695/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.01.2020
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Anfrage

 

Die Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Justiz

 

 

betreffend Hausdurchsuchungen und Neonazi-Aktivitäten von Combat 18 in Vorarlberg

 

 

BEGRÜNDUNG 

 

Österreich erinnert sich fast ein Jahr später immer noch gut an die eilig einberufene Pressekonferenz der Generalsekretäre von Justiz Christian Pilnacek und Inneres Peter Goldgruber zu den österreichweit 32 durchgeführten Razzien bei mutmaßlichen Neonazis. Fünf davon fanden alleine in Vorarlberg statt. Zu den Ergebnissen dieser Polizeiaktionen, die mit großem Getöse begleitet worden sind, ist fast ein Jahr später, kaum etwas öffentlich bekannt.

 

Neue Brisanz erlangen die etwaigen Ermittlungsergebnisse mit dem Verbot des bewaffneten Arms des Neonazinetzwerk Blood & Honour Combat 18 in Deutschland. Das dortige Innenministerium stuft die Gruppierung als „neonazistische, rassistische und fremdenfeindliche Vereinigung“ ein.

 

Laut der deutschen Rechercheplattform Exif und diverser Medienberichte ist die Vorarlberger Neonaziszene Teil der internationalen Verstrickungen von Combat 18. Ein Beleg dafür ist, dass am 5. März 2016 in Vorarlberg Schießübungen mit anschließendem Konzert mit der ungarischen Combat 18-Neonaziband Indulat veranstaltet wurde.[1] Beides blieb von den Behörden zunächst über Wochen unbemerkt.

 

Solche Konzerte, die immer wieder im deutschen Raum durchgeführt werden, bieten ein lukratives Geschäft für die Neonazis. Laut der Rechercheplattform Exif gibt es Hinweise darauf, dass die dort verdienten hohen Geldsummen von Combat 18 über Scheinfirmen in Vorarlberg gewaschen werden, hinter denen mutmaßlich mehrere in Vorarlberg szenebekannte Neonazis stehen würden. Exif spricht von Hinweisen auf eine mögliche Beteiligung von Uwe V. und seiner Frau.[2] 

 

Die Kontakte von Uwe V. und Exponenten der Vorarlberger Szene mit Combat 18 sind durch diverse Fotos belegt. Welt.de berichtet: „Beim Konzert «Rock gegen Überfremdung II» am 15. Juli 2017 kamen Uwe V. und Wolfgang S. gemeinsam mit Stanley Röske am Veranstaltungsort an. Auch S. pflegt exzellente Kontakte ins internationale Netzwerk. Er nahm mit André Senn, Uwe V. und Wolfgang L. am «Rudolf-Heß-Gedenkmarsch» im August 2017 in Berlin-Spandau teil. Als um den 20. April 2018 im sächsischen Ostritz zahlreiche Mitglieder aus der C18-Struktur zusammenkamen, saßen auch S. und V. in der vertrauten «Combat 18»-Runde.“[3]

 

Inzwischen wurden auch Verbindungen zwischen dem mutmaßlichen Mörder von Walter Lübcke Stephan E. und Stanley Röske sowie anderen Combat 18-Protagonisten festgestellt.[4]

 

Eine Razzia im April 2019 erfolgt bei eben diesem Uwe V.[5] Uwe V. ist seit Jahren für seine neonazistischen Umtriebe bekannt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen deshalb folgende

 

ANFRAGE 

 

1.    Ist es nach den österreichweiten Hausdurchsuchungen im April 2019 und den begleitenden Ermittlungen inzwischen zu Anklagen gekommen?

Wenn ja: in wie vielen Fällen?
Wenn ja: aufgrund welcher Delikte?
Wenn ja: Kam es bereits zu Prozessen und wenn ja, auch zu Verurteilungen?

Wenn ja: In wie vielen Fällen kam es zu Prozessen und in wie vielen Fällen zu Verurteilungen?
Wenn nicht: In wie vielen Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt?
Wenn nicht: In wie vielen Fällen laufen noch Ermittlungen?

 

2.    Zu welchen Ermittlungsergebnissen führten die fünf Neonazi-Razzien im April 2019 in Vorarlberg?

a)    Kam es zu irgendwelchen Anklagen?

i)             Wenn ja: in wie vielen Fällen und zu welchen Delikten?

ii)            Wenn nein: Warum nicht?

b)    Kam es zu Verurteilungen?

i)             Wenn ja: Zu welchen Delikten?

c)    In wie vielen Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt?

d)    Sind bei den Hausdurchsuchungen Waffen gefunden worden?
i) Falls ja: In wie vielen Fällen wurden Waffenverbote ausgesprochen?

e)    Konnten aufgrund der Hausdurchsuchungen Verbindungen zwischen U. V. oder anderen Vorarlberger Neonazis in Combat 18-Strukturen nachgewiesen werden?

i)             Wenn ja: in welchen Ländern?

 

 

3.    Liegen Ihnen Erkenntnisse der Behörden zu Geldflüssen, die aus Erträgen von Neonazi-Konzerten stammen könnten, vor?

a)    Falls ja: Welche?

b)    Falls ja: Liefen diese (auch) über Immobilienfirmen?

c)    Falls nein: Gab es dazu Ermittlungen?

 

4.    Ex-Justizminister Jabloner schreibt in einer Anfragebeantwortung vom 12. Juni 2019[6] von 93 Beschuldigten, gegen die Ermittlungen laufen würden. Wie viele dieser Personen waren oder sind im Security-Gewerbe tätig?



[1] http://c18hungary.blogspot.com/2016/03/indulat-koncert.html?m=1

[2] https://www.stopptdierechten.at/2018/07/18/12089

[3] ebda.

[4] https://www.welt.de/politik/deutschland/article205272249/Verbot-von-Combat-18-Die-Rechtsextremisten-waren-laengst-gewarnt.html

[5] Die NEUE am Sonntag, 21. April 2019

[6] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_03334/imfname_756288.pdf