567/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.01.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

betreffend Amtshandlung im Zuge der Klimademo

 

In jüngster Vergangenheit fanden zwei Großereignisse der Polizei aufgrund ihrer Begleitumstände besondere öffentliche Beachtung und in Folge auch gerichtliche Behandlung.

Zum einen der "Rapidkessel" am 16. Dezember 2018 , zum anderen die "Klimademo" am 31. Mai 2019.

https://kurier.at/chronik/wien/voellig-ueberzogen-rapid-kessel-ist-jetzt-fall-fuer-das-gericht/400521721

https://kurier.at/chronik/wien/rapid-kessel-gericht-kritisiert-in-entscheidung-die-polizei/400549700

https://www.diepresse.com/5638927/polizeigewalt-auf-klimademo-neue-vorwurfe-neue-demo

https://www.diepresse.com/5638771/gewalt-durch-polizei-video-zeigt-weitere-umstrittene-festnahme

https://wien.orf.at/stories/3030093/

 

Die österreichischen Sicherheitsbehörden genießen in der Bevölkerung grundsätzlich großes Vertrauen.

Umso wichtiger erscheint es, aus Vorfällen im Zuge umstrittener Einsätze wie den beiden zitierten, zu lernen und die polizeiliche Einsatztaktik qualitativ weiterzuentwickeln, um Vorwürfen der unsachgemäßer und überschießender "Polizeigewalt" hinkünftig so gut wie möglich präventiv vorzubeugen.

Desgleichen ist es im Sinne des Vertrauens der Bevölkerung unumgänglich, dass konkrete Vorwürfe von qualifiziertem polizeilichem Fehlverhalten einer unabhängigen und verlässlichen Aufklärung zuzuführen sind.

Bekanntlich zeigte ein umstrittenes Video die Festnahme eines Aktivisten im Zuge der "Klimademo" am 31. Mai 2019. Dieser lag von zwei Beamten fixiert am Boden, als der Kopf des Mannes beinahe von einem wegfahrenden Polizeiauto überrollt wurde.

Am 12.12.2019 erklärte das Landesverwaltungsgericht die Amtshandlung schließlich für rechtswidrig: Der Beschwerdeführer hat demnach kein Verhalten gesetzt, das eine Festnahme durch die Polizei gerechtfertigt hätte. Dadurch waren auch die weiteren Maßnahmen rechtswidrig. 

Das Landesverwaltungsgericht kam zum dem Schluss, dass die gesamte Amtshandlung rechtswidrig war. Vor allem durch die Auswertung des Videomaterials ergab sich keinerlei Hinweis darauf, dass sich der Deutsche der Polizei gegenüber aggressiv verhalten habe. Selbst als er von zwei Beamten mit dem Einsatz von Körpergewalt zu Boden gebracht wurde, setzte er keinen nennenswerten Widerstand. Auch habe er nicht mit den Händen in Richtung der Beamten "gefuchtelt", wie diese behauptet hatten.

Das Gericht folgte somit der Argumentation des Anwalts des Beschwerdeführers, Clemens Lahner, dass sein Mandant niemals einen Grund für eine Festnahme gesetzt habe. Somit sei "die gesamte Amtshandlung" rechtswidrig gewesen. Lahner wollte auch erwirken, dass die Aktionen nach der Festnahme - also das stundenlange Festhalten und die Verweigerung eines Rechtsanwalts - zusätzlich einzeln behandelt werden. Dies lehnte das Verwaltungsgericht aber mit einem Verweis auf höchstgerichtliche Urteile ab. Wenn bereits die Festnahme rechtswidrig war, können die nachfolgenden Handlungen demnach nicht noch rechtswidriger werden, als es die Amtshandlung schon ist.

Am 14.1.2020 erklärte das Landesverwaltungsgericht eine weiter Amtshandlung im Zuge der Klimademo für rechtswidrig:

Es handelt sich um den Fall jenes Demonstranten, der in Bauchlage von mehreren Beamten fixiert worden war und dem ein Polizist mehrere heftige Faustschläge gegen den Oberkörper versetzt hatte. Der Hauptkritikpunkt des Aktivisten, dem Versetzten von Schlägen, ist vom Verwaltungsgericht „mit einer sehr klaren und deutlichen Begründung für rechtswidrig erklärt worden“, sagte Alexia Stuefer, die Rechtsvertreterin des Betroffenen.

Außerdem wurde beanstandet, dass die handelnden Polizisten die Amtshandlung rechtswidrig dokumentiert hatten. Demnach wurden die für das Einschreiten der Polizei maßgeblichen Umstände tatsachenwidrig festgehalten, „sodass ein anderes Bild der Ereignisse erzeugt wurde“, so das Gericht in seiner Entscheidung.

Die Beamten hatten in ihren Amtsvermerken angegeben, dass der Beschwerdeführer um sich getreten und sich gewunden hatte, auch, als er bereits am Boden gelegen habe. Damit rechtfertigten die Polizisten die Anwendung von Körperkraft und die Festnahme. Auf den Videos der Amtshandlung ist zu sehen, dass das nicht stimmt. Diese „widersprechen erheblich den tatsächlichen Ereignissen“ und ergeben ein „gänzlich anderes Bild vom tatsächlichen Ablauf des Geschehens“ als die Beamten im Amtsvermerk angaben. Sie behaupteten darin auch, dass „bloß ein Schlag geringer Intensität und bloß ein weiterer mit einer höheren Intensität in die rechte Nierengegend“ abgegeben wurde. Vielmehr wurden dem Aktivisten neun Fauststöße in die rechte Nierengegend versetzt, während er von mehreren Beamten am Boden fixiert wurde. Die Beamten hielten auch tatsachenwidrig im Amtsvermerk fest, dass der Aktivist bei der Amtshandlung nicht verletzt worden sei. Sichtbare Verletzungen wurden aber sogar im polizeiärztlichen Gutachten erwähnt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Gegen wie viele Exekutivbeamt_innen wurden Anzeigen in Bezug auf die im Zuge der Klimademo erfolgten Amtshandlungen eingebracht?

a.    Wie viele dieser Anzeigen wurden mangels Anfangsverdacht nach § 35c StAG erledigt?

2.    Gegen wie viele Exekutivbeamt_innen wurden strafrechtliche Ermittlungen in Bezug auf die im Zuge der Klimademo erfolgten Amtshandlungen eingeleitet (Um Angabe der konkreten Strafnorm incl Begehungsform: UT, § 12, § 15, aufgrund derer die Ermittlungen eingeleitet wurden, wird ersucht)?

a.    Wie viele dieser Ermittlung wurden in Folge eingestellt?

3.    Gegen wie viele Exekutivbeamt_innen laufen zum Stichtag der Anfragebeantwortung strafrechtliche Ermittlungen in Bezug auf die im Zuge der Klimademo erfolgten Amtshandlungen?

4.    Wegen welcher Delikte wird genau ermittelt (um Angabe der konkreten Strafnorm inkl. Begehungsform: UT, § 12, § 15 wird ersucht)?

5.    Laufen aufgrund der Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts Wien strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit dem von zwei Beamten am Boden fixierten Mann, dessen Kopf beinahe von einem wegfahrenden Polizeiauto überrollt wurde?

a.    Wenn ja, seit wann genau wird gegen wen ermittelt und seit wann jeweils aufgrund welcher konkreten Strafnorm?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

6.    Laufen aufgrund der Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts Wien strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit Fall jenes Demonstranten, der in Bauchlage von mehreren Beamten fixiert worden war und dem ein Polizist mehrere heftige Faustschläge gegen den Oberkörper versetzt hatte?

a.    Wenn ja, seit wann genau wird gegen wen ermittelt und seit wann jeweils aufgrund welcher konkreten Strafnorm?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

7.    Laufen aufgrund der Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts Wien strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit den falsch abgefassten Amtsvermerken?

a.    Wenn ja, seit wann genau wird gegen wen ermittelt und seit wann jeweils aufgrund welcher konkreten Strafnorm?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

8.    Wurden die gegenständlichen Vorwürfe vom Innenministerium oder der Landespolizeidirektion Wien auch selbstständig an die Staatsanwaltschaft berichtet?

a.    Wenn ja, wann und durch wen genau?

b.    Wenn nein, weshalb nicht?

9.    Wurden die Ermittlungsverfahren mittlerweile abgeschlossen?

1.    Wenn ja, wann und zu welchem Schluss kommt die StA jeweils?

2.    Wenn ja, ist beabsichtigt, gegen einzelne oder mehrere der Beschuldigten Anklage zu erheben?

a.    Wenn ja, gegen wen?

b.    Wann ist beabsichtigt, Anklage zu erheben?

3.    Wenn ja, wurden die Ermittlungen in der Causa eingestellt und aus welchen präzisen Gründen?

4.    Wenn nein, wann kann mit dem Abschluss der Ermittlungen gerechnet werden?