1734/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.04.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen                                 an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Lieferung unbrauchbarer Mundschutzmasken für Tirol und Südtirol                            mit Unterstützung der Bundesregierung

Die Südtiroler Online-Plattform „salto.bz“ veröffentlichte am 6. April 2020[1], dass                        1,5 Millionen Mundschutzmasken, die unter Mitwirkung der österreichischen Bundesregierung als „Nachbarschaftshilfe“ aus China importiert wurden, für den vorgesehenen Einsatzbereich offensichtlich unbrauchbar waren. Dennoch wurden                     diese in Tirol und Südtirol verteilt.

Die österreichische Bundesregierung organisierte unter militärischem Begleitschutz gemeinsam mit der AUA den Transport der betreffenden Mundschutzmasken aus                 China. In weiterer Folge wurden diese von Wien nach Tirol und Südtirol geliefert.

Der Südtiroler Landeshauptmann Kompatscher bedankte sich via ORF offiziell bei                    der Bundesregierung, im Speziellen bei ÖVP-Bundeskanzler Kurz und Verteidigungsministerin Tanner. Ohne die logistische Unterstützung wäre der Import                                               nicht möglich gewesen.

Unmittelbar nach Empfang der Ware habe sich herausgestellt, dass die Masken für                 den gedachten Zweck ungeeignet waren. „Dieser Umstand wurde aber fast                   vertuscht“, heißt es im Ö1-Morgenjournal vom 8. April 2020. Bereits am Flughafen                 habe sich angeblich schon herausgestellt, dass das beiliegende Zertifikat für die                 Masken gefälscht war. Dennoch wurde die Fracht mit militärischem Begleitschutz                   nach Südtirol transportiert. Am 24. März 2020 wurden die Masken auch in Tirol                  verteilt.

Die im EU-Raum erforderliche Zulassungsprüfung wurde von Wirtschaftsministerin Schramböck veranlasst. Sie habe Proben der Masken zum Testen nach Deutschland geschickt, wo diese am 27. März durch die DEKRA geprüft worden seien. „Die         DEKRA macht alle vorgesehenen Tests zur Materialdurchlässigkeit, zur                Durchlässigkeit des Filtermediums oder zum Atemwiderstand. Doch Ergebnisse gibt               es kaum. In fast allen Zahlen- und Testreihen hieß es „Auf Grund der Auffälligkeiten

eingeschränkte Prüfung/ohne Prüfung“. Im Klartext: Die Lücken an den Wangen sind            so groß, dass keine verwertbaren Messungen gemacht werden konnten."[2]

Das Ergebnis einer Prüfung des Amtes für Rüstung und Wehrtechnik (Prüfdatum 28.3.2020) habe Folgendes bestätigt: „Der FFP3-Standard für den Hochrisikobereich werde nicht erfüllt, die Verwendung der Masken könne nicht empfohlen werden".

Laut Ö1 Morgenjournal vom 8. April 2020 sagte Wirtschaftsministerin Schramböck              am Samstag, 4. April 2020: „Die uns angebotenen Masken sind in neun von zehn              Fällen nicht von der vorgegebenen Qualität. Am Montag den 6. April, habe, laut ORF Tirol, das Wirtschaftsministerium bestätigt, dass die Masken nicht zu gebrauchen gewesen seien.

Somit wurden 11 bzw. 13 Tage nach Beginn der Verteilung der Masken und 6 bzw. 8 Tage nach Vorliegen des zweiten negativen Gutachtens die relevanten Informationen durch die Ministerin bzw. das Ministerium öffentlich und erfuhren die Medien davon.

„Die meisten Masken aus der politisch so perfekt vermarkteten Lieferung sind also               ein besserer Mund-Nasen-Schutz für den Supermarkt“, so Stefan Kappacher in                seinem Beitrag im Morgenjournal vom 8. April.

In Südtirol, so salto.bz, habe der Sabes-Generaldirektor Zerzer „versucht, das negative Gutachten geheim zu halten bzw. dessen Existenz zu vertuschen.[3]

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher betonte gegenüber Medien, dass die Luftbrücke zwischen China und Österreich, für die er sich bei der Bundesregierung             und speziell bei Bundekanzler Kurz bedankte, auch dazu diene, dass das Land Tirol seine Lieferung erhalte. Tirol habe nämlich in der Zwischenzeit ebenso einen Auftrag                in China erteilt. „Nachdem Tirol einen Teil seiner Masken erst später erhalten wird,               wird Südtirol inzwischen auch Tirol mit Masken aushelfen, die Südtirol inzwischen    bereits erlangt".[4] Das sei ein super Beispiel für die Zusammenarbeit in                                  der Europaregion, insbesondere aber auch auf grenzüberschreitender Ebene.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort nachstehende:

Anfrage

1)     Welche Bestellungen von Schutzmasken welchen Typs durch welche Gebietskörperschaften sind Ihnen bekannt?

2)      Wann haben Sie Kenntnis davon erlangt, dass die am 23. März 2020 aus China gelieferten Masken unbrauchbar waren?

3)      Bei welchen Maskenlieferungen für welchen Besteller durch welchen Produzenten traten noch Qualitätsmängel in welchem Ausmaß auf?

4)      Wann und an wen haben Sie die Information über die Unbrauchbarkeit der Schutzmasken weitergegeben?

5)     Wann haben Sie die obgenannten Prüfgutachten in Auftrag gegeben und wann   haben Sie das Ergebnis erhalten?

6)      Für welche weiteren Bestellungen haben Sie Prüfgutachten in Auftrag gegeben?

7)      Haben Sie weitere Mitglieder der österreichischen Bundesregierung über den      Erhalt von unbrauchbaren Schutzmasken aus China informiert? Wenn ja, an           wen und wann erfolgte die Meldung? Wenn nein, warum nicht?

8)      Haben Sie nach Eintreffen der negativen Gutachten die Behörden in Tirol und  Südtirol informiert? Wenn ja, welche und wann? Wenn nein, warum nicht?

9)      Welche Personen wurden auf Bundesebene, in Tirol und Südtirol von Ihnen                darüber hinaus informiert?

10)  Wie haben Sie sichergestellt, dass die Information über die unbrauchbaren                 Masken an systemrelevante Stellen bzw. Personen weitergegeben wird?

11)  Haben  Sie dafür Sorge getragen, dass die unbrauchbaren Masken nicht zur Verteilung und somit zum Einsatz kommen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum               nicht?

12)  Wann  bzw. wie haben Sie Verantwortliche, die auf unterschiedlichen

Ebenen mit der Beschaffung bzw. Verteilung von Schutzausrüstungen befasst sind bzw. diese anwenden müssen, davor gewarnt, diese Masken im Hochrisikobereich einzusetzen? Wenn nein, warum nicht?

13)  Warum wurde die Information über die unbrauchbaren Masken nicht unmittelbar              ab Kenntnis der Angelegenheit der Öffentlichkeit bzw. den Medien weitergegeben?

14)  Wann  und über welche Kommunikationswege haben Sie jene Personen- bzw. Berufsgruppen, die diese Schutzausrüstung anwenden müssen, von der Unbrauchbarkeit der Schutzmasken informiert?

15)  Welche  Maßnahmen haben Sie gesetzt, um das medizinische Personal und die Allgemeinheit vor der Gefährdung durch den Einsatz der unbrauchbaren Masken zu schützen?

16)  Welche  Unterstützung hat die österreichische Bundesregierung im Fall der aus               China importierten Schutzmasken für Tirol und Südtirol geleistet?

17)  Welche  Kosten sind für die einzelnen Leistungen (Transport AUA, militärischer Begleitschutz, Anfertigung von Gutachten etc.) angefallen?

18)  Bitte  um Aufschlüsselung der Kostenaufteilung.

19)  Erfolgte  die „Bezahlung“ der österreichischen Unterstützungsleistung über Abgabe eines Teiles der Schutzausrüstung für den Einsatz in Tirol? Wenn ja, wie hoch ist -                   auf Grund der „Qualität“ - der finanzielle Gegenwert der Masken für Tirol?

20)  Wie  viele Verträge mit welchem Leistungsinhalt bestehen direkt oder indirekt (etwa über zwischengeschaltete Organisationen wie das Rote Kreuz) mit dem Südtiroler Unternehmen Oberalp über die Lieferung medizinischer Schutzausrüstung?

21)  Welche  Menge der unbrauchbaren Schutzmasken war It. Bestellung für die  Verwendung in Tirol bestimmt und welche Menge ist dann tatsächlich in Tirol ausgeliefert worden?

22)  An  welche Personen bzw. Institutionen wurden die Masken ausgeliefert?

23)  Wurde  von diesen unbrauchbaren Schutzmasken Teilmengen auch an Organisationen außerhalb Tirols geliefert bzw. verteilt? Wenn ja, wie viele und wohin?

24)  Wurden  rechtliche Schritte bzgl. der unbrauchbaren Schutzmasken eingeleitet und wenn ja, welche?

25)  Entspricht   es der Wahrheit, dass auch für Tirol Schutzmasken bzw. -ausrüstung in China bestellt wurde?

a.      Wenn ja, wann sind diese in Österreich eingetroffen?

b.      Wurden diese ebenfalls mit Unterstützung der AUA transportiert?

c.      Welche Unterstützungsleistungen hat Ihr Ressort dafür geleistet?

d.      Wurde diese Schutzausrüstung auf ihre Tauglichkeit getestet?Wie war das Ergebnis dieser Tests?

26)  Liegen   Ihnen Informationen zu einer Bestellung von Schutzmasken für Tirol über Vermittlung von Alois Schranz vor?

27)  Wurde  Ihrerseits jemals eine Qualitätskontrolle der über Vermittlung von Alois Schranz bestellten Schutzmasken veranlasst?

28)  Von  welchem Produzenten stammen diese Masken?

29)  Wie  viele Masken sind in Österreich insgesamt auf Grund von Qualitätsmängeln                nicht für den vorgesehenen Gebrauch einsetzbar?


 



[1] Vgl.: https://www.salto.bz/de/article/06042020/vernichtendes-gutachten

[2] Vgl. : https://www.salto.bz/de/article/06042020/vernichtendes-gutachten

[3] Vgl. : https://www.salto.bz/de/article/07042020/die-vertuschung

[4] Vgl.: https://www.suedtirolnews.it/politik/lh-kompatscher-gelingt-grossankauf-von-schutzkleidung-und-          masken