745/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.02.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Sabine Schatz, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Gewalt gegen Obdachlose

 

In Österreich sind etwa 15.000 Menschen (Stand 2019) laut Statistik Austria[1] obdach- oder wohnungslos. Als obdachlos gelten Menschen, die im öffentlichen Raum übernachten, aber auch Menschen, die in Notschlafstellen übernachten gelten als obdachlos, da sie keinen festen Wohnsitz haben.

Obdach- oder wohnungslose Menschen werden immer wieder Opfer schwerer Gewalttaten. In der Nacht auf den 23. Juli 2018 wurden in Berlin beispielsweise zwei schlafende obdachlose Männer von einem Unbekannten mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet und erlitten dabei lebensbedrohliche Verletzungen[2]. Im April 2018 wurden zwei obdachlose Frauen in Wien-Meidling in ein Lokal gelotst, vergewaltigt und misshandelt[3].

Laut einer Untersuchung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungshilfe (BAGW) enden solche Angriffe auch immer wieder tödlich, so starben in Deutschland zwischen 1990 und 2018 505 obdachlose Menschen durch gewalttätige Übergriffe[4].

Oftmals finden die Taten innerhalb des Milieus statt, immer häufiger aber lassen sich menschenverachtende und rechtsextreme Motive unter den TäterInnen feststellen[5], wie eine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ an die Deutsche Bundesregierung ergab[6].

Die Zahlen aus Deutschland sind alarmierend, umso wichtiger ist es nun festzustellen, wie sich die Situation obdach- und wohnungsloser Menschen in Österreich darstellt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten richten in diesem Zusammenhang folgende

 

Anfrage

 

1)      Werden in ihrem Ressort Statistiken zur Erfassung von Gewalttaten einschließlich Tötungsdelikten gegen Obdach- bzw. Wohnungslose geführt?

a)      Wenn ja, seit wann?

b)      Wenn ja, wie viele obdach- oder wohnungslose Personen wurden nach Kenntnis ihres Ressort Opfer welcher Straftaten (bitte nach Jahren, Zahl und Art der Opfer und Straftaten untergliedern)?

c)      Wenn nein, warum nicht?

d)      Gegen wie viele Personen wurde in den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 wegen des Verdachts einer Straftat gegen eine obdach- oder wohnungslose Person ermittelt? (aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland, Straftat, Geschlecht)

                          i)            Wie viele dieser Personen konnten dem rechtsextremistischen Spektrum zugewiesen werden?

e)      Wenn nein, warum nicht?

f)       Wenn nein, ist dies in Planung und wenn ja, wann?

2)      Welche Kenntnisse hat ihr Ressort über den generellen Trend der Entwicklung von Gewalttaten gegen Obdachlose seit 1990?

a)      Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?

b)      Welche Maßnahmen werden diesbezüglich in Ihrem Ressort gesetzt?

 

3)      Welche Kenntnisse hat ihr Ressort über das Ausmaß geschlechterspezifischer Gewalttaten gegen Obdachlose seit 1990?

a)      Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?

b)      Welche Maßnahmen werden diesbezüglich  in Ihrem Ressort gesetzt?

 

4)      Welche Kenntnisse hat ihr Ressort über die verschiedenen Tätergruppen und Tatmotive von Gewalttaten gegen Obdachlose? (bitte um detaillierte Ausführungen)

 

5)      Wie viele obdach- oder wohnungslose Personen wurden nach Kenntnis ihres Ressorts seit 1990 Todesopfer rechtsmotivierter Tötungsdelikte (bitte nach Jahren, Zahl und Art der Opfer und Straftaten untergliedern)?

 

6)      Welche Kenntnisse hat das Innenministerium darüber, wie innerhalb der rechtsextremen Szene[7] die Thematiken Obdachlosigkeit und Gewalt gegen Obdachlose thematisiert werden?

a)      Welche Schlussfolgerungen ziehen sie daraus?

b)      Welche Maßnahmen werden diesbezüglich in ihrem Ressort gesetzt?



[1]https://statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/volkszaehlungen_registerzaehlungen_abgestimmte_erwerbsstatistik/haushalte/index.html [zuletzt abgerufen am 21.1.2020]

[2]https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/schlafender-obdachloser-in-berlin-angezuendet-li.4446 [zuletzt abgerufen am 21.1.2020]

[3] https://www.derstandard.at/story/2000080738148/von-der-hohen-gewaltgefahr-fuer-obdachlose-frauen [zuletzt abgerufen am 21.1.2020]

[4] https://www.bagw.de/de/themen/statistik_und_dokumentation/statistikberichte/ [zuletzt abgerufen am 21.1.2020]

[5] https://www.welt.de/politik/deutschland/article203146908/Zunehmende-Gewalt-gegen-Obdachlose-Taeter-haeufig-Rechtsextreme.html [zuletzt abgerufen am 21.1.2020]

[6] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/039/1903918.pdf [zuletzt abgerufen am 21.1.2020]

[7]Verwiesen wird auf die Rechtsextremismus-Definition des Verfassungsschutzes, Verfassungsschutzbericht 2016, S.11: "Die von den österreichischen Staatsschutzbehörden verwendete Definition von Rechtsextremismus versteht unter diesem Begriff eine Sammelbezeichnung für politische Auffassungen und Bestrebungen - von fremdenfeindlich rassistisch bis hin zur nationalsozialistischen Wiederbetätigung -, die im Namen der Forderung nach einer von sozialer Ungleichheit geprägten Gesellschaftsordnung die Normen und Regeln eines modernen demokratischen Verfassungsstaates ablehnen und diesen mit Mitteln bzw. Gutheißung von Gewalt bekämpfen. Der Terminus Rechtsextremismus ergibt sich aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Verwendungskontexten und den damit korrespondierenden Interpretationen, mit denen er jeweils bezeichnet wird. Die Befürwortung einer Diktatur, Islam- und Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Chauvinismus, Sozialdarwinismus, Rassismus sowie die Verharmlosung und Relativierung des Nationalsozialismus (Revisionismus), prägen das Weltbild rechtsextremer Ideologen und ideologisierter Gruppierungen/Bewegungen, Netzwerke, Szenen und Milieus. Charakteristisch für rechtsextremistische Einstellungs- und Handlungsmuster ist die Verherrlichung eines "völkischen Nationalismus" mit deutschnationalen bzw. nationalistisch-konservativen Konzepten. Zentrale Wesensmerkmale rechtsextremistischer Ideologien sind antidemokratische und antipluralistische Gesellschaftsauffassungen bei gleichzeitiger Ablehnung des vorherrschenden (d. h. demokratischen) politischen Systems. In seiner äußersten Steigerungsform kann sich Rechtsextremismus bis hin zum (Rechts-) Terrorismus steigern, um systematisch gegen politische Gegner, gegen Opfergruppen rechtsextremistischer Weltanschauungen und gegen staatliche Institutionen bzw. gegen ihre Repräsentanten vorzugehen. "