1291/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.03.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

an den Bundeskanzler

betreffend Berichterstattung rund um den Politischen Aschermittwoch der FPÖ

 

 

Seit 1992 veranstaltet die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) jährlich den Politischen Aschermittwoch in der Jahnturnhalle im oberösterreichischen Ried im Innkreis, in dessen Zentrum - neben den Reden des oberösterreichischen FPÖ-Landesparteiobmannes und weiterer Spitzenfunktionsträger – die Rede des freiheitlichen Bundesparteiobmannes steht. Aufgrund ihrer 28-jährigen Geschichte und der Stellung der politischen Redner als öffentliche Mandats- und Amtsträger sowie als Führungsfunktionäre der drittstärksten Partei im Nationalrat kommt dieser Veranstaltung sowohl Traditionscharakter als auch große innenpolitische Bedeutung zu. Diese sollte sich gerade in der Berichterstattung des ORF als öffentlich-rechtlichem Rundfunk entsprechend widerspiegeln, was jedoch rund um den diesjährigen Politischen Aschermittwoch am 26. Februar 2020 nicht der Fall war. So fand sich auf der ORF-Online-Startseite keine Erwähnung dieser Traditionsveranstaltung, sondern bloß ein kurzer Bericht in einem Artikel über die Kandidatur der Kleinpartei DAÖ zur Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl, während über eine erstmalige Aschermittwochsveranstaltung der SPÖ-Regionalgliederung Obersteiermark West, deren Höhepunkt die Rede des Regionalvorsitzenden darstellte, eigens berichtet wurde. Eine solche Vorgangsweise in der Berichterstattung kann durchaus als selektiv bezeichnet werden und steht kaum in Einklang mit dem in § 4 des ORF-Gesetzes festgeschriebenen öffentlich-rechtlichen Kernauftrag, der insbesondere in Abs. 1 die „umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen“ festhält.

 

Mehr als zweifelhaft im Hinblick auf objektive Berichterstattung, Meinungs- und Informationsfreiheit war auch der Umstand, dass der Privatsender Puls24 bereits auf Twitter veröffentliche Ausschnitte von Redebeiträgen des Politischen Aschermittwochs der FPÖ am 27. Februar 2020 wieder löschte, nachdem Kommentatoren aus der Twitter-Community dies forderten und die Ausschnitte inhaltlich beispielsweise als „rassistische Dreckschleuderei“, welche nicht ohne „journalistische Begleitung“ veröffentlicht werden dürften, diffamierten. Dem Weichen des Drucks dieser demokratiepolitisch bedenklichen Forderungen ließ Puls24 diese Nachricht folgen:

 

(Quelle: Twitter-Account von Puls24, 27. Februar 2020)

 

Mündige Bürger, welche Substanz und Souverän einer Demokratie darstellen, sind in der Lage, politische Inhalte selbst zu beurteilen, einzuordnen und sich daraus eine Meinung zu bilden. Einordnungen sowie Zurufe Dritter sollten daher aus demokratiepolitischer Sicht nicht Grundlage für die Veröffentlichung bzw. Nicht-Veröffentlichung medialer Beiträge sein.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie beurteilen Sie beschriebene Berichterstattung des ORF rund um den Politischen Aschermittwoch der FPÖ hinsichtlich dessen Verpflichtung zur Objektivität?

2.    Sehen Sie diese in Einklang mit dem in § 4 ORF-Gesetz definierten öffentlich-rechtlichen Kernauftrag?

a.    Falls ja, inwiefern konkret?

b.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Wie beurteilen Sie das beschriebene Ausüben von Druck auf Puls24 mit dem Ziel unliebsame redaktionelle Beiträge zu entfernen?

4.    Sind ihnen weitere Fälle bekannt, in welchen österreichische Medien aufgrund von Druck in sozialen Netzwerken Beiträge entfernen mussten?

a.    Wenn ja welche? (Bitte chronologisch auflisten)

5.    Wie beurteilen Sie obig ausgeführte Löschung bereits veröffentlichter Videoausschnitte des Politischen Aschermittwochs der FPÖ durch Puls24 auf Twitter nach Zurufen von Kommentatoren sowie die anschließende Begründung im Hinblick auf Meinungs-, Presse-, und Informationsfreiheit?

6.    Wird Puls24 aus öffentlichen Mitteln gefördert?

a.    Falls ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?

b.    Falls ja, in welcher Höhe pro Jahr?

7.    Wird die Sendung, in deren Rahmen Puls24 Reden des politischen Aschermittwochs der FPÖ übertragen hat, aus öffentlichen Mitteln gefördert?

a.    Falls ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?

b.    Falls ja, in welcher Höhe pro Jahr?

c.    Falls ja, in welcher Höhe pro Sendung?

8.    Welche konkreten Sendungen bzw. Beiträge von Puls24 werden mit öffentlichen Mitteln gefördert und auf welcher Rechtsgrundlage? (Bitte geförderte Sendungen sowie Förderbetrag pro Jahr angeben)

9.    Fällt darunter auch die Ausstrahlung von Reden bzw. Redebeiträgen von Politikern und Mandatsträgern im Rahmen überregional bedeutender Veranstaltungen relevanter Parteien, beispielsweise im Falle des Politischen Aschermittwochs der drittstärksten Partei im Nationalrat?