1802/J XXVII. GP

Eingelangt am 28.04.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend: der ÖVP-Finanzminister verhindert Steuergerechtigkeit

 

 

Sehr geehrter Herr Finanzminister!

Ein wichtiges Instrument für mehr Steuergerechtigkeit wäre mehr Transparenz bei der länderspezifischen Berichterstattung, also wie viel und vor allem wo international tätige Konzerne tatsächlich Steuern zahlen. Wären diese Informationen öffentlich verfügbar, würde das helfen schädliche Steuervermeidungspraktiken von Konzernen zu verhindern.

Am 11. Dezember 2019 wurde aus diesem Grund in der Sitzung des EU-Hauptausschusses folgender Antrag auf Stellungnahme gem. Art. 23e Abs. 3 B-VG von SPÖ, FPÖ und Grünen angenommen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, jegliche

Maßnahmen zur Steuergerechtigkeit auf europäischer Ebene zu forcieren und bei

der nächsten Abstimmung im Rat dem Dossier für die transparente (veröffentlichte)

länderspezifische Berichterstattung (public Country-by-Country-Reporting) ihre

Zustimmung zu erteilen und damit eine weitere Verzögerung des Verfahrens zu

verhindern“.[1]

Attac und VIDC liegt nun angeblich ein E-Mail vor[2], welches bestätigt, dass die österreichische Bundesregierung trotz des parlamentarischen Beschlusses ihre ablehnende Position vom 28.11.2019 nicht geändert hat. An diesem Tag fand der Vorschlag der Kommission zur Veröffentlichung der Ertragssteuerinformationen[3] keine Mehrheit im Rat für Wettbewerb, die jedoch erreicht worden wäre, hätte Österreichs Vertreter zugestimmt. Konsequenz dessen wurde rund zwei Wochen später obiger Antrag auf Stellungnahme angenommen.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

 

Anfrage:

 

1)           Wie ist ihre Position, bzw. die des Finanzministeriums, zum Vorschlag der Kommission

betreffend der Offenlegung von Ertragssteuerinformationen durch Unternehmen und Zweigniederlassungen (international agierende Konzerne)?

 

2)            Ist Ihnen bekannt, dass der EU-Hauptausschuss den oben zitierten Antrag auf Stellungnahme, der die Mitglieder der Österreichischen Bundesregierung auffordert, jegliche Maßnahmen zur Steuergerechtigkeit auf europäischer Ebene zu forcieren und bei der nächsten Abstimmung im Rat dem Dossier für die transparente (veröffentlichte) länderspezifische Berichterstattung (public Country-by-Country-Reporting) ihre Zustimmung zu erteilen und damit eine weitere Verzögerung des Verfahrens zu verhindern, angenommen hat?

 

3)            Bei welchen Ratssitzungen seit dem 11.12.2019, an denen Sie teilgenommen haben, war dieses Dossier auf der Tagesordnung?

 

4)            Haben Sie sich dafür eingesetzt, dass das Dossier auf die Tagesordnung der Ratssitzungen kommt? Wenn nein, warum nicht und wie ist das mit der Stellungnahme des Nationalrates vereinbar?

 

5)            Welche Position hat Österreich vor dem 11.12.2019 bezüglich der Veröffentlichung ertragssteuerlicher Informationen in den vorbereitenden Sitzungen und den Ratssitzungen, an denen Sie, Ihr Vorgänger oder Ihr Ministerium teilgenommen hat, vertreten?

 

6)            Welche Position hat Österreich nach dem 11.12.2019 bezüglich der Veröffentlichung ertragssteuerlicher Informationen in den vorbereitenden Sitzungen und den Ratssitzungen, an denen Sie, Ihr Vorgänger oder Ihr Ministerium teilgenommen hat, vertreten?

 

7)            Haben Sie anlässlich der verbindlichen Stellungnahme des Nationalrates veranlasst, dass die Österreichische Position zum Vorschlag der Kommission zur Veröffentlichung der ertragssteuerlichen Informationen auf „Zustimmung“ geändert wird? Wenn ja, wann (bitte um Beilage Ihrer Weisung als Anlage zur Beantwortung)? Wenn nein, warum nicht?

 

8)            Wie haben sie bezüglich der Veröffentlichung ertragssteuerlicher Informationen in den Ratssitzungen nach dem 11.12.2019 abgestimmt?

 

9)            Wenn der zuständige Minister (Sie oder Ihr Vorgänger) gegen das Vorhaben gestimmt hat, was waren die Gründe und wie ist das mit der Stellungnahme des Nationalrates vereinbar?

 

 

10)         Ist Ihnen bekannt, dass der zuständige Bundesminister gem Art. 23e Abs. 3 nur von der der verbindlichen Stellungnahme des Nationalrates abweichen darf, wenn er den Nationalrat neuerlich befasst hat?

 

11)         Aus welchem Grund verfolgten Sie am 24.4.2020 gegen 13:00 Uhr als anwesender und inhaltlich zuständiger Bundesminister für Finanzen nicht die Sitzung des Budget-Ausschusses, sondern telefonierten am Rande des Sitzungssaales (großer Redoutensaal)?



[1] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/IV/IV_00001/fnameorig_775833.html

[2] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200428_OTS0036/regierung-widersetzt-sich-bindendem-parlamentsbeschluss-fuer-steuertransparenz

[3] https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-14038-2019-INIT/de/pdf