2061/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.05.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Genossinnen und Genossen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Beendigung Intra-EU-BITs

Am 05.05.2020 haben 23 EU-Staaten ein Abkommen unterzeichnet, mit dem EU-interne

Investitionsabkommen (intra-EU-bits) beendet werden (vgl. https://ec.europa.eu/info/files/200505-bilateral-investment-treaties-agreement_en; Stand: 08.05.2020). Österreich gehört jedoch zu jenen

Mitgliedsländern, die nicht unterschrieben haben und damit zur Ausnahme.

Hintergrund für das Beendigungsabkommen ist das „Achmea" Urteil. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt darin klar, dass private Schiedsgerichte, die über Klagen von EU-Investoren gegen EU- Staaten entscheiden, mit EU-Recht nicht vereinbar sind. Rechtsstreitigkeiten sind vor staatlichen Gerichten zu führen. Das muss auch für Investoren gelten.

Österreich hat 12 Intra-EU-Bits. Seit dem Jahr 2015 läuft aus diesem Grund auch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich (vgl. https://ec.europa.eu/atwork/applying-eu-law/infringements-proceedings/infringement_decisions/index.cfm?lang_code=EN&typeOfSearch=false&active_only=18noncom=0&r_dossier=&decision_date_from=&decision_date_to=&EM=AT&DG=FISM&title=&submit=Search;  Stand: 07.05.2020)

 

Österreich hat am 15. Jänner 2019 auf EU-Ebene eine Erklärung abgegeben, dass die Intra-EU-bits beendet werden.

https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/business_economv_euro/banking_and_finance/documents/190117-bilateral-investment-treaties_en.pdf

Am 24. Oktober 2019 erzielten die Mitgliedstaaten eine Einigung hinsichtlich eines plurilateralen Abkommens zur Beendigung der Intra-EU-Bits. https://ec.europa.eu/info/publications/191024- bilateral-investment-treaties en

Unter der Regierung von Bundeskanzlerin Bierlein gab es im Dezember 2019 diesbezüglich einen Ministerratsbeschluss (vgl.

https://www.bundeskanzleramt.gv.at/medien/ministerraete/ministerraete-seit-iuni-2019/24-ministerrat-am-18-dezember-2019.html; Stand:07.05.2020)

Umso unverständlicher daher, dass Österreich trotz EuGH-Urteil, Ministerratsbeschluss und kostenaufwendigen Vertragsverletzungsverfahren das erwähnte Abkommen zur Beendigung nicht unterzeichnet hat.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass vier österreichische Banken (UniCredit Bank und Zagrebačka Banka, Addiko Bank, Erste Group Bank und Raiffeisen) derzeit anhängige

Schiedsverfahren gegen Kroatien haben (https://investmentpolicy.unctad.org/investment-dispute-settlement; Stand: 08.05.2020 und

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/oesterreich/846989 Bank-Austria-klagt-Kroatien-vor-internationalem-Schiedsgericht.html; Stand: 08.05.2020).

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

 

ANFRAGE

 

 

1.        Aus welchen Gründen hat Österreich das Beendigungsabkommen trotz EuGH-Urteil und Ministerratsbeschluss nicht unterzeichnet?

2.        Sind Sie bzw. Ihr Ressort der Ansicht, dass der Ministerratsbeschluss aus 2019 nicht bindend für Sie ist?

3.        Haben Sie vor - wie durch das EuGH-Urteil vorgeschrieben, dass Sie bzw. Ihr Ressort alle EU- Intrabits beenden?

a.        Wenn ja, wann und in welcher Form soll dies geschehen?

b.       Wenn nein, weshalb?

4.        Wie stehen Sie bzw. Ihr Ressort zur Schiedsklausel im Energiecharta Vertrag hinsichtlich der Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem EU-Investor und einem EU-Staat vor dem Hintergrund des Achmea-Urteils?

5.        Gab es seit Ihrem Amtsantritt Gespräche bzw. Treffen zwischen Ihnen bzw. Personen aus Ihrem Kabinett und Vertreterinnen der 4 österreichischen Banken, die gegen Kroatien klagen?

a.        Wenn ja, wann und was waren die Inhalte dieser Gespräche?

b.       War zu irgendeinem Zeitpunkt die Beendigung der Intra-EU-Bits oder die Verfahren gegen Kroatien Thema der Gespräche?

6.        Gab es seit Ihrem Amtsantritt Telefonate bzw. Schriftverkehr zwischen Ihnen bzw. Personen aus Ihrem Kabinett und Vertreterinnen der 4 österreichischen Banken, die gegen Kroatien klagen?

a.        Wenn ja, was waren die Inhalte dieser?

b.       War zu irgendeinem Zeitpunkt die Beendigung der Intra-EU-Bits oder die Verfahren gegen Kroatien Thema der Gespräche?

7.        Laut Ministerratsbeschluss aus 2019 hätte Österreich anlässlich der Unterzeichnung des Beendigungsabkommens eine Erklärung für eine Verbesserung des Investitionsschutzes im EU-Binnenmarkt abgeben sollen. Die Erklärung wäre ein Aufruf an die Kommission und alle Mitgliedstaaten gewesen, einen Prozess mit dem Ziel eines vollständigen, starken und effektiven Investitionsschutzes innerhalb der EU und entsprechender Instrumente zu beginnen.-

Was ist in diesem Fall unter „Instrumente" zu verstehen?

8.        Laut Wiener Zeitung wurde die 2. Meinl-Klage bei der International Chamber of Commerce ICC eingebracht

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/oesterreich/989602_Neue-Meinl-Klage-Fuer_Oesterreich-gehts-um-fast-400-Millionen.html; Stand: 08.05.2020)

a.        Wie ist der aktuelle Stand der 2. Meinl-Klage?

b.       Wann rechnen Sie mit einem Ende des Verfahrens?

9.        Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1281/J vom 5. Juli 2018 der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen wurde mitgeteilt, dass der Republik Österreich seit 2015 drei weitere Investitionsschiedsverfahren, zwei davon aus Investitionsschutzabkommen mit Drittstaaten, angedroht wurden, in einem Fall wurde im Juli 2018 eine Klage eingebracht.

a.        Welche Investoren haben Investitionsschiedsverfahren angedroht?

b.       Aus welchen Ländern?

c.        Haben in der Zwischenzeit noch weitere Investoren Klagen gegen Österreich angedroht oder anhängig gemacht?
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_01325/imfname_708740.pdf