2063/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.05.2020
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Mag. Markus Koza, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

 

 

betreffend Einsatz von LeiharbeiterInnen und (neuen) Selbstständigen bei der Post als ÖBAG-Unternehmen

 

BEGRÜNDUNG 

 

Durch die COVID-19-Krise rücken jetzt schlecht entlohnte und atypische Arbeitsbedingungen wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit. Beschäftigte von Leiharbeitsfirmen und (neue) Selbstständige tauchen in Cluster-Rekonstruktionen in Deutschland (z.B. in Fleischereibetrieben) und nun auch in Österreich immer wieder auf. Anfang der Woche ließen sich 150 COVID-19-Neuerkrankungen auf (Leiharbeits-)Beschäftigte in zwei Post-Verteilungszentren in Wien und Niederösterreich zurückführen (Tiroler Tageszeitung, 18. Mai 2020). Den Zusammenhang zwischen schlechten Arbeitsbedingungen und Infektionsketten bilden laut Medienberichten zu enge und mangelhafte hygienische Bedingungen in Unterkünften. Dazu komme, dass Beschäftigte aufgrund von existenziellen Nöten am Arbeitsort erscheinen, obwohl sie sich nicht gesund fühlen.

 

Leiharbeit zählt zu den atypischen Beschäftigungsformen. Ihr grundsätzlicher Zweck dient dem Abfedern kurzfristiger Auftragsspitzen. Keine andere Erwerbsform hat in den letzten Jahrzehnten einen derartigen Anstieg erlebt. So hat sich die Zahl der unselbstständigen Beschäftigten, die als LeiharbeiterInnen tätig sind, in den letzten zwanzig Jahren mehr als vervierfacht (1998 im Jahresdurchschnitt knapp 21.000, 2018 bereits 90.000, Quelle: Statistik Austria, 2019). Dieser Boom hat nicht nur mit dem Zuwachs an Branchen, die auf LeiharbeiterInnen zurückgreifen, zu tun und kann auch nicht alleine auf konjunkturelle Gründe zurückgeführt werden. Aufgrund des gestiegenen Spardrucks sollen Personalkosten möglichst klein gehalten werden. Diesem Druck kommt die Leiharbeit entgegen, da sie als „Sachaufwand" verbucht werden kann und daher im Jahresabschluss nicht als Personalaufwand sichtbar wird. Diese Praxis ist besonders dort verbreitet, wo der Druck der EigentümerInnen Personalkosten zu reduzieren, groß ist. (teil-)privatisierte ehemalige Staatsunternehmen, wie die Post oder die Telekom Austria, stellen hier keine Ausnahme dar.

 

Und obwohl es im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz seit einigen Jahren ein gesetzliches Gleichbehandlungsgebot gibt und es in Österreich einen eigenen Kollektivvertrag für LeiharbeiterInnen gibt, bestehen in der Praxis in Bezug auf Arbeitsbedingungen, im Zugang zu Weiterbildungen oder auch Sozialleistungen, deutliche Unterschiede. Auch das Arbeitslosigkeitsrisiko durch Freisetzung ist insbesondere in Krisenzeiten unter LeiharbeiterInnen höher als in anderen Erwerbstätigengruppen und dient als eine spezifische Art von Krisenbarometer am Arbeitsmarkt.

 

Der Staat ist mit 52,8% an der Österreichische Post AG beteiligt (laut Aktionärsstruktur www.post.at, Februar 2020). Dieser Anteil wird von der Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) gehalten, die als Holding auch die elf übrig gebliebenen Unternehmen mit staatlicher Beteiligung steuert. Daher beschäftigt sich diese Anfrage mit der Post, als systemkritischem ÖBAG-Unternehmen, in ihrer Strategie und Verantwortung im Einsatz von LeiharbeiterInnen.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende 

 

 

ANFRAGE 

 

1.    Gab es bei der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) hinsichtlich des Einsatzes von Leiharbeitskräften in den letzten Jahren eine Strategie oder Zielsetzung?

a.    Wenn ja, wie sah diese konkret aus?

b.    Wenn nein, was sind die Gründe für eine fehlende Strategie?

2.    Gibt es aktuell bedingt durch die COVID-19-Krise bei der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) eine spezielle Gesundheitsschutzstrategie, die die Lebenslagen von LeiharbeiterInnen in den Fokus rückt?

3.    In welcher Höhe gab es bei der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) im Jahr 2018 und 2019 in der Jahresbilanz einen verbuchten Sachaufwand für Leiharbeit und dem Einsatz von (neuen) Selbstständigen?

4.    Wie viele LeiharbeiterInnen waren im Jahresdurchschnitt 2018 und 2019 bei der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) beschäftigt (aufgegliedert nach Bereichen und Einsatzziel)?

5.    Wie stellt sich das Verhältnis zwischen Stammbelegschaft und Leiharbeitskräften bei der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) im Jahr 2018 und 2019 in Vollzeitäquivalenten dar (aufgegliedert nach Bereichen)?

6.    Wie viele (neue) Selbstständige hatten als Sachkosten verbucht im Jahresdurchschnitt 2018 und 2019 bei der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) einen Auftrag (aufgegliedert nach Bereichen und Einsatzziel)?

7.    Wie viele LeiharbeiterInnen wurden im Jahr 2018 und 2019 von der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) in die Stammbelegschaft übernommen?

8.    Wie viele (neue) Selbstständige wurden im Jahr 2018 und 2019 von der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) in die Stammbelegschaft übernommen?

9.    Mit wie vielen Leiharbeitsfirmen arbeitete die Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) 2018 und 2019 zusammen?

10. Wie lang war der durchschnittliche Arbeitseinsatz von LeiharbeiterInnen in den Teilbereichen der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) im Jahr 2019?

11. Wie lang war die durchschnittliche Zusammenarbeit mit neuen Selbstständigen in den Teilbereichen der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) im Jahr 2019?

12. Ist im Rahmen der COVID-19-Krise der Anteil der LeiharbeiterInnen bei der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) seit März 2020 gestiegen?

a.    Wenn ja, um wieviel (in Prozent und in absoluten Zahlen, Vergleich zu März 2019)?

13. Ist im Rahmen der COVID-19-Krise der Anteil der (neuen) Selbstständigen bei der Post (inkl. ihrer Tochterunternehmen) seit März 2020 gestiegen?

a.    Wenn ja, um wieviel (in Prozent und in absoluten Zahlen, Vergleich zu März 2019)?