1965/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.05.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Sabine Schatz, GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres

betreffend Gerüchte um AsylwerberInnen in der Messe Wien

Am 7. Mai machten medial Gerüchte die Runde, dass mehrere Schutzsuchende, die nach den Corona-Fällen in einer Unterkunft in Wien Erdberg vorläufig in die Messe Wien verlegt wurden, verschwunden seien[1]. Ein Dementi des Krisenstabs der Stadt Wien folgte[2].

In der Gratiszeitung „heute“ ist dazu zu lesen:

„In einer Pressemitteilung weist der Krisenstab der Stadt Wien "medial verbreitete Gerüchte, wonach 28 Personen aus dem Betreuungszentrum in der Messe Wien abgängig sind, entschieden zurück". In einem Schriftverkehr mit dem Koordinationsstab des Innenministeriums und der Landespolizeidirektion Wien wurde bereits am Donnerstagnachmittag festgestellt, dass es sich hierbei um eine Falschmeldung handelt. Nach telefonischer Rücksprache wurde ebenfalls festgestellt, dass sich eine solche vermeintliche Sachverhaltsdarstellung auch nicht mit den Aufzeichnungen der LPD Wien deckt. Dies wurde seitens der LPD Wien auch an den Krisenstab des BMI mitgeteilt.“ [3].

Ursprünglich war auch dieser Satz im genannten Artikel zu lesen:

www.heute.at > oesterreich > wien > story

"Geflohene" Asylwerber - so reagiert Stadt Wien - Heute

vor 4 Tagen - Das Innenministerium leakte am Donnerstag das Gerücht, es seien 28 Asylwerber aus der Messe Wien abgängig. Eine Falschmeldung.

Die Mutmaßung, dass es sich hierbei um einen (falschen) Leak aus dem Innenministerium handelte, verschwand aus dem Artikel wieder.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:

1.    Wann wurde in Ihrem Ressort zum ersten Mal von dem, sich als falsch herausgestellten Umstand, dass 28 Personen aus dem Betreuungszentrum in der Messe verschwunden sind, bekannt und in welcher Diensteinheit?

a.     Woher stammte diese Information ursprünglich?

b.     Deckt sich diese mit den Aufzeichnungen der LPD Wien?

c.     Laut Angaben der Stadt Wien deckt sich diese Information nicht mit den Aufzeichnungen der LPD Wien. Wie erklären Sie sich diesen Umstand?

d.     Sollten sich diese Informationen nicht mit den Aufzeichnungen der LPD Wien decken: Wurde der polizeiliche Einsatzstab des BMI über diesen Umstand informiert?

i.    Wenn ja, wann?

2.    Welche Diensteinheiten wurden in weiterer Folge im Kontext der Causa kontaktiert und wann?

3.     Wann genau wurde seitens Ihres Ressorts Kontakt mit Zuständigen der Stadt Wien aufgenommen worden und durch wen?

a. Welche Informationen erhielt Ihr Ressort von der Stadt Wien und wann?

4.     Wann wurde seitens Ihres Ressorts Kontakt mit der LPD Wien aufgenommen?

a. Welche Inhalte wurden in der Causa vom LPD an Ihr Ressort übermittelt?

5.     Ist in Ihrem Ressort auszuschließen, dass die Falschinformation seitens Ihres Ressorts gestreut wurde?

a. Wenn nein, ist bekannt, wer diese Fake News gestreut hat?

i.    Wenn ja, welche disziplinarischen Folgen hat dies für die betreffende Person?

ii.    Wenn nein, welche Anstrengungen setzt ihr Ressort, um dies zu klären?

6.     Gibt es eine interne Untersuchung, wie es dazu kommen konnte, dass Medien behauptet haben, die Falschinformation sei aus Ihrem Ressort gekommen?

7.     Gibt es in Ihrem Ressort eine spezielle Kommunikationsstrategie die Situation der Stadt Wien im Kontext der Corona-Krise darzustellen?

a.     Wenn ja, wie lautet diese?

b.     Von wem stammt diese Strategie?

c.     Seit wann ist der Minister davon informiert?

8.     Gibt es in Ihrem Ressort eine Dienstanweisung oder Richtlinie, wie mit Informationen über die Stadt Wien umzugehen sind, die sich von anderen Bundesländern unterscheiden?

9.     Ist es korrekt, dass es am 9. Mai ein Treffen des Staatliches Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM) mit VertreterInnen Ihres Ressorts, aller Ministerien, der neun Bundesländer, der Landespolizeidirektionen und dem Roten Kreuz gegeben hat?

a.     Wenn ja, welche TeilnehmerInnen der jeweiligen Einrichtungen waren anwesend?

b.     Ist es korrekt, dass es während dieses Treffens auch um leicht gestiegene Infektionszahlen in Wien gegangen ist?

c.     Ist es korrekt, dass in einer Präsentation Ihres Ressort den Anwesenden eine ExpertInnenmeinung der AGES präsentiert wurde, die sinngemäß aussagte, es gäbe keinen Grund zur Besorgnis die Entwicklungen in Wien betreffend, da es sich nur um einen „scheinbar sprunghaften Anstieg“ handle?

d.     Entspricht die Gefahreneinschätzung der Corona-Entwicklung auf Basis dessen Ihr Ressort arbeitet, der Einschätzung der AGES-Expertlnnen, wonach es keinen Grund zur Sorge geben würden?

i.    Wenn ja, wieso wird das seitens Ihres Ressorts nicht kommuniziert?

ii.    Wenn nein, welche ExpertInnen haben im SKKM eine anderslautende Meinung vereinbart?

iii.   Wenn nein, auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse oder Studien stützen Sie Ihre Annahme, dass die Situation in Wien besorgniserregend sei? (Bitte um Ausführungen)

10.  Daniela Schmid, Infektionsepidemiologin der AGES, äußerte sich vor kurzem in einem Interview zu den Wiener Zahlen wie folgt: „Die neu aufgetretenen Fälle konnten wir den Cluster-Settings Haushalt, Arbeitsstätte und Unterkunft für Asylsuchende zuordnen. Da solchen Hotspots sofort aktiv nachgegangen wird und sämtliche Kontaktpersonen getestet werden, werden so auch symptomlose Fälle entdeckt, die in der ersten Phase unentdeckt geblieben wären. Dieses umfangreiche Testen führt bei den aktuell geringen Fallzahlen dazu, dass es vorübergehend zu einem scheinbar sprunghaften Fall-Anstieg kommt.“[4]. Entspricht diese Aussage der AGES-Expertin der inhaltlichen Arbeitsgrundlage Ihres Ressorts im Hinblick auf die Bewertung der Corona-Entwicklung in Österreich?

a.     Wenn nein, warum nicht?

b.     Wenn nein, auf welche wissenschaftliche Basis stützen Sie Ihre Ablehnung dieser Einschätzung der AGES?

11.  Ist es korrekt, dass seitens Ihres Ressorts am selben Tag vor dem Anstieg der Infektionszahlen in Wien gegenüber Medien gewarnt wurde?

12.  Haben Ihre PressesprecherInnen am Tag des SKKM Medien über steigende Infektionszahlen informiert?

a. Wenn ja, wurde die im SKKM präsentierte ExpertInnenmeinung zu den steigenden Infektionszahlen ebenfalls von Ihren PressesprecherInnen kommuniziert?

i.    Wenn nein, warum nicht?

ii.    Wenn ja, in welchem Umfang?



[1] https://www.vienna.at/falschmeldung-um-angeblich-abgaengige-fluechtlinge-in-der-messe-wien/6611833, abgerufen am 11. Mai 2020

[2]https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200507_OTS0223/krisenstab-der-stadt-wien-niemand-aus-messe-abgaengig, abgerufen am 11. Mai 2020

[2] https://www.heute.at/s/fluechtlinge-aus-messehalle-geflüchtet-der-hintergrund-57707427, abgerufen am 11. Mai 2020

 

[4]https://futurezone.at/science/chef-epidemiologin-raet-kein-abbusseln-keine-u-bahn-telefonate/400836575, abgerufen am 11. Mai 2020