1983/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.05.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Hannes Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Planungen einer Behörde zur Untersuchung von Polizeigewalt

 

Im Regierungsprogramm zwischen ÖVP und Grüne ist wie folgt zu lesen: „Konsequente und unabhängige Ermittlung bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen bzw. Polizeibeamte in einer eigenen Behörde in multiprofessioneller Zusammensetzung, die sowohl von Amts wegen ermittelt als auch als Beschwerdestelle für Betroffene fungiert und mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet ist.“

 

Wie aus einer Anfragebeantwortung (605/AB) hervorgeht wurde bereits projektmäßig ein umsetzungsfähiges Konzept bis Herbst 2020 beauftragt. Dabei teilen Sie mit, dass die Einbindung externer Expertise angedacht sei und diesbezüglich mit den betroffen Organisationen, Stellen oder Personen erst konkrete Gespräche zu führen seien. Der Standard berichtet am 8. Mail 2020 darüber und titelt: „Innenministerium plant Behörde zur Untersuchung von Polizeigewalt“

 

„[…] Wien – Mit diversen Vorfällen bei Demonstrationen am 1. Mai ist die Diskussion um die Verhältnismäßigkeit von Einsätzen der Polizei wieder aufgeflammt – auch weil Beschwerden gegen das Verhalten von Polizisten nur selten zu Verurteilungen führen. Im Regierungsprogramm wurde eine eigene Behörde zur Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamte angekündigt. Beratungen dazu laufen.

 

[…]

 

Amnesty begrüßt das Vorhaben

 

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte die Behörde schon bei der Ankündigung im Regierungsprogramm begrüßt. ‚Wir beobachten die Pläne und nächsten Schritte zur Einrichtung der unabhängigen Ermittlungsstelle gegen Polizeigewalt in Österreich genau‘, hieß es nun aus dem Büro der NGO, die zugleich einige Forderungen auf den Tisch legte.

 

Amnesty verlangt die Einrichtung eines unabhängigen und wirksamen Beschwerdemechanismus zur Untersuchung von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung sowie von Misshandlungen durch die Polizei. Die Umsetzung müsste internationalen völkerrechtlichen Kriterien entsprechen sowie eine wirksame Einbindung der Zivilgesellschaft in den Prozess der Errichtung aufweisen, fordert die Organisation. Zudem müsse sichergestellt werden, dass dieser Mechanismus außerhalb der Weisungsbefugnis des Innenministers steht.

 

Details wie dieses liegen bisher im Dunkeln. Ob die Mitarbeiter der Behörde direkt aus der Polizei rekrutiert werden oder ob externe Mitarbeiter nachträglich mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet werden sollen, ist ebenfalls unklar.

 

Behörde muss unabhängig sein

 

Hermann Greylinger, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft, sagte dass es seitens der Personalvertretung Einwände geben werde, sollten sich aus der Ermittlungsstelle Nachteile für Bedienstete ergeben. Er ist der Meinung, dass Mitarbeiter dieser Behörde auf jeden Fall aus der Polizei kommen sollten. ‚Wenn das nicht so ist, werden wir das Wort erheben‘, so Greylinger.

 

Amnesty verweist auf Gremien der Vereinten Nationen und des Europarates, die einige Kriterien als wesentliche Erfordernisse an eine effektive Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen festgelegt haben. Dazu gehört in erster Linie, dass die Ermittlungen unabhängig sein müssen. Zwischen den ermittelnden Beamten und den beschuldigten Polizisten dürfe keine institutionelle oder hierarchische Verbindung bestehen. Weiters brauche es ein bestimmtes Maß an öffentlicher Kontrolle über die Ermittlungen, Verfahrensabläufe sollten offen und transparent ablaufen. Damit solle vor allem der drohenden permanenten Straflosigkeit von Polizeigewalt und damit der versteckten Akzeptanz dieser Praxis entgegengewirkt werden, schreibt Amnesty mit Verweis auf die genannten Institutionen.“, wird im Bericht ausgeführt.

(Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000117360386/innenministerium-plant-behoerde-zur-untersuchung-von-polizeigewalt)

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Wer wurde konkret projektmäßig mit einem umsetzungsfähigen Konzept zur Errichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle bis Herbst 2020 beauftrag?

2.    Wie lautete der konkrete Auftrag vollinhaltlich zur projektmäßigen Erarbeitung eines umsetzungsfähigen Konzeptes zur Errichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle bis Herbst 2020?

3.    Wer leitet und wer koordiniert die beauftragte projektmäßige Erarbeitung eines umsetzungsfähigen Konzeptes zur Errichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle bis Herbst 2020?

4.    Nach welchen Kriterien wurde dies entscheiden?

5.    Welche Personen, Ministerien, Abteilungen und Organisationseinheiten sind bei der projektmäßigen Erarbeitung eines umsetzungsfähigen Konzeptes zur Errichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle bis Herbst 2020 fix eingebunden?

6.    Nach welchen Kriterien wurde dies entschieden?

7.    Wie viele Besprechungen oder sonstige Zusammenkünfte – unter Bekanntgabe von Teilnehmer, Datum, Ort und Uhrzeiten – haben zur projektmäßigen Erarbeitung eines umsetzungsfähigen Konzeptes zur Errichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle bis Herbst 2020 bereits stattgefunden?

8.    Welche externen Expertisen wurden – bitte um genaue Aufstellung der Ersteller und Inhalte – bisher eingebunden?

9.    Welche externen Expertisen sollen – bitte um möglichst genaue Aufstellung – noch eingebunden werden?

10. Wie viele Fälle von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung sowie von Misshandlungen durch die Polizei wurden jeweils in den Jahren 2017 bis 2020 gemeldet?

11. Wie viele dieser gemeldeten Fälle führten letztendlich zu welchen Konsequenzen?

12. Gibt es Studien oder Daten – welche in die projektmäßige Erarbeitung eines umsetzungsfähigen Konzeptes zu Errichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle bis Hebst 2020 einfließen – die die dahingehende Situation in Österreich international vergleichbar macht?

13. Wenn ja, welche Erkenntnisse konnten daraus in Detail abgeleitet werden?

14. Wird dieses Konzept rein als unabhängige Beschwerdestelle erarbeitet oder geht es auch um die Schaffung einer neuen Behörde die mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet wird und auch von Amts wegen ermittelt?

15. Soll diese neue Behörde außerhalb der Weisungsbefugnis des Innenministers sein?

16. Wenn ja, wem soll diese neue Behörde unterstellt werden?

17. Soll diese Behörde mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet werden?

18. Wenn ja, in welchem Umfang?

19. Sollen die Mitarbeiter der Behörde aus der Polizei rekrutiert werden?

20. Wenn nein, wie soll die Rekrutierung aussehen?

21. Welche Mechanismen zum Schutz von Polizeibeamten vor ungerechtfertigten Anschuldigungen und Denunzierung durch Ermittlungen einer solchen Behörde werden bei der projektmäßigen Erstellung dieses Konzeptes erarbeitet?

22. Können Sie dafür garantieren, dass Sie in Ihrer Funktion als Innenminister von etwaigen Konzepten die zum Nachteil der Polizeibeamten sind Abstand nehmen werden?