877/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.02.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Philip Kucher,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

betreffend Think Austria

Unter Schwarz-Blau kam es statt dem versprochen „Sparen im System" zu einer Kostenexplosion im Politapparat. Wenn es um die Ausstattung der politischen Büros bzw. der Pressestellen ging, war der Kurz-Strache Regierung nichts zu teuer. So berichtete beispielsweise „Die Presse", dass die Regierung Bierlein mit rund der Hälfte (!) an politischen MitarbeiterInnen ausgekommen war.[1]

Im September 2019 berichtete die Kleine Zeitung bereits über den Personalhöchststand unter Türkis-Blau. Hier wurde gut dokumentiert, dass im Vergleich zur Vorgängerregierung unter Christian Kern die Anzahl an politischen KabinettsmitarbeiterInnen unter Sebastian Kurz um 80% gestiegen ist.[2]

Bereits heute zeichnet sich ab, dass unter Schwarz-Grün die Rekordausgaben von Schwarz-Blau übernommen werden. Die Regierung wurde vergrößert, die teuren GeneralsekretärInnen - von der Regierung Bierlein wieder abgeschafft - werden neu besetzt. Aber das reicht offenbar nicht: Auch der obskure Think Tank für Sebastian Kurz „Think Austria" wird wiedereingesetzt. Der Think Tank hat sich in der Vergangenheit insbesondere dadurch ausgezeichnet, dass die MitarbeiterInnen zumeist eine gemeinsame parteipolitische Vergangenheit in der JVP hatten. Mit einer „unabhängigen Denkfabrik" hat ein solches Konstrukt also nichts zu tun.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehende

Anfrage:

1)     Wie beurteilen Sie als Bundesminister für u.a. den öffentlichen Dienst eine Denkfabrik im Bundeskanzleramt, die sich in der Vergangenheit insbesondere dadurch ausgezeichnet hat, dass deren MitarbeiterInnen zum größten Teil in der JVP aktiv waren aber kaum akademischen Track-Record nachzuweisen hatten?

2)     Sollten in modernen Demokratien nicht unsere Universitäten die Rolle von tatsächlich unabhängigen Denkfabriken einnehmen?

3)     Wäre es daher nicht zweckmäßiger, dafür zu sorgen, prekäre Arbeitsverhältnisse gerade für Jungwissenschafterlnnen an den Universitäten zu verbessern?

4)     Wozu benötigt man einen teuren Think Tank, wenn man klare Vereinbarungen im Regierungsprogramm niedergeschrieben und für diverse Projekte entsprechende Arbeitsgruppen eingerichtet hat?

5)     Was werden Sie als Minister für Öffentlichen Dienst tun, um zu verhindern, dass Think Austria zu einer reinen ÖVP-Propagandamaschine wird?

6)     Haben Sie vor - wie Ihr Vorgänger Heinz-Christian Strache - ebenfalls einen Think Tank einzurichten?

a.      Wenn nein, wie hoch beziffern Sie das Einsparungspotential im Vergleich zu Ihrem Vorgänger?

b.     Wenn ja, wie hoch beziffern Sie die Kosten dafür?

7)     Gibt es eine Vereinbarung zwischen Ihnen und dem Bundeskanzler zur Fortführung von Think Austria?

a.      Gibt es dazu einen Side-Letter?

b.     Wenn ja, bitte um detaillierte Darstellung der Vereinbarung.

8)     Wie viele Planstellen werden Sie als Minister für öffentlichen Dienst für Think Austria genehmigen?

a.      Sollen diese Planstellen öffentlich ausgeschrieben werden?

9)     Welche fachlichen Anforderungen müssen potentielle MitarbeiterInnen von Think Austria erfüllen?

a.      Ist es für Sie vereinbar, dass potentielle MitarbeiterInnen früher in parteipolitischen Funktionen tätig waren?

b.     Welche Qualifikationen müssen diese mitbringen?

i.       Benötigen sie einen akademischen Abschluss?

ii.       Gibt es Kriterien bzgl. Erfahrungen im Wissenschaftsbetrieb?

iii.        Gibt es Kriterien bzgl. Publikationsdichte?

10)In welchen Bereichen wird Think Austria Ihrer Kenntnis nach „forschen"?

a.      Wird/soll Think Austria Vorschläge zur Klimapolitik machen?

b.     Wird/soll Think Austria Vorschläge zur Sozialpolitik machen (z.B.: Mindestsicherung oder Pensionen)?

c.      Wird/soll Think Austria Vorschläge im Bereich der Steuerpolitik machen?

11)Halten Sie es für vereinbar, dass die Leiterin der Stabstelle - Antonella Mei-Pochtler - im Jahr 2017 auf der ÖVP-Seite in der Fachgruppe „Wirtschaft und Entbürokratisierung" verhandelt hat?

12)Ist Ihnen ein anderes europäisches Land, in dem ein vergleichbarer - in der Vergangenheit parteipolitisch besetzter - Think Tank im Bundeskanzleramt eingerichtet wurde?



[1] https://www.diepresse.com/5673781/kabinett-bierlein-kommt-mit-halb-so-vielen-mitarbeitern-aus

[2] https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5684678/Personalhoechststand Tuerkisblau-2019--mit-80-
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