1788/J XXVII. GP

Eingelangt am 28.04.2020
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Anfrage

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Linksextremismus in Österreich

 

Das politische Spektrum weist an seinen Rändern diverse extremistische Ideologiefelder und Gruppierungen auf, deren Aktivitäten vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung beobachtet werden. Neben den in der medialen Öffentlichkeit immer wieder präsenten Bereichen des Rechtsextremismus und des Islamismus zählt auch der Linksextremismus zu den Beobachtungsfeldern des BVT, welches diesen in seinem Verfassungsschutzbericht 2018 wie folgt charakterisiert: „Der Phänomenbereich Linksextremismus umfasst in Österreich mehrere staatsschutzrelevante Strömungen. Beobachtungsgegenstand der österreichischen Staatsschutzbehörden sind linksextreme Positionen, die mit Gewaltakzeptanz und -befürwortung verbunden sind und deren Anhänger für die Durchsetzung ihrer Ideologien und in der Auseinandersetzung mit anderen politischen Weltanschauungen bewusst Gesetzesbrüche einkalkulieren. Die sich daraus ableitenden Aufgabenbereiche umfassen sowohl die Abwehr der von einschlägigen Gruppen ausgehenden Gefahren für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit als auch den Schutz des Staates gegen verfassungsfeindliche Strömungen. Das Ziel der Staatsschutzarbeit ist die Gewährleistung der störungsfreien Funktion der demokratisch-rechtsstaatlichen Einrichtungen“. Zum methodischen Repertoire der ideologisch unterschiedlich ausgerichteten linksextremen Gruppierungen stellt das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in seinem Bericht 2018 fest, dass neben diversen „Aktionen und Agitationen im Zusammenhang mit ,Antifaschismus´, ,Antirepression´, Flüchtlings- und Asylthemen, Kapitalismus-, Wirtschafts- und Sozialkritik sowie auf die Erlangung von „Freiräumen“ auch subversive Aktivitäten eine bedeutende Rolle spielen, welche wie folgt beschrieben werden: „Wesentliches  Element ihrer politischen Arbeit ist der Entrismus, d.h. das Unterwandern von demokratischen Organisationen wie Parteien oder Gewerkschaften und die damit verbundene Einflussnahme auf deren Politik“. Weiters wird im Bericht ausgeführt, dass zahlreiche Demonstrationen gegen EU-Veranstaltungen abgehalten wurden, unter anderen fand jene gegen den EU18-Gipfel am 20. September 2018 besondere Erwähnung: „Bei der Gegenkundgebung zum EU18-Gipfel stoppte die deutsche Polizei im Vorfeld einen Zug  an  der  deutsch-österreichischen  Grenze  und  verweigerte  Aktivisten  die  Einreise  nach Österreich. Die 1500 Teilnehmer umfassende Kundgebung wies einen „Schwarzen Block“ mit ca. 200 Aktivisten auf. Im Verlauf der Demonstration kam es zu zahlreichen Sachbeschädigungen und Angriffen auf Beamte. Größere Ausschreitungen konnten dank vorsorglicher Einsatzführung aber verhindert werden“. Wie später auch in den Medien bekannt wurde, befand sich unter den Teilnehmern dieser eskalierten Demonstration auch Michel Reimon, damals Mitglied des Europäischen Parlaments der Grünen, welcher offenbar im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen gewalttätigen Demonstranten und Polizei ins Handgemenge geriet und eine leichte Blessur erhalten hat. Gerade Politiker und Mandatare der Grünen traten immer wieder bei oder am Rande von Demonstrationen auf, bei welchen es zu Ausschreitungen gekommen war, etwa zuletzt auch Wiens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein im Umfeld der Demonstration gegen den Wiener Akademikerball 2020, bei welcher es zu Steinwürfen durch Linksextreme gekommen sein soll und wo sie eigenen Aussagen Medien gegenüber zufolge erst nach der Abschlusskundgebung eintraf.

Besonders bemerkenswert ist auch der Umstand, dass im Zuge der 2019 aufkommenden Demonstrationen bzw. Schulstreiks zur Klimarettung auch Angehörige linksextremer Organisationen als Proponenten auftreten. Beispielsweise ist die unter anderem in einem Artikel von oe24.at vom 20. Dezember 2019 als Organisatorin der „Fridays For Future“-Bewegung, welche freitägliche Schulstreiks im gesamten Bundesgebiet durchführt, auftretende Lena Schilling gleichzeitig auch Aktivistin der Organisation „Linkswende jetzt!“, wie auf deren Homepage ersichtlich ist.

Insgesamt weist damit das linksextreme Spektrum hohe Komplexität, Vernetzung und strukturelle, aktivistische sowie thematische Vielfalt auf, welche stets einer genauen Betrachtung unterzogen werden muss.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

 

Anfrage

1.    Wie lautet die konkrete Definition von Linksextremismus, welche den Einschätzungen des BMI bzw. BVT zugrunde liegt?

2.    Von wem wurde diese Definition erarbeitet?

3.    Welche aktuell aktiven Organisationen werden als linksextrem eingestuft?

4.    Wie viele von linksextremen Organisationen veranstaltete Demonstrationen und Kundgebungen fanden jeweils in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 statt, gegliedert nach Bundesländern?

5.    Wie viele Polizisten wurden während ihres Einsatzes bei linksextremen Demonstrationen bzw. Kundgebungen unter linksextremer Beteiligung in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 jeweils verletzt?

6.    Zu wie vielen Identitätsfeststellungen durch die Exekutive kam es im Zuge derartiger Veranstaltungen in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 jeweils?

7.    Aus welchen vorwiegenden Gründen wurden diese durchgeführt?

8.    Befanden sich unter den festgestellten Identitäten auch öffentliche Amtsträger bzw. Inhaber politischer Mandate?

9.    Wenn ja, welche bzw. wie viele?

10.  Wie viele unangemeldete Kundgebungen bzw. Demonstrationen von linksextremen Gruppierungen wurden in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 von der Exekutive aufgelöst, gegliedert nach Bundesländern?

11. Wie oft kam es dabei zu gewalttätigen Ausschreitungen, gegliedert nach den genannten Jahren?

12. Wie viele Polizisten wurden im Zuge dieser Ausschreitungen jeweils verletzt?

13. Im Verfassungsschutzbericht 2018 wird die Methodik der Unterwanderung von demokratischen Organisationen wie Parteien und Gewerkschaften durch Linksextreme beschrieben, um welche handelt es sich dabei konkret?

14. Sind dem BMI bzw. BVT Aktivitäten linksextremer Gruppierungen und Organisationen im Rahmen von Klimaschutzbewegungen bekannt?

15. Wenn ja, inwiefern?

16. Auf welche Größe wird die linksextreme Szene in Österreich geschätzt?

17. Existieren Präventionsmaßnahmen in Richtung Linksextremismus bzw. sind solche geplant?

18. Falls ja, welche, wenn nein, warum nicht?