1462/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.04.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend EU Assistenz bei Beschaffung von COVID-19 Material

Aus Medienberichten (Reuters, berichtet im Standard) geht hervor, dass die EU-Kommission bereits im Jänner, etwa einen Monat bevor COVID-19 sich in Europa auszubreiten begann, ein gemeinsames Vorgehen bei der Beschaffung von Schutzmasken, Tests und Beatmungsgeräten vorgeschlagen hat. Dieses Angebot der Kommission wurde laut Medienbericht aber abgelehnt (https://www.derstandard.at/story/2000116447687/eu-sitzungsprotokolle-regierungschefs-lehnten-euhilfe-ab).

Da in Wuhan zu dieser Zeit bereits 60 Millionen aufgrund der dort anerkannten Pandemie isoliert waren, ließ die Kommission eine Analyse erstellen, die zum Schluss kam, dass nur etwa ein Zehntel des benötigten Materials in den EU-Staaten tatsächlich zur Verfügung stand.

Laut Standardbericht vom 4.15. April widersprach Minister Anschober dem Standard-Bericht vom 2. April und erklärte, dass sich Österreich am 26. Februar, also etwa einen Monat nach der kolportierten Sitzung in Brüssel, an einer gemeinsamen Beschaffung beteiligt hatte, diese aber zu bürokratisch und langsam vonstatten ging.

Im März begannen europäische Staaten dann im Alleingang, sich am internationalen Markt mit benötigten medizinischen Materialien und Schutzbekleidungen einzudecken. Zu diesem Zeitpunkt gab es aber bereits Verknappungen am Weltmarkt. Auch sind kleinere Lieferungen teurer und, wenn mit Großaufträgen in Konkurrenz stehend, schwerer zu bekommen als ein Sammelauftrag der EU gewesen wäre. Die Umleitung von bereits an Frankreich verkauften Materialien in die USA, die einfach mehr Geld boten, belegen den Vorteil von gemeinschaftlicher Beschaffung.

Nach all diesen Versäumnissen lobte Bundeskanzler Kurz die Arbeit seiner Regierung, und strich insbesondere heraus, dass Österreich von der EU alleingelassen fühlte und sich der Krise selbst stellen musste. So erklärte Kurz, dass sich die EU die Kritik an ihrem Versagen gefallen lassen müsse, denn Mitgliedsstaaten wie Österreich mussten beispielsweise auf sich alleingestellt darum kämpfen, dass ein LKW mit bereits bezahlten Schutzmasken an der geschlossenen deutschen Grenze durchgelassen wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. War Bundesminister Anschober bei Treffen in Brüssel im Jänner oder Februar dieses Jahres anwesend, bei denen Vorbereitungen für eine mögliche Verbreitung von COVID-19 in Europa diskutiert wurden?

a. Wenn ja, an welchen Daten?

b. Was war die Position des BMSGPK zu einer möglichen gemeinsamen Beschaffung von medizinischen Gütern, Schutzanzügen, Beatmungsgeräten, COVID-19 Tests und Medizin?

c. Gab es Wortmeldungen von Minister Anschober bei diesen Treffen? Bitte um Wortlaut.

2. Waren andere Mitglieder der Bundesregierung, Beamt_innen oder ExpertJnnen des Gesundheitsministeriums, oder anderer Ministerien bei Treffen in Brüssel, bei denen Vorbereitungen für eine mögliche Verbreitung von COVID-19 in Europa diskutiert wurde, anwesend?

a. Wenn ja, wer waren diese Personen (bitte um Auflistung) und an wen erstatteten diese Personen in Wien Bericht?

b. Wenn ja, gab es Wortmeldungen der österreichischen Beteiligten? Bitte um Wortlaut.

3. Gibt es protokollarische Mitschriften oder Notizen zu Treffen in Brüssel, bei denen Vorbereitungen für eine mögliche Verbreitung von COVID-19 in Europa diskutiert wurden? Wenn ja, bitte um Übermittlung.

4. Zu welchem Zeitpunkt begann Minister Anschober sich über den Bedarf an im Pandemiefall notwendigen Materialien, wie Medizin, medizinische Geräte, Schutzausrüstungen, Beatmungsgeräte und die erwartete Zahl an benötigten Intensivbetten zu informieren?

a. Wurden Anfragen in dieser Sache von anderen Mitgliedern der Bundesregierung oder Beamt_innen in anderen Ministerien an ihn herangetragen? Wenn ja, wie wurden diese Anfragen beantwortet?

5. Mit wem trat Minister Anschober in Kontakt, um sich Informationen über Österreichs Bereitschaft im Falle einer COVID-19 Epidemie anzueignen?

6. Laut Expert_innen (Ernest Pichlbauer, Gesundheitsökonom, im Standard am 4./5. April 2020), war die Bundesregierung lange Zeit uninformiert über die Anzahl der in Österreich vorhandenen Beatmungsgeräte; Angaben schwankten zwischen 900 am 26. März und 3.500 eine Woche später. Auch sind nicht ausreichend Tests vorhanden, um die Vorgabe des Bundeskanzlers ("Tests, Tests, Tests") zu erfüllen. Wurde im Gesundheitsministerium eine Bedarfsstudie angeordnet?

a. Wenn ja, wann wurde sie angeordnet und wann wurde sie fertiggestellt?

b. Wenn nein, warum wurde dies unterlassen?

c. Wenn ja, wer führte diese durch und was waren die Ergebnisse? Was war das Resultat der Analyse? Die EU befand, dass europaweit nur ein Zehntel der notwendigen Materialien vorhanden war. Wie war die Situation in Österreich?

d. Wenn so eine Studie existiert, bitte um Übermittlung.

7. Wie, wann und von wem wurde Bundeskanzler Kurz über die Aktivitäten des Ministeriums und über die Treffen mit der EU-Kommission mit Hinblick auf COVID19 Vorbereitungen informiert? Bitte um Auflistung der Treffen und Teilnehmer_innen.

8. Welche Position vertrat Minister Anschober im Ministerrat zu einer möglichen EU-weiten, gemeinsamen Anschaffung von COVID-19 Materialien?

9. Wie wurde die österreichische Position zum Angebot der EU-Kommission, zeitgerecht ein gemeinsames Beschaffungsprogramm durchzuführen, zwischen BKA und den beteiligten Ministerien koordiniert?

10. Was war die Position des Bundeskanzlers zu einer möglichen gemeinsamen Beschaffung?

11. Was war die Position des Ministerrats zu einer möglichen gemeinsamen Beschaffung?

12. Laut Minister Anschober wurde letztendlich eine gemeinsame Beschaffung am 26. Februar 2020 durchgeführt. Zu welchem Zeitpunkt wurde die österreichische Bundesregierung über diesen Beschaffungsvorgang informiert? War dies die erste von der Kommission vorgeschlagene Möglichkeit, oder gab es bereits frühere Möglichkeiten? Wer unterzeichnete den Vertrag für Österreich? Bitte um eine Kopie der Vereinbarung.