1915/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.05.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

betreffend Beschaffungs- und Vergabevorgänge im Zusammenhang mit der Covid-Krise

 

Mit Rundschreiben (Geschäftszahl: 2020-0.196.642) vom 30. März 2020 wies das Bundesministerium für Justiz zahlreiche Einrichtungen der öffentlichen Hand auf vergaberechtliche Aspekte im Zusammenhang mit der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie hin. Laut Schreiben sehe das Vergaberecht Sonderverfahren und Ausnahmevorschriften für Notsituationen vor. Auch seien im Kontext bereits laufender Vergabeverfahren einige Aspekte zu beachten, um der derzeitigen Ausnahmesituation Rechnung zu tragen. 

Das Justizministerium hält in dem Rundschreiben fest:

"Die momentane Situation stelle keinen Ausnahmetatbestand iS „Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen der Republik Österreich“ (vgl. § 9 Abs. 1 Z 3 und § 178 Abs. 1 Z 3 Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018, BGBl. I Nr. 65/2018, § 8 Abs. 1 Z 2 des Bundesvergabegesetzes Konzessionen 2018 – BVergGKonz 2018, BGBl. I Nr. 65/2018, und § 9 Abs. 1 Z 1 des Bundesvergabegesetzes Verteidigung und Sicherheit 2012, BVergGVS 2012, BGBl. I Nr. 10/2012) dar, der die Anwendung vergaberechtlicher Bestimmungen ausnehmen würde. Vielmehr komme die Durchführung von Sonderverfahren in Betracht.

Gemäß den §§ 35 Abs. 1 Z 4, 36 Abs. 1 Z 4, 37 Abs. 1 Z 4 und 206 Abs. 1 Z 5 BVergG 2018 kann ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt werden, wenn „äußerst dringliche, zwingende Gründe, die nicht dem Verhalten des öffentlichen Auftraggebers/des Sektorenauftraggebers zuzuschreiben sind, im Zusammenhang mit Ereignissen, die der öffentliche Auftraggeber/der Sektorenauftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die [regulären] Fristen einzuhalten“ (§ 25 Z 4 BVergGVS 2012 enthält eine analoge Regelung). Diese die Vergaberichtlinien umsetzenden Vorschriften (vgl. insbesondere Art. 32 der Richtlinie 2014/24/EU) erlauben die Beschaffung von Bauleistungen, Waren und Dienstleistungen in klassischen Notsituation, somit genau auch für den vorliegenden Fall der COVID-19 Pandemie.

Zu betonen ist jedoch, dass das oben beschriebene Ausnahmeverfahren lediglich zur Überbrückung dienen darf, bis langfristigere Lösungen gefunden sind, beispielsweise durch den Abschluss von Rahmenvereinbarungen, die gemäß regulären Verfahren (dazu zählen auch beschleunigte Verfahren) vergeben werden. In diesem Kontext kommt der internen Dokumentation der Umstände, wie lange die Inanspruchnahme des Sonderverfahrens gerechtfertigt werden kann, besondere Bedeutung zu (vgl. dazu insbesondere auch die §§ 49 und 218 BVergG 2018). Es wird daher dringend empfohlen, parallel zu den Notbeschaffungen umgehend reguläre Vergabeverfahren (insbesondere Rahmenvereinbarungen) über die absehbarer Weise benötigten Leistungen vorzubereiten und durchzuführen, um möglichst bald auf das reguläre Vergaberegime umsteigen zu können.

Schlussendlich ist noch auf die Bekanntgabepflichten hinzuweisen: alle vergebenen Aufträge im Bereich der Bundesvollziehung mit einem Auftragswert ab € 50.000.- sind im Open Government Data System (OGD-System) bekannt zu geben, im Oberschwellenbereich überdies in TED (vgl. dazu die §§ 61, 62, 66, 231, 232 und 237 BVergG 2018); im Bereich der Landesvollziehung sind alle vergebenen Aufträge im Oberschwellenbereich in TED und im OGD-System bekannt zu geben (vgl. dazu die §§ 61, 62, 231 und 232 BVergG 2018). Im Bereich des BVergGVS 2012 beschränkt sich die Bekanntgabepflicht auf eine Publikation in TED (vgl. § 46 BVergGVS 2012)."

Im Sinne umfassender Transparenz hinsichtlich der auf Steuergeldern basierenden Ausgaben der Ministerien ist es wichtig, das Parlament über Beschaffungs- und Vergabeverfahren zu informieren, die von den Bundesbehörden im Zusammenhang mit der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie durchgeführt wurden und werden. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Welche Beschaffungs- bzw Vergabevorgänge im Zusammenhang mit der Covid-Krise wurden von Ihrem Ressort seit dem 1.3.2020 eingeleitet, durchgeführt oder abgeschlossen? Es wird um eine übersichtliche tabellarische Auflistung ersucht, die Aufschluss über folgende Eckdaten bietet:

a.    Inhalt bzw Gegenstand des Beschaffungs- oder Vergabevorgangs

b.    Geplantes Volumen bzw Menge des Beschaffungs- oder Vergabevorgangs

c.    Geplanter Liefer-/Leistungszeitpunkt

d.    Geplanter Auftragswert

e.    Konkret gewähltes Vergabeverfahren bzw. Vergabeprozedere und die Gründe weshalb diese Vorgangsweise gewählt wurde

f.      Erfolgte eine Kundmachung des geplanten Beschaffungs- oder Vergabevorgangs?

                                  i.    Wenn ja, wann und wo?

                                ii.    Wenn nein, weshalb nicht?

g.    Wurde vom Ressort direkt an bestimmte Unternehmen herangetreten?

                                  i.    Wenn ja, wann und an welche aus welchem Grund?

                                ii.    Wenn nein, weshalb nicht?

h.    Fanden Verhandlungen statt?

                                  i.    Wenn ja, wann wie viele mit welchen Unternehmen (Datum, Teilnehmer)?

i.      Datum der Zuschlagserteilung

j.      Genauer Wert der Zuschlagserteilung

k.    Konkretes Unternehmen der Zuschlagserteilung

l.      Präziser Grund der Zuschlagserteilung

m.   Wurden Konkurrenzangebote eingeholt?

                                  i.    Wenn ja, wie und mit welchem Ergebnis?

                                ii.    Wenn nein, weshalb nicht?

n.    Welche Konkurrenzangebote wurden von welchem Unternehmen tatsächlich gelegt?

o.    Welchen Konkurrenzangebote wurden weshalb nicht der Zuschlag erteilt?

p.    Wurde die Leistung bereits erbracht?

                                  i.    Wenn ja, wann und an wen?

                                ii.    Wenn nein, wann wird geleistet?

q.    Zahlungszeitpunkt und Zahlungssumme des Beschaffungs- bzw Vergabevorganges

r.     Wurde der Beschaffungsvorgang (im ELAK) dokumentiert?

                                  i.    Wenn ja, wo und durch wen?

                                ii.    Wenn nein, weshalb nicht?

2.    Welche Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung (§§ 35 Abs. 1 Z 4, 36 Abs. 1 Z 4, 37 Abs. 1 Z 4 und 206 Abs. 1 Z 5 BVergG 2018) wurden im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie seit 1. März 2020 bis zum Tag der Anfragebeantwortung eingeleitet, durchgeführt oder abgeschlossen? Um Auflistung der in Frage 1 genannten Parameter wird ersucht.

a.    Laut Rundschreiben seien die Gründe für die Wahl des Sonderverfahrens im jeweiligen Vergabeakt genau zu dokumentieren. Warum wurde in den angegebenen Fällen dieses Verfahren gewählt? 

b.    Wurden in den angegebenen Fällen Konkurrenzangebote eingeholt?

                                  i.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Warum wurde in den bereits abgeschlossenen Verhandlungsverfahren den jeweiligen Bieter_innen der Zuschlag erteilt?

3.    Welche Sonderverfahren ohne vorherige Bekanntmachung für „Krisenbeschaffungen“ (vgl. § 25 Z 3; vgl. dazu näher 1513 dB, XXIV. GP 53) wurden im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie seit 1. März 2020 bis zum Tag der Anfragebeantwortung eingeleitet, durchgeführt oder abgeschlossen? Um Auflistung der in Frage 1 genannten Parameter wird ersucht.

a.    Laut Rundschreiben seien die Gründe für die Wahl des Sonderverfahrens im jeweiligen Vergabeakt genau zu dokumentieren. Warum wurde in den angegebenen Fällen dieses Verfahren gewählt?

b.    Wurden in den angegebenen Fällen Konkurrenzangebote eingeholt?

                                  i.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Warum wurde in den bereits abgeschlossenen Verhandlungsverfahren den jeweiligen Bieter_innen der Zuschlag erteilt?

4.    Welche Sonderverfahren für „zusätzliche, nicht vorhergesehene Bau- oder Dienstleistungen“ (vgl.§ 25 Z 11; vgl. dazu näher 1513 dB, XXIV. GP 55) wurden im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie seit 1. März 2020 bis zum Tag der Anfragebeantwortung eingeleitet, durchgeführt oder abgeschlossen? Um Auflistung der in Frage 1 genannten Parameter wird ersucht.

a.    Laut Rundschreiben seien die Gründe für die Wahl des Sonderverfahrens sind im jeweiligen Vergabeakt genau zu dokumentieren. Warum wurde in den angegebenen Fällen dieses Verfahren gewählt?

b.    Wurden in den angegebenen Fällen Konkurrenzangebote eingeholt?

                                  i.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Warum wurde in den bereits abgeschlossenen Verhandlungsverfahren den jeweiligen Bieter_innen der Zuschlag erteilt?

5.    Bei welchen Verträgen wurde von der Durchführung eines neuen Verfahrens für Vertragsänderungen aufgrund von zulässigen „de minimis“ – Vertragsänderungen gemäß Abs. 3 Z 1 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie seit 1. März 2020 bis zum Tag der Anfragebantwortung Abstand genommen? Um Auflistung der in Frage 1 genannten Parameter wird ersucht.

6.    Bei welchen Verträgen wurde von der Durchführung eines neuen Verfahrens für Vertragsänderungen aufgrund der zulässigen unvorhersehbaren zusätzlichen Beschaffungen gemäß Abs. 3 Z 6. im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie seit 1. März 2020 bis zum Tag der Anfragebeantwortung Abstand genommen? Um Auflistung der in Frage 1 genannten Parameter wird ersucht.

7.    Bei welchen Verfahren wurde auf die im Rundschreiben erwähnte elektronische Durchführung eines Vergabeverfahrens auch im Unterschwellenbereich zurückgegriffen? Um Auflistung der in Frage 1 genannten Parameter wird ersucht.