818/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.02.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Klimawandel als Asylgrund

 

„Der Klimawandel darf niemals ein anerkannter Asylgrund werden.“ Dies erklärte der damalige FPÖ-Generalsekretär und heutige FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl im September 2017. Anderenorts hatte Ioane Teitiota1, ein Staatsbürger aus dem pazifischen Inselstaat Kiribati, bereits 20132 versucht, durch Anrufung des neuseeländischen Obersten Gerichtshof als Klimaflüchtling anerkannt zu werden - vergebens. Ioane Teititoa hatte zwar für Neuseeland ein Aufenthaltsvisum, dies war aber abgelaufen. Er wurde daher 2015 zwangsweise außer Landes gebracht. 

Seinen Anspruch auf Asyl begründete Teitiota mit der Genfer UN-Flüchtlingskonvention aus 1951, also mit einem völkerrechtlichen Vertrag, der lange Zeit bevor Klimawandel auf der politischen Tagesordnung stand, ausgehandelt wurde. Die UN-Flüchtlingskonvention sieht fünf Asylgründe vor, nämlich die Verfolgung aufgrund: der Hautfarbe, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Meinung. Der Klimawandel gehört nicht zu diesen Asylgründen.

Doch Ioane Teitiota ließ nicht locker: Im Februar 2016 brachte er eine Beschwerde beim Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen3 ein. Auch dieser wies Ioane Teitiotas Anspruch ab, doch dem Grunde nach gab er ihm Recht: In einer vom Menschenrechtsausschuss selbst als „historisch“ bezeichneten Entscheidung4 vom 7. Jänner 2020 erklärte das Menschenrechtskomitee den Klimawandel zum anerkannten Fluchtgrund. In der Begründung5 berief man sich auf das in Art. 6 Abs. 1 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte6 verbrieften Recht auf Leben.

Österreich hat den rechtsverbindlichen Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ebenso ratifiziert, wie das dazu gehörende 1.Fakultativprotokoll7, durch welches Individualbeschwerden an den Menschenrechtsausschuss erlaubt wurden. Österreich hat dieses Fakultativprotokoll allerdings mit dem Vorbehalt ratifiziert, dass der Menschenrechtsausschuss keine Prüfungskompetenz bei Beschwerden hat, die bereits von der Europäischen Kommission für Menschenrechte geprüft worden sind. 

Der Menschenrechtsausschuss besteht laut Art. 28 Abs. 1 des Paktes8 aus 18 Mitgliedern9, die für vier Jahre gewählt werden. Aufgrund der Entscheidung des Ausschusses im Fall Teitiota könnte in Verbindung mit Art. 40 des Paktes argumentiert werden, dass Österreich einen Bericht über die Umsetzung des Rechtes auf Klimaasyl vorzulegen hat. 

Österreich hat auch im Sinne des Art.41 des Paktes erklärt, dass es die Zuständigkeit des Ausschusses für Menschenrechte zur Entgegennahme und Prüfung von Mitteilungen anerkennt, in denen ein Vertragsstaat geltend macht, ein anderer Vertragsstaat komme seinen Verpflichtungen aus dem Pakt nicht nach. Ein Staat könnte also die Behauptung aufstellen, Österreich verletzte Art. 6 des Paktes, weil es keine Klimaflüchtlinge aufnimmt. Darüber hinaus könnten natürlich österreichische Behörde mit Asylanträgen, die auf dem Klimawandel gestützt werden, konfrontiert werden.

Laut Ministerratsvortrag GZ. BMEIA-AT.4.15.10/0154-IV.5c/2018 vom 30. Oktober 2018 hat Österreich den UN-Migrationspakt u.a. deswegen abgelehnt, weil es „Ansiedlungsoptionen für Klimaflüchtlinge“ zurückweist. Außenminister Schallenberg hat am 12. Jänner 2020 die ablehnende Haltung Österreichs zum Migrationspakt bekräftigt.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

Anfrage

 

1)    Ist dem Außenministerium die gegenwärtige Entscheidung des UN-Menschenrechtsausschuss bekannt?

a.    Wenn ja, wie bewertet ihr Ressort die oben genannten Tatsachen?

b.    Wenn ja, wie bewertet ihr Ressort die vom UN-Menschenrechtsausschuss genannte Begründung?

c.    Wenn ja, wie gedenkt ihr Ressort mit dieser Entscheidung umzugehen?

d.    Wenn ja, wird die Entscheidung in Österreich anerkannt?

e.    Wenn nein, warum nicht?

 

2)    Wird das Außenministerium den in Art.40 des Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte den verpflichteten Bericht über den Fortschritt der Maßnahmen, die sie zur Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte getroffen wurden, abgeben?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen wurden bisweilen getroffen?

b.    Wenn ja, wird der Fall Ioane Teitiota im Bericht berücksichtig und bewertet?

c.    Wenn ja, wie wurde der Fall Ioane Teitiota seitens ihres Ressorts bewertet?

d.    Wenn nein, warum nicht?

 

3)    Wird sich das Außenministerium weiterhin dafür einsetzen, dass die „Ansiedlungsoption für Klimaflüchtlinge“ keine Option für Österreich sein wird?

a.    Wenn ja, wie wäre die Argumentation, wenn ein anderer Vertragsstaat nach Art. 41 des Paktes, der Republik Österreich vorwirft, den Verpflichtungen nach Art. 6 des Paktes nicht nachkommt?

b.    Wenn nein, warum nicht?

 

4)    Sind dem Außenministerium ähnliche Fälle bekannt, bei welchen Menschen,  aufgrund von Umwelt,- Natur-, und Klimagegebenheiten um Asyl angesuchten haben, abgelehnt wurden, und vor dem UN- Menschrechtsausschuss Beschwerde eingelegt haben (sowohl national als auch international)?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, wie viele?

c.    Wenn ja, wie waren die jeweiligen Entscheidungen?

 

5)    Wird Österreich am rechtsverbindlichen Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, welches unter dem  Vorbehalt ratifiziert wurde, dass  der Menschenrechtsausschuss keine Prüfungskompetenz bei Beschwerden, die bereits von der Europäischen Kommission für Menschenrechte geprüft worden sind, festhalten?

a.    Wenn nein, warum nicht?

 

6)    Wie steht das Außenministerium dazu, den Klimawandel bzw. unzumutbare Umwelt,- Natur-, und Klimagegebenheiten als sechste von derzeit fünf angeführten Asylgründen in die UN-Flüchtlingskonvention aufzunehmen?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Weiterführende Informationen:

 

1https://en.wikipedia.org/wiki/Teitiota_v_Chief_Executive_Ministry_of_Business,_Innovation_and_Employment

 

2https://kurier.at/chronik/weltchronik/schlappe-fuer-klimafluechtling-aus-kiribati-in-neuseeland/37.665.224

 

3 https://www.ohchr.org/en/hrbodies/ccpr/pages/ccprindex.aspx

 

4https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=25482&LangID=E

 

5https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CCPR/C/127/D/2728/2016&Lang=en

 

6https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000627

 

7https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000963

 

8https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000627

 

9https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/CCPR/Pages/Membership.aspx