FPÖ, Heinz-Christian Strache, wiegen schwer. Aufgrund seiner Aussagen im „Ibiza-Video“ besteht der massive Verdacht illegaler Parteienfinanzierung und der Bereitschaft zur Korruption. Es steht nunmehr aber auch der Verdacht im Raum, dass Heinz-Christian Strache - trotz eines üppigen Spesenkontos von 10.000 Euro im Monat – auch noch zusätzliche Privatausgaben über Scheinbelege bei der Wiener FPÖ-Landespartei verrechnet haben soll. Ebenso gibt es Berichte darüber, dass Strache in einer Sporttasche große Geldbeträge in bar erhalten haben soll, die im Zusammenhang mit einem angeblichen „Mandatskauf durch einen ukrainische Oligarchen stehen sollen.

Diese und andere Vorwürfe, so scheint es, seien aber erst 2019, im Nachhall der Veröffentlichung des Ibiza-Videos, in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten.

Der Anfragestellerin liegen jedoch Informationen vor, welche ein davon völlig abweichendes Bild zeichnen würden.

Demnach wäre der Rechtsanwalt R.M. bereits am 27.3.2015, also mehr als 4 Jahre vor Veröffentlichung des Ibiza-Videos - in das Bundeskriminalamt Büro 3.1 zu einer Besprechung mit dem Beamten Mag. Andreas Holzer gekommen, um diesem im Auftrag seines Mandanten zahlreiche Verdachtsmomente gegen Heinz-Christian Strache mitzuteilen. Die Herkunft dieser, Strache massiv belastenden Angaben, stamme laut R.M. aus dem unmittelbaren Umfeld Straches und daher nach dessen Angaben jedenfalls als valide zu bezeichnen.    

Bei diesem Treffen, wohlbemerkt im Frühjahr des Jahres 2015, wurden folgende belastende Angaben gemacht:

·        Strache solle sein gesamtes Privatleben durch Parteigelder der FPÖ finanzieren

·        Ein FPÖ Mandatar sei aufgrund einer Zahlung von 500 000 Euro seitens eines ukrainischen Investors an Strache (privat) vorgereiht worden

·        Eine Ex-Freundin Straches sei im FPÖ Parlamentsklub angestellt worden, obwohl diese dort keinerlei Leistungen erbringe

·        Strache solle regelmäßig Kokain konsumieren

·        Strache solle - unter dem Spielernamen Heinrich - monatlich zwischen 2.000-3.000 Euro aus der Parteikasse für Clash of Clans ausgeben

Der Rechtsanwalt habe erklärt, sein Mandant sei bereit, im Zuge eines allfälligen Strafverfahrens seine Angaben vor Gericht zu bestätigen bzw. mit dem BK zu kooperieren.

Zweifelsohne sind die vor den Beamten des BK geäußerten Angaben für sich allein kein Grund einen dringenden Tatverdacht zu begründen. Seit der Hausdurchsuchung im BVT ist jedoch auch dem weniger rechtskundigen Beobachter der medialen Berichterstattung bewusst, dass zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kein dringender Tatverdacht nötig ist, sondern bereits ein Anfangsverdacht iSd § 1 Abs 3 StPO ausreicht. Ein solcher mag im Übrigen, bei Hinzutreten konkreter Anhaltspunkte, bereits höchst grundrechtsinvasive Ermittlungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Hausdurchsuchungen, rechtzufertigen. 

Sollte sich herausstellen, dass die der Abgeordneten vorliegenden Dokumente authentisch sind, ist jedenfalls anzunehmen, dass es aufgrund dieser Anschuldigungen prompt zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen hätte kommen müssen. Nun, vier Jahre später, stellt sich die Frage nach dem Ergebnis der daraufhin angestrengten Ermittlungen umso mehr.

Im übrigen stellt sich die Frage, aus welchen Beweggründen ausgerechnet jener Beamter, der bereits 2015 – so die Informationen stimmen – über sämtliche Vorwürfe gegenüber Heinz-Christian Strache informiert wurde, im Jahr 2019 zum Leiter der SOKO Ibiza bestellt wurde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Fand das besagte Gespräch zwischen dem Rechtsanwalt R.M. und dem Mitarbeiter des Innenministeriums Mag. Holzer am 27.3.2015 tatsächlich statt?

2.    Existiert ein Amtsvermerk zu dem Gespräch zwischen dem Rechtsanwalt R.M. und dem Mitarbeiter des Innenministeriums Mag. Holzer am 27.3.2015?

a.    Wenn ja, wer fertigte den Amtsvermerk an?

b.    Wenn ja, wann wurde dieser Amtsvermerk jeweils welchen Personen im Innenministerium bekannt?

3.    Wann wurden die oben genannten Vorwürfe welchen Stellen der Justiz jeweils zum ersten Mal bekannt?

4.    Wurde die Staatsanwaltschaft von diesen Vorwürfen informiert?

a.    Wenn ja, in welcher Form wurde die StA jeweils wann informiert?

                                  i.    Wurde der Amtsvermerk an die StA übermittelt?

b.    Wenn ja, von welchen Vorwürfen wurde die StA jeweils wann informiert?

c.    Wenn ja, welche Schritte wurden danach seitens der StA angeordnet?

d.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Wurde die Staatsanwaltschaft über die Existenz des aussagewilligen Zeugen informiert?

a.    Wenn ja, in welcher Form wurde die StA jeweils wann informiert?

b.    Wenn ja, von welchen Stellen wurd die StA jeweils wann informiert?

c.    Wenn ja, welche Schritte wurden danach seitens der StA angeordnet?

d.    Wenn nein, warum nicht?

6.    Welche Schritte wurden seitens des im Amtsvermerk genannten Bediensteten Mag. Holzer nach diesem Gespräch unternommen?

7.    Sah das BK einen Anfangsverdacht iSd § 1 Abs 3 StPO verwirklicht? 

a.    Wenn ja, im Hinblick auf welche Sachverhalte und Tatbestände?

b.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Welche Ermittlungsschritte wurden in weiterer Folge vom BK wann gesetzt?

9.    Geschah dies auf Anordnung der StA oder wurden diese vom BK selbst gesetzt? 

10. Wie war der Stand der Ermittlungen vor der Veröffentlichung des Ibiza Videos am 17. Mai 2019? 

11. Ist Mag. Holzer auch in die Ermittlungen der Soko Tape eingebunden? 

a.    Wenn ja, in welcher Funktion?

12. Wurde die Staatsanwaltschaft von diesen Vorwürfen informiert?

a.    Wenn ja, von welchen Vorwürfen wurde die StA wann informiert?

b.    Wenn ja, welche Schritte wurden danach seitens der StA angeordnet?

c.    Wenn nein, warum nicht?

13. Welche StA war für diesen Sachverhalt zuständig? 

14. Sah die StA einen Anfangsverdacht iSd § 1 Abs 3 StPO verwirklicht? 

a.    Wenn ja, im Hinblick auf welche Sachverhalte und Tatbestände?

b.    Wenn nein, warum nicht?   

15. Gab es Berichte an die OStA oder an das BMVRDJ?

a.    Wenn ja, wann, wie viele und mit welchem Inhalt?

16. Ist der StA bekannt, ob Mag. Holzer. auch in die Ermittlungen der Soko Tape eingebunden ist? 

a.    Wenn ja, in welcher Funktion?

                                  i.    Falls ja, welche Beweggründe waren dafür maßgeblich, ihn in die SOKO Ibiza aufzunehmen?

                                ii.    War zu dem Zeitpunkt, als Mag. Holzer in die SOKO Ibiza aufgenommen wurde, bekannt, dass er bereits 2015 über Vorwürfe gegen Heinz-Christian Strache informiert war?

b.    Wenn nein, warum nicht?

17. Gab es laut Erkenntnisstand der StA weiteren Informationsaustausch zwischen dem Rechtsanwalt R.M. und Mag. Holzer?

a.    Wenn ja, wie oft und in welchem Umfang?

b.    Wenn nein, warum nicht?

18. Hatte die StA selbst Kontakt zum Rechtsanwalt R.M. oder dessen Mandanten?

a.    Wenn ja, wie oft und in welchem Umfang?

b.    Wenn nein, warum nicht?

19. Wurde der seitens R.M. genannte Informant vor Veröffentlichung des Ibiza Videos seitens des BK oder der StA einvernommen?

a.    Wenn ja, wann war das?

b.    Wenn ja, welche Schritte wurden daraufhin wann gesetzt?

c.    Wenn nein, warum nicht?

20. Wurde der seitens R.M. genannte Informant nach Veröffentlichung des Ibiza Videos seitens des BK oder der StA einvernommen?

a.    Wenn ja, wann war das?

b.    Wenn ja, welche Schritte wurden daraufhin wann gesetzt?

c.    Wenn nein, warum nicht?

21. Wurde in Zusammenhang mit den geschilderten Sachverhalten iSd § 35c StAG vorgegangen?

a.    Wenn ja, im Hinblick auf welche Sachverhalte?

b.    Wenn ja, wurde im Hinblick auf jene Sachverhalte nach Veröffentlichung des Ibiza Videos ein Ermittlungsverfahren aufgenommen und wenn ja, im Hinblick auf welche Sachverhalte?

22. Wurde in Zusammenhang mit den geschilderten Sachverhalten iSd § 190ff StPO vorgegangen? 

a.    Wenn ja, im Hinblick auf welche Sachverhalte?

b.    Wenn ja, wurde im Hinblick auf jene Sachverhalte nach Veröffentlichung des Ibiza Videos ein Ermittlungsverfahren fortgeführt und wenn ja, im Hinblick auf welche Sachverhalte?

23. Wie ist der aktuelle Stand der Ermittlungen?

24. Wurde das Ermittlungsverfahren mittlerweile abgeschlossen?

a)    Wenn ja, wann und zu welchem Schluss kommt die StA?

b)    Wenn ja, ist beabsichtigt, gegen einzelne oder mehrere der Beschuldigten Anklage zu erheben?

c)    Wenn ja, gegen wen?

d)    Wann ist beabsichtigt, Anklage zu erheben?

e)    Wenn ja, wurden die Ermittlungen in der Causa eingestellt und aus welchen präzisen Gründen?

f)     Wenn nein, wann kann mit dem Abschluss der Ermittlungen gerechnet werden?

25. Wurden in der Causa Weisungen erteilt?

a)    Wenn ja, wann, von wem und mit welchem Inhalt?

 

26. Ist beabsichtigt, in der Causa Weisungen zu erteilen?

a)    Wenn ja, welche Weisungen beabsichtigen Sie in der Sache zu erteilen?

27. Wurde in der Causa ein Vorhabensbericht der StA erstattet?

a)    Wenn ja, mit welchem Inhalt/Vorhaben?

28. Wurde in der Causa eine Stellungnahme der OStA erstattet?

a)    Wenn ja, mit welchem Inhalt?

29. Wurden Ihnen bzw. dem Ministerium der Vorhabensbericht und die Stellungnahme bereits vorgelegt?

a)    Wenn ja: Wann wurden der Vorhabensbericht der StA und die Stellungnahme der OStA mit welchem Inhalt finalisiert?

30. Hat die StA vor, Anklagen gegen bestimmte Personen zu erheben?

a)    Wenn ja, gegen wen (bzw wie viele Personen) und aufgrund welcher Delikte?

31. Hat die StA vor, das Verfahren gegen bestimmte Personen einzustellen?

a)    Wenn ja, gegen wen und mit welcher Begründung?

32. Wurde seitens der StA ein Auslieferungsbegehren gestellt? 

a)    Wenn nein, warum nicht? 

Sollte eine detaillierte Beantwortung einzelner Fragen aus Datenschutz- oder Geheimhaltungsgründen iSd StPO nicht möglich sein, so wird dennoch um eine Beantwortung mit möglichst hohem Informationsgehalt im Sinne des parlamentarischen Interpellationsrechts ersucht.