833/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.02.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper und Dr. Johannes Margreiter Kolle-ginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Überlange Dauer des Ermittlungsverfahrens gegen die Leiterin der WKStA und drei OberstaatsanwältInnen iZm des Causa BVT

 

 

 

Wie seit längerem bekannt ist, werden aufgrund mehrerer Anzeigen von der Staatsanwaltschaft Korneuburg Ermittlungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen die Leiterin der WKStA Mag. Vrabl-Sanda und drei weitere OberstaatsanwältInnen im Zusammenhang mit der Verfahrensführung der WKStA in der Causa BVT geführt.

 

Kern der Anzeige dürfte die - später durch das OLG Wien - für rechtswidrig erachtete Durchsuchung sein. Eine auf konkrete Umstände bezugnehmende Einleitungsverständigung ist trotz der eindeutigen Norm des § 50 StPO nicht erfolgt, sondern hat die StA Korneuburg das Verfahren - gemessen an der Brisanz der Vorwürfe und der Beschuldigten - in besorgniserregend schwammiger Art mit "Amtsmissbrauch im Zusammenhang mit dem Strafverfahren BVT" begründet.

 

Dies ist aus mehreren Gründen zu hinterfragen:

Erstens gab es unmittelbar nach Bekanntwerden der Durchsuchung eine intensive monatelang andauernde dienstaufsichtbehördliche Prüfung der internen Vorgänge der WKStA, welche trotz Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen zum Ergebnis gelangte, dass keinerlei Dienstpflichtverletzungen gesetzt wurden.

Zweitens hat das Oberlandesgericht die Annahme eines Tatverdachtes ausdrücklich bejaht und lediglich die Durchsuchung als unverhältnismäßig erachtet, weil Amtshilfe auch möglich gewesen wäre. Die WKStA hatte die Entscheidung von der Möglichkeit der Amtshilfe abzusehen jedoch mit mehreren früheren Entscheidungen des OLG Wien argumentiert, in welchen Durchsuchungen in Ämtern/Behörden für rechtmäßig erklärt wurden, weil die Amtshilfe bei Betroffenheit der höchsten Amtsträger der jeweiligen Einheit nicht in Betracht komme (so etwa bezugnehmend auf eine Durchsuchung im Schloss Mirabell iZm dem Salzburger Finanzskandal). Eine wissentlicher Fehlgebrauch einer Befugnis bzw. ein Schädigungsvorsatz waren somit nie indiziert.

Drittens wurde die Anordnung aber auch von einem Haft- und Rechtschutzrichter  genehmigt, sodass die Staatsanwälte der WKStA auch deshalb davon ausgehen durften, diese sei zulässig.

Damit nicht genug, hat die StA Korneuburg aber auch keine wirklichen Ermittlungen geführt und keine/n einzige/n ZeugIn oder Beschuldigten auch nur eingeladen Fragen zu beantworten. Das somit nur zum Schein geführte Verfahren beschränkte sich auf die Beischaffung der Protokolle des Untersuchungsausschusses, wobei dort bis auf die Beschuldigten selbst naturgemäß keine Auskunftspersonen befragt wurden, welche zu den Hintergründen der Erstellung der Anordnung Wahrnehmungen haben könnten. Die einzige erfolgte Maßnahme erweist sich somit als völlig ungeeignet zur Aufklärung der - ohnehin nicht gegebenen - "Verdachtslage".

 

Dieses Vorgehen der StA Korneuburg dauert bis heute an und das Verfahren ist nach weit über einem Jahr ohne Ermittlungen noch immer nicht beendet worden.

 

Ein Mail des als Spitze der Fachaufsicht für dieses Verfahren verantwortlichen SC Pilnacek deutet darauf hin, dass das Verfahren wohl aus sachfremden (vlt mit der Anzeige in der Causa Eurofighter zusammenhängenden) Gründen fortgesetzt und nicht beendet wird.

 

SC Pilnacek hat nämlich bereits im November 2018 deutlich an den als Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien verantwortlichen Mag. Johann Fuchs kommuniziert, dass er keinen Anfangsverdacht erkennen kann und er dies auch schon zuvor geäußert habe.

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Wieso Mag. Fuchs nach diesem E-Mail nicht umgehend auf eine rasche Beendigung des Verfahrens gedrungen hat und entsprechende Weisungen erteilt hat, ist unergründlich und stellt jedenfalls die Frage einer konsequenten straf- disziplinar- und dienstrechtlichen Prüfung in den Raum. Dies auch insbesondere deshalb, weil er als zuständiger LOStA auch in die dienstaufsichtsbehördliche Prüfung im Anschluss an die Durchsuchung eng eingebunden war und daher ihm - genauso wie SC Pilnacek - seit Sommer 2018 klar war, dass keinerlei Dienstpflichtverletzungen ersichtlich waren. Wenn nun schon keine "kleinen" Dienstpflichtverletzungen bei einer - verglichen mit dem "Verfahren" der StA Korneuburg - viel genaueren Prüfung hervorgekommen sind, bleibt für strafrechtliche Vorwürfe erst recht kein Platz.

Mehr als befremdlich ist aber auch der Umstand, dass es SC Pilnacek, dr nach § 29a StAG verpflichtet ist, die Berichte der Oberstaatsanwaltschaften zu prüfen und gegebenenfalls die erforderlichen Weisungen zu erteilen, trotz seiner klaren Einschätzung, dass ein Strafverfahren ohne Anfangsverdacht eingeleitet wurde, mit einem bloßen Mail an Mag. Fuchs bewenden lässt. Weiters ist zu hinterfragen, warum SC Pilnacek nicht spätestens einige Wochen nach dem Mail urgierte, wie der Stand ist und zumindest dann selbst die entsprechenden Weisungen erteilte.

Dieses Verfahren hätte angesichts der Brisanz und Tragweite einer besonders raschen Klärung zugeführt werden müssen. Dies hat der Justizminister Jabloner zuletzt jedenfalls mit Bezug auf die Anzeige gegen SC Pilnacek in der Causa Eurofighter klargestellt (vgl. Anfragebeantwortung...).

Wieso all dies für diese Causa nicht gelten soll, ist nicht nachvollziehbar und bedarf daher besonders im Lichte der zuletzt medial bekannt gewordenen Tätigkeiten und Aussagen von SC Pilnacek und Bundeskanzler Kurz dringender Aufklärung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie ist der aktuelle Stand des Ermittlungsverfahrens gegen die Leiterin der WKS-tA und die drei OberstaatsanwältInnen?

2.    Wie erklären Sie die lange Verfahrensdauer?

3.    Wie lief das Verfahren bisher ab? 

4.    Wieso unterblieb bisher eine dem § 50 StPO entsprechende Einleitungsverstän-digung über den konkreten Tatverdacht?

5.    Wann wurden welche Ermittlungsschritte gesetzt?

6.    Wieso wurden keine Ermittlungshandlungen gesetzt?

7.    Wieso hat man nicht einmal die Beschuldigten einvernommen?

8.    Haben Beschuldigte ihre Bereitschaft und/oder ihren Wunsch geäußert, einvernommen zu werden?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wie wurde auf dieses Begehren jeweils wann wie reagiert?

9.    Wieso unterblieb deren Einvernahme bis zuletzt?

10. Ist es richtig, dass in der StA Korneuburg das Referat des zuständigen Staatsanwaltes gesperrt wurde, damit sich dieser mit vollem Einsatz dieser Aktenbearbeitung widmen kann?

a.    Wenn ja, wann geschah dies?

b.    Ist es richtig, dass sogar ein zweiter Staatsanwalt beigestellt wurde, um schneller ermitteln zu können?

11. Ist das Verfahren gegen den Haftrichter eingestellt worden?

a.    Wenn ja, warum und wann?

b.    Wenn ja, aufgrund seines Einstellungsantrages durch richterlichen Beschluss?

c.    Wenn ja, wann? 

12. Warum wurde das Verfahren gegen den Haftrichter isoliert betrachtet und nicht auch gegen die Mitbeschuldigten das Verfahren eingestellt?

13. Gab es schon vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens ein dienstaufsichtsbehördliches Verfahren des BMJ?

a.    Wenn ja, wer leitete dieses?

b.    Wenn ja, welche Ergebnisse ergab die Prüfung ?

14. Wurden Hinweise auf disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Vorwürfe gefunden?

a.    Wenn ja, wann wurde Anzeige iSd § 78 StPO erstattet?

b.    Wenn nein, wieso wurde das Ergebnis der Prüfung nicht der StA Korneuburg zur Kenntnis gebracht?

15. Welche Informationsquellen wurden für die dienstaufsichtsbehördliche Prüfung herangezogen? Bitte um detaillierte Auflistung (etwa: Berichte, Ermittlungsakt BVT, Tagebücher etc.)

16. Standen diese Informationsquellen auch der StA Korneuburg zur Verfügung?

a.    Wenn nein, wieso hat SC Pilnacek oder LOStA Mag. Fuchs nicht diese Quellen (im Zuge der Amtshilfe) zur Verfügung gestellt bzw. die StA Korneuburg auf diese Möglichkeit hingewiesen, um eine rasche und umfängliche Prüfung zu gewährleisten?

17. Wie erklären Sie es, dass die - laut SC Pilnacek ohnehin nicht indizierten - Vorwürfe aufgrund der bloßen Grundlage von UA-Protokollen ermittelt werden sollen?

18. Wann war SC Pilnacek bekannt, dass kein Anfangsverdacht vorliegt?

19. Wann war LOStA Fuchs bekannt, dass kein Anfangsverdacht vorliegt?

20. Ist die Anzeige bei der OStA Wien eingebracht worden?

a.    Wenn ja, war zum damaligen Zeitpunkt bereits die dienstaufsichtsbehördliche Prüfung abgeschlossen?

b.    Wenn ja, wieso wurde dann die Anzeige der StA Korneuburg zugewiesen und nicht im eigenen Bereich - mangels Anfangsverdachtes - zurückgelegt?

21. Wie beurteilen Sie die von LOStA Fuchs erwähnte "Qualitätssicherung" (@allamuegyesz1, tweet vom 9.2.2020) in diesem Fall?

22. Sind die Beschuldigten in ihrem Recht auf beschleunigte Verfahrensführung iSd § 9 StPO geschädigt worden?

a.    Wenn ja, wer ist dafür verantwortlich?

b.    Welche Maßnahmen gedenken Sie gegen die dafür Verantwortlichen zu setzen?

23. Wieso hat LOStA Mag. FUCHS trotz der ihm klar kommunizierten Vorgehenswei-se nichts unternommen, um auf eine rasche Beendigung zu dringen?

24. Lag bei ihm nach der Anzeigeerstattung gegen ihn in der Causa Eurofighter Befangenheit vor?

a.    Wenn ja, warum hat man ihm nicht die Fachaufsicht entzogen?

b.    wenn nein, warum nicht?

25. Hat er diese wahrgenommen oder ist dies Ursache für die lange Verfahrensdauer ohne Vorliegen eines Tatverdachts?

26. Ist LOStA Fuchs in Anbetracht dieser Vorkommnisse noch länger in seiner Funktion, die für Qualitätssicherung und Effizienz im Strafverfahren sorgen sollte, tragbar?

a.    Wenn ja, warum? 

b.    Wenn nein, wann wird er der Funktion enthoben?

27. Hat SC Pilnacek trotz seiner offengelegten Rechtsansicht, dass kein Anfangsverdacht vorliegt, keine Maßnahmen gesetzt um auf eine rasche Beendigung des Verfahrens zu dringen?

a.    Wenn nein, warum nicht? 

b.    Wenn ja, wann?

28. Welche Maßnahmen setzte SC Pilnacek in der Folge, um das Verfahren zu be-endigen?

29. Ist es üblich, dass nach Prüfung des Informationsberichtes bloß eine Email an die zuständige OStA ergeht, nicht aber eine klare schriftliche Weisung iSd § 29a StAG?

30. Lag bei ihm nach der Anzeigeerstattung gegen ihn in der Causa Eurofighter Befangenheit vor?

a.    Wenn ja, warum hat man ihm nicht die Fachaufsicht entzogen?

b.    wenn nein, warum nicht?

31. Hat er diese wahrgenommen oder ist diese Ursache für die lange Verfahrensdau-er ohne Vorliegen eines Tatverdachts?

32. Ist SC Pilnacek in Anbetracht dieser Vorkommnisse noch länger in seiner Funkti-on, die für Qualitätssicherung und Effizienz im Strafverfahren sorgen sollte, tragbar?

a.    Wenn ja, warum? 

b.    Wenn nein, wann wir er der Funktion enthoben?

33. Haben Sie aus Anlass dieser Anfrage und der bekannt gegebenen Umstände eine konsequente straf- disziplinar- und dienstrechtliche Prüfung in Auftrag gegeben?

a.    Wenn ja, wann mit welchen Ergebnissen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

34. Ist dieses in der Causa zu Tage getretene Versagen nicht nur der StA Korneuburg, sondern insbesondere auch der Fachaufsicht durch LOStA Mag. Fuchs und SC Pilnacek Anlass für eine Evaluierung der Vorgehensweise der Fachaufsicht im Allgemeinen?

a.    Wenn ja, wer wird diese Evaluierung wann vornehmen?

b.    Wenn ja, sollen dafür externe Beratungsunternehmen beigezogen werden?

c.    Wenn nein, wie viele Fälle unvertretbarer Verzögerungen in der Fachaufsicht müssen noch geschehen bis geeignete Maßnahmen zur Unterbindung derartiger Auswüchse ergriffen werden?

35. Wie wollen Sie in Zukunft StaatsanwältInnen vor derartig willkürlich "geführten" Strafverfahren schützen?