1861/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.05.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Handelte Bundesminister Anschober bewusst rechtswidrig?

 

Die von der Bundesregierung zur Bekämpfung von COVID-19 gesetzten Maßnahmen greifen in sämtliche Lebensbereiche der Österreicherinnen und Österreicher ein und berühren eine Vielzahl unserer verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechte. Umso mehr braucht es juristische Klarheit über potentiell verfassungswidriges Handeln des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Rudolf Anschober, der sich aufgrund seiner Amtsführung nunmehr sogar mit einer drohenden Ministeranklage konfrontiert sieht.1

 

Hervorzuheben sind dabei insbesondere freiheitsbeschränkende Maßnahmen, die aus der verfassungsrechtlich geschützten Normalität eine „neue Normalität“ gemacht haben und dafür die Angst der Bürgerinnen und Bürger instrumentalisiert haben:

 

·        Rechtswidrige Verordnung: Bundesminister Anschober hat entgegen des Gesetzestextes ein „generelles Betretungsverbot“ für den gesamten öffentlichen Raum verordnet, obwohl aufgrund des COVID-19-Maßnahmengesetz nur das Betreten einzelner abgegrenzter Orte hätte untersagt werden dürfen. Die Österreicherinnen und Österreicher wurden somit von Bundesminister Anschober rechtswidrig und ohne gesetzliche Grundlage in ihrer Freiheit eingeschränkt.

 

Rudolf Anschober hat sohin als Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch das in § 1 der 98. Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes vom 15.03.2020, verlautbart durch BGBl. II Nr. 98/2020, normierte generelle Verbot des Betretens öffentlicher Orte, den durch die einfachgesetzliche Ermächtigung des § 2 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz), verlautbart durch BGBl. I Nr. 12/2020, eingeräumten Rahmen in rechtswidriger Weise schuldhaft überschritten.

 

·        Rechtswidriger Erlass: Der von sämtlichen Experten kritisierte sogenannte „Oster-Erlass“ sollte private Zusammenkünfte von mehr als fünf Personen in einem Raum verbieten und zudem Begräbnisse und Hochzeiten einschränken, obwohl sich Erlässe ausschließlich nachgeordnete Verwaltungsorgane richten und nicht wie Gesetze oder Verordnungen unmittelbar an die Bürgerinnen und Bürger. Doch auch Landeshauptleute und Bezirksverwaltungsbehörden wurden über die mit dem Erlass ergangene Anordnung getäuscht – es fehlte abermals die rechtliche Grundlage.

 

Rudolf Anschober hat sohin als Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch den Erlass, § 15 Epidemiegesetz 1950, Verbot von Zusammenkünften GZ 2020-0.201.688 vom 01.04.2020, den Landeshauptleuten und den Bezirksverwaltungsbehörden eine nicht durch gesetzliche Ermächtigung gedeckte Anordnung erteilt und diese dadurch anzuleiten versucht, verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte unrechtmäßig einzuschränken.

 

Dass auch der Bundesminister selbst sein Handeln als potentiell grund- und verfassungswidrig einschätzt, zeigt, dass nach der stetig lauter werdenden Kritik ein juristischer Beraterstab eingerichtet wurde, der nunmehr dem Bundesminister zur Seite stehen soll und bestehende Verordnungen und Erlässe zu evaluieren hat.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

folgende

 

Anfrage

 

1)    Welche Verordnungen oder Erlässe haben Sie im Zusammenhang mit der COVID-19 Krise erlassen? (Bitte nach Datum gegliedert angeben und die Rechtsakte der Anfragebeantwortung beigeben)

2)    Ist Ihnen Kritik bezüglich möglicherweise verfassungs- und grundrechtswidriger Verordnungen und Erlässen unter Ihrer Verantwortung bekannt?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, bezüglich welchem Rechtsakt?

c.    Wenn ja, wann ist Ihnen diese bekannt geworden?

d.    Wenn nein, warum nicht?

3)    Gibt es in Ihrem Ressort ein Protokoll, wie mit dieser Kritik umgegangen werden soll?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn ja, werden Sie von etwaiger Kritik direkt informiert?

c.    Wenn nein, warum nicht?

4)    Welche der von Ihnen im Zusammenhang mit der COVID-19 Krise erlassenen Verordnungen oder Erlässe sind rechtswidrig? (Bitte je Rechtsakt angeben)

5)    Gegen welche Grund- und Verfassungsrechte verstoßen die von Ihnen erlassenen Rechtsakte? (Bitte je Rechtsakt angeben)

6)    Zu welchem Zeitpunkt wurde Ihnen die Rechtswidrigkeit, der von Ihnen im Zusammenhang mit der COVID-19 Krise erlassenen Verordnungen und Gesetze bekannt? (Bitte je Rechtsakt angeben)

7)    Welche Organisationseinheiten (Ressorts, Sektionen, Abteilungen, usw.) oder Kabinettsmitarbeiter haben an der 98. Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes vom 15.03.2020 mitgearbeitet?

8)    Gab es bezüglich der 98. Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes vom 15.03.2020 einen Austausch mit externen Beratern oder Juristen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, mit wem?

c.    Wenn ja, welche Kosten sind dabei entstanden?

d.    Wenn nein, warum nicht?

9)    Inwiefern war Ihr Koalitionspartner ÖVP bei der Erstellung der 98. Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes vom 15.03.2020 eingebunden?

10) Welche Organisationseinheiten (Ressorts, Sektionen, Abteilungen, usw.) oder Kabinettsmitarbeiter haben an dem Erlass, § 15 Epidemiegesetz 1950, Verbot von Zusammenkünften GZ 2020-0.201.688 vom 01.04.2020 mitgearbeitet?

11) Gab es bezüglich des Erlasses, § 15 Epidemiegesetz 1950, Verbot von Zusammenkünften GZ 2020-0.201.688 vom 01.04.2020 einen Austausch mit externen Beratern oder Juristen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, mit wem?

c.    Wenn ja, welche Kosten sind dabei entstanden?

d.    Wenn nein, warum nicht?

12) Inwiefern war Ihr Koalitionspartner ÖVP bei der Erstellung vom Erlass, § 15 Epidemiegesetz 1950, Verbot von Zusammenkünften GZ 2020-0.201.688 vom 01.04.2020 eingebunden?

13) Welche Organisationseinheiten (Ressorts, Sektionen, Abteilungen, usw.) oder Kabinettsmitarbeiter haben an den weiteren Verordnungen und Erlässen mitgearbeitet?

14) Gab es bezüglich der weiteren Verordnungen und Erlässe einen Austausch mit externen Beratern oder Juristen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, mit wem?

c.    Wenn ja, welche Kosten sind dabei entstanden?

d.    Wenn nein, warum nicht?

15) Inwiefern war Ihr Koalitionspartner ÖVP bei den weiteren Verordnungen und Erlässen eingebunden?

16) Warum haben sie den Österreicherinnen und Österreichern suggeriert es gäbe ein allgemeines Betretungsverbot?

17) Haben Sie auch in anderen Bereichen den Österreicherinnen und Österreichern einen Rechtsbestand suggeriert, der nicht gegeben war?

18) Inwiefern war Ihr Koalitionspartner ÖVP in diese Vorgehensweise eingebunden?

19) Inwiefern ist Ihr Ressort über die auf www.oesterreich.gv.at veröffentlichten Informationen Ihr Ressort betreffen informiert?

20) Stellt Ihr Ressort Inhalte, die auf dieser Website veröffentlicht werden, im Zusammenhang mit der COVID-10 Krise bereit?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, welche Organisationseinheiten (Ressorts, Sektionen, Abteilungen, usw.) oder Kabinettsmitarbeiter sind dafür verantwortlich?

c.    Wenn nein, wie werden diese Inhalte Ihr Ressort betreffend erstellt?

21) Ist Ihrem Ressort bekannt, dass auf dieser Website unter dem Punkt „Veranstaltungen sind gänzlich untersagt“ veröffentlicht wurde, dass sich an keinem Ort mehr als fünf Menschen auf einmal treffen sollen, ausgenommen es handelt sich um Aktivitäten zur Bekämpfung des Coronavirus?

a.    Wenn ja, seit wann?

b.    Wenn ja, wurde hier bewusst suggeriert diese Bestimmung gelte auch für den Privatbereich?

c.    Wenn ja, wie kam es zu dieser Falschinformation der Bevölkerung?

d.    Wenn ja, welche Schritte haben Sie bezüglich dieser Falschinformation gesetzt?

e.    Wenn nein, warum nicht?

22) Welche weiteren Fälle von Falschinformationen auf dieser Website Ihr Ressort betreffend sind Ihnen bekannt? (Bitte jeweils im Sinne der Vorfrage beantworten)

23) Ist Ihrem Ressort bekannt, ob auf anderen Websiten des Bundes oder anderer Gebietskörperschaften weitere falsche Informationen Ihr Ressort betreffend veröffentlicht wurden?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, wann und von wem wurden Sie darüber informiert?

c.    Wenn ja, welche Schritte haben Sie diesbezüglich unternommen?

24) Wer ist Mitglied in Ihrem juristischen Beraterstab?

25) Wann wurde Ihr juristischer Beraterstab eingerichtet?

26) Zu welchem Zweck haben Sie einen juristischen Beraterstab eingerichtet?

27) Welche Aufträge haben Sie an den juristischen Beraterstab oder einzelne Mitglieder erteilt? (Bitte nach Datum und Auftragsempfänger gliedern)

28) Welche Kosten entstehen durch den juristischen Beraterstab? (Bitte Honorare, Reisekosten, usw. insgesamt und je Berater angeben)

29) Wann (Datum und Uhrzeit) ist Ihr Beraterstab jeweils zusammengetreten?

30) Hat Ihr juristischer Beraterstab oder einzelne Mitglieder die Rechtswidrigkeit von Ihnen im Zusammenhang mit der COVID-19 Krise erlassener Verordnungen oder Erlässe festgestellt oder sich hinsichtlich möglicher Rechtswidrigkeiten geäußert?

a.    Wenn ja, von welchen?

b.    Wenn ja, warum?

c.    Wenn ja, wann?

d.    Wenn nein, warum kam es sonst zur Überarbeitung von Verordnungen und Erlässen?

31) Welche Empfehlungen hat Ihr juristischer Beraterstab oder einzelne Mitglieder abgegeben?

32) Inwiefern hat ihr juristischer Beraterstab oder einzelne Mitglieder an der Überarbeitung von Verordnungen und Erlässen mitgewirkt?

33) Befasst sich ihr Beraterstab oder einzelne Mitglieder mit den gegen Sie erhobenen Vorwürfen rechtswidrig gehandelt zu haben?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn ja, welche Empfehlungen gibt der Beraterstab oder einzelne Mitglieder diesbezüglich ab?