794/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.02.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Kickl

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend „Mascherlposten“ für Sektionschef Pirker im Justizministerium

 

 

Wie „Der Standard“ am 10. Februar 2020 online berichtete, wurde der heutige Sektionschef im Justizministerium, Alexander Pirker, ohne einen Tag Gerichtspraxis zum Oberstaatsanwalt ernannt. Er erhielt einen sogenannten „Mascherlposten“, der bereits im Wissen bzw. gar unter der Bedingung vergeben wird, dass die Funktion tatsächlich gar nicht ausgeübt wird. Der Nutzen dieser Ernennungen beschränkt sich auf ein Gehaltsplus für die mit diesen Posten versorgten Mitarbeiter. In vielen Fällen dieser Ernennungen ist zudem davon auszugehen, dass auch die Erfordernisse zur Besetzung bzw. zur Ernennung nicht bzw. nicht vollständig erfüllt waren.

 

Der Grund für die Ernennung Pirkers zum stellvertretenden Leiter der Oberstaatsanwalt Graz dürfte in dessen parteipolitischer Vorgeschichte zu finden sein. Der „Standard“ führt dazu aus:

 

„Er war Anfang der 2000er-Jahre unter anderem mit Johannes Frischmann, jetzt Sprecher von Kanzler Sebastian Kurz, im Vorstand der Jungen Volkspartei (JVP). Nach seiner Richteramtsprüfung ging Pirker ins Justizministerium. 2012 kam er ins Kabinett der damaligen Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) – und wurde zum stellvertretenden Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz ernannt. Bedingung für den Job: Er durfte die Stelle nie antreten. Pirker landete also auf einem sogenannten "Mascherlposten" der Justiz, was zu einer Gehaltserhöhung führte. Selbiges war bei der heutigen Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) der Fall, sie landete 2015 auf einem Oberstaatsanwalt-"Mascherlposten".

 

Pirkers Avancement sorgte für Unruhe im Justizministerium. In einem Schreiben an die Ministerin vom 15. November 2012 hieß es wörtlich, das Motiv für die Ausschreibung der Planstelle eines Stellvertreters des Leiters der OStA Graz, das für eine Verwendung im Justizministerium (Zentralleitung) gebunden sei, habe bei Mitarbeitern im Ministerium für "große Irritationen" gesorgt. […]

 

Unterschrieben haben den Protestbrief an die 40 Mitarbeiter, auch hochrangige Beamte des Justizministeriums. Besonders interessant: Auch Karoline Edtstadler setzte ihre Unterschrift unter die – erfolglose – Protestnote. Zur Erinnerung: Edtstadler sollte später selbst einen "Mascherlposten" bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bekommen, im Jahr 2015 unter Wolfgang Brandstetter (ÖVP).

 

Dieser machte Pirker zum Kabinettschef und später zum Generalsekretär – was in Medien als "Upgrade" aus finanziellen Gründen kolportiert wurde.“

 

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Wann genau wurde Herr Pirker dem Kabinett von Justizministerin Karl zugeteilt?

2.    Wann genau wurde Herr Pirker zum stellvertretenden Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz ernannt?

3.    Welche Planstelle hatte Herr Pirker bis zur Ernennung zum stellvertretenden Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz inne?

4.    Ist es zutreffend, dass Herr Pirker die Stelle des stellvertretenden Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Graz nach der Ernennung nie angetreten hat?

5.    In welcher Gehaltsgruppe war Herr Pirker vor dieser Ernennung eingestuft?

6.    In welcher Gehaltsgruppe war Herr Pirker nach dieser Ernennung eingestuft?

7.    Wie hoch war das Bruttomonatsgehalthalt von Herrn Pirker vor seiner Ernennung zum stv. Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz?

8.    Wie hoch war das Bruttomonatsgehalt von Herrn Pirker als stv. Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz?

9.    Welche Auswirkungen hatte die Ernennung von Herrn Pirker zum stellvertretenden Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz auf dessen Gehalt bzw. dessen Bezüge? (Bitte um genaue Aufschlüsselung)

10. Hat Herr Pirker parallel zum Bezug als stellvertretender Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz weitere Bezüge, Zulagen oder Ähnliches erhalten?

a.    Wenn ja, welche Bezüge, Zulagen oder Gehälter?

b.    Wenn ja, bis wann?

11. Wurden an Herrn Pirker Überstunden im Zeitraum seit seiner Ernennung in dieser Funktion ausbezahlt?

a.    Wenn ja, in welchem Umfang?

b.    Wenn ja, wer hat diese genehmigt und mit welcher Begründung?

12. Wurden an Herrn Pirker Spesen, Boni oder Ähnliches seit seiner Ernennung in der Funktion des stv. Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Graz ausbezahlt?

a.    Wenn ja, bitte um genaue Aufschlüsselung.

b.    Wenn ja, wer hat dies veranlasst?

13. Wer hat die Ausschreibung der Position des stellvertretenden Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Graz wann veranlasst? (Bitte um genaue Erläuterung des Prozederes)

14. Wann genau wurde die Funktion ausgeschrieben?

15. Wie viele Bewerber gab es für diese Funktion?

16. Wer gehörte der Begutachtungskommission an?

17. Wann tagte die Begutachtungskommission?

18. Hat es Interventionen oder Ähnliches aus einem anderen Ministerium oder von Seiten der Politik bzw. dem Kabinett im Rahmen des Bewerbungsverfahrens gegeben?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, durch wen und auf Basis welcher Rechtsgrundlage?

19. Welche Voraussetzungen, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Eignungen wurden für die Funktion als stellvertretender Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz gefordert? (Bitte um Aufschlüsselung im Detail)

20. Hat Herr Pirker sämtliche dieser Erfordernisse zur Ernennung in diese Funktion erfüllt?

a.    Wenn nein, auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte dennoch die Ernennung?

21. Haben auch andere Bewerber sämtliche Erfordernisse erfüllt?

a.    Wenn ja welche?

22. Wie fiel die Beurteilung der Begutachtungskommission zu den einzelnen Bewerbern aus?

23. War Herr Pirker in höchstem Maße geeignet?

24. War Herr Pirker der erstgereihte Bewerber?

a.    Wenn nein, wessen Entscheidung war es, ihn dennoch auf diese Position zu ernennen?

25. Erfolgte der Beschluss der Begutachtungskommission einstimmig?

a.    Wenn nein, gab es ein Minderheitengutachten?

26. Ist es richtig, dass die Ausschreibung für die Position an die Verwendung in der Zentralleitung des Ministeriums gebunden war?

a.    Wenn ja, auf welcher rechtlichen Basis wurde dies festgelegt?

b.    Wenn ja, wer hat das veranlasst?

c.    Wenn nein, warum verblieb Herr Pirker dennoch in der Zentralleitung?

27. Gab es einen Aktenvermerk, eine Protestnote oder sonstige Beschwerden im Zusammenhang mit der Ernennung von Herrn Pirker als stv. Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, wie wurde darauf reagiert?

28. Bekleidet Herr Pirker aktuell noch die Planstelle als stellvertretender Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz?

a.    Wenn nein, wie lange bekleidete Herr Pirker diese Planstelle?

29. Bis wann war Herr Pirker dem Kabinett der Bundesministerin Karl oder anderer Bundesminister dienstzugeteilt (Bitte um Aufschlüsselung nach Ministern und Funktion im Kabinett!)

30. Wann und durch wen wurde Herr Pirker zum Generalsekretär des Justizministeriums ernannt?

31. Wann wurde Herr Pirker zum Leiter der Präsidialsektion ernannt?

32. War Herr Pirker zum Zeitpunkt der Ausschreibung und Bewerbung für die Funktion des Leiters der Präsidialsektion dem Kabinett dienstzugeteilt und/oder übte er die Funktion des Generalsekretärs aus?

a.    Wenn nein, welche Funktion übte Herr Pirker sonst in dieser Zeit aus?

33. Wer hat die Ausschreibung der Position des Leiters der Präsidialsektion wann veranlasst? (Bitte um genaue Erläuterung des Prozederes)

34. Wann genau wurde die Funktion ausgeschrieben?

35. Wie viele Bewerber gab es für diese Funktion?

36. Wer gehörte der Begutachtungskommission an?

37. Wann tagte die Begutachtungskommission?

38. Hat es Interventionen oder Ähnliches aus einem anderen Ministerium oder von Seiten der Politik bzw. dem Kabinett im Rahmen des Bewerbungsverfahrens gegeben?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, durch wen und auf Basis welcher Rechtsgrundlage?

39. Welche Voraussetzungen, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Eignungen wurden für die Funktion als Leiter der Präsidialsektion gefordert? (Bitte um Aufschlüsselung im Detail)

40. Hat Herr Pirker sämtliche dieser Erfordernisse zur Ernennung in diese Funktion erfüllt?

a.    Wenn nein, auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte dennoch die Ernennung?

41. Haben auch andere Bewerber sämtliche Erfordernisse erfüllt?

a.    Wenn ja welche?

42. Wie fiel die Beurteilung der Begutachtungskommission zu den einzelnen Bewerbern aus?

43. War Herr Pirker in höchstem Maße geeignet?

44. War Herr Pirker der erstgereihte Bewerber?

a.    Wenn nein, wessen Entscheidung war es, ihn dennoch auf diese Position zu ernennen?

45. Erfolgte der Beschluss der Begutachtungskommission einstimmig?

a.    Wenn nein, gab es ein Minderheitengutachten?