1179/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.03.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Verfassungskonforme Umsetzung des Bundestrojaners - "Quellen-TKÜ neu"?

Das aktuelle Regierungsprogramm sieht auf Seite 216 die "Prüfung der Schaffung einer verfassungskonformen Regelung zur Überwachung unter anderem für verschlüsselte Nachrichten im Internet unter Berücksichtigung des VfGH-Entscheids vom Dezember 2019", also erneut eine Form der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) alias "Bundestrojaner" vor. 

Bisher hatten sich die Grünen strikt gegen solche Pläne gestellt, der Verfassungsgerichtshof hat entsprechende Ambitionen der Vorgängerregierung vor wenigen Wochen erst zurückgeworfen. Nach Auffassung des VfGH ist die vertrauliche Nutzung von Computersystemen und digitalen Nachrichtendiensten "wesentlicher Bestandteil des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK". Die Überwachung verschlüsselter Nachrichten durch "Bundestrojaner" sei ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre und nur in äußerst engen Grenzen zum Schutz entsprechend gewichtiger Rechtsgüter zulässig.

Zudem könnten durch die gewonnenen Daten Rückschlüsse auf die persönlichen Vorlieben, Neigungen, Orientierung und Gesinnung sowie Lebensführung der Nutzer ermöglicht werden. Die Überwachungsmaßnahme in der damaligen gesetzlichen Ausgestaltung habe eine "signifikant erhöhte (Streu-)Breite" und betreffe damit "eine Vielzahl an auch unbeteiligten Personen."

Ein Verstoß der von der alten Bundesregierung ausgearbeiteten und 2018 vom Nationalrat beschlossenen Form der Quellen-TKÜ gegen Art. 8 EMRK wurde vom VfGH bereits deswegen als verfassungswidrig festgestellt, da nicht gewährleistet sei, dass die Überwachungsmaßnahme nur dann erfolge, wenn sie zur Verfolgung und Aufklärung hinreichend schwerwiegender Straftaten dient. 

Auch eine Verletzung des Hausrechts durch die Bestimmungen zur Installation des "Bundestrojaners" wurde vom VfGH festgestellt. Die Regelung würde nämlich nach Ansicht des VfGH auch zur Durchführung von Hausdurchsuchungen ermächtigen, ohne dass die betroffene Person davon Kenntnis erlange.

Wie eine verfassungskonforme Lösung aussehen könnte, führt man im Regierungsprogramm nicht aus. ExpertInnen betonen immer wieder, dass nur mit einer Spionagesoftware wie dem "Bundestrojaner" die Umsetzung entsprechender Pläne möglich wäre.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Gibt es bereits konkrete Vorarbeiten für die Schaffung einer verfassungskonformen neuen Regelung der Quellen-TKÜ?

a.    Wenn ja, seit wann?

2.    Wurde dafür bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet?

a.    Wenn ja, wann und von wem?

b.    Wenn ja, welche Ministerien sind in dieser Arbeitsgruppe mit welcher Personenstärke vertreten?

c.    Wenn ja, wer sind die Mitglieder dieser Arbeitsgruppe?

3.    Welches Ressort ist federführend in dieser Arbeitsgruppe?

4.    Welche anderen Ressorts sind noch in dieser Arbeitsgruppe beteiligt?

5.    In welcher Form ist der Verfassungsdienst in dieser Arbeitsgruppe beteiligt?

6.    Wie oft und wie lange tagte die Arbeitsgruppe seit ihrer Einrichtung?

7.    Existieren bereits Entwürfe, Berichte, Punkation oder legistische Vorentwürfe zu dem Vorhaben?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn ja, was enthalten diese konkret?

c.    Wenn ja, wurden diese Entwürfe bereits an Expert_innen außerhalb des Ministeriums zur Vorbegutachtung übermittelt?

                                  i.    Wenn ja, an welche?

                                ii.    Wenn ja, wie fielen die Reaktionen dieser Stellen aus?

8.    Wie ist der aktuelle Projektstand betreffend "Quellen-TKÜ neu"?

9.    Gibt es schon konkrete Überlegungen hinsichtlich der Anlasstatendefinition für die"Quellen-TKÜ neu"?

a.    Wenn ja, welche konkreten Überlegungen werden diesbezüglich seitens des Ministeriums angestellt?

10. Gibt es schon konkrete Überlegungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Rechtsschutzes für die"Quellen-TKÜ neu"?

a.    Wenn ja, welche konkreten Überlegungen werden diesbezüglich seitens des Ministeriums angestellt?

11. Gibt es schon konkrete Überlegungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Genehmigungsprozederes für die"Quellen-TKÜ neu"?

a.    Wenn ja, welche konkreten Überlegungen werden diesbezüglich seitens des Ministeriums angestellt?