1130/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.02.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Schnedlitz, Schrangl

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Nichteinhaltung der „Corona-Präventionsmaßnahmen im Straf- und Maßnahmenvollzug der Generaldirektion“ in der Justizanstalt Asten

 

 

Die Tageszeitung „Heute“ berichtet in ihrer Online-Ausgabe vom 26.2.2020:

 

„Häftlinge wegen Corona nur noch hinter Glasscheibe“

 

Wie "Heute" am Mittwoch erfuhr, werden die Tischbesuche bei Häftlingen in allen heimischen Justizanstalten zumindest bis Ende März gestrichen. Grund: Angst vor Infektionseinschleppungen.

 

Nach der Evakuierung einer Schule in Wien-Josefstadt gibt es nun auch in der Justiz verschärfte Maßnahmen. "Bis auf Weiteres sind uns alle Tischbesuche von Verwandten gestrichen worden, das haben wir heute erfahren", teilte ein Häftling "Heute" über seinen Anwalt mit. "Hier grassiert massive Angst vor dem Coronavirus – es wurde eine Reihe von Maßnahmen ergriffen", so der Informant.

 

"Maßnahmenkatalog übermittelt"

 

Eine Ministeriumssprecherin bestätigte auf "Heute"-Anfrage, "dass es in den österreichischen Haftanstalten aktuell keinen Verdachtsfall wegen Corona gibt". Dennoch habe die Generaldirektion am Mittwoch "einen präventiven Maßnahmenkatalog an die Justizanstalten übermittelt, um einer allfälligen Einschleppung von Infektionskrankheiten und deren Verbreitung vorzubeugen".

 

Häftlinge hinter Glasscheibe

Aus dem Justizministerium heißt es weiters: "Dieser Maßnahmenkatalog sieht unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit unter anderem vor, dass vorerst bis Ende März Glasscheibenbesuche weiterhin möglich sind, Tischbesuche jedoch nicht. Weiters unterbleiben derzeit Führungen und die Verpflegung externer Personen in den Kantinen der Justizanstalten. Darüberhinaus wurden besondere Maßnahmen zur Desinfektion der Besucherbereiche angeordnet."

 

Tatsächlich hat der Generaldirektor für den Strafvollzug Mag. Friedrich Alexander König einen dementsprechenden Maßnahmenkatalog unter dem Betreff „DRINGEND Präventive Maßnahmen COVID-19 Straf- und Maßnahmenvollzug“ am 26.2.2020 um 06:50 übermittelt.

 

Dem Schreiben an alle Anstaltsleiter ist zu entnehmen, dass die Maßnahmen ehestmöglich umgesetzt werden sollen und „ab sofort vorerst befristet bis 31. März 2020 gelten.“

 

Hinsichtlich Besuche ist klar ausgeführt: „Kein Tischbesuch – nur Glasscheibenbesuch“

 

Trotz dieser klaren Regelung hat sich die Justizanstalt Asten der Maßnahmen der Generaldirektion widersetzt und sowohl am 26.2.2020 zwischen 10.00 und 11.30 Uhr sowie zwischen 13.00 und 15.00 Uhr (Normbesuchszeiten) und auch am 27.2.2020 zwischen 09.00 und 11.30 Uhr sowie zwischen 13.00 und 15.00 Uhr (Normbesuchszeiten) Tischbesuche wie sonst üblich zugelassen.

 

In der Justizanstalt Göllersdorf ist der Aufforderung, Tischbesuche einzustellen, gleichzeitig Folge geleistet worden. Dort ist mangels Glasscheibenbesuch nun gar kein Besuch mehr möglich.

 

Eine Gefährdung der Besucher, der Insassen und auch des Personales durch das Ignorieren des Schreibens kann nicht ausgeschlossen werden.

 

Zudem stellt sich die Frage, welches Missverhältnis in der Führung und Struktur im Strafvollzug gegeben ist und wofür Maßnahmenkataloge durch den Generaldirektor versendet werden, wenn sich die Anstaltsleiter einfach darüber hinwegsetzen oder die Maßnahmen ohnehin nicht bindend sind?

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Wie erklären Sie sich, dass dem Maßnahmenkatalog des Generaldirektors zumindest in der Justizanstalt Asten nicht entsprochen wurde?

2.    Waren Sie darüber in Kenntnis, dass die Justizanstalt Asten weiterhin Tischbesuche zulässt?

3.    Wer hat die Entscheidung getroffen, sich über den Maßnahmenkatalog hinwegzusetzen?

4.    Wurde eine Ausnahme für die Justizanstalt Asten erteilt?

a.    Wenn ja, durch wen und wann?

b.    Wenn nein, welche Maßnahmen werden sie gegen den Anstaltsleiter der Justizanstalt Asten setzen, der sich über die Maßnahme des Generaldirektors hinweggesetzt hat?

5.    Inwiefern besteht in der Justizanstalt Asten ein geringeres Risiko als in anderen Justizanstalten, das die Aufrechterhaltung von Tischbesuchen rechtfertigt? (Bitte um detaillierte medizinische Erläuterung im Vergleich mit allen anderen Justizanstalten)

6.    Sehen Sie die Maßnahme, Tische beim Tischbesuch weiter auseinander zu rücken und Taschentücher aufzulegen als geeignete Maßnahme, einer Tröpfcheninfektion vorzubeugen?

a.    Wenn ja, wie begründen sie diese Einschätzung? (Bitte um detaillierte Begründung und medizinische Erläuterung)

b.    Wenn ja, wer hat diese Feststellung getroffen?

7.    Sollte die Maßnahme in der Justizanstalt Asten nicht nötig sein, wie erklären sie die „diskriminierende Handhabe“ hinsichtlich Besuche in den anderen Justizanstalten, in denen der Maßnahme Folge geleistet wurde?

8.    Sollten die Maßnahmen in der Justizanstalt Asten nicht nötig sein, wie erklären sie die generelle „diskriminierende Maßnahme“ vonseiten der Generaldirektion, obwohl die Maßnahme nicht nötig wäre?

9.    Wie erklären sie der Bevölkerung, den Insassen, den Besuchern und den Bediensteten, dass es nicht möglich ist, einheitliche Maßnahmen zu setzen?

10. Wie erklären sie sich, dass die Justizanstalt Göllersdorf die Maßnahme umgesetzt hat und dort mangels der Möglichkeit für Glasscheibenbesuch nun gar keine Besuche mehr zugelassen werden?

11. Wie erklären sie generell die Ungleichbehandlung zwischen der Justizanstalten Asten und Göllersdorf?

12. Wozu gibt die Generaldirektion bzw. der Generaldirektor Maßnahmenkataloge aus, wenn denen nicht Folge geleistet wird?

13. Wer trägt die Haftung und Verantwortung, sollten in der Justizanstalt Asten durch das Hinwegsetzen über die Maßnahmen gesundheitliche Probleme bekommen?

14. Werden und wurden alle Besucher und Häftlinge in der Justizanstalt Asten darüber aufgeklärt, dass der Tischbesuch trotz anderslautender Maßnahme stattfindet?

a.    Wenn ja, bitte um genaue Erläuterung über die gewählte Art der Aufklärung.

b.    Wenn ja, bitte um Beleg der erfolgten Aufklärung!

c.    Wenn nein, wie erklären sie diese Fahrlässigkeit?

15. Können sie garantieren, dass in der Justizanstalt Asten durch den Tischbesuch eine Gesundheitsgefährdung mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann?

a.    Wenn ja, bitte um genaue Erläuterung dieser Einschätzung!

b.    Wenn nein, wie können sie zulassen, dass weiterhin Tischbesuche durchgeführt werden?

16. Sehen sie die Maßnahmen des Generaldirektors generell als sinnlos an, nachdem sie nicht umgesetzt werden bzw. nicht für alle Justizanstalten gleichermaßen gelten?

17. Wozu werden Schreiben der Generaldirektion als „DRINGEND“ bezeichnet, wenn sie innerhalb von 48 Stunden bzw. darüber hinaus nicht umgesetzt werden und wie wird der Begriff „DRINGEND“ in der Generaldirektion und dem Strafvollzug definiert bzw. verwendet?

18. Wie lange wurde der Tischbesuch in der Justizanstalt Asten aufrechterhalten und wie viele Personen (inkl. Besucher, Häftlinge, Bedienstete) wurden in ihrer Verantwortung dadurch gefährdet?

19. Sind sie der Meinung, dass in der Justizanstalt Asten nicht bereits genügend Skandale in den letzten Monaten an das Tageslicht getreten sind?

20. Zeichnen sie als Ministerin, der Generaldirektor oder der Anstaltsleiter für die vielen Skandale in der Justizanstalt Asten verantwortlich?

21. Was werden sie als Ministerin unternehmen und welche konkreten Schritte werden sie setzen, um den vielen Skandalen in der Justizanstalt Asten künftig Einhalt zu gebieten? (Bitte um genaue Erläuterung der von ihnen geplanten Maßnahmen!)