1786/J XXVII. GP

Eingelangt am 28.04.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Lausch

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Insassentelefonie im Strafvollzug

 

In dem Bericht der Tageszeitung Kurier vom 13.12.2015 ist folgendes zu lesen:

 

„In Österreich grenzten die Telefongebühren in Haftanstalten zum Teil an Wucher. Seit Kurzem gibt es aber einheitliche Gebühren in allen 27 Justizanstalten und 12 Außenstellen. Die PKE Electronics AG hat eine Ausschreibung des Justizministeriums gewonnen und das gesamte Telefonsystem umgestellt.

 

Vorher waren drei verschiedene Anbieter damit betraut, die in den Anstalten fix montierten Fernsprechgeräte zu installieren und in Gang zu halten. Die Insassen konnten, je nach Standort, mit unterschiedlichen Wertkarten telefonieren. Es gab unterschiedliche Tarife. Und die Wertkarten konnten bei einem Wechsel in eine andere Anstalt oft nicht mehr weiterverwendet werden, so dass die darauf gebuchten Guthaben verfielen. Das führte auch zu einer Kritik der Volksanwaltschaft, die auf Kostensenkung drängte.“

 

Da Kontakte zur Außenwelt auch als Instrumente der Resozialisierung anerkannt sind, sieht das Strafvollzugsgesetz eine Reihe von Durchbrechungen des Grundsatzes der Abschließung von der Außenwelt vor. Hierzu zählen vor allem Briefverkehr, Besuche, Telefongespräche sowie Ausführungen.

 

Telefongespräche sind aus berücksichtigungswürdigen Gründen mit Angehörigen, Sachwaltern, sozialen Einrichtungen, öffentlichen Stellen, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen zu ermöglichen. Mit Ausnahme der Angehörigengespräche sind die genannten Telefonate nicht zu überwachen.

Bei Angehörigengesprächen kann auf die Überwachung verzichtet werden.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundes-ministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

1.    Wie viele Geräte wurden bei der Umstellung 2015 gesamt angeschafft? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und Anzahl der Geräte)

2.    Wie viele Geräte sind derzeit gesamt im Einsatz? (Bitte um genaue Aufschlüsselung nach Justizanstalten)

3.    Wie hoch waren die Kosten für den Beschaffungsvorgang an sich? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten)

4.    Wie hoch waren die laufenden Kosten in den Jahren 2015 - 2019 für die Insassentelefonie? (Bitte um genaue Aufschlüsselung nach einzelnen Kostenstellen wie etwa: Betriebs- und Wartungskosten, Reparaturkosten, Telefongebühren, nach Justizanstalten und Jahren sowie Kostenträgern)

5.    Werden die Kosten der Insassentelefonie an die Insassen verrechnet?

a.    Wenn ja, wie wird das berechnet?

b.    Wenn ja, was kostet eine Minute?

c.    Wenn nein, warum nicht?

6.    Welche Kriterien waren ausschlaggebend für die nun eingesetzten Systeme?

7.    Werden einzelne Komponenten der Insassentelefonie (etwa Hardware (Apparate) und Software) von verschiedenen Unternehmen bereit gestellt?

a.    Wenn ja, warum?

b.    Wenn ja, welche verschiedenen „Hardwaresysteme“ von welchen Anbietern sind in den einzelnen Justizanstalten im Einsatz?

c.    Wenn ja, gibt es Kriterien- bzw. Fehlerkataloge die ein Zuordnen von Verantwortlichen Firmen zur Fehlerbehebung möglich machen?

d.    Wenn ja, ist es in diesem Zusammenhang schon zu Komplikationen gekommen und wenn ja zu welchen?

8.    Stehen die einzelnen Anbieter der Komponenten untereinander in Kontakt wenn es zu Komplikationen kommt?

a.    Wenn ja, in welcher Art und Weise?

9.    Wie viele Störfälle hat es seit der Einführung gegeben? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und den Jahren 2015 – 2019)

10.  Wie wird das Weiterleiten von Anrufen durch die erstangerufene (freigegebene) Person verhindert?

11. Wie viele Missbräuche der Insassentelefonie durch Häftlinge sind Ihnen seit der Einführung bekannt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und den Jahren 2015 – 2019)

12. Welche Maßnahmen wurden ergriffen um die Missbräuche zu verhindern? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und den Jahren 2015 – 2019)

13. Welche konkreten Handlungsanweisungen sind durch das BMJ ergangen, um die Angaben von Insassen im Zusammenhang mit von ihnen beantragten Telefonaten durch die mit der Bewilligung bzw. Durchführung des Telefonats (inkl. Eintrag bzw. Freischaltung der Nummer in der IVV etc.) befassten Beamten prüfen zu lassen?

14. Welche Überwachungsmöglichkeiten stehen den Justizwachebeamten hinsichtlich Missbrauch der Insassentelefonie zur Verfügung?

15. Auf welche Art werden Rufnummern überprüft, wenn es sich um Geheimnummern handelt?

16. Auf welche Art werden Rufnummern überprüft, wenn es sich um ausländische Rufnummern handelt?

17. Wird geprüft, ob und – wenn ja  – warum gewisse Rufnummern von verschiedenen Insassen (allenfalls auch unter abweichenden Behauptungen der Identität der angerufenen Person) zur Freischaltung beantragt werden?

a.    Wenn ja, wie und in welcher Häufigkeit erfolgen diese Prüfungen?

b.    Wenn nein, sieht das BMJ in einer solchen Prüfung keine Möglichkeit der Erkennung von kriminellen (Kommunikations-)Netzwerken unter den Insassen?

c.    Wie werden bei nicht nachvollziehbaren Rufnummern Missbrauchsfälle ausgeschlossen?

18. Kann ein Missbrauch ausgeschlossen werden, wenn Untersuchungshäftlinge und Strafhäftlinge auf einer Abteilung untergebracht sind?

a.    Wenn ja, wie?

19. Sind Meldungen von Justizwachebeamten hinsichtlich Missbrauch der Insassentelefonie bekannt?

a.    Wenn ja, wie viele? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalt, nach Jahren 2015 – 2019, Grund der Meldung und Art der Behandlung)

20. Sind dem BMJ Fälle bekannt, in denen Insassen unter Verwendung der Insassentelefonie über Dritte Geldüberweisungen an andere Insassen veranlasst haben? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und nach Jahren 2015 – 2019)

a.    Wenn ja, in wie vielen dieser Fälle wurden Ordnungsstrafverfahren eingeleitet? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und nach Jahren 2015 – 2019)

b.    Wenn ja, in wie vielen Fälle lag auch der Anfangsverdacht der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung vor? Bspw. Nötigung eines Insassen durch Mitinsassen etc. (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und nach Jahren 2015 – 2019)

21. Sind dem BMJ Fälle bekannt, in denen Insassen unter Verwendung der Insassentelefonie über Dritte miteinander telefonieren haben? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und nach Jahren 2015 – 2019)

a.    Wenn ja, in wie vielen dieser Fälle wurden Ordnungsstrafverfahren eingeleitet? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und nach Jahren 2015 – 2019)

b.    Wenn ja, in wie vielen Fälle lag auch der Anfangsverdacht der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung vor? (Bitte um Aufschlüsselung nach Justizanstalten und nach Jahren 2015 – 2019)

22. Welche Maßnahmen hat das BMJ getroffen um zu verhindern, dass Insassen Telefonwertkarten, erworbenen Telefoncodes oder dergleichen als Geldersatz verwenden?

23. Gibt es einheitliche Vorgaben des BMJ, wie die für die Bewilligung eines Telefonanrufs „berücksichtigungswürdigen Gründe“ durch die Vollzugsbehörden auszulegen sind?

a.    Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, Stellen die zahlreichen Missbrauchsmöglichkeiten der Insassentelefonie dabei einen angemessen zu berücksichtigenden Faktor dar?

24. Werden Telefonate faktisch „automatisch“ bewilligt bzw. nur ausnahmsweise und bei Vorliegen besonderer Gründe nicht bewilligt?