1640/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.04.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Hannes Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Warnschüsse gegen vermeintliche Corona-Sünder – haben Sie noch alles unter Kontrolle?

 

Wie durch Medien bekannt wurden, kam es in Nenzing (Vorarlberg) nahe der Ruine Ramschwag zu einem Vorfall, bei dem drei Schüsse aus einer Dienstpistole abgefeuert wurden: „Drei Spaziergänger deuteten die Polizeischüsse als Warnschüsse, die auch ihnen gegolten hätten. Ihr Anwalt Patrick Beichl hat für die drei Oberländer gestern am Vorarlberger Landesverwaltungsgericht schriftlich eine Maßnahmenbeschwerde eingebracht. Damit sollen, so die Beschwerdeführer, der Waffengebrauch für rechtswidrig erklärt und die Anwaltskosten ersetzt werden. Die Abgabe von drei gefährlichen Warnschüssen ‚grenzt an Wahnsinn, war absurd und vor allem absolut unzulässig‘, schreibt der Feldkircher Rechtsanwalt in der Beschwerde.“

 

Im selben Bericht gibt der Sprecher der Vorarlberger Landespolizeidirektion wie folgt eine Stellungnahme ab: „ Die Schüsse seien keine Warnschüsse, sondern lediglich interne Signalschüsse gewesen, hielt Rainer Fitz dem am Freitag entgegen. Der Sprecher der Vorarlberger Landespolizeidirektion in Bregenz sagte, mit den Schüssen habe ein Polizist mit Erfolg Verstärkung bei der Fahndung nach im Wald flüchtenden mutmaßlichen Übertretern von Covid-Verhaltensregeln angefordert. Die Polizei sei zuvor informiert worden, dass sich bei der Ruine Gruppen von Spaziergängern und ohne Einhaltung des Mindestabstands aufhalten würden.

 

Die Schüsse seien senkrecht in die Luft abgegeben worden, berichtete der Polizeisprecher. Die Beschwerdeführer seien davon 300 bis 400 Meter weit entfernt gewesen und dadurch nicht gefährdet worden. Der Polizist habe mit Signalschüssen um Unterstützung durch weitere Beamte gebeten, weil sein Funkgerät nicht funktioniert habe. Die Batterie sei leer gewesen.

 

Zur Maßnahmenbeschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt merkte Fitz nur an, darüber werde das Landesverwaltungsgericht entscheiden.“

 

Laut Anwalt Beichl handelte es sich bei seinen Mandanten um zwei Lebensgefährten und die Schwester der Frau, die zudem untereinander und während des Fußwegs zur Ruine auch den Mindestabstand eingehalten hätten.

(Quelle: https://www.vol.at/polizei-mit-schuessen-im-corona-einsatz/6591508)

 

Dass Personen vom Ort des Geschehens geflüchtet seien, wurde später seitens des Polizeisprechers Rainer Fritz in einem Interview mit dem ORF Vorarlberg korrigiert. Dies sei ein Missverständnis in der internen Kommunikation gewesen, geflüchtet sei demnach niemand.

(Quelle: https://www.kleinezeitung.at/international/corona/5802392/CoronaEinsatz_Schuesse-in-die-Luft_Spaziergaenger-wollen-jetzt-klagen)

 

In einem Interview mit „oe24“ sagt Anwalt Beichel, dass seine Mandanten vor Ort lediglich verwarnt worden seien. Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz habe dann doch eine Strafverfügung von je 500 Euro ausgestellt.

(Quelle: https://www.oe24.at/coronavirus/Warnschuesse-gegen-Corona-Suender-jetzt-Kritik-an-Polizei/426860336)

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Halten Sie es – unabhängig davon ob es sich um Warn- oder Signalschüsse handelte – in dieser Situation für verhältnismäßig, dass von der Waffe Gebrauch gemacht wurde?

2.    Gibt es aus Ihrer Sicht irgendeinen nachvollziehbaren Grund, der einen etwaigen Gebrauch einer Schusswaffe aufgrund des nicht Einhaltens eines Mindestabstandes bei einem Spaziergang rechtfertigen könnte?

3.    Wie viele Polizeibeamte waren vor Ort im Einsatz?

4.    Wurden alle Polizeibeamte aufgrund eines Hinweises einer Anrainerin zum Einsatzort beordert?

5.    Wenn ja, welche Situation schilderte die besage Anrainerin konkret?

6.    Wenn ja, ist die Anzahl der zur Einsatzstelle beorderten Polizeibeamten verhältnismäßig im Hinblick auf das zu erwartende Einsatzgeschehen?

7.    Wenn ja, mit welcher Begründung ist die Anzahl der Polizeibeamten erforderlich gewesen?

8.    Würden Sie die Personen, die sich bei der Ruine aufgehalten haben, als „Lebensgefährder“ bezeichnen?

9.    Wurden die Personen, die sich bei der Ruine aufgehalten haben, vor Ort verwarnt?

10. Erhielten die Personen, die bei der Ruine verwarnt wurden, eine Strafverfügung seitens der Bezirkshauptmannschaft?

11. Wenn ja, wie viele Strafverfügungen wurden ausgestellt?

12. Wenn ja, wie hoch waren die jeweiligen Strafverfügungen?

13. Wenn ja, auf Basis welcher Rechtsgrundlage wurde diese Strafverfügungen ausgestellt?

14. Wenn ja, halten Sie die Strafverfügungen für verhältnismäßig?

15. Wurden hinsichtlich dieses Vorfalles polizeiinterne Ermittlungen eingeleitet?

16. Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt wurden diese eingeleitet?

17. Wenn ja, zu welchem Ergebnis ist man bei diesen Ermittlungen gekommen?

18. Wenn ja, gibt es Konsequenzen für den betroffenen Polizeibeamten?

19. Wenn nein, warum wird das nicht für notwendig erachtet?

20. Auf Basis welcher Rechtsgrundlage dürfen Signalschüsse aufgrund eines defekten Funkgerätes abgegeben werden?

21. Können Sie ausschließen, dass derartige Vorfälle durch unpräzise, überschießende oder sich ständig ändernde Verordnungen, Erlässe und Dienstanweisungen im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen, und einer damit einhergehenden Verunsicherung oder Überforderung von Polizeibeamten, hervorgerufen werden?

22. Ist das senkrecht in die Luft schießen tatsächlich völlig ungefährlich?

23. Wenn ja, warum?

24. Wenn ja, wie kann ausgeschlossen werden, dass von zu Boden fallenden Projektilen keine Gefahr mehr ausgeht?

25. Zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang haben Sie persönlich von diesem Vorfall konkret erfahren?

26. Wie haben Sie darauf reagiert und welche Maßnahmen wurden daraus abgeleitet?

27. Haben Sie die Situation eigentlich noch im Griff?