1461/J XXVII. GP
Eingelangt am 08.04.2020
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möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend EU-weite Beschaffung von COVID-19 Material
Aus Medienberichten (Reuters, berichtet im Standard) geht hervor, dass die EUKommission bereits im Jänner, etwa einen Monat bevor COVID-19 sich in Europa auszubreiten begann, ein gemeinsames Vorgehen bei der Beschaffung von Schutzmasken, Tests und Beatmungsgeräten vorgeschlagen hat. Dieses Angebot der Kommission wurde aber abgelehnt (https://www.derstandard.at/story/2000116447687/eu-sitzungsprotokolle-regierungschefs-Iehnten-eu-hilfe-ab).
Da in Wuhan zu dieser Zeit bereits 60 Millionen aufgrund der dort anerkannten Pandemie isoliert waren, ließ die Kommission eine Analyse erstellen, die zum Schluss kam, dass nur etwa ein Zehntel des benötigten Materials in den EU-Staaten tatsächlich zur Verfügung stand.
Im März begannen europäische Staaten dann im Alleingang, sich am internationalen Markt mit benötigten medizinischen Materialien und Schutzbekleidungen einzudecken. Zu diesem Zeitpunkt gab es aber bereits Verknappungen am Weltmarkt. Auch sind kleinere Lieferungen teurer und, wenn mit Großaufträgen in Konkurrenz stehend, schwerer zu bekommen als ein Sammelauftrag der EU gewesen wäre. Die Umleitung von bereits an Frankreich verkauften Materialien in die USA, die einfach mehr Geld boten, belegen den Vorteil von gemeinschaftlicher Beschaffung.
Nach all diesen Versäumnissen lobte Bundeskanzler Kurz die Arbeit seiner Regierung, und strich insbesondere heraus, dass Österreich sich der Krise von der EU alleingelassen selbst stellen musste. So erklärte Kurz, dass sich die EU Kritik an ihrem Versagen gefallen lassen müsse, weil Mitgliedsstaaten wie Österreich auf sich alleingesteIlt darum kämpfen mussten, dass ein LKW mit bereits bezahlten Schutzmasken an der geschlossenen deutschen Grenze durchgelassen werde.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Zu welchem Zeitpunkt begann Bundeskanzler Kurz sich über den Bedarf an im Pandemiefall notwendigen Materialien, wie Medizin, medizinisches Gerät, Schutzausrüstungen, Beatmungsgeräte und die erwartete Zahl an benötigten Intensivbetten zu informieren?
a. Mit wem trat Bundeskanzler Kurz in Kontakt, um sich diese Informationen anzueignen?
b. Wurde vom BKA eine Bedarfsstudie angeordnet? Wenn ja, wer führte diese durch, und was waren die Ergebnisse?
c. Wenn so eine Studie existiert, bitte um Übermittlung.
d. Wenn so eine Studie nicht existiert, welche andere Informationen und Daten hat der Bundeskanzler angefordert, um sich rechtzeitig ein Bild über
die Lage und die Anforderungen an das medizinische System zu machen? Bitte um Übermittlung.
2. Wie, wann und mit wem hat sich Bundeskanzler Kurz über die Aktivitäten der Kommission mit Hinblick auf COVID-19 Vorbereitungen informiert? Bitte listen Sie Treffen und Teilnehmer_innen auf.
3. War Bundeskanzler Kurz über die Treffen in Brüssel, insbesondere jenes, bei dem die EU Kommission laut Medien eine gemeinsame Beschaffung in Aussicht gestellt hat, informiert?
a. Wenn ja, wie konnte er die EU für Untätigkeit kritisieren?
b.
Wenn nein, wurden ihm Informationen vom Gesundheitsministerium vorenthalten?
Hat er erst jetzt über die Medien von diesen Treffen erfahren?
4. Was war die Position des BKA zum Angebot der Kommission, zeitgerecht ein gemeinsames Beschaffungsprogramm durchzuführen?
5. Wie wurde die österreichische Position zum Angebot der EU-Kommission, zeitgerecht ein gemeinsames Beschaffungsprogramm durchzuführen, zwischen BKA und den beteiligten Ministerien koordiniert?
6. Laut Minister Anschober wurde letztendlich eine gemeinsame Beschaffung am 26. Februar 2020 durchgeführt. Zu welchem Zeitpunkt wurde die österreichische Bundesregierung über diesen Beschaffungsvorgang informiert? War dies die erste von der Kommission vorgeschlagene Möglichkeit, oder gab es bereits frühere Möglichkeiten? Wer unterzeichnete den Vertrag für Österreich? Bitte um eine Kopie der Vereinbarung.