837/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.02.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Lausch, Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Terrorverdächtige aus Haft entlassen

 

Am 10.2.2020 wurde in der Tageszeitung die Presse unter anderem folgendes berichtet

 

Graz. Zwei Terrorverdächtige sind am Montag in Graz aus der Untersuchungshaft "mangels Vorliegens eines dringenden Tatverdachts" entlassen worden. Das teilte das Landesgericht Graz mit. Die mutmaßlichen Komplizen des 24-jährigen Sergio P., der wegen terroristischer Vereinigung schon zwei Mal verurteilt worden war, waren im Vorjahr festgenommen worden.

Die beiden Tschetschenen im Alter von 25 und 31 Jahren wurde vorgeworfen, an den Plänen für Terror-Anschläge in Wien, Salzburg und weiteren europäischen Staaten beteiligt gewesen zu sein. Diese hätten zwischen Weihnachten und Neujahr stattfinden sollen, hieß es. Ursprünglich war in dieser Causa von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ermittelt worden, ehe die Untersuchungen nach Graz delegiert wurden.

Über die beiden Verdächtigen war am 12. Dezember vom Landesgericht Wiener Neustadt die U-Haft verhängt worden. Deren Verteidiger hatten Haftbeschwerden eingebracht, weshalb das Oberlandesgericht (OLG) Graz deren Enthaftung anordnete. Denn die Beweislage gegen die beiden Männer dürfte dürftig sein. In dem sechsseitigen OLG-Beschluss heißt es, aus den Observationsberichten sei "nichts Verdachtserhärtendes" zu gewinnen und aus der ausgewerteten Telefonüberwachung resultiere "aktuell kein dringender Tatverdacht". In Bezug auf den 31-Jährigen kommt das Grazer OLG zum Schluss, dass bei diesem keine Hinweise auf Sympathien für den IS, "geschweige auf von diesem (mit)geplante Anschläge" vorliegen.

Hinsichtlich des 25-Jährigen führt das OLG ebenfalls aus, es gebe "keine Hinweise auf gemeinsame Planung [...] von Sprengstoffanschlägen". Verdachtsmomente, der Mann könnte zu Hause mittels Kochtöpfen Nagelbomben gebastelt haben, hätten sich im Zuge einer Hausdurchsuchung zerschlagen. Ein Sprengstoffhund der Polizei fand "keine Anzeichen für 'Bombenbauen'", hält das OLG fest. Die Kochtöpfe hätten "als Behältnis für eine kaukasische Speise" gedient. Zwar seien in der Wohnung des 25-Jährigen in einem Staubsauger-Beutel geringe Mengen Nitroglycerin gefunden worden, doch diese Substanz könne auch von Medikamenten stammen, räumte das OLG ein. Der 25-Jährige ist professioneller Sportler und als Mixed-Martial-Arts-Kämpfer verletzungsanfällig.

Für Wolfgang Blaschitz, den Verteidiger des 25-Jährigen, ist mit der nunmehrigen Entscheidung des Grazer OLG erwiesen, dass die Anschuldigungen gegen seinen Mandanten jeglicher Grundlage entbehren. "Es handelt sich um eine reine Verleumdung des Mithäftlings von Sergo P.", sagte Blaschitz. Florian Kreiner, der Vertreter des 31-Jährigen, bezeichnete es als "unverständlich", dass die Justiz mit dieser Beweislage eine immerhin zweimonatige U-Haft rechtfertigte.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundes-ministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

1.    Warum wurden die Ermittlungen von Wiener Neustadt nach Graz delegiert?

2.    Die Tatverdächtigen wurden „mangels eines dringenden Tatverdachts“ enthaftet, gibt es trotzdem Hinweise auf Verdachtsfälle?

a.    Wenn ja, welche?

3.    Gibt es Hinweise auf Planung von Terror – Anschlägen?

a.    Wenn ja, welche?

4.    Gibt es Hinweise, dass die beiden Tatverdächtigen einer radikalen muslimischen Gruppe angehören?

a.    Wenn ja, welcher?

b.    Wenn ja, warum wurden sie dann enthaftet?

5.    Gibt es Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen?

a.    Wenn ja, welche?

6.    Welche Staatsangehörigkeit haben die beiden Tatverdächtigen?

7.    Wurde von den Ermittlungsbehörden Polizei oder Staatsanwaltschaft auch mit ausländischen Behörden zusammengearbeitet?

a.    Wenn ja, mit wem?

b.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Weisen die Tatverdächtigen Verurteilungen in anderen europäischen Staaten auf?

a.    Wenn ja, wo?

b.    Wenn ja, welche Delikte?

9.    Waren die beiden Tatverdächtigen bei Anschlägen im Ausland beteiligt?

a.    Wenn ja, wo?

10. Wurden die beiden Tatverdächtigen im Ausland mit Terroranschlägen in Verbindung gebracht?

a.    Wenn ja, wo?

b.    Wenn ja, in welchem Zusammenhang?

11. Gibt es trotzdem noch Verdachtsmomente, oder konnten sie gänzlich ausgeräumt werden?

a.    Wenn ja, welche?

12. Gab es gegen die beiden Verdächtigen Beweise?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum wurden sie verhaftet?

13. Hatten die beiden Tatverdächtigen Kontakt mit Sergo P.?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, wo?

c.    Wenn ja, in welcher Form?

14. Kennen die beiden Tatverdächtigen Sergo P.?

a.    Wenn ja, woher?

15. Welche Beweise führten zur Verhaftung?

16. Was ist das Resultat der Telefonüberwachung?

17. Gibt es bei den beiden Tatverdächtigen Sympathien für den IS?

18. Welche Mengen von Nitroglycerin wurden bei dem 25-jährigen Tatverdächtigen gefunden?

19. Warum gerieten die beiden unter Verdacht den Ausbruch von Sergo P. geplant zu haben?

20. Wurden die beiden Tatverdächtigen abgeschoben oder in die Staaten ihrer Staatsbürgerschaft rückgeführt?

21. Ist die Abschiebung bzw. Rückführung in Planung?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, wohin?

c.    Wenn nein, warum nicht?

22. Werden die beiden Tatverdächtigen nach der Entlassung unter Beobachtung stehen?

23. Gibt es für die beiden Tatverdächtigen Auflagen nach ihrer Enthaftung?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht?

24. Wurden die Reisepässe der beiden Tatverdächtigen eingezogen?

Wenn nein, warum nicht?