1749/J XXVII. GP

Eingelangt am 28.04.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Expertenrunde im Kanzleramt

 

Wer waren die Experten, die die Corona-Maßnahmen empfohlen haben und was wurde mit ihnen diskutiert? Wie im Ö1-Morgenjournal am 27.4.2020 berichtet wurde, liegt ein Protokoll von einer Sitzung mit Experten im Bundeskanzleramt zusammen mit dem Gesundheitsminister und dem Bundeskanzler vor. Bundeskanzler Sebastian Kurz solle, so der Ö1-Bericht, gesagt haben, "die Bevölkerung solle vor einer Ansteckung Angst haben". Das Kanzlerbüro relativiert die Aussagen. 1

13 Gesundheitsexperten und 8 Beamte der "Taskforce Corona" sollen am 12. März im Bundeskanzleramt getagt haben. Mit dabei waren der Bundeskanzler, der Vizekanzler und der Gesundheitsminister. Es war die letzte Sitzung vor Verhängung der Ausgangsbeschränkungen und der Tag, an dem es das erste Corona-Todesopfer gab. Sebastian Kurz habe davon gesprochen, dass er "noch keine Sorge, kein Erwachen der Bevölkerung" spüre. Der ebenfalls anwesende Infektiologe Herwig K. soll erklärt haben, dass ein Positivbeispiel für die Kommunikation eine Masernepidemie in Großbritannien war - dort habe man mit der Angst der Bevölkerung gespielt. Kurz soll daraufhin verdeutlicht haben, dass die Menschen vor einer Ansteckung Angst haben sollen oder Angst davor haben sollen, dass ihre Eltern oder Großeltern sterben. Die Angst der Österreicher_innen vor einer Lebensmittelknappheit solle jedoch genommen werden. Der ebenfalls anwesende Simulationsexperte und Mitglied der Taskforce, Nikolas P., zeigte sich in der Sitzung optimistischer. Er solle gesagt haben, dass die Zahlen der Bevölkerung keine Unsicherheit vermitteln sollen. 

Aussagen wie "Jeder wird bald jemanden kennen, der an Corona gestorben ist" würden die Kommunikationsstrategie bestätigen, von der im Bundeskanzleramt gesprochen wurde. Beispiele wie dieses, gibt es zahlreiche. Innenminister Karl Nehammer etwa sprach von der Polizei als "Flex, die die Infektionskette durchbrechen soll" oder: "Wir sind der Sicherungshebel, der umgelegt wird, um neue Infektionsketten rasch zu durchbrechen." Auch von der "Löschung von Glutnestern der Infektion" war die Rede. 2 Sprachbilder wie diese, bestätigen ebenjene Kommunikationsstrategie, die darauf abzielt, in der Bevölkerung Angst hervorzurufen. Laut einem Sprecher des Bundeskanzlers, soll es sich bei dem Protokoll um eine Fälschung handeln, wie der Standard am 27. April berichtet hat. 3

 

https://oe1.orf.at/player/20200427/595756/1587964572000

https://www.kleinezeitung.at/politik/5801139/Wir-sind-die-neue-Flex_Polizei-befragt-Infizierte-das-ruft

3 https://www.derstandard.at/story/2000117131591/sitzungsprotokoll-der-taskforce-corona-ueber-zu-wenig-angst-in-der

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Laut Ö1-Morgenjournal (27.4.2020) haben sich Angehörige der Regierungskabinette das Protokoll zum Experten-Treffen, über das bei Ö1 berichtet wurde, besorgt. Bitte veröffentlichen Sie das Protokoll.

2.    Laut Ö1-Morgenjournal (27.4.2020) wurde auch von Seiten der Regierung ein Protokoll zum Experten-Treffen angefertigt. Bitte veröffentlichen Sie das Protokoll.

3.    Wie erklären Sie sich etwaige Abweichungen zwischen beiden Protokollen?

4.    Wie bewerten Sie die Inhalte, über die im Ö1-Morgenjournal berichtet wurden?

5.    Wer hat an der gegenständlichen Expertenrunde im Kanzleramt teilgenommen?

6.    Welche konkreten Entscheidungen wurden aus der Sitzung abgeleitet und in die Tat umgesetzt?

7.    Auf der Expertise welcher Experten basierten diese Entscheidungen?

8.    In welchem Kontext wurde das Thema "Angst" behandelt?

9.    War das bewusste Einsetzen von übertriebenen und martialischen Sprachbildern Teil der Covid-19-Kommunikationsstrategie?

10. Wenn es nicht das erklärte Ziel sein soll, bewusst Angst zu schüren: Welche Schritte hat das BMSGPK gesetzt, um dieser Vorgangsweise entgegenzuwirken?

11. Wie hat sich der Bundesminister in der gegenständlichen Besprechung zum Thema Angst in der Bevölkerung geäußert?