1240/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.03.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Querfinanzierung zwischen Unfall- und Krankenversicherung

 

Querfinanzierung zwischen Unfall- zwischen Krankenversicherung

Die Trennung zwischen der Behandlung von Arbeitsunfällen und Freizeitunfällen ist nicht haarscharf. So behandeln die Unfallkrankenhäuser neben Arbeitsunfällen auch Freizeitunfälle, während sich die Fonds-Krankenanstalten neben Freizeitunfällen auch um Arbeitsunfälle kümmern. Da die Unfallkrankenhäuser von der AUVA finanziert werden und die Fonds-Krankenanstalten von der Krankenversicherung mitfinanziert werden, ergeben sich Querfinanzierungsströme. Die AUVA bezahlt die KV für Arbeitsunfälle in den Fonds-Krankenanstalten, während die KV die AUVA für Freizeitunfälle in den Unfallkrankenhäusern refundiert. Die so entstehenden Finanzierungsströme weisen Mängel in der Transparenz und Kostenwahrheit (für die AUVA) auf, wovon unter anderem der Standard am 17. August 2018 berichtete. [1]

Querfinanzierung auf Kosten der Unfallversicherung

In den vergangenen Jahren hat die AUVA immer mehr Aufgaben übernommen, die nicht in den Kompetenzbereich der Unfallversicherung gehören - wie etwa die Entgeltfortzahlung im Krankenstand für Kleinbetriebe. Darüber hinaus erbringt die AUVA viele Leistungen für Nicht-Arbeitsunfälle, die sie sehr schlecht vergütet bekommt. Schließlich sind nur etwa 12% aller Unfälle, die in den Spitälern der AUVA oder deren Rehazentren behandelt werden, echte Arbeitsunfälle. Für den Rest bekommt die AUVA einen Pauschalbetrag. Umgekehrt muss sie für jene Arbeitsunfälle, die in anderen Krankenhäusern behandelt werden, einen hohen Fixbetrag bezahlen. Das Problem ist also: Die AUVA zahlt zu viel und bekommt zu wenig. Dadurch entgehen der AUVA jährlich rund 300 Millionen Euro. Obwohl der Trend an Arbeitsunfällen nach unten geht, leistet die AUVA seit Jahren eine steigende Pauschalzahlung an die Krankenversicherung für die Behandlung von Arbeitsunfällen. Wie die Anfragebeantwortung 11017/AB vom 24.03.2017 zu 11466/J (XXV.GP) zeigt, stieg der Pauschalbetrag nach § 149/4 ASVG an die AUVA in den vergangenen Jahren stetig - zuletzt von 49,6 Mio. Euro im Jahr 2015 auf 50,7 Mio. Euro im Jahr 2016.

Hintergrund: Fehlender Risikostrukturausgleich (RSA)

Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die Kenntnisse über den Hintergrund der Querfinanzierung. Denn diese sind dadurch bedingt, dass die Gebietskrankenkassen (jetzt ÖGK) gegenüber den anderen Kassen einen Finanzkraftnachteil haben und hatten. Aufgrund ihrer nachteiligen Versichertenstruktur sind die GKKn (ÖGK) nämlich einerseits mit weniger Beitragseinnahmen pro Kopf und andererseits mit höheren Ausgaben pro Kopf konfrontiert. In anderen "Kassenländern", wie Deutschland, Niederlande oder Schweiz, werden diese versichertenstrukturbedingten, finanziellen Nachteile durch umfassende Risikostrukturausgleiche kompensiert. Österreich entzieht sich hier allerdings der wissenschaftlichen Evidenz, wenngleich alle drei großen Sozialversicherungsstudien (IHS/IV, WKÖ/c-alm, BMASK/LSE) aus dem Jahr 2017 einen Risikostrukturausgleich forderten.

Negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich

Aufgrund der Querfinanzierungen kann davon ausgegangen werden, dass der AUVA-Beitragssatz (1,2%) derzeit um min. 0,3%-Punkte zu hoch angesetzt ist. Im Regierungsprogramm 2017-2022 wollte man diese Problematik ändern. Konkret war von einer Senkung der AUVA-Beiträge auf 0,8% die Rede. Diese positive Zielsetzung ist im Regierungsprogramm 2020-2024 nicht mehr zu finden. Gleichzeitig müssen die GKK aufgrund des fehlenden Risikostrukturausgleichs weiterhin zu Beitragssätze festlegen. Mit Risikostrukturausgleich könnten die KV-Beitragssätze der GKK (ÖGK) auf der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite um etwa 0,1%-Punkte gesenkt werden. In Summe könnte man durch umfassende Reformen bei AUVA und GKK (ÖGK) Beitragssenkungen auf der Arbeitnehmerseite von 0,1%-Punkten und auf der Arbeitgeberseite von 0,4% ermöglichen. Da Beschäftigte der ÖGK in der Regel in der Privatwirtschaft tätig sind und somit dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, könnten in diesem Bereich durch Lohnnebenkostensenkungen, ergänzt durch die Etablierung eines RSA, Jobs abgesichert werden, ohne dass dadurch die KV- und UV-Leistungen eingeschränkt würden.

[1] https://www.derstandard.at/story/2000085470873/krankenkassen-querfinanzierung-ist-wohl-verfassungswidrig

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie hoch war der Pauschalbetrag gem. § 149 ASVG jeweils  2017, 2018 und 2019?

2.    Wie hoch war der Pauschalbetrag gem. § 319a ASVG jeweils 2017, 2018 und 2019?

3.    Wie hoch war die Zahl der Behandlungstage in Unfallkrankenhäusern, die unter § 149 ASVG fallen, jeweils 2017, 2018 und 2019?

4.    Wie viele Behandlungstage in anderen Krankenhäusern, die unter § 319a ASVG fallen, wurden  jeweils 2017, 2018 und 2019 abgedeckt?


5.    Wie hoch waren die allgemeinen durchschnittlichen Kosten je Behandlungstag (fiktive Tagsätze) jeweils 2017, 2018 und 2019 innerhalb der Unfallkrankenhäuser?

6.    Wie hoch waren die allgemeinen durchschnittlichen Kosten je Behandlungstag (fiktive Tagsätze) jeweils 2017, 2018 und 2019 innerhalb anderer Krankenanstalten?

7.    Gibt es aus Ihrer Sicht ein Ungleichgewicht zwischen den Kostenersätzen der Krankenkassen an die AUVA für die Behandlung allgemeiner Unfälle und den Kostenersätzen der AUVA für die Behandlung von Arbeitsunfällen an andere Versicherungsträger?

a.    Wenn ja, gedenken Sie dieser Problematik entgegenzuwirken?

b.    Wenn ja, wie wollen sie dieser Problematik entgegenwirken?

c.    Wenn ja, bis wann werden sie entsprechende Maßnahmen setzen?

d.    Wenn ja, welche Maßnahmen sollen gesetzt werden?

8.    Ergibt sich aufgrund der unterschiedlichen anzuwendenden Maßstäbe im Falle einer Krankenbehandlung gem. § 133 ASVG und im Falle einer Unfallheilbehandlung gem. § 189 ASVG zwischen Unfallkrankenhäusern und anderen Krankenanstalten eine unterschiedliche Praxis im Umgang mit Patient_innen?

a.    Wenn ja, worin äußert sich dies?

b.    Wenn ja, ergeben sich dadurch Kosteneinsparungen bzw. Mehrausgaben?