1045/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.02.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend zweifelhafter Einsatz der Entwicklungshilfegelder

 

2018 stellte Österreich der OECD/DAC 996 Millionen Euro (entspricht 0,26% des BNE) für öffentliche Entwicklungshilfeleistungen zur Verfügung. Dennoch wird vielfach ein Rückgang des Entwicklungshilfebudgets – auch auf internationaler Ebene – kritisiert.

 

Inwiefern diese Kritik gerechtfertigt ist, ist angesichts wissenschaftlicher Studien nicht nachvollziehbar. So haben US-Ökonomen beispielsweise bereits vor Jahren darauf hingewiesen, dass die Höhe der Entwicklungshilfe keinerlei Einfluss auf das Wirtschaftswachstum der jeweiligen Empfängerländer hat. Auch Axel Dreher, Entwicklungsökonom an der Universität Heidelberg, kommt zu dem Schluss, dass die Entwicklungshilfe in ihrer aktuellen Form als „gescheitert“ (Dreher 2017, in Manager Magazin vom 06.01.2017) zu betrachten ist. Laut Dreher sind die Effekte von Entwicklungshilfe nur anhand einzelner Projekte gut messbar, was hingegen nicht berücksichtigt wird, sind Nebeneffekte wie erhöhte Korruption, die durch die Gelder der Entwicklungshilfe entstehen können.

 

Ein wissenschaftlicher Aufsatz („Elite Capture of Foreign Aid“), über den erst vor wenigen Tagen medial berichtet wurde, lässt ebenfalls vermuten, dass es sich bei Entwicklungshilfe teilweise um einen Etikettenschwindel handelt. Laut den Forschern – darunter ein Weltbank-Ökonom – ist anzunehmen, dass die Eliten ärmerer Länder große Anteile der Entwicklungshilfe selbst einkassieren und in Steueroasen verteilen (vgl. Von Petersdorf 2020, in Faz.net vom 18.02.2020). Anhand der Daten der vierteljährlichen Zahlungen der Weltbank an die 22 bedürftigsten Länder und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich konnte das Forscherteam einen Anstieg der Guthaben der armen Länder in Steueroasen just rund um den Zahltag der Entwicklungshilfe dokumentieren. Ein Bericht von Josef Urschitz in „die Presse“ vom 21.02.2020 kam zur Schlussfolgerung, dass so zweistellige Milliardenbeträge pro Jahr der Weltbank-Gelder für Entwicklungshilfe durch Korruption versickern. Auch bei der staatlichen Entwicklungshilfe dürfte es sich ähnlich verhalten und es ist anzunehmen, dass Länder wie die Schweiz oder Luxemburg hierfür als Steueroasen dienen.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten nachstehende


 

ANFRAGE

 

 

1.    Ist Ihnen die Studie „Elite Capture of Foreign Aid“ bzw. deren Inhalt bekannt?

1a. Wenn ja, lassen sich hierbei Rückschlüsse auf die Entwicklungshilfesituation in Österreich treffen und welche?

2.    Gibt es ein Prüfverfahren o.Ä., mit dem kontrolliert wird, dass die staatlichen Entwicklungshilfegelder Österreichs so eingesetzt werden, dass sie ihrem eigentlichen Zweck entsprechen?

2a. Wenn ja, wie sieht dieses aus?

2b. Wenn nein, warum nicht?

3.    Wie kann sichergestellt werden, dass österreichische Gelder zur Entwicklungshilfe nicht in Steueroasen transferiert werden?

4.    Wie ist erklärbar, dass die vielen Gelder zur Entwicklungshilfe kaum Verbesserungen in den einzelnen Ländern bewirken?

5.    An welche Länder bezahlt Österreich die höchsten Entwicklungshilfegelder, und welche Länder sind die bedürftigsten, die Österreich durch Entwicklungshilfezahlungen unterstützt?

6.    Haben diese Länder (bezogen auf Frage 5) „Auslands-Guthaben“ in sogenannten Steueroasen?

6a. Wenn ja, in welchen?

7.    In welchen Intervallen werden Entwicklungshilfeleistungen von Österreich an die jeweiligen Länder bzw. Organisationen getätigt?

8.    Ist ein Anstieg der Auslandsguthaben der einzelnen Empfängerländer parallel zu den Entwicklungshilfeauszahlungen zu verzeichnen?

8a. Wenn ja, wie ist diese Entwicklung zu erklären?

9.    Welche Länder gelten als sogenannte „Steueroasen“?

10. Ist davon auszugehen, dass die Schweiz – nachdem sie erst vor wenigen Monaten von der grauen Liste der Steueroasen der EU gestrichen wurde – aufgrund der Studienergebnisse wieder verstärkt geprüft und ggf. wieder auf eine EU-Liste im Bereich der Geldwäscherei gesetzt wird?

10a. Wenn ja, wie ist der aktuelle Stand?

10b. Wenn nein, warum nicht?

11. Liegen Ihnen Informationen auf, wonach Teile der Entwicklungshilfegelder in Länder wie die Schweiz oder Luxemburg verschoben werden?

12. Wenn ja, welche, und welche Schritte werden eingeleitet, um dem entgegenzuwirken?