1519/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.04.2020
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend

betreffend „Stopp Corona“-App

 

Am 09.April 2020 lud der Bundesminister für Gesundheit ein, die Verwendung von Überwachungs-Apps zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 auf parlamentarischer Ebene zu diskutieren. In einem „Expertenhearing“ wurde dabei unter anderem die von der UNIQA Privatstiftung finanzierte „Stopp Corona“-App, welche von Accenture Österreich für das österreichische Rote Kreuz umgesetzt wurde, präsentiert.

 

Der ÖRK-Bundesrettungskommandant Mag. Gerry Foitik bezeichnete in diesem Hearing die von ihm beworbene Überwachungs-App als „wichtige Stellschraube in der Steuerung des epidemiologischen Verlaufs“. Bundesminister Anschober äußerte sich im Hinblick auf die Nutzung von „wichtigen Stellschrauben“ nur verhalten – er wolle das Projekt „in eine Gesamtstrategie einbinden“.

 

Für den Fall eines Kontakts mit einem eventuell COVID-19-Infizierten empfahl der Bundesrettungskommandant eine vorsorgliche Selbstisolation, bis das Testergebnis des Infizierten vorliegt. Die Wartezeit auf ein Testergebnis beträgt derzeit jedoch bis zu 10 Tage, in denen man selbst nur getestet wird, wenn man Symptome entwickelt.

 

Offen blieb die Frage welche Rechtsfolgen diese Empfehlung, die auch in der App abgegeben wird, nach sich zieht. Muss man sich an die Anweisungen der von Bundesminister Anschober empfohlenen Überwachungs-App halten, oder handelt es sich um unverbindliche Empfehlungen? Drohen Konsequenzen, wenn man sich nicht an die Anweisungen der Überwachungs-App hält?

 

Die Verwendung dieser Überwachungs-App impliziert auch eine Unzahl von arbeitsrechtlichen und arbeitsverfassungsrechtlichen Fragen, die auf Arbeitnehmer, Betriebsräte und Unternehmer zukommen. So stellt sich die Frage, wie sich eine Person, die über eine solche App von einem Kontakt mit einem tatsächlich Infizierten oder einem Verdachtsfall informiert werden, arbeitsrechtlich zu verhalten hat und welche Konsequenzen sich daraus für ihn ergeben. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie sich ein Unternehmer zu verhalten hat, wenn sich Kontaktpersonen auf der Grundlage dieser App in Selbstisolation begeben und somit ihren Arbeitsplatz nicht mehr aufsuchen können. Auch eine Anordnung der Verwendung einer solchen App in einem Unternehmen durch den Unternehmer steht als Konfliktfall in Diskussion. Wie sollen sich hier Arbeitnehmer und Betriebsräte verhalten, wenn eine solche Forderung von einem Firmenchef kommt?

 

In diesem Zusammenhang stellen die nachstehenden unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Gilt eine Selbstisolation auf der Grundlage einer App-Nachricht durch einen Coronavirus-Infizierten oder Coronavirus-Verdächtigen im österreichischen Arbeitsrecht als Dienstverhinderung?

2.    Welche genaue arbeitsrechtliche Konsequenz hat diese Dienstverhinderung für Dienstnehmer und Dienstgeber?

3.    Kann ein Dienstnehmer von seinem Dienstgeber dazu verpflichtet werden, die Installation der Coronavirus-App zu melden?

4.    Bisher geltende Dienstverhinderungen wurden mit einer Höchstdauer von ca. einer Woche angenommen, bei Selbstisolation in Coronavirus-Verdachtsfällen geht man aber von zumindest vierzehn Tagen aus. Wie ist das arbeitsrechtlich zu bewerten?

5.    Besteht bei einer Selbstisolation in Coronavirus-Verdachtsfällen auf Grundlage dieser App Anspruch auf Entgeltfortzahlung und wenn ja, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum?

6.    Kann ein Dienstgeber seine Dienstnehmer verpflichten, diese Coronavirus-App auf ihren Firmenhandys installieren zu lassen und wenn ja, unter welchen arbeitsrechtlichen und arbeitsverfassungsrechtlichen Vorgaben?

7.    Ist die Installierung einer Coronavirus-App von der Zustimmung des Betriebsrats bzw. bei Nichtvorhandensein eines Betriebsrats von der Zustimmung der Gewerkschaft bzw. einer Einzelvereinbarung abhängig?

8.    Welche arbeitsrechtlichen und arbeitsverfassungsrechtlichen Konsequenzen hat eine Weigerung des Betriebsrats, der Gewerkschaft oder des betroffenen Mitarbeiters?

9.    Mit wie vielen Arbeitsrechtsprozessen rechnen Sie auf Grundlage der Anwendung der Coronaviurs-App in österreichischen Betrieben?

10. Soll es im Zusammenhang mit der Coronavirus-App zu Fragen des Arbeitsrechts und Arbeitsverfassungsrechts zu einem weiteren COVID-19-Gesetzespaketes kommen und wenn ja, wann?

11. Das ASVG sieht für Dienstgeber unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss zur an Dienstnehmer geleisteten Entgeltfortzahlung vor. Ist ähnliches auch im Falle einer Selbstisolation nach einer Verdachtswarnung geplant?