2031/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.05.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Inanspruchnahme Pensionssplitting

 

In Österreich lebt knapp die Hälfte aller Paare mit Kindern unter 15 Jahren nach dem Modell Mann Vollzeit/Frau Teilzeit (46 Prozent). Bei weiteren 28 Prozent der Paare ist nur der Mann erwerbstätig. Bei insgesamt drei Viertel der Familien ist die Rollenaufteilung daher (eher) traditionell geprägt. Ebenso ist allgemein bekannt, dass Aufgaben wie Hausarbeit und aktive sowie passive Kinderbetreuung - also unbezahlte Care-Arbeit - meist von Frauen erledigt wird. 

Die Demographin und Soziologin Caroline Berghammer vom Institut für Soziologie der Universität Wien und vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat sich in einer Studie als Teil des seit Beginn der Coronakrise laufenden "Austrian Corona Panel" der Uni Wien damit auseinandergesetzt, wie sich Familienarbeit in österreichischen Haushalten entwickelt hat. In der thematisch umfangreichen Befragung mit rund 1.500 Teilnehmern ist auch die Frage nach der Zeit, die seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen für die Betreuung von Kindern aufgewendet wird, enthalten. Berghammer kam zu dem Ergebnis, dass sich der Zeitaufwand für Kinderbetreuung sehr stark erhöht hat, der Zeitaufwand für Hausarbeit ist im Vergleich dazu nur leicht angestiegen. Die wichtigste Erkenntnis der Studie ist jedoch folgende, wie Berghammer schreibt:

"Die Ergebnisse zeigen, dass sich mit der Corona-Krise die geschlechtsspezifischen Zuständigkeiten für die Kinderbetreuung noch verstärkt haben. Seit der Schließung von Kindergärten und Schulen sind es vor allem die Mütter, die ihre Kinder betreuen und mit ihnen lernen: 47% der Frauen und 29% der Männer wenden nun viel mehr Zeit für diese Tätigkeiten auf. Auffällig ist, dass der Anteil derer, die angeben, viel oder etwas mehr Zeit zu investieren, unter Müttern und Vätern relativ ähnlich liegt. Dies lässt darauf schließen, dass auch Väter in der Corona-Krise mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, dass Mütter jedoch den Hauptteil übernehmen. [Bemerkenswert ist, dass Mütter in Vollzeit in der Corona-Krise doppelt so häufig (63%) viel mehr Zeit mit Kinderbetreuung verbringen als Väter (30%). Dies weist darauf hin, dass Mütter mit demselben hohen Erwerbsausmaß wie Väter ihre Arbeitszeit stärker an Familienerfordernisse anpassen (müssen)."

 

Ein Bild, das Screenshot enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

 

Abbildung 1: Veränderung der Kinderbetreuungszeit (in Prozent) - Universität Wien/Vienna Center for Electoral Research

Insgesamt bestätigt die Studie von Berghammer, dass die Arbeitsteilung in Familien mit Kindern in der Corona-Krise noch traditioneller geworden ist. Das Erwerbsausmaß von Müttern ist im Durchschnitt stärker zurückgegangen als jenes von Vätern. Dafür verrichten Frauen, vor allem wenn sie Kinder haben, nun mehr Hausarbeit. Insbesondere aber ist die Zeit für Kinderbetreuung bei Müttern stärker angestiegen als bei Vätern. Offensichtlich wird dies etwa bei einem Vergleich von Müttern und Vätern in Vollzeit: selbst bei ähnlich hohem Erwerbsausmaß sind primär die Mütter für die Kinderbetreuung zuständig.


 

Traditionelle Rollenbilder als Weg in die Altersarmut?

Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, was dies für die Alterssicherung von Frauen bedeutet. Das freiwillige Pensionssplitting wird von Familien kaum in Anspruch genommen. Kein Wunder, stellt es doch eine völlige Fehlkonstruktion dar. Daran hat auch die getroffene Vereinbarung des "Pensionsgipfels" vom 29.02.2016 nichts geändert, bei der beschlossen wurde, dass das freiwillige Pensionssplitting bis zum vollendeten siebten, statt wie bisher bis zum vollendeten vierten Lebensjahr, in Anspruch genommen werden kann. Damit man das Pensionssplitting in Anspruch nehmen kann, darf ein Elternteil gar nicht arbeiten. Das betrifft weit überwiegend Frauen und setzt einen Anreiz für diese, bis zu sieben Jahre überhaupt nicht am Arbeitsmarkt zu partizipieren. Diese Konzeption rückt noch weiter weg davon, in Österreich erwerbstätigen Frauen zu helfen, sich eine Eigenpension zu erarbeiten, von der sie im Alter tatsächlich leben können. Sie ist Ausdruck eines partriarchalen Gesellschaftsbildes, das sich, wie die Zahlen oben zeigen, seit Beginn der Coronakrise noch verstärkt hat. Außerdem führt es dazu, dass sich Frauen in Abhängigkeit ihres Partners begeben müssen, denn durch das Pensionssplitting herrscht keine Gleichwertigkeit: Ein Elternteil gibt, der andere kann bloß Empfänger sein. 

Gleichzeitig besteht durch die Anrechnung von Kindererziehungszeiten und die gegenwärtige Ausgestaltung des Pensionssplittings ein viel zu geringer Nutzen, weshalb es kaum in Anspruch genommen wird. Denn jener Elternteil, der vom Pensionssplitting profitiert - d.h. bis zu 50% der Pensionsbeiträge des Partners gutgeschrieben bekommt - ist auch jener, der die Kindererziehungszeiten angerechnet bekommt. Dadurch hat der andere Elternteil, der einer Erwerbstätigkeit nachgeht, insbesondere im Falle eines niedrigen bis mittleren Einkommens, wesentlich stärkere Einbußen hinzunehmen, als jener, der sich um die Kinder kümmert. Dieses Ungleichgewicht lässt sich durch die Einführung eines automatischen Pensionssplittings beheben. Dadurch werden Pensionszeiten fair und automatisch zwischen Partner_innen aufgeteilt. 

 

Quellen: https://viecer.univie.ac.at/corona-blog/corona-blog-beitraege/blog33/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


 

Anfrage:



1.    Wie oft wurde das Pensionssplitting in Anspruch genommen? (Für die Jahre 2018 und 2019 einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)

2.    In wie vielen Fällen gem. Frage 1 war der übertragende Elternteil weiblich? (Für die Jahre 2018 und 2019 einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)

3.    Welcher Anteil wurde jährlich an Teilgutschriften übertragen? (Für die Jahre 2018 und 2019 einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern, in Prozent)

4.    Welche Summen wurden jährlich im Monatsdurchschnitt an Teilgutschriften übertragen? (Für die Jahre 2018 und 2019 einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern, in Euro)

5.    In wie vielen Fällen gem. Frage 1 wurden Teilgutschriften für

a.    ein Kalenderjahr übertragen? (einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)

b.    zwei Kalenderjahre übertragen? (einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)

c.    drei Kalenderjahre übertragen? (einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)

d.    vier Kalenderjahre übertragen? (einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)

e.    fünf Kalenderjahre übertragen? (einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)

f.      sechs Kalenderjahre übertragen? (einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)

g.    sieben Kalenderjahre übertragen? (einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)

6.    Wie viele Personen denen eine Teilgutschrift übertragen wurde, waren in den jeweiligen Kalenderjahren, in denen eine Teilgutschrift übertragen wurde, neben ihrer Teilversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG, auch aufgrund einer Erwerbstätigkeit versichert? (Für die Jahre 2018 und 2019 einzeln nach Pensionsversicherungsträger, einzeln nach Bundesländern)