1647/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.04.2020
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Stefan

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Versagen der verfassungsrechtlichen Prüfung der Maßnahmen-gesetzgebung

 

 

Die in den vergangenen Wochen verabschiedeten und erlassenen COVID-19-Gesetze, Verordnungen und Erlässe zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie in Österreich werden von einer Vielzahl an fachkundigen Verwaltungs- und Verfassungsjuristen besonders kritisch gesehen.  Denn einerseits mangelt es den gesetzlichen Maßnahmen selbst an einer gewissen Qualität, wodurch u.a. ein vermeidbarer Interpretationsspielraum entstanden ist, der sowohl bei Juristen als auch bei den eigentlichen Normadressaten verständlicherweise zu Unklarheiten führt. Und andererseits stehen das Gesetzgebungsverfahren und die Vollziehung in wachsender Kritik, wo auf die rechtsstaatliche Problematik der Sammelgesetzgebung, der formalgesetzlichen Delegation an die vollziehenden Gesundheitsbehörden, auf die „Normenschöpfung“ durch Erlässe ohne tatsächliche Gesetzes- und/oder Verordnungsgrundlage und auf die tatsächliche Anwendung durch Befehls- und Zwangsgewalt gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern hinzuweisen ist.

 

Allen voran meldete der ehemalige Präsident des Verwaltungsgerichtshofes und Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz a.D. DDr. Clemens Jabloner am Freitag, den 17.04.2020 im „Ö1 Journal um acht“ verfassungsrechtliche Bedenken an und äußerte sich deutlich kritisch zum „Prozess der Legistik“ unter der Türkis-Grünen Bundesregierung im Zusammenhang mit den COVID-19-Maßnahmen.  Konkret bemängelt DDr. Jabloner die fehlende Bereitschaft des Bundeskanzleramts seiner Verantwortung der „verfassungsgemäßen Vorbereitung von Rechtsakten“ nachzukommen. Immerhin sind mit dem beim Bundeskanzleramt angesiedelten Bundesministerium für Verfassung und dem Verfassungsdienst ausreichend „Kapazitäten“ vorhanden, denen gemäß Bundesministeriengesetz geregelte Zuständigkeiten zuteilwerden.

 

Dass die Einbindung des Verfassungsdienstes in diesen durchaus außergewöhnlichen Zeiten augenscheinlich ausgeblieben ist, wo doch dieser sämtliche Gesetzes- und Verordnungsentwürfe aus anderen Bundesministerien auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten sowie deren Verfassungskonformität prüfen sollte, ist unverantwortlich.

 

Es kann jedenfalls nicht sein, dass die Verfassungskonformität von Gesetzen, Verordnungen und Erlässen zur COVID-19-Bekämpfung nicht allzu genau genommen wird. Die Schönheit unserer Verfassung darf auch in diesen Momenten nicht ihren Reiz verlieren und es braucht vor allem in diesen Krisenzeiten einen verantwortungsvollen Umgang mit der Verfassung und mit den Grundrechten der Bürger.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Haben Sie als Bundesministerin für Justiz Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität von Rechtsakten im Kontext von COVID-19 geäußert?

a)    Wenn ja, welche?

b)    Wenn ja, inwiefern?

c)    Wenn ja, gegenüber welchen Ministerkollegen haben Sie Ihre Bedenken geäußert und wie haben sich Ihre Ministerkollegen zu Ihren Bedenken geäußert?

d)    Wenn ja, wann?

e)    Wenn nein, warum nicht?

2.    Sollten von Ihrer Seite Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität von Rechtsakten im Kontext von COVID-19 bestanden haben: Haben Sie diese Bedenken Bundeskanzler Sebastian Kurz mitgeteilt?

a)    Wenn ja, inwiefern?

b)    Wenn ja, wann?

c)    Wenn ja, wie hat sich Bundeskanzler Sebastian Kurz dazu geäußert?

d)    Wenn nein, warum nicht?

3.    Sollten von Ihrer Seite Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität von Rechtsakten im Kontext von COVID-19 bestanden haben: Haben Sie diese Bedenken Bundesministerin für Verfassung Mag. Karoline Edtstadler mitgeteilt?

e)    Wenn ja, inwiefern?

f)     Wenn ja, wann?

g)    Wenn ja, wie hat sich Bundesministerin für Verfassung Mag. Karoline Edtstadler dazu geäußert?

h)    Wenn nein, warum nicht?

4.    Haben Sie die, für Ihren Bereich Justiz relevanten Rechtsakten im Kontext von COVID-19 hinsichtlich der Verfassungskonformität geprüft?

a)    Wenn ja, welche Rechtsakte wurden geprüft?

b)    Wenn ja, wann?

c)    Wenn ja, fand die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit in Ihrem Ministerium statt?

i.              Wenn ja, zu welchem Ergebnis kam Ihr Ministerium hinsichtlich der Verfassungskonformität?

ii.            Wenn nein, warum nicht?

d)    Wenn nein, warum nicht?

5.    Haben Sie die, für Ihren Bereich Justiz relevanten Rechtsakten im Kontext von COVID-19 hinsichtlich der Verfassungskonformität durch den im Bundeskanzleramt angesiedelten Verfassungsdienst prüfen lassen?

a)    Wenn ja, welche Rechtsakte wurden geprüft?

b)    Wenn ja, wann?

c)    Wenn ja, zu welchem Ergebnis kam der Verfassungsdienst hinsichtlich der Verfassungskonformität?

e)    Wenn nein, warum nicht?