1337/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.04.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Sanktionsmöglichkeiten der FMA

 

Die Österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) ist im Zusammenhang mit den in § 1 FMABG genannten Gesetzen zur Banken-, Versicherungs-, Wertpapier- und Pensionskassenaufsicht berufen. Sie hat Ermittlungsverfahren einzuleiten, beispielsweise wenn sie einen Verdacht hegt, dass konzessionspflichtige Finanzdienstleistungen ohne Genehmigung erbracht werden, oder dass die Führungsebene eines beaufsichtigten Unternehmens gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften verstößt, oder dass andere Personen gegen Aufsichtsgesetze verstoßen. Bei solchen Ermittlungsverfahren handelt es sich um Verwaltungsverfahren nach dem AVG. Sie dienen der Feststellung, ob tatsächlich Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß vorliegen.

Wird in einem solchen Verfahren der Verdacht der FMA bestätigt, so hat sie in Folge ein Verwaltungsstrafverfahren zu führen. Zudem veröffentlicht sie Investorenwarnungen und berichtet über verhängte Sanktionen oder Maßnahmen öffentlich auf ihrer Website.

Im Rahmen von Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des unerlaubten Geschäftsbetriebs zählt es der Wahrnehmung verschiedener Parteienvertreter nach zum gewöhnlichen Vorgehen der FMA, zunächst Verfahrensanordnungen gemäß § 22d FMABG zu erlassen, in denen Betroffene dazu aufgefordert werden, den "rechtmäßigen Zustand" innerhalb einer bestimmten Frist wiederherzustellen.

Da es sich bei Verfahrensanordnungen nicht um Bescheide handelt, können diese nicht selbständig mit Beschwerde bekämpft werden. Dies wurde vom VfGH grundsätzlich als zulässig erkannt, solange der effektive Rechtschutz dadurch nicht gefährdet ist. Immerhin steht den Betroffenen im Verfahren gegen den abschließenden Bescheid ein Rechtsmittel offen. In der Praxis teilen Parteienvertreter jedoch eine Beobachtung: Wird der Verfahrensanordnung entsprochen, so wird in aller Regel kein Bescheid erlassen, der bekämpft werden könnte. Das Verfahren wird stattdessen eingestellt.

Für die Betroffenen besteht in der Praxis jedoch oft keine andere Möglichkeit, als sich der Verfahrensanordnung zunächst zu fügen: Die Missachtung einer Verfahrensanordnung wird von der FMA in der Praxis als Grund herangezogen, die persönliche Zuverlässigkeit der Person infrage zu stellen. Dies bedeutet in der Praxis den Ausschluss von der Geschäftsleitung beaufsichtigter Unternehmen.

Es ist für Betroffene nach der kolportierten Aufsichtspraxis damit de facto ausgeschlossen, an eine von Gerichten überprüfbare Entscheidung der FMA zu gelangen. An diesem Umstand hat auch die Einführung des Auskunftsbescheids nach § 23 FMABG nichts geändert. Dem Vernehmen nach würde von der FMA aktiv versucht, Antragsteller_innen im bilateralen Gespräch dazu zu bewegen, die gestellten Anträge zurückzuziehen.

Dass dieses kolportierte Vorgehen, sollte es den Tatsachen entsprechen, zutiefst bedenklich ist, muss nicht gesondert erörtert werden. Zum Grundsatz der Effizienz des Rechtschutzes gehören unter anderem das Recht auf Zugang zu den Gerichten sowie das Recht, sich beraten, verteidigen und vertreten zu lassen. Es stellt sich die Frage, ob die Effizienz des Rechtschutzes bei dem geschilderten Vorgehen noch gewahrt ist. Dieser Umstand ist insbesondere auch in Hinblick auf Unternehmen, die im FinTech-Sektor tätig sind, relevant. Denn einerseits ist eine Unterstützung der Unternehmer_innen in diesem recht jungen, aufstrebenden Wirtschaftssektor notwendig, um Österreich als attraktiven Standort zu etablieren, andererseits herrscht hier aber oftmals noch große Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten, die Innovation hemmt, statt sie zu fördern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie viele Verfahren hat die FMA wegen des Verdachts auf unerlaubten Geschäftsbetrieb im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2019 eingeleitet?

a.    Wie oft wurde dabei der Verdacht bestätigt und in weiterer Folge ein Untersagungsverfahren eingeleitet?

b.    In wie vielen solcher Verfahren hat die FMA eine Verfahrensanordnung erlassen?

c.    In wie vielen Fällen kam es nach der Erlassung einer Verfahrensanordnung zur Einstellung des Verfahrens, ohne Erlassung des das Verfahren abschließenden Bescheids?

d.    Welche Gründe waren hier für die Verfahrenseinstellung maßgeblich?

2.    Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit sie zumindest einen Anfangsverdacht der FMA auf einen unerlaubten Geschäftsbetrieb begründen?

3.    Haben Betroffene auch schon vor dem das Verfahren abschließenden Bescheid eine Möglichkeit, gegen eine erlassene Verfahrensanordnung vorzugehen?

4.    In wie vielen Fällen haben Betroffene eine Überprüfung auf Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung oder Beauskunftung der FMA gemäß § 22c Abs 2 FMABG begehrt?

a.    Wie oft wurde dabei die Unrechtmäßigkeit der bestimmten Veröffentlichung oder Beauskunftung festgestellt?

5.    Können Betroffene auch schon vor einer bevorstehenden Veröffentlichung die Rechtmäßigkeit dieser überprüfen lassen?

6.    Welche Mittel stehen den betroffenen Anbietern gegen eine veröffentlichte Investorenwarnung zur Verfügung?

a.    Ist es ihm möglich, auf eine solche Veröffentlichung Einfluss zu nehmen, bevor er wahrscheinliche wirtschaftliche Nachteile oder sonstige erhebliche Folgen erleidet?

7.    Kann die FMA schon bei einem Anfangsverdacht auf das Vorliegen eines unerlaubten Geschäftsbetriebs eine Investorenwarnung ausfertigen und somit die Öffentlichkeit vor dem (vermeintlich) dubiosen Unternehmen warnen?

8.    Da gegen eine Verfahrensordnung keine selbständige Beschwerde gerichtet werden kann, weil es sich hier um keinen Bescheid handelt, gibt es Bedenken im Zusammenhang mit dem Determinierungsgebot nach Artikel 18 B-VG?

9.    Wie viele Verfahren hat die FMA aufgrund eines Verdachts auf Pflichtverletzung gegen Angehörige der Führungsebene von beaufsichtigten Unternehmen eingeleitet?

a.    Wie oft kam es dazu, dass in solchen Verfahren eine Verfahrensanordnung seitens der FMA erlassen wurde?

b.    In wie vielen Fällen kam es zu einer Verfahrenseinstellung, bevor der das Verfahren einstellende Bescheid erlassen wurde?

c.    Welche Einstellungsgründe sind hierbei maßgeblich gewesen?

10. Welche konkreten Maßnahmen sind geplant, um die Position der Beschuldigten zu stärken und den Rechtsschutz schon während eines solchen Verfahrens zu verbessern?

a.    Wurde die Frage schon aufgegriffen, inwiefern den Beschuldigten ein frühzeitiger Rechtsschutz gewährt werden soll?

11. Welche Möglichkeiten stehen den Betroffenen zu, sich gegen eine Anordnung zur „Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes“, für die eine bestimmte Frist von der FMA gesetzt wird, zu wehren?

12. In wie vielen Verfahren, die aufgrund eines Verdachts auf das Vorliegen eines unerlaubten Geschäftsbetriebs eingeleitet wurden, hat die FMA einen Untersagungsbescheid erlassen?

a.    Wie oft wurde dabei die darin angedrohte Zwangsstrafe vollstreckt?

b.    Welche Möglichkeiten haben die Betroffenen, um einen solchen Untersagungsbescheid zu bekämpfen?