1827/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.04.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft‚ Regionen und Tourismus betreffend Nationale Umsetzung der EU-Konfliktmineralienverordnung

 

Bewaffnete Konflikte werden oftmals durch den Abbau und Handel von Rohstoffen in Konflikt- oder Hochrisikogebieten finanziert. Laut dem Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung gab es 96 mit Rohstoffen in Zusammenhang stehende Konflikte allein im Jahr 2014, 60% davon waren gewalttätig. Von allen Bürgerkriegen der letzten 60 Jahre hatten 40% einen Rohstoffbezug (UN Interagency Framework Team 2012). Korruption ist laut internationalen Indizes, wie dem Corruption Perception Index (CPI) von Transparency International, in rohstoffreichen Ländern besonders verbreitet; die extraktive Industrie wird als einer der korruptesten Bereiche der internationalen Wirtschaft gesehen (David-Barett/Okamura 2013).

Menschenrechtsverletzungen sind in rohstoffreichen Konfliktregionen und Hochrisikogebieten (laut OECD Definition Regionen mit politischer Instabilität, Repression, institutionellen Schwächen, Unsicherheit, Zusammenbruch der zivilen Infrastruktur und/oder weitverbreiteter Gewalt) besonders häufig und umfassen Kinderarbeit, sexuelle Gewalt, das Verschwindenlassen von Menschen, Zwangsumsiedlungen und die Zerstörung von rituell oder kulturell bedeutsamen Orten.

Als Antwort auf diese Probleme hat die Europäische Union die Verordnung (EU) 2017/821 zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für EU-Importeure von bestimmten Mineralien und Metallen aus Konflikt- und Hochrisikogebieten erlassen. Die Verordnung zielt darauf ab, die Transparenz und Sicherheit hinsichtlich der Lieferpraktiken bei Importen von Gold, Tantal, Zinn und Wolfram aus Konflikt- und Hochrisikogebieten zu erhöhen. Dadurch soll die Finanzierung bewaffneter Konflikte durch Erträge aus dem Mineraliengeschäft in Konfliktregionen eingedämmt werden.

Die Verordnung schreibt EU-Importeuren von Mineralien und Metallen aus Konflikt- und Hochrisikogebieten die verbindliche Einhaltung von Sorgfaltspflichten (due diligence) in ihren Lieferketten vor. Diese umfassen Pflichten in Bezug auf das Managementsystem, ein entsprechendes Risikomanagementsystem im Unternehmen einzurichten, verpflichtende Durchführung von Prüfungen durch Dritte und gewisse Offenlegungspflichten. Es wurden Mengenschwellen eingeführt, die sicherstellen sollen, dass der überwiegende Teil, mindestens jedoch 95 % der gesamten in die Union eingeführten Mengen eines jeden Minerals und Metalls von der Verordnung erfasst wird. Andererseits soll diese Mengenschwellen die Importeure von geringen Mengen (KMUs) von den genannten Bestimmungen ausnehmen.

Mit dem Vollzug der Verordnung wurden die Behörden der Mitgliedstaaten betraut, die der Europäischen Kommission jährlich über die Anwendung dieser Verordnung berichten. Die Pflichten für EU-Importeure gelten ab dem 1.1.2021. Die Wirksamkeit der Verordnung wird bis zum 1.1.2023 und danach alle drei Jahre überprüft werden.

 

Gemäß Artikel 10 der Verordnung müssen die Mitgliedstaaten die Behörden bezeichnen, die für die Vollziehung der Verordnung zuständig sind. In Österreich ist das Bundesministerium für Landwirtschaft, Tourismus und Regionen, Sektion IV Bereich Bergbau dafür zuständig.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Die EU-Konfliktmineralienverordnung gewährt den Mitgliedsstaaten Spielraum bei der Umsetzung. Welche konkrete Gesetzesvorhaben betreffend die nationale Umsetzung der EU-Konfliktmineralienverordnung gibt es seitens des BMLRT bzw. der Bundesregierung?

a.    Wann erwarten Sie die Finalisierung des Ministerialentwurfes?

b.    Wann ist mit einem Gesetzesantrag in diesen Bereichen zu rechnen (etwa zu Art 16 (1) der Verordnung)?

2.    Wie wird sichergestellt, dass die Verordnung derart effektuiert wird, dass bewaffnete Konflikte aufgrund von Konfliktmineralien möglichst vermieden werden?

a.    Welche Sanktionen im Sinne des Artikels 16 (Regeln über Verstöße) der Verordnung sind bei Verstößen gegen die Bestimmungen der Verordnung vorgesehen?

b.    Wenn aktuell noch keine Sanktionen vorgesehen sind, welche werden in Aussicht genommen?

c.    Ist sichergestellt, dass Strafzahlungen für Verstößen die Kosten von Compliance um ein Mehrfaches übersteigen? Wenn nein, warum nicht?

d.    Sind Strafen „iterativ,“ also wiederholt pro Verstoß, vorgesehen?

3.    Wie erfolgt die nachträgliche behördliche Kontrolle gemäß Artikel 11, um gewährleisten zu können, dass die Pflichten nach den Artikeln 4 bis 7 (Pflichten in Bezug auf das Management System; Risikomanagementpflichten; Prüfungspflicht durch Dritte; Offenlegungspflicht) eingehalten werden?

a.    Welche Behörde ist mit Compliance betraut?

4.    Listen von Unternehmen, die unter die Bestimmung dieser Verordnung fallen, sind bereits gegen Bezahlung erhältlich. Wird im Sinne der Transparenz die Liste der österreichischen Unternehmen, die unter die Bestimmungen der Verordnung fallen, auch ohne Zahlungsverpflichtung veröffentlicht werden?

a.    Wenn nicht, warum?

5.    Welche Rolle wird der Mitgliedschaft in bereits bestehenden freiwilligen Zertifizierungssystemen (industry schemes) in Hinblick auf die Erfüllung der Bestimmungen der Verordnung gegeben werden?