947/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.02.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler

betreffend Gesteuerte Kommunikation der Bundesregierung

 

Die Übergangsregierung von Dr. Brigitte Bierlein hat das Budget für Regierungswerbung im dritten Quartal 2019 um rund ein Drittel gesenkt. Im Juli, August und September betrugen die Ausgaben für Inserate und andere Werbeträger nur rund 4,4 Millionen Euro. Die türkis-blaue Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte laut KommAustria im Vergleichszeitraum noch rund 6,5 Millionen für Werbezwecke ausgegeben. In Österreich sind die Budgets für Regierungsinserate und Werbung durch öffentliche Stellen verglichen mit anderen europäischen Staaten extrem hoch.

Laut Medienrechtsexpert_innen sind viele solcher Inserate nur schwierig in Einklang mit dem Medientransparenzgesetz zu bringen. Zudem schnellen die Werbeausgaben von Ministerien in den Monaten und Wochen vor Wahlen meist massiv in die Höhe, insbesondere in Boulevardmedien. Nicht zu Unrecht wird daher regelmäßig öffentlich der Verdacht geäußert, Politiker_innen in Regierungsverantwortung würden sich hierzulande durch "versteckte Presseförderungen" wohlgesonnene Berichterstattung „erkaufen" und auf diesem Wege Unsummen von Steuergeld verschwenden.

Ein Beispiel: Wie im Mai 2019 aus der Beantwortung einer NEOS-Anfrage durch den damaligen Sportminister Heinz-Christian Strache hervorging, hatte dieser seit seiner Angelobung insgesamt 254.000 Euro für Inserate in "Krone", "Österreich", "Heute" und "Kurier" ausgegeben, in denen er heimischen Wintersportler_innen zu ihren Erfolgen gratulierte. Der allgemeine Nutzen derartig kostspieliger Medienkampagnen ohne großen Informationsgehalt ist höchst fraglich, mit strategischer Kommunikationsarbeit im Interesse der Gesamtbevölkerung haben sie wohl wenig gemein.

Etwa stufte Medienrechtler Michael Kogler, der als stellvertretender Leiter der juristischen Abteilung für Medienangelegenheiten im Bundeskanzleramt das Medientransparenzgesetz mitverfasst hatte, Straches Inserate in der "Zeitschrift für Informationsrecht" als "bedingt brauchbar" ein: "Worin für die nicht dem Olympiateam angehörenden Durchschnittsbürger der Nutzen der vom Sportminister per Inserat ausgedrückten 'Herzliche(n) Gratulation zum großen Erfolg!' an das 'Youth Olympic Team Austria' zu seinen insgesamt elf Medaillen bei den Olympischen Jugend-Sommerspielen läge, sodass das Inserat aus öffentlichen Geldern finanziert werden muss", sei nicht eindeutig zu erkennen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie ist das Kommunikations- und Medienbudget des BMEUV strukturiert?

a.    Welche Abteilungen verwalten welche Etats?

b.    Wer sind namentlich die Verantwortlichen für die verschiedenen Etats?

c.    Welche Person in welcher Funktion entscheidet final über die Schaltung kostenpflichtiger Beiträge (inkl. Anzeigen, Werbungen, bezahlte Reportagen etc.)?

2.    Wie hoch ist das Budget des Ministeriums für die Gesamtkommunikation im Jahr 2020?

a.    Wie viel davon ist Kommunikations- und wie viel Medienbudget?

b.    Wie viel davon entfällt auf Inserate in Zeitungen und Zeitschriften?

c.    Wie viel davon ist für österreichische Online-Plattformen vorgesehen?

d.    Wie viel davon ist für ausländische Online-Plattformen wie Facebook, Instagram etc. vorgesehen?

e.    Wie viel davon wird im ORF platziert?

f.      Wie viel davon wird in Privatsendern platziert?

g.    Welche anderen Ausgaben für Kommunikation sind geplant?

h.    Wie hoch sind die Kosten für entsprechendes Equipment (Kameras, Software, Abonnements, Reisekosten etc. - inklusive Arbeitsmittel und Infrastruktur der Mitarbeiter_innen)?

i.      Wie hoch sind die Kosten für Reisebegleitungen durch Journalisten_innen? 

3.    Erhalten Bundesminister_innen Medientrainings?

a.    Wenn ja, wie hoch sind die Kosten für Medientrainings der Minister_innen (jedes/jeder einzelnen) für die Jahre 2015 bis heute ausgefallen?

                                  i.    Bitte um Auflistung und Aufteilung nach Person und Trainingskosten je Kalenderjahr.

b.    Wenn ja, wo fanden die diversen Trainings statt?

c.    Wenn ja, wie lange dauerte jedes Training?

d.    Wenn ja, wer war jeweils Trainer_in?


4.    Wie viele Mitarbeiter_innen beschäftigt die Kommunikationsabteilung?

a.    In welche Abteilungen bzw. Unterabteilungen ist die Kommunikationsabteilung organisiert?

b.    Was ist die Aufgabe der unterschiedlichen Abteilungen bzw. Unterabteilungen?

c.    Wer sind die jeweiligen Leitungspersonen?

d.    Wie lange arbeiten die Leitungspersonen bereits in ihrer Tätigkeit?

e.    Gibt es eine Abteilung, die zentral für alle anderen die Konditionen mit dem jeweiligen Medium verhandelt oder tun dies die einzelnen Abteilungen selbstständig?

f.      Welche Personen (namentlich und mit Funktionsbezeichnung) haben die Key-Accounts für welche Medien?

5.    Hat Bundeskanzler Sebastian Kurz jemals selber die Konditionen für die Schaltung kostenpflichtiger Beiträge (inkl. Anzeigen, Werbungen, bezahlte Reportagen etc.) verhandelt?

a.    Wenn ja, mit welchen Medien und mit welchen Personen?

b.    Wenn ja, wie oft traf sich Bundeskanzler Sebastian Kurz im letzten Jahr mit Chefredakteur_innen, Herausgeber_innen oder Eigentümer_innen österreichischer Medien?

                                  i.    Wann und wo haben diese Treffen stattgefunden?

                                ii.    Wie lange dauerten sie jeweils?

                               iii.    Wer waren die beteiligten Personen? (Bitte auch explizit jene Personen benennen, die nicht dem Ministerium oder dem jeweiligen Medium zuzurechenen sind; d.h. externe Berater_innen etc.)

c.    Wenn nicht, welche Mitarbeiter_innen des Ministeriums treffen sich regelmäßig (d.h. öfter als halbjährlich) mit Chefredakteur_innen, Herausgeber_innen oder Eigentümer_innen von Medien?

6.    Gibt es im Bundeskanzleramt eine Stelle, die sich strategisch mit der Bewerbung von Themen in der Öffentlichkeit beschäftigt und werden dort Inseratenbuchungen geprüft?

7.    Wer überprüft die Kosten von Inseratenbuchungen? Gibt es dafür eine eigene Medienagentur?

8.    Wurde in den letzten fünf Jahren überprüft, ob das jeweilige Kommunikationsziel erreicht wurde?

a.    Wenn ja, bitten wir um Zusendung der verschiedenen Analysen und Auswertungen.

b.    Wenn ja, mit welchen Methoden wurden die Analysen bisher erstellt?

                                  i.    Bestehen Überlegungen oder Pläne, die Methoden in näherer oder mittlerer Zukunft zu ändern?

c.    Wenn nicht, wieso hielt man es nicht für notwendig zu erruieren, ob die eingesetzten Gelder auch den gewollten Nutzen bringen?

9.    Koordinieren Mitarbeiter_innen des Kabinetts die Schaltung kostenpflichtiger Beiträge (inkl. Anzeigen, Werbungen, bezahlte Reportagen, etc) mit anderen, von der ÖVP geführten Ministerien?

10. Es gibt bei jeder Inseratenbuchung in Medien gewisse Rabatte. Werden diese von Regierung und Minister_innen in Anspruch genommen?

a.    Wenn ja, bitten wir um eine detaillierte Aufstellung nach Monaten bzw. Medien, deren Rabatte und Höhe.

b.    Wenn nein, wieso werden diese nicht in Anspruch genommen?

11. Ist geplant, dass künftig eine Stelle des Bundes die Inseratenbuchungen koordiniert, so wie es die Bundesbeschaffungsagentur es bei anderen Einkäufen tut?

a.    Wenn nicht, warum wird nicht davon ausgegangen, dass eine einzige koordinierende Stelle bessere Rabatte aushandeln könnte? Schließlich würde sie ja auch ein größeres Werbebudget verwalten als die einzelnen Ministerien.