2103/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.05.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

an den Bundeskanzler

betreffend Social-Scoring-Systeme in Österreich

 

 

Social-Scoring-Systeme bzw. soziale Kreditsysteme sind Punktevergabesysteme, durch welche versucht wird die Bevölkerung durch die Vergabe von Punkten für gesellschaftlich wünschenswertes Verhalten, bzw. deren Entzug für negatives Verhalten, zu lenken. Das System geht einher mit einer starken Überwachung des bürgerlichen Lebens, aus deren Daten sich ein Großteil der Punktevergabe speist. Hierzu wird das soziale und politische Verhalten von Privatpersonen, Unternehmen und anderen Organisationen analysiert. Wer ein zu niedriges Punkte-Level erreicht, muss mit Einschränkungen im alltäglichen Leben, etwa beim Zugang zur Arbeitsplatz- und Ausbildungssuche, rechnen. Das Ziel besteht darin, die Bevölkerung zu einem von der Regierung gewünschten sozialen Verhalten zu bringen.

 

Das IT-Unternehmen Kaspersky hat für eine Umfrage1 veröffentlicht, wofür 10.000 Personen aus aller Welt zu ihrer Meinung zu Social-Media-Überwachung und Social-Rating-Systemen befragt wurden, darunter auch rund 500 Österreicher. Die für österreichische Probanden gesondert ausgewerteten Ergebnisse, die Kaspersky an heimische Medien verschickt hat, lassen aufhorchen: 29 Prozent der Österreicher befürworten demnach Social-Media-Überwachung durch die Regierung, wenn dies mit mehr Sicherheit begründet wird. 34 Prozent der Befragten sind dagegen, 37 Prozent unentschlossen.

Obwohl laut Kaspersky nur ein Achtel der befragten Österreicher (weltweit sind es 46 Prozent) den Begriff Social-Rating-System überhaupt schon einmal gehört hat, gaben in Kasperskys Umfrage vier von zehn Österreichern an, dass sie persönliche und sensible Daten preisgeben würden, wenn sie dafür Vergünstigungen wie Geld, einen Job oder bessere finanzielle Konditionen bekämen. Das würde dem chinesischem System ähneln, wo am Social-Rating unter anderem festgemacht werden soll, ob ein Bürger ein Zug- oder Flugticket kaufen oder einen Kredit aufnehmen darf oder nicht.

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Weiterführende Informationen

1 https://www.kaspersky.com/blog/social-credits-and-security/

 

Laut den Sicherheitsexperten von Kaspersky sind Social-Scoring-Systeme teilweise anfällig für Manipulationen, etwa um die Bewertung eines Teilnehmers künstlich nach unten oder nach oben zu korrigieren. Hinzu kommen die generellen Gefahren für die Sicherheit von Computersystemen.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den

Bundeskanzler folgende

 

Anfrage

 

1)    Befürworten Sie Social-Scoring-Systeme bzw. soziale Kreditsysteme?

a.    Wenn ja, warum?

 

2)    Unterstützt Ihr Ressort die Entwicklung von Social-Scoring-Systemen?

a.    Wenn ja, warum?

 

3)    Informiert Ihr Ressort über die Gefahren von Social-Scoring-Systemen?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn nein, warum?

 

4)    Inwiefern wurden Sie als Bundeskanzler in bi- und multilateralen Gesprächen zu Social-Scoring-Systemen befasst? (Bitte Veranstaltung, Ort und Datum angeben)

 

5)    Planen Sie Maßnahmen, die geeignet sind als Teile von Social-Scoring-Systemen zu fungieren?

 

6)    Sind von Ihnen begrüßte Schritte hin zu Überwachungsapps, insbesondere im Zusammenhang mit dem Tracking von COVID-19 infizierten, geeignet als Teil eines Social-Scoring-Systems zu fungieren?

a.    Wenn ja, inwiefern wird mit den damit verbundenen Gefahren umgegangen?