2060/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.05.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Beschaffung von chinesischen Antikörpertests

 

Einem Bericht der "Kleinen Zeitung" vom 20. Mai 2020 zufolge werde eine "millionenschwere Investition in Antikörpertests" des BMSGPK unter Expert_innen heftig diskutiert. Laut Bericht wurde eine Bestellung von rund einer Million Antikörpertests (Anti-SARS-CoV-2) einer chinesischen Firma durch das BMSGPK mit einem Stückpreis von fünf Euro getätigt. Dies wurde offiziell bereits bestätigt. Laut Ministerium war eine rasche Bestellung aufgrund der angespannten Marktlage erforderlich. Die Österreichische Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie zeigte sich bereits skeptisch, denn aussagekräftige wissenschaftliche Daten und Publikationen zu diesen Tests gebe es bisher nicht. Von der Medizinischen Universität Wien wurde lediglich eine "Verifizierung der Herstellerangaben" durchgeführt.

Mit den Tests werde nun wohl nicht gearbeitet, und zwar weil "im Vergleich zu den aktuell erhältlichen Testsystemen der angekaufte Test nicht mehr die erste Wahl" sei. Die Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie war eigenen Angaben zufolge in den Kauf- und Entscheidungsprozess des BMSGPK nicht involviert. https://www.kleinezeitung.at/oesterreich/5816083/Ministerium-kaufte-Tests_Experten-zweifeln-an-millionenteuren

Antikörpertests waren schon mehrfach Thema im Gesundheitsausschuss des Parlaments. Über die Anschaffung dieser Tests hat Bundesminister Anschober die Gesundheitssprecher der Fraktionen jedoch trotz mehrmaliger ausdrücklicher Nachfrage nicht informiert. Während die Lockerungsmaßnahmen voranschreiten, fehlt die Evidenz, die diese politischen Entscheidungen untermauern sollte, nach wie vor. Ebenso fehlen mit Ende Mai 2020 weiterhin valide Studien, in denen eine Aussage über die Immunität gegen SARS-CoV-2 in der österreichischen Bevölkerung getroffen wird, genauso wie eine ordentliche Teststrategie.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


Anfrage:



1.    Um welche Art von Antikörpertests handelt es sich, über die die "Kleine Zeitung" am 20. Mai berichtete? Bitte um exakte Beschreibung der Testart (serologische Tests und/oder Schnelltests (lateral flow)) und nachweisbaren Antikörperklassen.

2.    Handelt es sich beim Hersteller um Beijing Wantai Biological Pharmacy Enterprise?

a.    Wenn nein, von welchem Hersteller wurden diese Antikörpertests bezogen?

3.    Wie viele dieser Antikörpertests wurden bestellt?

4.    Wie hoch war der Stückpreis pro Test, wie hoch waren die Gesamtkosten?

5.    Wann wurden diese Antikörpertests bestellt?

6.    Rechtfertigt eine "angespannte Marktlage" nach Ansicht des BMSGPK die Beschaffung von rund einer Million Antikörpertests mit zweifelhafter Qualität? Inwiefern?

7.    In der "Kleinen Zeitung" wurde berichtet, die Medizinische Universität habe lediglich eine "Verifizierung der Herstellerangaben" durchgeführt:

a.    Wie wurde diese Verifizierung durchgeführt?

b.    Welche Herstellerangaben liegen dem BMSGPK vor (insbesondere zu Spezifität/Sensitivität)?

c.    Warum wurde diese Verifizierung vom BMSGPK als ausreichend erachtet?

d.    Lagen dem BMSGPK zum Zeitpunkt der Beschaffung Studien bzw. Daten über diese Antikörpertests vor? Welche?

8.    Wurden diese Antikörpertests nach Einlangen der Lieferung in Österreich validiert?

a.    Wenn ja, von wem?

b.    Mit welchen Ergebnissen?

c.    Wenn nein, warum nicht?

9.    Um welche Qualitätsprobleme handelt es sich, über die in der "Kleinen Zeitung" berichtet wurde?

10. Wurden Angebote von anderen Herstellern eingeholt?

a.    Wenn ja, von welchen?

b.    Zu welchen Konditionen?

c.    Um welche Art von Tests handelte es sich?

d.    Warum wurden diese Hersteller schlussendlich nicht gewählt?

e.    Wenn nein, warum nicht?

11. Wer hat das BMSGPK im Zuge der Beschaffung dieser Antikörpertests beraten?

a.    Welche Expert_innen waren in den Kauf involviert?

12. Wurde das BMSGPK bereits im Vorfeld der Bestellung auf die zweifelhafte Qualität dieser Antikörpertests hingewiesen?

a.    Von wem?

b.    Warum wurden diese Bedenken seitens des BMSGPK ignoriert?

13. Plant das BMSGPK, diese Antikörpertests großflächig in Österreich einzusetzen?

a.    Wenn ja, wie wird die Verlässlichkeit der Ergebnisse sichergestellt?

b.    Wenn nein, zu welchem Zweck wurden diese Antikörpertests sonst angeschafft?

14. Trotz der umstrittenen Qualität habe man Anwendungsgebiete für den Antikörpertest aus China ausgemacht, schreibt die "Kleine Zeitung". Lukas Weseslindtner, Virologe an der Medizinischen Universität Wien, wird folgendermaßen zitiert: „Unter bestimmten Bedingungen kann es sinnvoll sein. Etwa für Studien, in denen die Geschwindigkeit der Ausbreitung des Coronavirus gemessen werden kann. Gemeinsam mit anderen Tests.“

a.    Unter welchen Bedingungen ist der Einsatz dieser Tests mit umstrittener Qualität sinnvoll?

b.    Inwiefern werden diese Antikörpertests für Studien eingesetzt, in denen die Ausbreitungsgeschwindigkeit von SARS-CoV-2 gemessen wird? Bitte um Erläuterung des Studiendesigns. Wer führt diese Studien durch? Seit bzw. ab wann?

c.    In Kombination mit welcher Art von Tests ist der Einsatz von Antikörpertests mit umstrittener Qualität sinnvoll?

d.    Rechtfertigen diese Anwendungsgebiete den Kauf von rund einer Million Antikörpertests?

15. Wurden diese Antikörpertests im Zuge der Validierungsstudie von SARS-CoV-2-Antikörpertests, die von der Statistik Austria zwischen 22. und 25. April 2020 durchgeführt wurde, eingesetzt?

a.    Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

16. Hat das BMSGPK auch weitere Antikörpertests (Anti-SARS-CoV-2) angeschafft bzw. ist dies in Planung?

a.    Wenn ja, von welchem Hersteller/welchen Herstellern?

b.    Wenn ja, bitte um exakte Beschreibung der Testart und nachweisbaren Antikörperklassen.

c.    Wie viele Antikörpertests wurden bzw. werden bestellt? Zu welchem Preis (pro Stück und Gesamt)?

d.    Wurden bzw. werden diese Antikörpertests in Österreich validiert?

                                  i.    Wenn ja, von wem?

                                ii.    Wenn nein, warum nicht?

e.    Welche Expert_innen waren bzw. werden in diese Beschaffung involviert?

17. Wann wird eine österreichweite Seroprävalenzstudie zur Bestimmung der Antikörperimmunität gegen SARS-CoV-2 in der Bevölkerung durchgeführt?

a.    Welche Tests werden verwendet?

b.    Stichprobengröße?

c.    Welche Strategie wird verfolgt?

d.    Wer wird mit der Durchführung der Studie beauftragt?

18. Die Empfehlung von Expert_innen, die Ergebnisse eines Antikörpertests mit einem Neutralisationstest bestätigen zu lassen, bleibt nach wie vor aufrecht. Ist es geplant, die dafür notwendigen Laborkapazitäten in Österreich aufzustocken?

a.    Werden zusätzliche Biosafety-Level-3-Labore eingerichtet?

                                  i.    Wenn ja, in welcher Zahl?

                                ii.    Wo?

                               iii.    Wann?